Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. június (76. évfolyam, 121-145. szám)

1929-06-01 / 121. szám

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Manuskripte werden nicht zurückgestellt, Telephon der Redaktion : 848-20*PESTER LLOYD HOft6£MBLATT B ________________________________________Sät* 90 Inseratenaufnalime; Tn Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Blockner, J. Blau, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold, 4 Julius Leopold, Magyar hirdetö-iroda, Rudolf Mossa A.-G., Jos. Schwarz, Slkray, Julius renzer. Generalvertretung des Pester Lloyd 'air Oesterreich : M. Dukes Naohf. A.-G.. Wien, Wollzeile 18. iinzelntunmer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 82 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreich: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. — Für Jugoslawien: Morgenblatt an Wochentagen 3 Dinar, an Sonntagen 4 Dinar und Abendblatt 2 Dinar 50, Redaktion u. Adm.: V., Mária Valéria-uooa 12# Telephon der Administration: 849-09, 76. Jahrgang. Budapest, Samstag, 1. Juni 1929. Nr. 121 Die englischen Neuwahlen. Budapest, 31. Mai. Bis heule abends 9 Uhr war von den 615 Wahl­bezirken Englands das Abstimmungsergebnis aus 596 Wahlbezirken bekannt. Da somit nur mehr 19 Wahlresultate aushaften, läßt sich das Stärkever­hältnis der Parteien im neuen Unterhause bereits übersehen. Von den 596 Mandaten, deren Schicksal schon verlautbart ist, entfallen 289 auf die Arbeiter­partei, 250 auf die Konservative Partei, 52 auf die Liberalen und 5 auf parteilose Bewerber. Daraus er­geben sich die folgenden ausschlaggebenden Tat­sachen: Die Regierung ist aufs Haupt geschlagen, und ihre Partei, die konservative, kehrt zwar als zweitstärkste, aber als Minderheit ins Parlament zurück. Die Arbeiterpartei dagegen hat einen ge­waltigen Sieg zu verzeichnen, sie allein heimst den ganzen Verlust der Konservativen als Siegesbeute ein und wird mit der höchsten Mandatszahl, aller­dings bloß als relative Mehrheit im neuen Unter­hause erscheinen. ~T)ie Hoffnungen Lloyd Georges aber haben sich als Illusion erwiesen, denn die Li­berale Partei, die auf einen Gewinn von mindestens 50 Mandaten gezählt hatte, ist ohne nennenswerten Zuwachs, ungefähr mit dem alten Besitzstände aus dem Wahlfeldzuge hervorgegangen. Zu bemerken wäre noch, daß das einzige kommunistische Mit­glied des früheren Parlaments, der von einem Bir­minghaméi- Arbeiterviertel ins Unterhaus entsandte Inder Saklatvala, jetzt ausscheidet, weil er von einem Mitglied der Arbeiterpartei aus dem Felde ge­schlagen worden ist. Die durch den Wahlausgang geschaffene poli­tische Lage im Britenreich ist verworren genug. So stark auch der Gewinn der Arbeiterpartei ist, die absolute Mehrheit des Unterhauses hat sie sich nicht zu erringen vermocht. Ohne eine solche aber müßte ein Arbeiterkabinett des festen parlamentarischen Bodens entbehren, weil die beiden anderen Parteien, die zusammen die Mehrheit bilden, in jedem belie­bigen Augenblick seinen Sturz herbeizuführen ver­möchten. Eine wirklich tragfähige Parlamenismehr­­heit könnte nur durch eine Koalition zwischen der Arbeiterpartei und den Liberalen entstehen. Daß es zu einer solchen Koalition kommt, hat jedoch außerordentlich wenig Wahrscheinlichkeit für sich, denn der Gegensatz zwischen Macdonald und Lloyd George hatte sich während des ganzen Wahlfeld­zuges derart zugespitzt, daß ein Zusammenschluß der beiden Männer zum Zwecke einer Regierungs­bildung nahezu ausgeschlossen erscheint; und wenn auch unter dem Druck der Notwendigkeit sich eine solche Kombination verwirklichen ließe, so würde eine Regierungskoalition zwischen Labour und Liberalen nicht bloß wegen des persönlichen Ant­agonismus zwischen den beiden Führern, sondern auch deshalb kaum von Dauer sein können, weil in den wichtigsten Fragen der inneren Politik Vteit­­gehende, schier unüberbrückbare prinzipielle Gegen­sätze die beiden Lager voneinander trennen. Ein anderer Ausweg aus der ungemütlichen Sackgasse, die der Wahlausgang geschaffen hat, würde sich in einer konservativ-liberalen Koalition darbieten. Aber auch dieser Ausweg ist nicht gang­bar. Erstens schon deshalb nicht, weil die beiden bürgerlichen Parteien zusammen nur eine sehr knappe Mehrheit gegenüber der festgefügten