Pester Lloyd - esti kiadás, 1919. október (66. évfolyam, 183-206. szám)

1919-10-04 / 183. szám

Attslandsfcha«. Budapest, 4. Oktober. s Seit fünf Jahren erhält das nngarische Pnblikunt Kloß spärliche, gründlich durchgesiebte oder tendenziös gehaltene Nachrichten-über das Ausland. Das^ Gc^cht Mlropas ist uns nach nitd nach völlig unbekannt gelvorden. Verstlchen wir nun einmal, zwar mit einem äußerst be­scheidenen Material das Bild, das geistige, wirtschaftliche ^und politische Bild unseres Weltteils neu aufzubauen und uns langsam an dieses halb vergessene, halb neugewordenc Antlitz zu gewöhnen. Das Gesicht Großbritanniens ist heute haupt­­^sächlich nach innen gerichtet. Sein Steuermann, David Äoyd George, hat unlängst ein bedeutendes Aktionspro- MLMM aufgestellt. Es ist sowohl sozialpolitisch als auch ^wirtschaftlich-sinanziell und weltpolitisch von dem Geist ^Liner neuen Welt durchdrungen. 48-Stunden-Woche, wach­­^sen'der Einfluß des Arbeiters im Fabriksbetrieb, Kampf gegen das Dumping-System (Unterbieten Lurch fremde ^Zndustrieprodukte), weiteftgehende nationale Sparsarnkeit, Wlkerversöhnung und eine in diesein Geiste „faire" (Äsung des irischen Problems. Eigentlich ist es nichts müderes als die Wiederholung des Wahlprogramms vom ^vorigm Herbst; jedoch mit welch starker Note irach linkst Die imponierende Stärke des industriellen Dreibundes !Ler Transportarbeiter, Eisenbahner und Bergleute scheint ein nicht zu verachtender Faktor zu sein. Die französische Kammer steht bor der ÈAuflösung. Sobald der Friedensvertrag auch durch, den Senat ratifiziert werden wird, erfolgen die Auflösung und die Skeuwahlen auf Grund des Listenwahlrechts und iMinoritätenvertretung. Nach acht wechselvollen Jahren, Iden schwierigsten, die Völker jemals zu erleben hatten, geht das ftanzöstsche Parlament, nachdem es den großen iSieg zu erringen mithalf, in die verdiente Ruhe. ' Die Friedenskonferenz überreichte vor einigen ^Tagen den Bulgaren ihren Vertrag: sie arbeitet Zweiter unter Clemenceaus Vorsitz, aber in zweiter Be­isetzung. an den schwierigen Aufgaben, die noch nicht gelöst Ivurden, beziehungslveise sich neu stellen. So war sie soeben genötigt, an die deutsche Regierung eine scharse. wenn auch nicht befristete Somnation zu rechten, um dw Mäumung der baltischen Provinzen durchzusetzen. Ob es der deutschen Regierung gegenüber der ablehnenden Hal­tung der Truppe gelingt, ihrem Worte Gehör zu ver- Ichaffen, bleibt abzuwarten. Vorläufig ist General von der ^Goltz abberufen und scharfe Maßnahmen sind angekündrgt worden. Die Aussicht auf eine neuerliche wirtschaftliche Mscbnürung bedeutet für Deutschland jedenfalls eine y'ürchterliche Drohung. Der Wille zur Nachgiebigkeit dürfte also nicht fehlen. . Wenn wir iroch erlvähnen. daß d Annuirzio nicht daran dgnkt, Fiume zu verlassen, sondern sich dort als .'Herr und Gebieter eingerichtet hat, daß Präsident Wilfoir ^den französisch-englisch-italienischen Vermittlungsvorschlag isitalienische Souveränität über Fiume mit wirtschaftlichen ^Vorrechten für die Jugoslawen^ nicht angenoimnen hat, daß die italienische Kammer währenddessen aufgelost wurde und daß man über den Ausfall der Neuwahlen überhaupt chichts vorauszusagen verinag. — darin hätten wir einen Deil der jüngsteir Geschehnisse in der Wcltpoliiik vor uns ivorübereilen.l^assen.' 