Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. szeptember (76. évfolyam, 197-221. szám)

1929-09-01 / 197. szám

Einzelnummer an Wochentagen M, an Sonntagen 33 Heller. Abonnement: Für Budapest: mit täglich zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgen­­und Abendblatt : Vierteljährlich 10 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenlilatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P. AiiOh auf dac Abend­blatt allein kann unter den gleichen Bezugs­bedingungen abonniert worden. Für die eeparate Zusendung des Abendblattes nnch der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich : Für Oesterreich und Polen 120 Pengő, für Jugoslawien 24 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnement« werden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt. Telephon der Redaktion : 848*20.PESTER LLOYD MOßGENBLATT B Ins eratenaufnalime •• In Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Blookner, J. Blau, Győri & Nagy, Haasenstein & Voglor, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Loopold. Julius Leopold, Magyar hirdető-iroda, Rudolf iV.osse A.-G., Jos. Sohwarz, Sikray, Julius Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd iüx Oesterreich : ffl. Dukes Naohf. A.-G., Wien, Wollzeilo 16. * Diuzelnummer für Budapest gnd für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 82 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreioh : Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. — Für Jugoslawien: Morgenblatt an Wochentagen 3 Dinar, an Sonntagen 4 Dinar und Abendblatt 2 Dinar 50, Redaktion u. Adm.: V., Mária Valéria-ucoa 12, Telephon der Administration: 849-00* 76« Jahrgang. Budapest, Sonntag’, 1. September 1929. Nr. 197 Acht Monate Diktatur im SHS-Staate. Vom Generalobersten STEFAN FREIHERRN v. SARKOTICS, ! ehemaligem Landeschef von Bosnien und der Herzegowina. Wien, Ende August. I. Kroaten und Serben. Die Ermordung der kroatischen Führer in der Skupstina am 28. Juni 1928 aus Gründen der groß­serbischen Machtpolitik hat ein weiteres staatliches Zusammenleben der Kroaten mit den Serben zur Un­möglichkeit gemacht, was auch die kroatische Volks­vertretung durch ihren Beschluß vom 1. August 1928 zum Ausdruck gebracht hat. Sie erklärte damals, daß die Gefühle der Kroaten für die bestehende 'Staatsordnung erloschen sind. Als dann am 8. August Radies seinen Wunden ! erlag, konnte ein großer Aufstand des empörten Vol­­ikes nur dadurch verhindert werden, daß die Volks­­vertretung das Volk auf die pazifistischen Lehren und auf das Testament des Radies verwies, das immerhin noch Verhandlungen mit dem König auf der Basis einer Personalunion annimmt. Sollte aber dies abgeschlagen werden, so sieht das Testament für die Kroaten nur mehr den Kampf um die volle Unab­hängigkeit vor. Gerade dies aber, was der sterbende Radies und die ganze Welt erwartet hatte, daß nun der König eine konstitutionelle Lösung der Staatskrise ver­suchen werde, — es geschah nicht. Der König hat sich vielmehr über sein am 1. Dezember 1918 den Vertretern des Agramer Nationalrates gegebenes Ver­sprechen, stets konstitutionell regieren zu wollen, hinweggesetzt und am 6. Januar 1929 sich zum Selbstherrscher proklamiert. Dabei hat er dem Gene­ral Zsivkovics und seiner politischen Klique die Dik­­taturgewalt verliehen, damit der Wille des kroati­schen Volkes gebrochen, die Hegemonie der Serben Tiber Kroatien erzwungen und dann auf den ganzen ! Balkan ausgedehnt werde. Hiemit hat der König 'alle Verantwortung für