Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1930. június (77. évfolyam, 123-145. szám)

1930-06-01 / 123. szám

FESTER LLOYD • 3 • die Regierungspolitik die geringste Einwendung zu •erheben. Ja, es war mitunter rührend, wie er sich mit dem Ministerpräsidenten im vertrauten Aus­tausch halbverschwiegener Allusionen verstand. Die Nachrichten über ein Nachlassen der Freundschaft zwischen Labour und den Liberalen scheinen nicht ganz richtig zu sein. Die Wahlreform ist zwar noch nicht unter Dach und Fach gebracht, doch auch nicht hoffnungslos begraben. Lloyd George zeigt der Regierung- ein lächelnd neutrales Antlitz, und wer diesen großen Taktiker kennt, der weiß, daß ér seine Hilfe, die jetzt das parlamentarische Gleichgewicht entscheidet, mit ganz genau bestimmbaren Vor­teilen bezahlen zu lassen vermag. Die Gegenleistung, die er erwartet, ist die Wahlreform, die die Ungerech­tigkeiten des jetzigen Wahlsystems zuungunsten der Liberalen korrigieren soll. Und solange Macdonald dieses Mittel in der Hand hat, ist er einer bequemen Mehrheit in jeder lebenswichtigen Frage gewiß. Düstere Wirtschaftssorgen, eine schwere kolo­niale Lage und dazu noch ein unruhiges Europa: beim ersten Jahresschluß bietet ein Umblick auf die allgemeine Lage der Labour-Regierung wenig Trost. Als einziges Positivum bleibt dagegen in Macdonalds Händen die ruhige parlamentarische Lage, die er einstweilen genießt. Wird ihm aber diese Ruhe genug Kräfte übrig lassen, um entscheidend auf die ^ ver­wirrten europäischen Verhältnisse Einfluß nehmen zu können, oder wird England unter dem Druck innerer Schwierigkeiten auf die ihm winkende Rolle des Schiedsrichters über Europa verzichten müssen ? Das ist die Frage der nächsten Zukunft; eine Schick­salsfrage nicht' hur der jetzigen englischen Regie­rung, ja nicht allein Englands, sondern ganz Europas. Copyright by United Press. Nachdruck, auch im Auszug, verboten. Die Räumung des besetzten Gebietes — ein großer Schritt zum Weltfrieden. Von Dr. WILHELM MARX Reichskanzler a. D. Die Räumung der bisher noch immer besetzten Gebiete Deutschlands zum 30. Juni ist nunmehr ge­sichert. Mit jubelnder Begeisterung sieht das deut­sche Volk diesem Tage entgegen, ohne aber dabei irgendwie sich zu nationalistischem Überschwang der Gefühle hinreißen zu lassen. 10 Jahre lang hat das Volk der westlichen Grenzländer die fremde Besetzung getragen. Höchste Anerkennung muß der Charakterstärke der deutschen Bevölkerung im­merdar gezollt werden, weil sie in stärkster Selbst­zucht das schwere Joch getragen, ohne daß es, ab­­- ‘gesehen von kleineren Fällen; zu Zusammenstößen ' zwischen der: einheimischen Bevölkerung und den fremden Truppen gekommen ist. Hohe. Anerken­nung gebührt auch den deutschen Regierungen und den politischen Parteien, die. sehr bald nach Been­digung des Weltkrieges sich- mit aller Kraft trotz aller nationalistischen Anfeindungen für die Ver­ständigung mit Frankreich und dér früheren En­tente eingesetzt haben. Ihrer Klugheit ist es zu ver­danken, daß doch immerhin 5 Jahre vor der im Versailler Friedensvertrag vorgesehenen Endfrist die Besetzung aufgehoben ist. Schwere, ja allem wirtschaftlichen Ermessen nach untragbare Lasten hat das gesamte Volk auf sich genommen, um sei­nen Friedenswillen über jeden Zweifel erhaben dar­zutun und endlich wieder die volle Freiheit über sein eigenes Gebiet zurückzuerlangen. Lange Jahre hindurch sind unablässig die Bemühungen fortge­setzt worden, mit den früheren Gegnern endlich zu einer Verständigung zu gelangen. Nunmehr ist dem deutschen Volke auf Grund der Haager Konferenz die freie Verfügung auch in der Verwaltung der Reichsbahn und der Reichsbank zurückgegeben worden. Die Reparationskommission hat sich auf­gelöst, der Reparationskommissar hat seine Tätig­keit eingestellt. Nunmehr kann