Pester Lloyd - esti kiadás, 1930. február (77. évfolyam, 26-49. szám)

1930-02-01 / 26. szám

FESTER LLOYD o % o Trennungsanlaß zwischen Frankreich und der Sowjetunion auswachsen, wie der Fall der Gesell­schaft Arcos vor vier Jahren Trennungsanlaß zwi­schen England und der Sowjetunion war. Kríegsschítitonnage. Pas technische Problem der Londoner Flottenkonferenz. (Bl.) Die Herabsetzung der Kiüegsschifttonnage äst das Hauptziel der Londoner Flottenkonferenz. (Wenn dies, was zu hoffen ist, erreicht wird, so sind die Grundlagen dafür gegeben, um in aller Welt die Lasten der Marinebudgets zu vermindern. In diesem Sinne war bereits die Washingtoner Flottenkonfe­renz ein Erstlingserfolg. Die amerikanische Admira­lität drohte damals damit, daß sie das noch im Kriege aüsgearbeitete kolossale Programm des Prä­sidenten Wilson verwirklichen und sechs Über­­«dreadnoughts auf Kiel legen lassen werde, deren [jeder eine Artilleriehauptausrüstung von sechzehn Stück Monstergeschützen des 40.6-Zentiraeter-Kali­­bers erhalten sollte. Diese Schilfsriesen hätten, um niit große Geschwindigkeit entfaltenden Maschinen und dér nötigen starken Panzerung versehen werden zu können, nach den Plänen des Generalmarine­­ingenieurs Thurston für eine Wasserverdrängung yon 60.0Q0 Registertonnen gebaut werden müssen. 'Die Konferenz machte diesem veritablen Größen­wahnsinn ein Ende, indem sie als maximalen Gehalt Her Linienschlachtschiffe 35.000 Tonnen festsetzte. Das Geschützkaliber zu vermindern, war nicht mehr möglich, da Japan und Amerika bereits 40.6-Zenti­­meter-Kanonen in der Schiffsbewaffnung besaßen. [Von dem Recht der Ausführung machte England allein Gebrauch: es baute um den horrenden Betrag von 14 Millionen Pfund Sterling die beiden Dreadnoughts „Nelson“ und „Rodney“. Die Zahl, Geschwindigkeit und der Aktions­radius der Kreuzer wurde nicht begrenzt, bloß der Tpnnengehalt mit 10.000 und das Kaliber der Ge­schütze mit 20.3 Zentimeter liniitiert. Alle Seemächte Warfen sich nun auf den Bau dieser sogenannten *VertragskreuzerEngland, Japan, Italien, Frank­reich und Spanien rivalisierten miteinander in der [je raffinierteren Ausgestaltung dieser Schiffstype. Hiebei trugen die Italiener den Sieg davon, da ihr Kreuzer „Trento“ bei Anwertdung von 150.OOOpferde­kräftigen Maschinen die für ein so großes Fahrzeug beträchtliche Geschwindigkeit von 36 Knoten in der Stunde erreichte. Das Steigen der Marinebudgets brachte die Geister zur Besinnung und man fragte sich, ob das System der großen, kostspieligen Panzerkreuzer wirklich notwendig sei. Diese Frage und deren er­hoffte Verneinung brachte die Idee der Londoner Flottenkonferenz zur Reife. Marinefachleute und Politiker kämpfen gemein­sam gegen die übertrieben große Schiffstonnage. Der englische Parlamentarier Herbert Russell bezeichnet die, wie er sie nennt, „riesigen Kapitalschiffe“ [direkt als nicht zweckentsprechend. Da ihr Aktions­radius verhältnismäßig klein ist, können sie nur in [den Gewässern des Mutterlandes verwendet werden. [Admiral Richmond weist auf den Umstand hin, daß die Fahrtgeschwindigkeit der Großkampfschiffe viel kleiner ist, als jene der leichten Fahrzeuge, daher können sich diese nach erfolgtem überraschenden [Angriff schnell der Beschießung und Verfogung von seiten der ersteren entziehen. Das Mitglied des engli­schen Unterhauses Kenworthy führt einen heftigen Kampf gegen die Dreadnoughts, mit deren Bau nach den Washingtoner Bestimmungen die Vereinigten Staaten, England und Japan von 1931 an beginnen könnten und deren Konstruktion nahezu 300 Millio­nen Pfund Sterling verschlingen würde. Nicht zuletzt dieser Umstand bildet einen Grund dafür, daß man auf der Londoner Flottenkonferenz bestrebt ist, die Tonnage je radikaler herabzusetzten. Nicht weniger heftig wird gegen die Überdimen­sionierung •— 10.000 Tonnen — des Washingtoner sogenannten „leichten“ Vertragskreuzers ange­kämpft.. Wie erinnerlich, war diese Verschiedenheit der Anschauungen der Grund dessen, daß die Dreier­flottenkonferenz von