die Zukunft auf sich und seine Dynastie geladen, wozu er angeblich von der 'militärpolitischen Maffia — „Weiße Hand“ ge­nannt — gedrängt wurde, die auch seine einzige Stütze bildet. Damit ist der Unterschied zwischen der Dikta­tur in Belgrad und jener in Rom und Madrid ge­geben. Während sieh hier Staatsmänner großzügigen jFormafs — ohne ihre Monarchen mit der Verant­wortung zu belasten — auf die breitesten Schichten des Volkes, auf eine gute Verwaltung und gute Wirt­schaft stützen und eine Regeneration der Staaten durchführen, stützt sich die Belgrader Diktatur nicht einmal auf das serbische Volk, sondern einzig und allein auf einen General mit seiner Offiziers­­klique. Dieser hat sofort dafür Sorge getragen, daß die anderen alten serbischen Generale und Stabs­offiziere zu Hunderten pensioniert wurden, da ihm nur die junge, von ihm abhängige Generation ver läßlich erschien. Ein besonderes Kennzeichen der Belgrader Dik­tatur ist, daß sie nicht eine Änderung des bisherigen politischen Kurses Belgrads darstellt, sondern nur dessen Verschärfung, weil auf demokratischem, par­lamentarischem Wege die großserbische Hegemonie nicht mehr aufrecht zu erhalten war und daher diese einzig und allein noch durch eine militärische Diktatur gere.ttet werden konnte. Hiemit hat die Dynastie dem demokratischen Prinzip, dessen sie sich noch bei der Proklamierung der Diktatur irre­führenderweise rühmt, entsagt, hat sich vom Volke und der Volksherrschaft losgesagt und in eine ganz ungewisse Zukunft verirrt. Die acht Monate, während welcher im SHS­­Staate die Diktatur herrscht, bieten Gelegenheit, um Schlüsse zu ziehen, ob die Diktatur das mit dem Staatsstreiche bezweckte Ziel erreichen wird oder nicht. Es ist zwar keine dankbare Aufgabe, den po­litischen Wahrsager zu spielen, doch schrecke ich davor nicht zurück, weil ich einerseits die Entwick­lung der Ereignisse im SHS-Staate vorausgesagt habe, und weil mir andererseits einige Erfahrung in allen südslawischen Angelegenheiten zur Verfü­gung steht, die mir die Formung eines bestimmten Urleils erleichtert. II, König und Nationen. Die Ziele, die sich der Belgrader Absolutismus gesteckt hat, sind eindeutig aus dem Manifest des Königs ersichtlich. Darin heißt es wörtlich: „Es ist der Zeitpunkt eingetreten, in dem es zwischen Volk und König keinen Mittler mehr geben darf... Die parlamentarische Ordnung trug immer deutlicher den Stempel der Negation . .. An solch ungesundem politischen Zustand leiden nicht nur schwer das innere Leben und der Fortschritt, sondern auch die Entwicklung der äußeren Angelegenheiten des Staates und nicht minder die Stärkung unseres An­sehens und Kredits im Auslände... Es ist meine heiligste Pficht, mit allen Mitteln die staatliche und nationale Einheit zu wahren . . .“ Wenn man dieses Diktaturprogramm richtig zu lesen versteht, besagt es nichts anderes in ver­blümter Form, als die Wahrung der serbischen He­gemonie durch die Eliminierung (Assimilierung) aller nichtserbischen Völker und Volksteile, in erster Linie des Kroatentums und seiner politischen Füh­rer, die in der Tat bereits teils planmäßig beseitigt und teils konfiniert sind, insoweit sie sich nicht den Zugriffen der Macht durch eine Ausreise entzogen haben. Inwieweit die Diktatur bisher in der Erreichung ihrer Ziele Erfolge, beziehungsweise Mißerfolge auf­­zuweisen hat, wolle den nachstehenden Ausführun­gen entnommen werden. Die Aufnahme des direkten Kontaktes mit dem Volke hat der König in den vergangenen acht Mo­naten mehrfach