1585, beziehungstveife 1795 zum holländischen Terri­torium gehören, ablehnend, ebenso gegenüber dem belgi­schen Vorschläge, .Holland solle eventuell durch reichs­deutsches Gebiet in der Ern-dener Gegend entschädigt werden. Da die Bedeutung der Streitobjekte nicht im Naum­­iichalte oder der Bevölkerungsziffer, sondern in ivirtschaft­­lichen, politischen und militärischen Gründen, die durch die Nachbarschaft Deutschlands bedingt sind, gegeben ist; da ferner auch die Rivalität der Antwerpener Reeder und Kaufleute gegenüber Rottervanl und Ainsterdam ein ivenig inr Spiele ist, erklärt sich die Selbstverständlichkeit, daß der Oberste Rat der Alliierten die Auseinandersetzungen zu eineul ihn: geiwhmen guten Ende sühren wird. Die tnilitärischen Beweggründe der belgischen Forderungen dürften durch die Macht des Völkerbundes, zu dessen mög­­lichs^ter Stärkung sich Clemenceau und Lloyd George erst jüngst bekannt haben, ihre Erledigung finden. Das Bei­spiel d'Annunzios dürfte bezüglich Limburgs keine llèach­­ahmung erlangen, um so mehr, als einerseits in Belgien eine Reihe verständiger Männer entscheidend zu wirken sucht, andererseits der holländische Minister des Aeußcrn erst kürzlich erklärte, daß die Niederlande mit Belgien nur in Frieden und Freundschaft leben wollen. HolliLMsch belgische RsrhanLümKerr. Budape st, 4. Oktober. Eine Meldung der Libre Belgique bestätigt die be­­-reits aus Paris verbreitete Meldung, daß die seit Juli ^schwebenden holländisch-belgischen Verhandlitngen, ein megatives Ergebnis gezeitigt hätten. Was die Schcldefraac betrifft, so bestand Holland auf der Auftechterhaltung des Statusguo, ch daß im Kriegsfall die Schelde geschlossen 'würde. Dagegen ist Holland bereit, wichtige Vereinbarun­gen und Garantien bezüglich der wirtschastlichen Verwal­­'iung Les Flusses und der dort zik erbauendeii Werke ein­zugehen. Von einem völligen Abbruch der Verhandlinigen kann aber kaum die Rede sein, dciiit diese siiid, nach Zln­­hörung beider Parteien, unter der Aegide des Obersten Kates der Alliierten zustande gekommen, der Anfang Juli die Entscheidung getroffen hat, daß Holland und ^Belgien sich untereinander einigen mögen. Eiir Ausschilß, beftehend aus den Vertretern der Vereinigten Staaten von Amerika, des Britifcheir Reiches, Frank­­ireichs, Italiens und Japans, deiir auch Ver­­'treter Belgiens und der SèiederlanLc zugezogen wurden, war zu diesem Entschlüsse gelangt. Es wurde anerkannt, baß die Verkäge der beiden Staaten vmn Jahre 1839 der .Ueberprüfung bedürfen, jedoch solle dies weder den lleber­­-gang territorialer Souv-eränität noch Errichtung iiitcr­­nationaler Gercchtsamc n,it sich bringen. Holland hatte .sich vorher freiwillig zu Verhandlungen init Bclgieii bereit ^erklärt. Aus der geschilderteir Sachlage geht hervor, daß ber Oberste Rat wahrscheinlich eine neue Verhandlungs­­ibasis finden wird. . Die holländische Regierung hatte das Verhandlungs­­'anbot mit der Einschränkung versehen, daß Frageir terri­­itorialer Veränderungen und Abmiderungen internatio­­imler Servitute ausgeschlossen bleiben sollten. Der Oberste Rat akzeptierte mit Beschluß vom 4. Juli diese Grund­lage. Holland bot gegen einige von Belgien zu leistende Zusagen bezüglich der Wasserwege eine Reihe'wertvoller .Zugeständnisse wirtschaftlicher und politischer Natur an. 'Die Niederlande stimmten der gewünschten gemeinschaft­lichen Verwaltung der-.Handelsschiffahrt auf der Schelde !zu, ebenso dem Bau einer breiten Verbindung Schelde— sMaas—Rhein, der Anlage eines Kanals Antwerpen— Moerdyk und schließlich der Verbesserung des Genter Ka­nals nach Terneuzcn. Hingegen stellte sich Holland gegen­über den belgischen territorialen Wünschen bezüglich Scc­­ländisc^Flarchern und Holländisch-Limburg, die seit Drs Norgärrge rm KalLrkum. Budapest, 3. Oktober. Die energische Aufforderung der Entente an Deutsch­land, die Truppen des Generals van der Goltz aus dein Baltikmn zurüFzuziehem und die'Androhung der Wieder­aufnahme der finanziellen und wirtschaftlichen Blockade lenken die Aufmerksamkeit auf die dortigen Vorgänge. Nach dem Abschluß des Waffenstillstandes zwischen der Entente und Deutschland verblieben wegen des Fehlens von Ententekorps in dieseir Gegenden deutsche Truppen in den Baltenlanden, um die Einheimischen bei der Ab­wehr des Bolschewistenansturmes zu unterstützen. Wieder­holt bildeten diese dmtschen Truppen den Gegenstand von Erörtcnlngen zwischen Deutschland und der En­tente, und zwar vor allem am 22. April. 