Genf im Jahre 1927 resultatlos blieb: die Engländer wollten kleine Kreuzer systemi­­siert haben, die Amerikaner und Japaner forderten große Panzerkreuzer. Der italienische Marine-Generalbauingenieür Flea ist gleichfalls ein entschiedener Gegner der großen Kreuzer, die, zu schwach gepanzert, nicht genügend geschwind und doch sehr kostspielig sind. Er tritt daher für die Normierung von 5000-Tonnen- Kreuzern — ähnlich den Einheiten der italienischen „Colleoni“-Type — ein, die trotz ihrer starken Pan­zerung und großen Fahrtgeschwindigkeit mit viel geringeren Kosten hergestellt werden können. Der dänische oberste Marineingenieur, Pro­fessor Hovgaard, führt schließlich die Daseins­berechtigung der 10.000-Tonnen-Kreuzer mit der Begründung ad absurdum, daß sie keine so starke Panzerung vertragen, um den Geschützen der glei­chen Schiffstypen die Stirne bieten zu können. Man sieht daher, daß — mit Ausnahme von [Amerika — überall in der Welt gegen die zu große [Tonnage angekämpft wird: gegen jene der Über­­idreadnoughts, weil sie eigentlich zwecklos und da­bei ruinös kostspielig sind, gegen jene der Washing­toner Vertragskreuzer, weil sie infolge ihrer Größe nicht genügend gepanzert werden können. Im Monate November des vergangenen Jahres bat in Rom ein internationaler Kongreß der Kriegs­­snarineingenieure stattgefunden, auf dem bezüglich der Typen der" zwei Hauptkriegsschiff arten eine einheitliche Stellungnahme zustandekam. Danach soll die Wasserverdrängung der Linienschlachtschiffe 15.000 Registertonnen, und das Artilleriegeschütz­material ein Kaliber von 30.5 Zentimeter nicht über­schreiten. Der ' Washingtoner 10.000-Tonnenver­­tragskreuzer hätte einem solchen von nur 5000 Registertonnen zu weichen. Dieser besäße eine größere Geschwindigkeit, als alle Arten von Schlacht­schiffen und einen Aktionsradius, der ihn —=• zufolge des Einbaues von modernsten Ölfeuerungsmaschi­nen — befähigen würde, aus dem Norden des Atlantischen Ozeans bis ^nach den australischen Ge­wässern vorzudringen, ohne irgendwo anlaufen und Feuerungsmaterial äufnehmen zu müssen. Es wäre nicht nur im Interesse des Weltfriedens, sondern auch der Besserung der allgemeinen Wirt­schaftskrise gelegen, wenn es, was sehnlichst zu wünschen ist, der Londoner Flottenkonferenz gelin­gen würde, die Tonnage der großen Kriegsschiffe wesentlich zu vermindern, wodurch ein gewaltiger Schritt in der Abrüstung nach vorwärts getan wäre und in der ganzen Welt ungeheure Beträge produk­tiven Zwecken zugeführt werden könnten. Holland und seine Kolonien im Jahre 1929 — Von unserem Korrespondenten. — Haag, Januar. Im Gegensatz zu anderen Jahren ist Holland im Verflossenen Jahre mehrmals ein Mittelpunkt weitgehenden Interesses gewesen. Nicht immer war das Land dabei aktiv beteiligt, aber dennoch oft genug, um schärfere Schlüsse in manchen Richtun­gen zu ziehen als im Vorjahre. ln dieses Jahr fiel der 350. Jahrestag des Ut­­rechter Übereinkommens, das am 23. Januar 1579 vön den Provinzen Zeeland, Friesland, Groningen, Drenthe, Utrecht und Gelderland geschlossen wurde und eine gewisse Einheit in bezug auf Verteidigung, Münzfuß, Besteuerung und Glaubensfreiheit schuf, also als' der geschichtliche Anstoß zur Gründung des heutigen holländischen Staates betrachtet wer­den kann. Beim besten Willen kann der gewissenhafte Historiker nicht behaupten, daß die weitere Linie der Entwicklung des Landes stets nach aufwärts geführt habe. Ganz hesoriders gilt dies für die letzten zehn Jahre, und das abgelaufene Jahr ließ dies sehr stark in Erscheinung treten. Holland ist derzeit in einer Epoche unproduktiver Entwicklung. Das Land, das vor allem anderen das schöne Prinzip der Glau­­behsfreiheit in die Tat umgesetzt hat, ist in den schweren Fehler verfallen, auf Grund dieser Glau­bensfreiheit eine Unzahl Sekten zu entwickeln, und läßt außerdem Glaubenserwägungen jeder Richtung in sein politisches Leben in einer Weise hinein­­sprechen, daß dieses völlig entartet ist- Dazu kommt noch, daß der Holländer, , seiner