Pester Lloyd - esti kiadás, 1929. július (76. évfolyam, 145-171. szám)

1929-07-01 / 145. szám

Einzelnummer an Wochentagen 16, an Sonntagen 32 Heller Abonnement: Für Budapest: mit täglich zweimaliger ZuBteHuög und für das Inland Morgen­­und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenblatt allegi vierteljährlich II P, monatlich 4P. Auch auf das Abend­blatt allein kann unter den gleichen Bezugs­bedingungen abonniert werden. Für die separate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wi8n auch durch Herrn. Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzband-, Sendung vierteljährlich; Für Oesterreich und Polen 30 Pengő, für Jugoslawien 34 Pengő, für alle Übrigen Staaten ISO Pengő. Abonnements werden anch bei sämtlichen ausländischen Postämtern enfcgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt, Telephon der Redaktion : 848-30. PESTER LLOYD ABENDBLATT Inseratenauf nähme t In Budapest, in der Administration de3 Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Blookner, J. Blau, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magyar hirdető-iroda, Rudolf Mosse A.-G., Jos. Schwarz, Sikray, Julius lenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd iür Oesterreich : M. Dukes Ngchf. A.-G„ Wien, Wollzeilo 16. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 33 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreich : Morgenblatt an Wochentagen $0 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. — Für Jugoslawien: Morgenblatt an Wochentagen 3 Dinar, an Sonntagen 4 Dinar und Abendblatt 3 Dinar 50, Redaktion u. Adm.: V., Mária Valőria-ucoa 13, Telephon der Administration: 840-00. 76. Jahrgang. Budapest, Montag, 1. Juli 1929. Nr. 145 Berlin — Versailles. Von Dr. EDGAR STERN-RUBARTH. Berlin, 30. Juni. In diesen Tagen hat die ganze deutsche Öffent­lichkeit sich mit einem Rück- und einem Ausblick beschäftigt, der von dem zehnten Jahrestag eines der schwersten und schmerzlichsten Ereignisse in der deutschen Geschichte, vom Tag der Unterzeich­nung in Versailles ausgeht. Zehn Jahre sind ein Augenblick im Welt­geschehen. Zehn Jahre sind ein Tag in der Geschichte eines Volkes. Zehn Jahre sind ein Lebensabschnitt in der knappen Zeitspanne, die dem Einzelnen auf Erden zugemessen ist. Je nach dem eingenommenen Standpunkt wird man die Entwicklung, die seit dem tragischen 28. Juni 1919 verflossen sind, optimistisch oder pessimistisch burteilen. Pessimistisch: noch besteht der Vertrag von Ver­sailles, noch stehen ausländische Truppen auf deutschem Boden, noch ist das Saargebiet in frem­der Hand, noch ist keine der Grenzbestimmungen, ^die das Deutsche Reich von einst zerstückelt und izerrissen, das Selbstbestimmungsrecht der Völker verfälscht, wirtschaftliche Notwendigkeiten verspot­tet und organisch Erwachsenes zerrissen haben, in friedlicher und vernunftgemäßer Weise geändert pder gebessert worden. Optimistisch: an einem großen Bankett, an dem die Botschafter und Gesandten aller Mächte und die Presse der ganzen Welt teilnahmen, erklärte vor zwei Jahren ein ehrwürdiges Mitglied des britischen Un­terhauses in Gegenwart des Verfassers, das Fazit einer Reise durch Deutschland habe den Redner zu der Überzeugung gebracht, „wenn das, was er in Deutschland beobachtet habe, das Ergebnis eines verlorenen Krieges, das, was er in seiner englischen Heimat wahrnehme, das Ergebnis eines gewonnenen Krieges, sei, so möchte er Sr. Majestät Regierung aufs ernstlichste ersuchen, in Zukunft ihre Kriege zu verlieren .. .