versucht, indem er bestellte Depu­tationen bei sich in Belgrad empfing. Die wenigen aus den kroatischen Ländern — und darum war es ja dem König am meisten zu tun — konnten nur durch Anwendung von Pressionsmitteln, durch freie Fahrt und einen kostenlosen Aufenthalt in Belgrad, in Bewegung gebracht werden; sie sind aber trotz leutseligsten Empfangs verstimmt in ihre Heimats­orte zurückgekehrt. Welche Sehnsucht die Bevölkerung hat, um mit dem König in persönliche Berührung zu treten, beweist die mehr als deutliche Verhinderung des königlichen Aufenthalts in der Umgebung von Agram, sowie die mißglückte Reise nach Dalmatien. Daß am 6. August kurz vor Einfahrt des Hofzuges in die Station Agram ein Dynamitattentat gegen die dem Bahnhof gegenüberliegende Gendarmerie­kaserne verübt wurde, sei nur nebenbei erwähnt. In Serbien wieder finden in letzter Zeit auf der vom König oft befahrenen Autostraße zwischen Belgrad und Topola häufig Raubüberfälle statt, ohne daß man der Wegelagerer habhaft werden kann. In Slowenien fand es der König anläßlich der Taufe des dritten Sohnes in Veldes für geboten, vom ver­anstalteten Volksfest fern zu bleiben, obwohl er dort erwartet wurde. Die im Manifest zum Ausdruck gebrachte Ab­sicht, mit dem Volke direkt und ohne Mittler in Be­rührung zu treten, blieb daher bisher ein leeres Wort. HL Verschlechterung der Verwaltung. Wie sieht es nun mit den Verbesserungen der inneren Verwaltung aus? Es wurde eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen zur Reorganisierung der Feuilleton. Fieberhafte Untätigkeit! „Das tiefste Geheimnis der höchsten Diplomatie.“ Von JULIAN WEISZ. Kennst du das Land, wo die Kongresse biühn? Und Diplomaten gliihn und sprühn. Das Kommu­­niqué vom Himmel weht und der Reporter mit ge­füllter Feder steht. Dahin, dahin möcht ich mit dir, geliebter Leser, ziehn. Kennst du das Land? Es ist nicht das Land Mignons, wo das Maultier im Nebel seinen Weg sucht, sondern das Land Teils, wo die Freiheit auf den Bergen wohnt, auf hohen Bergen, die allerdings nicht die Höhe der Hotels, geschweige denn die der Hotelpreise erreichen. Und dennoch ist es eine heitere, liebliche Gegend. Der blaue Himmel lacht in den blauen See, und die Menschen rings­umher lachen mit; aber am herzlichsten lachen die Kellner und die Stubenmädchen, denn der Herbst bringt ihnen reiche Ernte: er läßt die Trinkgelder reifen. Jawohl, alles lacht an den Schweizer Seen, nur die Diplomaten wandeln ernst, düster, ja traurig, offensichtlich nicht ungestraft unter den Palmen der Parkanlagen, vielleicht weil sie die gesammelten Sorgen aller Kontinente auf ihren Schultern tragen, vielleicht auch bloß, weil ihnen die Kost und die Kosten in der Schweiz nicht recht bekömmlich sind. ... Wie zwei Peripatetiker schreiten der alte und der junge Westdiplomat durch die Alleen am See. Perikies konnte seinem Meister Anaxagoras nicht er­gebener folgen und aufmerksamer lauschen als der Legationsrat seinem Botschafter, diesem Vorbild und Muster, dem er in allen Stücken gleichen will. Beide stecken in dunklen, feierlichen Kleidern, die Bügel­falten ziehen sich bis in die glattrasierten Gesichter, wo sie als Sorgenfalten auftreten, die Strolihiite und die weißen Gamaschen bilden jedoch nach oben und nach unten Lichtpunkte, gleichsam andeutend, daß die Situation wohl schwarz sei, indes Kompromiß - aussichten nach beiden Seiten hin vorhanden bleiben. Verzagt doch der gelernte Diplomat niemals, zumal er weiß, daß alle Komplikationen dazu da sind, um gelöst, und