Natur nach ein Einzelgänger, auch in rein politischer Hinsicht stark zersplittert ist, so daß das Parlament, das er sich unlängst neu gewählt hat, ein trauriges Beispiel par­lamentarischer Machtlosigkeit bietet. Es finden sich darin außer rein politischen Parteien auch religiöse Parteien, die deshalb ein parlamentarisches Unding sind, weil sie unter dein Mantel irgendeines Glau­bensbekenntnisses Mitglieder umfassen, deren poli­tische Färbung vom dunkelsten Reaktionsschwarz bis zum demokratischen Lichtrot reicht. Das Er­gebnis davon ist eine parlaméntarische Unfähigkeit, an eine Regierungsmehrheit ist nicht zu denken, und man wurstelt mit ' einem außerparlamentarischen Ministerium weiter. Die . Krone hält sich teils aus gesetzlichen Gründen, teils aus eigenem Antrieb von jeder Einflußnahme auf die Staatsleitung zurück — für Holland eine sehr weise Taktik —, und die eigentlichen Regenten vpn Holland sind heute der Zufall, die Überlieferung und das Kompromiß. Die innere Kraft zu einer starken Selbstregierung fehlt gänzlich. Ein unerfreulicher Zustand für ein Reich, das, wie wenig andere, vorbesfirnmt wäre,' heute dem schwerkranken Europa das leuchtende Vorbild parlamentarischer Kraft zu geben. Holland zeigt, daß es die Lektion seiner großen Geschichte, nicht gut gelernt hat. Die ganze Welt war in Aufruhr, als im Februar das Utrecldsch Dagblad angebliche Geheimverträge enthüllte. Was in Wirklichkeit dahinter steckte, hat man nie gehört, und schließlich und endlich ist dies auch tatsächlich nicht die Hauptsache dabei gewesen. Die ganze Angelegenheit känn von zwei Stand­punkten aus betrachtet werden. Von dem wich­tigeren, internationalen aus, wobei der Abscheu der ganzen Welt wohltätig und deutlich erwiesen hat, daß man überall der geheimen. Politik im All­gemeinen und geheimer militärischer Unterströmun­gen im Besonderen müde ist, und dann vom hollän­disch-belgischen Standpunkt, für den sie eine sehr gute Illustrationsprobe war. Sie hat auf die be­stehende Spannung zwischen den beiden Staaten ein scharfes Schlaglicht geworfen. Das Verhältnis zwischen Holland und Belgien ist und bleibt unerquicklich. Die Verträge, die in den Jahren 1839, 1842 und späterhin das Verhältnis der beiden Staaten regelten, sind so unglücklich gebaut, daß sie einfach zu unüberbrückbaren Gegensätzen geführt haben. Die Frage der Verbindung Ant­werpens mit dem Rhein und die Scheldefrage haben sich so zugespitzt, daß Belgien zur Repressionsmaß" rej?eI übergegangen ist, eine eigene Verbindung von Lüttich nách Antwerpen zu schaffen und damit der holländischen Maasregulierung und dem beinahe fer­tigen Julianakanal einen Teil des Wertes zu ent­nehmen. Zur Auflösung der Gegensätze haben die Belgier vorgeschlagen, die Angelegenheit vor den Völkerbund zu bringen. Sie wollten also eine Sache diplomatischer Verhandlungen daraus machen. Die Holländer dagegen stellten sich auf den Standpunkt, daß- der Urgrund der Angelegenheit die Rechtsfrage der richtigen Auslegung der historischen Verträge sei, und schlugen daher den Ständigen Internatio­nalen Gerichtshof im Haag vor. Beide Parteien blie­ben starr auf ihrem Standpunkt, und die Sache ist hoffnungslos verfahren. Der auf der Hand liegende Mittelweg, die Sache vor dem Völkerbund zu ver­handeln, diesem her vorzuschreiben, daß er den Verhandlungen ein Rechtsgutachten des Haager Ge­richtshofes zugrunde legt (ein Vorgang, für den be­reits Präzedenzfälle bestehen), scheint zu logisch zu seiii, um angenommen zu werden. Er könnte nämlich zu einer Lösung der Frage führen, und davor zittern beide Regierungen. Das Schöne und Erfreuliche, das von Holland zu melden ist, liegt auf technischem Gebiet. Die Trockenlegung der Zuidersee schreitet günstig und rascher, als man erwartet hatte, fort. Sie kostet zwar mehr als angenommen wurde, aber da­mit hat man sich abgefunden. Am 29. Juli des Vor­jahres; der ein historischer Tag in der Geschichte des Werkes bleiben wird, wurde um ein Uhr mittags nach- einem harten Kampf mit der Durchzugs­strömung