27. August und 3. September. Anr bekann­testen dürste rroch der im April und Mai in Spa erfolgte englisch-deutsche Ülotenaustausch sein. Ter engli­sche Vertreter in Spa protestierte am 22. April gegen den Staatsstreich der baltischen Landeswehr, die in Libau das Kabinett Ullmanis gestürzt hatte. Deutschland habe die ! Hand im Spiele. Der status guo auto müsse wiedèrher­­gfftellt werden. Deutscherseits wurde erwidert, der Re­gierungswechsel sei ein Werk der einheimischen Bevöl­kerung gewesen und sei ohne Einmengung er­folgt. Am 5. Mai übermittelte General Nudant dem dcuffchen Vorsitzenden in Spa im Auftrage Balfours eine Antwarck der alliierten und assoziierte'n Regierungen, in welcher auf den: in der elften lli0te gekennzeichnete!; Standpunkte beharrt und überdies die Forderung nach Llbbet'ufung des Genergls von. der Goltz gestellt wurde. Erzberger erklärte hierauf am 8. Mai namesis der deutschen Regierung, daß sich Deiltscyland iir innere 'Ange­legenheiten des Baltikums nicht cingcmcngt habe, Ferner lehne Deutschland die geforderte Bezeichnung der deut­schen Truppen in den Baltenlandcn als „deutsche Hilfs­kräfte" statt ..deutsche Besatzungsarmee" ab. weil sonst die betreffenden deutschen Truppen unter den Befehl der En­­tentekabiirettc gelangen würden. Deutschland werde hii!­­gegen Lettland rind Litaue-r in kurzer Frist räumen, in einem Zeitpunkte, der das dem Deutschen Reiche in diesen Landen gehörende Eigentum ungestört lasse. In: wei­teren Verlaufe der Ereignisse gelang es zwar dem als Nachfolger des Kabinetts lillmanis auf den Plan ge­tretenen Ministerpräsidenten Needra, mit deutscher .Hilfe Riga zu befreien. Es gelang ihnr aber ebenso­wenig wie seinem Vorgänger, ein Koalitions­ministerium zusammenzubringen. Lchließlich be­siegten und vertrieben die estnisKlertischen An­hänger die Trirppen Necdras bei Riga vollständig und vertrieben dieselben auch aus Libau. llllnranis, der seither wieder Ministerpräsident ist, hielt seinen Einzug. Die deutschen Truppen in den Baltenlanden wurden schon mehrmals von der deutschen Regierung aufgeforoert, heimzukommen. Es ist eine ganze Anzahl von divergieren­den Meldungen über diese Truppen ausgctaucht, so das; es schwer wird, ein Bild von der Wahrheit zu gewinnen. Es wurde erzählt, daß diese Truppen ein Sannnelpunkt der Reaktion'seien und daß sie aus Deutschland Zuzug hätten. Ein solcher Zuzug war zu Beginn dieses Jahres stark erkennbar, als der deutsche Reichskoinnrissär für die Baltenlande, der Sozialdemokrat Auguft Winnig, mit der lettländ'schen Regierung ein Abkommen getroffen hatte, daß die reichsdeutschen Hiifstrnvpen in Leír Balten- Icurden Bürgerrecht und Ansicdlungsberechtigung erwer­ben könnten. Speziell letztere erwies sich als gegen­standslos, da die Einwilligung der Entente fehlte. Ferner ist ein Teil der Truppen,' um dein Heimberu­fungsbefehle zu entgehen, in die Dienste der russischen Gegenrevolution getreten, ein anderer Teil soll sich, uin den; Heimberufungsbefchl zu entgehen, unter die Flagge des baltischeir B'arons Rèanteuffcl gestellt haben. Die deursche Regierung will nun, urn ihren Be­fehlen Nachdruck zu verleiherr, de:r Truppen im Baltikum, die dem Abmarschbesehl nicht Folge leisten, die Löhnung und den Lebensmittelnach­schub entziehen, ferner den Angehörigen die