alle Lösungen, um kompliziert zu werden. Dieses Thema beherrschte auch das Gespräch zwischen den beiden Spaziergängern, wobei sich der junge bemühte, gleichen Schritt mit dem alten zu halten auch in der diskreten Gebärde und im näselnden Ton, was ihm zu seiner Freude beinahe gelang. Ja, er war schon imstande, das rauhe R wie ein hauchdünnes H auszusprechen, so daß Roheit in seinem Munde fast wie Hoheit klang, wo­durch er berechtigten Anspruch auf ein Empor­rutschen in eine höhere Rangklasse erlangte. Legationsrat (letzter Klasse): Ich bewundere Eure Exzellenz. Seit Monaten belieben hier zu sein und noch immer erfreuen sich Herr Botschafter einer geistigen und körperlichen Frische, trotzdem Tag für Tag stundenlange Beratungen über Mexiko, Honduras und Bolivia stattfinden, so daß man fast befürchten muß, dieser Kongreß werde niemals ein Ende nehmen. Botschafter (erster Klasse): Mein lieber junger Freund! Sie sind mir anhänglich und ich will Ihnen meine Erkenntlichkeit bezeugen, indem ich Ihnen einige Andeutungen gebe, die Ihnen auf Ihrer diplomatischen Laufbahn nützlich sein werden. Vor allem eine Frage, junger Freund: Für wie alt halten Sie mich? Legationsrat: Euer Exzellenz müßte ich, ohne zu schmeicheln, antworten, daß Herr Botschafter aussehen wie ein Vierziger. Im letzten Diplomaten­kalender ist die Rubrik: Alter Euer Exzellenz aber mit der Ziffer 55 versehen, und so muß ich, als treuer-Beamter, diese Feststellung annehmen. Botschafter: Verlassen Sie sich nur nicht auf amtliche Ziffern, denn da werden Sie Pech haben. Unter uns, mein Lieber, ich habe 65 Jahre auf meinem Rücken. Würde ich dieses Alter zugeben, bekäme ich direkt und indirekt zu hören, daß icli ein Greis sei und an meinen Abschied denken möge. Würde ich hingegen mein Alter mit 45 be­zeichnen, wäre der Einwand nur zu begründet, daß ich zu jung sei, um wichtige Missionen zu über­nehmen. So operiere ich Jahr für Jahr mit falschen Angaben und habe jetzt die goldene Mittelstraße erreicht, bin mit meinen 55 Jahren im richtigen Diplomalenalter und will in diesem Alter noch einige Jahre verharren. Legationsrat: Verzeihen, Exzellenz, aber die Personalakten sprechen sicherlich in diesem Fall die Wahrheit. Botschafter: Was ist Wahrheit? fragte schon der große Diplomat Pilatus, und wir alle sprechen es ihm nach. Für Personalakten haben die Minister bei uns keine Zeit, denn . kaum .sind sie ernannt, sind sie auch schon gestürzt. Es ist der Segen der westeuropäischen Demokratie, daß wir Diplomaten unsere Vorgesetzten verlieren,, ehe sie sich noch .festsetzen können. Also: da man nicht genau weiß, was Wahrheit, ist,, soll man sich mit ihr auch nicht allzusehr beschäftigen, höchstens in der Art wie der schlaue Bismarck, der die Wahrheit bloß sagte, weil man dann das Gegenteil glaubte. Legationssat (devot): Ich bin kein Schmeichler, aber ich erlaifljje mir zu sagen, daß diese Bemerkung überaus fein waft- Gestatten mir Euer Exzellenz, irW des die bescheidene Bemerkung,J daß das große Publikum ebenfalls nicht an die Wahrheit, nein, sa­gen wir lieber Verläßlichkeit der Kommuniqués glaubt, die seit Monaten über die Beratungen unse­res Mexiko-Honduras-Bolivia-Kongresses veröffent­licht werden. Botschafter: Das ist begreiflich. Ich würde midi nicht wundern, wenn man unseren Kongreß mit den Chinesen an der Sorbonne vergleichen wollte ... Legationsrat (entsetzt): Aber Exzellenz! Diplo­maten sind doch keine Chineser, mit Respekt zu sa­gen ..,

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