die letzte Öffnung im Ringdamme um den nordwestlichen oder Wieringer Polder geschlossen. Der erste Polder war erobert. Um Amsterdams Stellung in der Weltschiffahrt zu sichern, hat man für den Nordseekanal eine neue Schleuse gebaut, die die größte der Welt ist. Offiziell ist sie zwar noch nicht eröffnet, aber sie wird längst schon von den Schiffen benützt, die den Sand weg­führen, den die Bagger heraufholen, die den Zufahrt­kanal ausheben. Man weiß also bereits, daß die Schleuse gut arbeitet, was deshalb von Belang ist, weil ganz neue und sehr interessante konstruktive Ideen dabei znr Anwendung kamen. Auf eine stolze, zehnjährige Geschichte sah im Vorjahre die Königlich holländische Luftfahrtgesell­schaft, die älteste der Welt, zurück. Sie krönte ihre weitgreifende Arbeit mit der Gründung einer Tochter­gesellschaft in Holländisch-Indien und der Auf­nahme von regulären Postflügen zwischen Amster­dam und Batavia. Sehr traurig ist dabei, daß Eng­land aus Prestigegründen den Holländern in bezug auf die Indienflüge Prügel zwischen die Füße werfen will. England kann es tun, denn Holland braucht die englischen Flugfelder in Indien, und England zögert verdächtig mit einer weiteren Benützungs­bewilligung. Große, internationale Ereignisse, an denen Hol­land allerdings aktiv wenig oder gar nicht beteiligt war, zogen die Augen der Welt auf das Land. In Amsterdam fand die Tagung der Internationalen Handelskammer statt, und im Haag wurde der Genfer Freizonenstreit im Sinne der Gerechtigkeit entschieden. Es war dies zur gleichen Zeit, als im Binnenhof die große Völkerbundkonferenz tagte, auf der Stresemann seinen letzten gewaltigen Kampf für Deutschlands Zukunft focht. Aus der inneren Geschichte Hollands sei noch vermeldet, daß das Land im Vorjahre einen Nobelpreisträger stellte. In anderer Hinsicht wird 1929 aber hier in böser Erinnerung bleiben. Es war das J[ahr der riesenhaften Brände. Seit Menschen­gedenken hat der. rote Hahn keine so gewaltigen Opfer gefordert. Manches unersetzliche Gebäude fiel den Flammen zum Opfer, so das Rathaus von Leiden und die alten Patrizierhäuser von Middelburg. Der Verlust an Warenhäusern, Fabriken, Theatern und Wohnhäusern war unübersehbar. Was die Kolonien betrifft, hat sich Curacao durch ein schreiendes Ereignis für einige Tage in den Mittelpunkt des Weltinteresses geschoben. Der Gouverneur der Insel ließ sich von venezuelanischen Freischärlern mitnehmen,, die ihn am riächsten Tag unbeschädigt wieder zurücksandten. Später wurde der Gouverneur zurückberufen und abgesägt. Die Welt sah vor allem das Operettenhafte an der Sache, Dies ändert aber daran nichts, daß Holland es eben verabsäumt hat, in Curacao genügende Schutzmaß­regeln zu treff en. Es mußte wissen, daß dort der Schiffsverkehr seit Jahren bereits größer ist als der von Amsterdam, und daß es auf der Insel von Venezuelanern wimmelt, die nur allzu. gern geneigt sind, eine politische Extratour zu tanzen. Der Gouverneur trägt also nicht allein die Schuld. Er kann sie ehrlich mit der außerparlamentarischen Regierung teilen. Indonesien ist und bleibt Hollands Zwickmühle. Wir haben im Laufe des Vorjahres mehrfach Ge­legenheit gehabt, Sturmzeichen zu melden, so die Welle der Pflanzermorde, das Telegramm der Pflanzersfrauen an die Königin, die Reihe der ge­legten Waldbrände, Verhaftungen wegen politischer Umtriebe, kurzum, Holländisch-Indien ist alles eher als das Vorbild einer ruhigen und sicheren Kolonie. Die Holländer versuchen es nun mit weitgehender Milde und Entgegenkommen. Ob der Indonesier be­reits auf einem so hohen Standpunkt steht, daß er. ein solches Auftreten schätzen kann, und nicht viel­leicht darin nur Schwäche der Regierung sieht, wird die Zukunft beweisen müssen. Im ganzen und großen ist das holländische ebenso wie das englische Indien ein Beispiel der Koloniendämmerung. . Für Surinam hat der Holländer nichts übrig, .weder Geld noch Auswanderer, Es ist also kein Samstag, L Februar 1930

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