Phalanx der Arbeiterpartei darstellen, zweitens und haupt­sächlich auch deshalb nicht, weil die Liberalen in der internationalen Politik eine ganz andere Rich­tung vertreten, als die von Baldwin und Chamber­lain bisher befolgt worden ist. Eher könnte man noch sagen, daß in den Fragen der Außenpolitik, wenigstens in deren großen Linien, eine gewisse Übereinstimmung zwischen den Ansichten und Ziel­setzungen Lloyd Georges und denen des Leaders der Arbeiterpartei vorhanden ist. Gegen die Außenpolitik des Ministeriums Baldwin führt Lloyd George nun schon seit Jahren einen verbissenen und leiden­schaftlichen Kampf. Die Ideen, für die er sich ein­setzt, sind der politischen Richtung des konser­vativen Außenministers Sir Austen Chamberlain so diametral entgegengesetzt, und die Kritik, die der liberale Führer an der ganzen Politik des letzteren bisher stets übte, war von so ätzender Schärfe, daß schon durch diesen Umstand allein eine reibungs­lose Zusammenarbeit innerhalb einer konservativ­liberalen Regierungskoalition völlig ausgeschlossen erscheint. So naheliegend also auch der Gedanke „Und weißt du,“ fuhr nun diese wieder fort: „daß sie sich nicht sieht, kann ich noch irgendwie be­greifen. Aber, daß sic es dem Applaus nicht anmerkt, daß das bloß ein Ehrenapplaus ist, daß dies nicht mehr ihr gilt, sondern den verflossenen Jahren .. „Geh doch“ — unterbrach sie die andere —, „vielleicht gar Jahrzehnten?“ „Ja, das gilt Jahrzehnten, der großen Künstlerin, die jedoch nur mehr gewesen ist.“ „Ja, ja, das ist es, nur gewesen! Und dennoch ist sie noch da, und solange sie da ist, verstellt sie uns Jungen den Weg. Denn so lange kann hier in ihrem Rollenkreis keine andere auftreten, bis es der Gnädigen nicht gefällt, in den wohlverdienten Ruhestand zu treten.“ „Oder, bis sie einmal kein Engagement mehr kriegt. Weißt du, daß es bei ihr auch in diesem Jahr mit dem Engagement gehapert hat?“ ln diesem Augenblick ertönte draußen der Bei­fallslärm. Die Szene war zu Ende. Die zwei Freun­dinnen zogen ab, bloß Kamilla Mátray stand unver­wandt da und sah vor sich hin. Ihre Knie knickten immer wieder ein, ihr Gesicht war totenbleich unter der Schminke, die Augen haschten unstet umher. Alles schien zu wanken: die Kulissen, die Dar­steller des Dramas, selbst die Landschaften auf der Dckorationsleinwand bewegten sich, nur sie regte sich nicht, sie war tot. Die Stimme des Inspizienten brachte sie zur Besinnung. „Wie pünktlich Sie sind, verehrte Künstlerin,“ sprach er höflich. „Zu diesem jungen Volk muß man auch dreimal hineinschreien, daß sie die Gnade haben mögen, dem Publikum den Vorzug ihres Erscheinens zu geben. Sie könnten von Ihnen, verehrte Künstlerin, lernen. Ihre Szene kommt, gnädige Frau.“ Ja, ja, ihre» Szene. Ihre Worte, ihre Stimme, denen fast alle Hauptstädte Beifall geklatscht haben. Denn sie spielte in mehreren Sprachen genau so sein mag, daß die beiden bürgerlichen Parteien einen Burgfrieden miteinander eingehen, um mit vereinter Kraft das Zustandekommen einer Arbeiter - regierung zu vereiteln, so ist unter den gegebenen Umständen an eine derartige Entwicklung der Dinge wohl kaum zu denken. Als letztes Auskunftsmittel bliebe nach alledem bloß übrig, daß die beiden bürgerlichen Parteien das Feld der Regierungstätigkeit der Arbeiterpartei, als der relativ stärksten des Parlaments, überlassen, wie sie dies unmittelbar nach den letzten allgemein nen Wahlen einmal bereits getan haben. Damals stellten sich die Konservativen wie die Liberalen auf den Standpunkt, daß „der Arbeiterpartei ihre Chance gegeben werden müsse“. So kam seinerzeit das Ministerium Macdonald zustande. Aber im Be­sitze der bloß relativen Mehrheit war dieses Arbei­­terkabinett eigentlich eine Minoritätsregierung und ihr Dasein von der Duldung der beiden bürgerlichen Parteien abhängig, die es in der Hand hatten, der; Regierung den schmalen parlamentarischen Boden, auf dem sie stand, jeden Augenblick unter den Füßen zu entziehen. Und es kam, wie es nicht anders kom­­men konnte: das Ministerium Macdonald konnte mit dem Parlament, über dessen absolute Mehrheit es nicht verfügte, nicht auf die Dauer Zusammen­arbeiten, und als es notgedrungen an den Volks­willen appellierte, war mittlerweile unter dem Ein­druck der enthüllten Wühlarbeit der nach England