“ Gewiß war das eine etwas metaphorische Re­deweise; aber 'schließlich haben sich die natür­lichen Kräfte eines 65-Millionen-Volkes, hat sich die Erkenntnis von der Notwendigkeit eines Zusammen­­arbeitens und Zusammenwirkens der europäischen Völker doch in der Tat in den abgelaufenen zehn Jahren soweit durchgesetzt, daß sich in den äußeren Erscheinungsformen des Daseins, in der Welt­geltung und in der materiellen Entwicklung der Gegensatz zwischen Siegern und Besiegten ziemlich verwischt hat. Zehn Jahre sind eine kurze Zeit ge­wesen, wenn man den Ausgangspunkt, und wenn man dieses Resultat nebeneinanderhält, wenn man die Schwere des Handikaps in Betracht zieht, mit dem das deutsche Volk seinen Wiederaufstieg an­­treten mußte, und wenn man sich bewußt bleibt, daß rings um uns im Grunde dieselben Gruppen, ja, dieselben Männer das politische Geschehen bestim­men, wie in der Zeit der tiefsten Verwirrung und des brennendsten Völkerhasses. . * * • « Die Schicksalsverbundenheit ist freilich keine solche des gemeinsamen Glücks, sondern der ge­meinsamen Not. Es geht den Siegern, mit vielleicht alleiniger Ausnahme Amerikas, nicht oder kaum besser als den Besiegten. Und wenn sie noch vor fünf oder sieben Jahren versucht haben, eine Ver­besserung ihres Schicksals auf Kosten des deutschen zu erspressen, so haben sie inzwischen lernen müs­sen, daß sie es nur mit dem deutschen zusammen in iaufbauender Arbeit zu mildern vermögen. Deshalb ist auch der Gedankengang, von dem aus sich das Volksempfinden bei uns vor zehn Jahren am tiefsten aufbäumte, heute nicht mehr am Platze Denn so wenig, wie die Fiktion von dem „Boche“, der älles zahlt, Bestand gehabt hat, so we­nig konnte die von der Alleinschulä Deutschlands am Kriege aufrechterhalten werden. Sie wurde durch­brochen und durchlöchert von zahlreichen objekti­ven Arbeiten englischer, amerikanischer, ja selbst, französischer Forscher, widerlegt von den deutschen Aktenpublikation und von den Enthüllungen russi­scher und serbischer Mitspieler bei dem großen Schachspiel vom Jahre 1914 — sie ist gerichtet und für die Geschichtschreibung erledigt. Aber es wäre naiv, in dieser moralischen Be­mäntelung der drakonischen Bestimmungen, die Hermann Müller und Dr. Bell am 28. Juni 1919 durch ihre Unterschrift unter dem Zwang der Bajonette sanktionieren mußten, ohne daß irgend jemand in Deutschland damit integral die Wahr haftigkeit des Unterschriebenen hätte gutheißen können, den wirklichen Grund für die uns auferlegten Verpflichtungen zu erblicken. Denn der hieß, wie seit den Tagen des Brennus, einfach und vernehm­lich: „vae victis!“ Es beruht auf einer Verwechslung der Begriffe Kriegsschuld und Kriegsschulden, wenn man sich der Illusion hingibt, alle Kontributionen materieller Art würden sich mit Aussicht auf Erfolg anfechten lassen, wenn es gelänge, von irgendeinem Welttribunal oder sogar von den Urhebern selbst ein Eingeständnis ihres moralischen Unrechts, eine Zurücknahme der Kriegsschuldlüge zu erlangen. Wenn breite Schichten des deutschen Volkes trotzdem und seihst in voller Erkenntnis dieser Sachlage dennoch fortgesetzt gegen diese Lüge an­kämpfen, die Graf Brockdorff-Rantzau am 7. Mäi 1919 in Versailles zuerst und angesichts der Welten­richter als solche bezeichnet hat, so ist das ein Zeichen moralischen Selbstbewußtseins und Gerech­tigkeitsempfindens, das die Schmach dieses Vor­wurfs auch abseits Von jeder materiellen Folge­wirkung als unerträglich empfindet. Man wird die­sem Empfinden Rechnung tragen müssen, wenn man jetzt auch auf der anderen Seite erkannt hat, daß es im eigenen Interesse nötig ist, die Steine aus dem Weg zu räumen.