Deutschland, aller­dings belastet mit ungeheuren Zahlungsverpflich­tungen, seinen Platz wieder als freier Staat gleich­berechtigt im Rate der Nationen einnehmen. Der Sinn Deutschlands nicht nur, sondern aller Kulturstaaten muß aber auf ein höheres, noch wichti­geres Ziel hingelen.kt bleiben. Es gilt, den Frieden der Welt, den Frieden aller Völker, soweit es Menschen­geist und Menschenkraft möglich ist, sicherzustellen. Trotz allen Hohns und trotz aller Spottlust gewisser Kreise, die niemals fehlen werden, wird der gut­gesinnte Teil der Menschheit dieses Ziel, als das allein menschenwürdige, niemals aus den Augen verlieren. Niemand aber darf auch dem deutschen Volke ver­übeln, wenn es auf die Gefahren aufmerksam macht, die die Erreichung dieses Zieles zu erschweren drohen. Der Weltfriede ist nur dann gesichert, wenn die ungeheuerlichen Ungerechtigkeiten des Versailler Friedensvertrags ausgemerzt werden. In erster Linie, ist es die Saarfrage, die unbedingt gelöst werden muß, wenn tatsächlich Friedensstimmung einziehen soll. Gewiß hat Frankreich jetzt endlich auf langes Drän­gen Deutschlands hin die Verhandlungen mit der deutschen Regierung über die Rückgliederung . des durch seine Industrie und seine Bergwerke wertvollen Saarreviers eingeleitet. Nur zögernd und schleppend werden sie fortgesetzt. Man kann versichert sein, daß das gesamte deutsche Volk darin einig ist, daß keine weiteren Lasten übernommen werden können, um die Rückgewinnung des Saarreviers zu beschleunigen. Wie man schon.öfter bedauerlicherweise feststellen mußte, fehlt es den verantwortlichen Staatsmännern Frankreichs vielfach, an der Hochherzigkeit und dem Weitblick, wie er früher ein Stolz der französischen Nation war. Nach dem Friedensvertrag von Versailles soll 1935 eine Volksabstimmung der Bevölkerung des Saarreviers darüber entscheiden, ob der Saarbezirk zum Deutschen Reiche, oder zu Frankreich gehören soll. Wenn Frankreich glaubt, die Saarfrage zu weite­ren Erpressungen gegenüber Deutschland benützen zu können, dann befindet es sich in einem großen Irrtum. Allzuviele unzweideutige' Beweise sind dafür vorhanden, däß die Bevölkerung dér Saar treu­­deutsch seit je gewesen und treudeuts'ch geblieben ist! Über das Ergebnis einer Volksabstimmung im Saar­revier besteht gar kein Zweifel, auch nicht in den­jenigen französischen Kreisen', die die Stimmung der Saarbevölkerung äuS éigeftéF Kenntnis haben fent­stellen können. Die 150.000 Fránzósén, die im Saar­revier leben sollen, die beim Abschluß des Friedens­vertrags dem'Präsidenten Wilson als Trugbild vor­gestellt worden sind, haben'sich'längst, man verzeihe das harte Wort, als grobér Schwindel herausgestellt. Mit Recht wurde vor einiger. Zeit gesagt, daß wahr­scheinlich in Berlin mehr Franzosen leben als an der Saar. Eine weitere Wunde, die unbedingt geschlossen werden muß, wenn auf die Dauer der Friede ge­sichert sein soll, ist der polnische Korridor. Ich will heute nicht des näheren auf diese Frage eingehen. Ich kann nur noch einmal die Bitte wiederholen, daß Ausländer bei ihren Reisen in und nach Europa in möglichst großer Zahl sich einmal die Verhältnisse an Ort und Stelle ansehen mögen,. Sie werden fest- Stellen müssen, daß die jetzigen Verhältnisse selbst im wirtschaftlichen Interesse der Allgemeinheit ganz unhaltbar sind. Eine früher blühende, jetzt sterbende große Provinz Ostpreußens ist dem Siechtum durch die Abschnürung verfallen. Der früher reiche Vér­­kehr zwischen dem Westen und dem Osten Deutsch­lands ist einfach zerschnitten, allein zwölf Eisen­bahnlinien sind stillgelegt. Die Zustände sind völlig unerträglich und müssen in absehbarer Zeit, selbst­verständlich in friedlicher Sprache, geregelt werden. Der Tag, an dem die Beschlüsse der Haager Konferenz in Kraft getreten sind, der 17. Mai d J., ist ausgezeichnet durch