Unterstützung sistieren. Der deutsche Reichswehrminister Noske hat den Befehl erlassen, daß auf jeden Mann gefeuert werden soll, der ohne Bewilligung aus Ostpreußen nach dem Baltikum hinüber wolle. Gegenüber dem Ententeultimatum erklärt Deutschland, daß seinerseits ein loyales Vorgehen vorliege, daß aber die Sachlage äußerst kompliziert sei. Es wird deutscherseits vorgeschlagen, daß eine gemischte.deutsch­­alliierie Kommission sich nach dein Baltikum begebe, um an Ort und Stelle, die mit her Räumung in Zusammen-' LswistLA, 4. Oktodsr 19'.9 Hang stehenden Fragen zu klären und die nötigen Ent­scheidungen zu treffen. Wahrscheiiilich wird auf dieser Basis der Zwischenfall seine Äsung finden. Reform der Arderterverkcheruvg. Das llng. Tel.-Korr.-Biireau meldet: Tie Regierung Hut den Rechtskreis der oberfteir Aufsicht inid Orientierung der Arbeiterversicherung aus dem Wir­kungskreis e des stauilichen Arbeiteroersicherungsamtes in den Wirkungskreis des neuerrichteten Ministeriums für Volksgesundheit überwiesen. Es darf init voller Sicherheit erwartet werden, daß diese Aenderung des Kompetenzkreiscs ziigleich eine radikale Aenderung in der Ordnung des Ar­beiterversicherungswesens bedeutet. Als erster Verkünder in diesem Belange erscheint die großzügige Reforniverordnung, welche der Ministerrat in seiner am jüngsten Die'istag statt­gehabten Sitzung auf Vorschlag des Ministers für Volks­­acsupLheit angenommen hat. Die auffälligste, weil uiit der bisherigen Einrickstung der Awbeiterversichermlg am MBisten im Gegensatz stehende Ker­­fügung der Reform ist die, dajz sie die Verwaltung der Landes- Arbeitervefficherungskasse und der BeKirks-Vevsicheriiugs­­kassen verstaatlicht. Tas bedeutet, daß die ganze Geschäfts­­flchrung der erwähnten Kassen nicht — wie bisher — von den durch die autononre J-nteresfetwertretuug der Arbeitgeber und der Arbeiter gewählten Angestellten, sondern von den iinmit­­teibar durch den Staat ernannten Angestellten wird versehen werden. Wer die Tätigkeit der Arbeiterversicherungskasien mit Aufmerksamkeit vcrfolht hat, konnte mit großem Bedauern die Wahrnchmung nmchen, daß in den erbitterten .Kämpfen der Autonomie bei Besetzung der Schellen der eigentliche Ävcck der Versicherung, nämlich die möglichst vollständige Versorgung der durch Krankheit oder Unfall in Not geratenen Arbeiter in den, Hintcrgrnnd gedrängt wurde. Die Veranüvortmig hie-' für trifft nicht die begeistsrten und überhaupt wicht die iw gutem Glauben vorgehendcn Arbeiter, sondern in erster Reih« das Bcamtenkorps selbst. Seit dem Jnslebentreten der Arbeiterversicherung hat ein ansehnlicher Teil der Arbeitgeber mit Besorgnis beobachtet, daß die^Arbeitervcrsicherung,chnstattcher Institution des sozia­len Aufbaues, wie die Schöpfer dieser Institution es gedacht hatten, zu dienen, ein Warmbeet der Miasmen der sozialen Zcrsttzung geworden ist. Einerseits die Indolenz eines an­­deren Teiles der Arbeitgeber, andererseits der Terror der Interessenvertretung der Arbeiter, mit welchem jede Einwen­dung durch betäubenden Lärm zum Schweigen gebracht wurde, daß nânilich ohne das Recht der Wahl der Beamten eine Auto­nomie nicht denkbar sc!, endlich die Kurzsichtigkeit der frühe­­ren Regierungen ließ die Dinge dahin entarten, daß bei Aus­­bruch des Bolschewismus die Ärbciterversicherungskassen sozu­sagen als die Gebreste des Sicchtulns ausbrachen. In der schönen Gesellschaft der Volkskommissüre und in den Reihen ibrer .