* * * Dieser Weg führt, nachdem er die Etappen: London 1924, Locarno 1925, Genf 1926, Paris 1929 durchlaufen hat, nunmehr auf die große Liquida­tionskonferenz. Es ist nicht ohne Interesse, zu be­obachten, wie die Modalitäten, die Frage des Orts und des Zeitpunkts Einblicke in das Spiel der Be­teiligten gewährt haben. Deutschland hatte zunächst einen bequemen deutschen Tagungsort, etwa Baden- Baden, mit Rücksicht auf die Jahreszeit vorgeschla­gen. In Paris legte man Wert auf einen „neutralen“ Ort, also eine Stadt def Schweiz, aus sprachlichen Gründen vermutlich der Westschweiz, und lancierte deshalb Lausanne. In London war nicht nur wegen des an sich begreiflichen Wunsches nach einer Wie­derholung der Vorgänge von 1924, sondern auch aus sehr materiellen Gründen das Bestreben vor­herrschend, die Konferenz nach der englischen Hauptstadt zu ziehen. Denn im Gegensatz zu den übrigen beteiligten Ländern tagt dort das Parlament noch bis Ende Juli, und.,die maßgebenden Männer einer eben erst in den Sattel gekommenen Regie­rung können sich vorher kaum wochenlang vom Regierungssitz entfernen. Aber Macdonald, offensichtlich in der Absicht, die Frage des Konferenzvorsitzes, der ihm als Gast­geber gebühren würde, nicht als seinen Beweggrund deuten zu lassen, hat sich Paris gegenüber auf den heftigen Widerstand gegen seinen Vorschlag hin als­bald -bereit erklärt, auch jeden anderen Tagungs­ort gützuheißen, wenn man mit der Konferenz bis Anfang August, bis nach Beendigung seiner Parla­mentssession warten wolle. Daraufhin haben es jetzt plötzlich auch die Franzosen nicht mehr eilig, die doch zunächst die Bereinigung des Reparations­problems durch die Konferenz zur Voraussetzung für die Ratifizierung ihres Schuldenabkommens gegen­über Amerika machen wollten und die dieses ratifi­zieren müssen, um für die 400-Millionen-DolIar­­schuld am 1. August einen Aufschub zu erlangen. Sie wollen vorher ratifizieren und nachher, offenbar ohne den Druck dieses Verfalltermins, über Repara­tions- und Räumungsfrage verhandeln. Und außer­halb Londons würde Poincare als der dienstälteste Ministerpräsident den Vorsitz führen ... Deutschland ist an diesen Fragen der Prozedur weniger interessiert als an den Verhandlungsgegen­ständen. Aber es wird sich mit aller Entschiedenheit Versuchen wider setzen, wie sie jetzt schon da und dort in der Pariser Presse auftauchen: nämlich einer Interpretation der Räumungsfrage als einer vorn guten Willen der Gegenseite abhängigen oder gar einer sekundären, die erst auf einer nachfolgen­den zweiten Konferenz zu behandeln wäre. Die Ver­bindung zwischen den Fragen der Räumung und der Reparation ist im Vorjahr in Genf, ausgehend von dem deutschen Rechtsanspruch auf Räumung, von der Gegenseite selbst vorgenommen worden; sie ist unlösbar und untrennbar, sie ist das Kernstück jeder Gesamtliquidation. Und wenn die Anmeldung von konnexen Fragen, wie derjenigen des Saar­gebietes oder der prinzipiellen künftigen Beteiligung Deutschlands an der kolonialen Rohstoffwirtschaft, an der einen oder anderen Stelle Mißbehagen er­weckt, so sollte man nicht vergessen, daß eine Liquidation um so besser ist, je klarer und voll­ständiger die vorherige Bestandaufnahme erfolgt ist. Auslandschau. — 1. Juli. — Die Intrigen der Kleinen Entente. Der hervorragende italienische Publizist G. M. Sangiorgi veröffentlichte im Resto del Carlino einen Artikel unter dem Titel: „Die Intrigen der Kleinen Entente“, der die Aufmerksamkeit der ungarischen öffentlichen Meinung verdient. Die heftigen Angriffe der rumänischen Presse gegen Ungarn — meint der italienische Publizist —, die die militärische Be­setzung der Donaulinie, ja sogar der ungarischen Hauptstadt urgieren, stellen ein kleines Meisterwerk Benes' dar. Es ist sonderbar, wenn nicht-gar be­dauerlich, daß Bukarest sich durch die Hegemonie­bestrebungen der Tschecho-Slowakei wiederholt und in so gesteigertem Maße beeinflussen läßt. Als die Rumänien im