ein ferneres Ereignis, das im Vordergründe des Weltinteresses steht und das zweifellos für die Sicherung des Weltfriedens von außerordentlicher Bedeutung sein kann. Ich sage ausdrücklich, sein kann, wenn nämlich seine wei­tere Ausgestaltung in. ehrlichem, ernstem Willen einer tatsächlichen Völkerbefriedung unter wahr­hafter Anerkennung der Gleichberechtigung der Nationen erfolgt. Die unbestreitbare politische Genialität des französischen Außenministers Briand hat am Tage der Ratifizierung des Young-Planes den Staaten Europas den so oft besprochenen Plan der „Vereinigten Staaten von Europa“ vorgelegt. Die diplomatische Gewandtheit dieses einzigartigen Mannes hat ihm den Erfolg gesichert, daß er in dieser Frage als der anregend,e und führende Staatsmann erscheint.. Das Ziel seiner Tätigkeit ist nach seiner eigenen Erklärung die Befriedung Europas, aber dieses Ziel wird aufgestellt von dem­selben Manne, der noch vor einigen Wochen die weitschauenden Abrüstungspläne des nordamerika­­nischen Präsidenten Hoover, trotzdem sie beim eng­lischen Volke frohen Widerhall gefunden hatten, durch seine Hartnäckigkeit nur zu einer verhältnis­mäßig schwachen Auswirkung hatte gedeihen las­sen. In England hat auch wohl deshalb die An­regung Briands eine nur sehr, kühle Aufnahme ge­funden. Der Plan Briands ist grundsätzlich als vortrefflich, anzuerkennen. Es'•wird aber darauf 'an­­köriim'en, ihn ; in seinen Einzelheiten hahér kennenzulernen, die aus dein den euro­päischen Staaten zugeleiteten Schriftstück nicht ohne weiteres klar zu erkennen sind. Es wird, ehe man zu einem abschließenden Urteil gelangt, die nähere Feststellung des Sinnes und der Bedeutung der nicht klaren Sätze des Programms durch die vor­gesehene Konferenz der europäischen Staaten ab­zuwarten sein. Was soll zum Beispiel der als „Leitgedanke“ hervorgehobene Satz hedeuten, daß die „Einführung des erstrebten Bundesverhältnisses zwischen euro­päischen Regierungen keinesfalls und in keinem Maße irgendwie eines der souveränen Rechte beein­seinen Glauben und der seinen Haß, seinen Blas­­phemismüs so heilig ernst' nimmt, wie verschollene Ahnen ihren Kirchenglauben. Ein Mensch, der lange im Dunkel gelebt hat, immer für sich, verschlossen, verkannt, gleichsam verschüttet unter der Zeit und darum doppelt Flamme geblieben. Elf Jahre Berlitz­­school-Lehrerschaft, diése grausigste Tretmühlen­arbeit des Geistes, fünfundzwanzig Jahre Exil und Entbehrung haben diese Kunst so scharf und schnei­dend gemacht. Es ist viel Großes in seinem Gesicht, es ist viel Größe in seinem Werk, eine phantastische inkommensurable Heldischkeit der Hingabe an den Geist, der Hingabe an das Wort: aber das eigent­liche Genie von Joyce sitzt im Haß und erlöst sich einzig in Ironie, in einem funkelnden, verwunden­den, quälenden Dolchspitzentanz des Geistes, in einer wollüstigen Vehemenz des Wehetuns, Ent­­blößens und Verletzens, einer Torqueniadalust der Seelischen Inquisition. Der Vergleich mit Homer ist schiefer als der Turm vön Pisa, aber von Dantes quaderntürmendem Haß lebt etwas in diesem fana­tischen Iren. Kunst: Sie offenbart sich nicht architektonisch und bildnerisch, sondern einzig im Wort. Da ist James Joyce absolut Magier, ein Mezzofanti der Sprache — ich glaube, er spricht zehn oder zwölf fremde Und holt aus der eigenen eine ganz neue Syntax und ein strotzendes Vokabular. Er bemeistert die ganze Klaviatur vom subtilsten und metaphysischen Ausdruck bis hinab zum Kloakengequatsch eines besoffenen Weibes. Er rasselt ganze Lexikonseiten herunter, überstreut mit Maschinengewehrfeuer von Attributen das Gelände jedes Begriffs, er voltigiert mit einer stupenden Bravour auf allen Trapezen dér Satzkunst und bringt es zuwege, im letzten Ka­pitel einen einzigen Satz zu schreiben, der, glaube ich, über sechzig Seiten hinreicht (wie