entsandten Moskauer Emissäre der Stern Mac­donalds verblaßt, und die Neuwahlen brachten die konservative Partei mit einer fast beispiellosen Mehr­heit von über 200 Mandaten in den Machtbesitz zu­rück. Viel anders würde sicfi das Schicksal eines zweiten Kabinetts Macdonald auch jetzt kaum ge­stalten. Der gegenwärtige Wahlausgang hat gezeigt, daß die breiten Volksmassen mit dem konservati­ven Regierungssystem unzufrieden sind und auch zu der liberalen Partei nicht das Zutrauen haben, daß diese das Land von den vorhandenen Übel­ständen befreien und es auf den Weg des ungetrüb­ten Gedeihens führen könnte. Aber wenn der Wahl­ausgang auch vernichtend für die konservative Re­gierung und ihre Partei war, so hat er doch der Arbeiterpartei nicht eine Mehrheit gegeben, in deren vollendet wie in ihrer Muttersprache. Hat ihre Kunst die Farbe und Frische verloren, weil ihr Körper, ja, ihr Körper, nicht mehr das ist, was er gewesen, nicht die blühende, elastische, schwunghafte Jugend mein ist? Sollte es nicht ihre Kunst gewesen sein, die die Leute interessiert hat? Also, das Publikum. Wie sagten sie bloß: ein Ehrenapplaus. „Ihre Szene, gnädige Frau,“ wiederholte der Inspizient. Sie betrat die Bühne. Und horchte. Applaus brauste ihr entgegen, aber nun hörte sie das Publi­­kaum mit anderen Ohren und sah es mit anderen Augen. Und während sie spielte, betrachtete sie gleichsam aus der Mitte der Zuschauer heraus und hörte die da auf der Bühne stehende Schauspielerin, Und allmählich, als eines ihrer Worte nach dem anderen still verhallte, erfaßte sie ein würgender Schmerz. Diese Stimme ist müde und verschleiert. Hin und wieder gewann sie Höhen, ab und zu lohte sie auf, wie eine verlöschende Rakete, aber die Augen, wo sind die strahlenden, in Tränen blinkenden, samtwarmen, alles ausdrückenden Augen? Wo sind sie? Diese Augen sind der trübe Teich, das ölige Wasser, und gelb sind diese Augen, Alte Augen. Und ihre Hände, ihre Arme? In die, wenn sie sie ausbreitete, die ganze Welt hätte hineinfliegen mögen, in ihre aifsgebreiteten zwei Arme! Wie viele Menschen tauchten in das Tiefste ihrer Seele unter beim Klang ihrer Stimme, wie viele Frauen fanden ihr Herz, wie viele Jünglinge werfen ihr jetzt noch ihr Herz zu! Wo ist ein Auge, das auf den Sitzreihen in Tränen erblinkt, wie es einst-gewesen? Nirgend. Man betrachtet sie bloß, der eine mit Interesse, der andere gelangweilt und nun merkt sie, daß man nicht sie betrachtet, nicht auf ihre Kunst horcht, das sind Leute, die zählen, zählen ihre Ge­sichtsfalten, und die Träne, die sie in ihren Augen suchte, war nicht dort unten, sondern da oben, sie saß in ihren eigenen Augen. ■m- -..............- ■■ —==-------------------------------------------------­Feuilleton, Tragödie der Tragödin. Novelle. Von ÁRPÁD SEBES. Die große Tragödin trat maskiert, zum Spiel bereit, aus ihrer Ankleideloge. Von der Bühne her rieselten die Worte der Kollegen zu ihr. Sie hatte nur noch wenige Almuten -Zeit, und war daher auf dem Weg ins Konversationszimmer, um dort ihren Auftritt abzuwarten. Da vernahm sie ein Flüstern und in diesen Tönen hörte sie ihren Namen nennen. Unwillkürlich stand sie still und blickte um sich. Zwei junge Schauspielerinnen standen im Gespräch hinter einer an die Mauer gelehnten Kulissenwand. Sie sah die beiden, diese bemerkten jedoch ihre Anwesenheit nicht. „Siehst du,“ — hörte sie weiter sprechen — „deshalb können wir nicht vorwärts kommen. Da ist diese Frau, diese Kamilla Mátray. Ich sehe ein, daß sie eine große Künstlerin war, aber heute! Denn, ich bitt dich, sieh dir nur einmal ihren Hals an. Es nützt ihr nichts, daß er ausgewalkt ist; wenn sie den Kopf seitwärts wendet, laufen ihm die Falten zu Hunderten nach. Und dann, die Augen. Sie sind nicht grün, nicht grau, nicht blau, sondern scheinen wie von Froschlaich belegt. Oder, was noch ähnlicher ist, — hast du schon öliges Wässer gesehen? Na also, .gen^u so sind ihre Augen. Trüb, matt, gebrochen. Alte Augen, Liebste, typisch alte Augen sind es schon. Und daß sie das nicht sieht! Sie sieht beispielsweise auch ihre Hände nicht, wie sehnig und knochig sie sind.“ „Nun“ — sprach die andere —, „deshalb ist sie doch eine große Künstlerin.“ Dann aber fügte sie scharf hinzu: „War es.“

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