Jahre 1919 in Budapest einzogen, war noch die durch den Bolschewismus geschlagene Bresche offen. Die heutige Lage hat sich so ver­ändert, daß ein solches Unternehmen wahnsinnig wäre. In Bukarest scheint man zu vergessen, daß gegen Ungarn die Hand zu erheben so viel heißt, als einen Konflikt zu riskieren, dem Europa nicht untätig und stumm zuschauen würde, und daß im Interesse der Ungarn ein Bündnis besteht, das nicht von kleinem Kaliber ist und sich nicht in leeren Worten erschöpft. Nach dem Budapester Besuch Zaleskis und nach den Erklärungen, die er und Bethlen über Rumänien getan haben, ist es sicher­lich überraschend, daß die Bukarester Presse ein Kampflied intoniert, das in Prag ein süß flötendes Echo hervorrufen dürfte, in jenem Prag, das auf einen möglichen polnischen Einfluß sehr eifersüchtig ist und das seit der jüngsten farblosen Belgrader Konferenz einen fortschreitenden Zerfall der Kleinen Entente befürchtet. Seine Verbündeten galvanisiert Benes stets mit dem verbrauchten Mittel der „ungarischen Ge­fahr“. Nur sie allein verleiht der Kleinen Entente die, wenn auch nicht wirkliche, so doch scheinbare Grundlage der Interessengemeinschaft. Für Rumä­nien z. B. wäre die ungarische und die polnische Freundschaft wertvoller als sämtliche Beziehungen zur Kleinen Entente. Es ist deshalb sonderbar, daß in Bukarest, wo man ja ziemlich oft gegen die Ambitionen des Ministers Benes intrigierte, eine so einfache Wahrheit so schwer begriffen werden kann. Ein klassisches Beispiel der Politik Benes’ ist der Vorwand, den er für die Rechtfertigung des jüngsten diplomatischen Gewaltakts gegenüber Ungarn gewählt hatte. Die Wahrheit ist, daß Benes in erster Linie für die Ungerechtigkeiten des Ver­trages von Trianon veranwortlich ist und nun den Geschichtsprozeß befürchtet, der für die Revisions­bewegung günstig ist. Auf den Protest der Kleinen Entente erteilte Ungarn die gebührende Antwort, indem es jede Einmischung in seine inneren Ange­legenheiten entschieden zurückwies, und während andere vom Kriege sprachen, den Kellogg-Pakt ra­tifizierte. Dies ist ein offenbarer Beweis des fried­lichen Geistes, in dem die ungarische Politik gelei­tet wird, auch wenn die Revision des Vertrages von Trianon ihr letztes und heiligstes Ziel bildet. Der provokative und böswillige Geist, mit dem Benes die Kleine Entente galvanisiert, beginnt anachronistisch zu werden und es dürfte nicht mehr viel Zeit verstreichen, bis auch Bukarest viel weniger wie bisher aus Prag beeinflußt werden wird. Der Wiederanschluß der ungarischen Mino­ritäten an das Mutterland ist eine Forderung der Gerechtigkeit, der sich die Geschichte kaum wird entziehen können. Benes sieht sehr wohl, welche Gefahren am Horizonte auftauchen und indem er sie bekämpfen will, kompromittiert er seine Verbün­deten immer mehr. Sein Bestreben ist aussichtslos: Jugoslawien, von einem inneren Chaos aufgewühlt, hat keine Widerstandskraft mehr. Aber Rumänien, das sich in einer ganz anderen Lage befindet, sollte noch rechtzeitig daran denken, wie es sich dem un­vermeidlichen Zusammenbruch der Kleinen Entente entziehen und die schädlichen Einflüsterungen Prags zurückweisen könnte. Gegen den Strom der Ge­schichte zu schwimmen, ist mit der Gefahr des Schiff bruchs verbunden und es ist vollkommen antihistorisch, die Sicherheit der Kleinen Entente auf eine Gendarmentätigkeit zu gründen. Dies sei der Beachtung der rumänischen Presse empfohlen. Amnestie im Elsaß. Der Freispruch des kommunistischen Abgeord­neten von Straßburg, Dr. Roos, der begeisterte Emp­fang, der diesem von den Bürgern Straßburgs be­reitet wurde, besonders aber der mutige Spruch der

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