^u jedenr Umsturz bereiten verblendeten Werkzeuae fchcn ivir eine lange Reihe von Beamten der Arbeiter­­vcrsicherungskasscn. Die einzig mögliche Lösung einer System­­ündcrung ist die Verstaatlichung des Bcrsichcrungsdienstes. Ini übrigen nimmt die Regierungsverordnung auf dir heutige schivicrige finanzielle Situation insofern Rücksicht, daß sie die Bezirks-Ärbeitcrversichcrungskasseu von ihren bisheri­gen administrativen Lasten trotz der Verstaatlichung ihrer Ad­­ministrqtion nicht enthebt, indem sie sic dazu verpflichtet, 20 Prozent ihrer Iahresbeitragseinahmeu der Staatskasse zu überweisen, zur Deckung jener Kosten, die infolge der Ver­­staatlichung den St,mt belasten. Diese 20 Prozent'der Jahres­­bcitragseinnahmcn werden hoffentlich die .Kosten der Admini­­sttation der Bezirks-Arbeiterversicherungskassen decken. Tie staatliche Administratiou wird von viel weniger, aber zu ihrem Beruf besser vorbereiteten und verläßlichen Beamten ersprieß­­licher versehen werden, als dies bisher der Fall wmr. Es ist nalürlich, daß nach den obwaltenden Prämissen der Staat bei der Schosfung des neuen Beamtenkbrps die Rechte der bisherigen Kasscnbeamten auf definitive Ernennung nicht berücksichiigen kann. Die Verordnung stützt sich in Angelegen­heit der Entlassung der Beamten auf die allgemeinen privat­rechtlichen Normen. Es ist natürlich, daß die Regierung dieses - ihr Recht nicht mißbrauchen wird, doch wird sic,'^indem sie sich jeder politischen Verfolgung enthalten wird, bei den Entlassun­gen mit denk größten Takte in der Weise vorgehen, daß den' verdienstvollen Beamten der Kassen wegen ilfrcr Politischen Ueberzenaung keine Unbill widerfahren soll. Diese Reforun entschädigt die Arbeiterschaft reichlich mit der Eriveiternng der Unterstützung und jener Versicherungs­verpflichtung, welche sie umfaßt. Die obligatorische Verpflich­tung der Krankenversicherung erhöht sich bei den Privakbeam­­ten von den biöflerägen jähriichcir Gehaltsgrcnzew von 480Y Kronen auf jAirliche 7000 Kronen. Mit Rlicksicht auf die In­­keressen des ärztlichen Standes konnte die Regierung weiter nicht gehen. Besonders hervorzuheben ist die Versicherung der Haushalkungsangestellten, ivelche während der Zeit der Räte­regierung in den Kreisen der ohnehin überbürdeten Mittel, klasse infolge der mit der Versicherung verbundenen iinverhält­­nisliiäßig hohen Kosten allgemeinen Unmut hervorrief. Tie Verordnung hilft auch diesem Uebclstande ab, indcin sie den Krankrnversicherungsbeitrag der Haushaltungsangestelllei! anstatt mit für die übrigen Versicherten fcstgestellten 6 Prozent mit 2 Prozent nomiwiert. Dergestalt reduziert sich der siir die Haushaltuugsangestellteu vorgeschricbene Beitrag auf ein Drittel, und zwar mit rückwirkender Kraft voni 31. März. Die Ausdehnung per Unterstützung gegenüber den bisheri­gen gesetzlichen Unterstützungen äußert sich einerseits darin,, daß die Zeitdauer der Krankenunterstützung von 20 Wochen auf ein Jal)r verlängert, andererseits aber darin, daß das Krankengeld über vier Wochen hinaus von 60 Prozent des durchschnittlichen Taglohnes auf 75 Prozent erhöht wurde. Die Mutterschaftsversicherung erfuhr eine gesteigerte Für­sorge damit, daß auch eine Schwangcrschaftsunterstützung fest­gestellt wurde, die sich auf die volle Summe des Taglohnes erstreckt und für die der Niederkunst vorausgegangewen vier Wochen gebührt. Erhöht wurde die Unterftützung der Wöchnerinnen von 75 Prozent auf den vollen Betrag des durchfchniNichen Tag­lohns. Die Familiennütglieder der Wöchnerinnen erhalten statt täglich einer Krone täglich drei Kronen. Bei deir Unfallsversicherung verbessert die Lage der Ver­letzten auch die Verfügung nach welcher sie insoiange Ver­­pflegsgebühren erhalten, als ihre KurbeHandlung dauert. Die Möglichkeit der Gebührenevhöhuug ist dadurch gegeben, daß anstatt der bisherigen Grenze von 2400 Kronen der Erwerb der Verletzken bis zur Höhe von 4800 Kronen in Rechnung gezogen wevden soll, c"

Next