ja auch der ganze-1500 Seiten Wälzer nur einen einzigen Tag erzählt: das nächste Buch soll dann die dazugehö­rige Nacht schildern). In seinem Orchester sind die vokaiischen und konsonantischen Instrumente aller Sprachen gemengt,'alle Fachausdrücke aller Wissen­schaften, alle Jargons und Dialekte, aus Englisch wird hier p.aneuropäisches Esperanto. Vom Spitzen zum Breiten schwingt dieser geniale Akrobat sich blitzschnell hinüber, er tanzt zwischen klirrenden Schwertern und springt über alle Abgründe des Un­gestaltbaren (und man muß allerhand Reverenz sei­nem deutschen Übersetzer, Dr. Goyert, erweisen, der in diesem Teufelscharleston geschickt Partner­dienst tut und dem flirrenden Feuerwerk seine Farbe läßt). Die Sprachleistung allein schon bezeugt das Genie dieses Menschen: in der Geschichte der neueren englischen Prosa beginnt mit James Joyce ein besonderes Kapitel, von dem er selbst Anfang und Ende ist Summa: Ein Mondstein, kopfüber in unsere Literatur ge fallen, eine Großartigkeit, eine phantastische, nur diesem einen erlaubte Einmaligkeit, das heroische Experiment eines Erzindividualisten, eines Eigen­brötlergenies. Nichts von Homer, durchaus nicht, dessen Kunst in der Reinheit der Linie ruht, indes diese Flimmerleinwand der geistigen Unterwelt eben durch ihr Sausen und Vorüberjagen die Seele faszi­niert. Kein Dostojewski auch, obwohl ihm näher schon durch Phantasie der Visionen und den ex­zedierenden Überschwang. In Wirklichkeit geht jeder Vergleich für dieses einmalige Experiment glatt daneben — die innere Isolation von James Joyce duldet keine Bindung an Gewesenes, sie paart sich nicht und wird darum wohl auch keine Nachfahren zeugen. Ein meteorischer Mensch, voll dunkler Ur­kraft, ein meteorisches Werk parazelsischer Art, wie jenes mittelalterlichen Magiers Schriften in moder­nerer Weise dichterische Elemente mit metaphysi­schem Humbug bindend, Seelenmystik mit Mysti­fikation, stupendeste Wissenschaft mit einer grim­men Spaßhaftigkeit. Ein Werk, mehr sprachschöpfe­risch als weltsohöpferisch. Aber immerhin eine un­verrückbare Tat: dies Buch, ein geniales. Kuriosum, wird bleiben wie ein erratischer Block, unverbunden mit der furchtbar .wirkenden Umwelt. Und wenn die Zeit es einmal gehörig umwittert hat', wird es viel­leicht wie alles SybiUmische der Menschheit ehr­fürchtig werden. Jedenfalls schön heute: Respekt vor dieser eigenwillig vehementen und versucherischeu Leistung, Respekt, Respekt vor James Joyce!. " ' . ~ , , - • Sonntag, 1. Juni 1930 MÁJUSI 45% zsírtartalmú HORTOBÁGYI JUHTURÓ Budapesten 2925 tíz deka ífeL tea fillér Minden élelmiszerQzletben ütapható Berlin ist zu vermieten. Von OSKAR MAURUS FONTANA. ’ Berlin, im Mai. Noch vor einem Jahr fand man, wenn man nach Berlin kam: die Stadt, baut sich um, wieder einmal sind „heue Herren“ da und richten sich ein, wie es ihnen gefällt, die Fassaden wechseln, die Licht­reklamen wachsen und nirgendwo ein Platz, ein Raum, dicht bei dicht ist in den Zentren des Ver­kehrs alles besetzt, wie ein überfüllter Omnibus -j« so war Berlin noch vor einem Jahr. Käme heute einer nach Berlin, um Fuß zu fas­sen (ganze Völkerschaften suchen hier Fuß. zu 'fas­sen), er könnte jetzt leicht Fuß fassen, wenn er sich mit freigewordenen Lokalen begnügte. Zu vermie­ten — das ist das Schlagwort für das heutige Berlini Ganze Häuser sind zu vermieten. Sofort beziehbar, Stockwerke mit acht Zimmern, geteilt und ungeteilt, Bureauräume mit Telephon und ohne Telephon, Gei schaftsläden näch Umbau und im Umbau, Hofläden mit Keller und ohne Keller, Parterreräume in Ver­bindung mit der ersten Etage und auch für sich allein, Eckläden mit modernster geschwungenér Fassade — zu vermieten, zu vermieten, sofort zu? vermieten! Große Plakate verkünden es.,. Auffallender!

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