Pester Lloyd - esti kiadás, 1930. június (77. évfolyam, 123-145. szám)

1930-06-02 / 123. szám

Einzelnummer an Wochentagen tC, an Sonntagen 38SB Heller. Abonnement: GBr Budapest: mit täglich zweimalig« Zustellung und für das inland Moxgaa« und Abendblatt: Vier telj ährUch 18. Pr monatlich 6.40 P. Für das Morgenblatt allein vierteljährlich If P, monatlich 4P. Auch auf das Abend« blatt allein kann unter den gleichen Bezugs­bedingungen abonniert werden. Für diu separate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für . Wien auch durch Herrn. Goldschmidt. Für. das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung-, vierteljährlich : Für Oesterreich und Polen 20 1 Pengő, für Jugoslawien 524 Pengő, für alle übrigen Staaten SO Pengő. Abonnements werden.auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt» Telephon der Redaktion : $48*20. ABENDBLATT 77. Jahrgang. Budapest, Montag, 2. Juni 1930. Nr. 123 Inseraten aufiaatamei In Budapest, in;> der Administration,;de# Pester Ek>yd.,nnd • in. den Annoncen-. Bureaus: Balogh Sándor, ?• J. Blockher, J. Blau. Boros, Qyőri'&.'Nagjk HaasensteinA Vogler, Ludwig Hegyi, .Stmon KteiryífofB6l Leopold,* Julius ieopoW,Maoy. hlrdefo-irp^ Rudolf Moese*A.-CL, Jos.-Schwarz^Sikray. Julius lenzer.&eneralüertreUmg. des Pester Lloyd‘für Oesterreich : . a. Oakes: HgoM. A.-Q., Wien. W«Uaaile 16. F.In.Alnnmm.r für Budapest Iir.'I für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen, 8!ä Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreich: Morgenblatt an sWochentagen 80 <Jr.t an Sonntagen 40 Or. end Abendblatt 30 Gr. — Für Jugoslawien: Mbrgenblatl aa.Wochentagen 8[Dinar,, an Sonntagen 4 Dinar and ^Abendblatt . % ■ Dinar 50, Redaktion u.Adm.: V., Mária Valérfa-ucoallí^ Telephon der Administration: 849-09. Auslandschau. — 2. Juni. — Eine Rede Tardieus. An der Schwelle des Beginns der Parlaments­­session hielt gestern Tardieu in Dijon eine große Rede, in der er sich eingehend mit den inner- und außenpolitischen Problemen der französischen Politik beschäftigte. In inner politischer Beziehung befaßte sich der Ministerpräsident mit der Haltung der Radikalen, die bei den allgemeinen Wahlen auf Kosten der Sozialisten Mandate erhielten, aber seit ihrem Kongreß in Angers von der Regierung ausge­schieden sind und sich in einer oppositionellen Einheitsfront mit den Sozialisten befinden. Im Zu­sammenhang mit den Konzentrationsplänen erklärte der Ministerpräsident: Die Radikalen haben ihre gegenwärtige Stellung selbst gewählt. Wollen sie daran etwas ändern, so liegt es nur an ihnen, daß sie einen kollektiven Schritt oder individuelle Schritte unternehmen. Auf die Außenpolitik übergehend, stellte der Ministerpräsident fest, daß die Außenpolitik der Re­gierung durch die Kammer unterstützt worden sei. Die Regierung habe die Haager Abkommen vorbe­reitet, verhandelt, abgeschlossen, ratifiziert und ins Leben treten lassen. Infolgedessen werden demnächst zweieinhalb Milliarden Francs oder hundert Millionen Dollar ins Schatzamt einfließen, andererseits wer­den infolge der Young-Anleihe auch die Interessen Deutschlands auf dem internationalen Kapitalmärkte in die Liquidierung der Kriegslasten eingeschaltet. Wenn am 30. Juni die dritte Rheinlandzone geräumt sein wird, wird der Young-Plan nicht nur juristisch, sondern auch tatsächlich in Kraft treten und Frank­reich die entsprechenden finanziellen Garantien er­langen. Dies sei sowohl aus finanziellem- wie aus politischem Gesichtspunkt wichtig. Tardieu betonte sodann die Friedenspolitik der Regierung, und dieser Teil seiner Rede ist geeignet, bei allen Nachbarn Frankreichs Beruhigung herbei­zuführen. Die Regierung setze die Friedenspolitik fort — so führte er aus —, deren Kontinuität Briand ■während sechs einander ablösender Kabinette ge­sichert hat. Andererseits vernachlässige die Regierung nichts, was die wachsame Wahrung der Sicherheit des Landes betrifft. Frankreich werde auch in Hin­kunft eifrig für die Organisierung des europäischen Friedens wirken, es werde keine Hegemonie an­streben, wie dies Bismarck nach 1871 getan, es wünsche den Frieden durch Sicherung des Gleich­gewichts und der Organisierung zu festigen, es werde indessen auch dafür sorgen, daß es im Falle unvor­hergesehener Hindernisse Herr seines eignen Schick­sals bleibe. Schiedsgerichtsbarkeit, wirtschaftliche Ententen, geistige Durchdringung und europäische Zusammenarbeit bilden die Ziele der Regierung. Weicht das Land von dieser Linie ab, so wird es auf den Widerstand jener moralischen Kräfte stoßen, auf die es sich bisher stets gestützt hat. Dieser wichtigste Absatz der Tardieuschen Rede charakterisiert den Kurs der französischen Außen­politik. Die wiederholte Berufung auf die Sicherheits­bedürfnisse Frankreichs läßt es durchblicken, daß sich die Grundlagen dieserAußenpolitik nicht geändert haben; immerhin ist es auffallend, wie zurück­haltend, wie ohne jede polemische Schärfe die Argumente Tardieus vorgebracht wurden. Keine Provokation, kein Überschwang, keine auffahrenden Gesten: das bezeichnet die außenpolitische Linie Briands und Tardieus im gegenwärtigen Moment. Ihre Gesten sind die des Abwartens, ihre Worte Variationen des bekannten französischen Themas: Friede, aber erst Sicherheit! So ist es auch nicht zu verwundern, daß die Rede des Ministerpräsidenten in der französischen Presse eine gute Aufnahme fand. Ein ungarisch-finnisch-cstnisches* Kulturbund. In einem interessanten Essay, betitelt „In der Heimat unserer Stammverwandten“ schildert Kul­tusminister Graf Kuno Klebelsberg die Eindrücke, die er anläßlich seiner jüngsten Studienfahrt im europäischen Norden über die der ungarischen Na­tion stammverwandten Völker, namentlich in Finn­land und Estland, gewonnen hat. Seinen überaus interessanten Betrachtungen entnehmen wir die folgenden Ausführungen: — Die Finnen und Esten und auch wir Ungarn fühlen es nur zu sehr, daß wir sehr fern vonein­ander leben. Seit jedoch der Völkerbund die Na­tionen des Erdballs in eine gemeinsame Relation ge­bracht hat, stimmen diese Staaten in den Versamm­lungen des Völkerbundes übereinstimmend ab und im Kreise der Brudervölker habe ich bereits von „finnisch-ugrischen Stimmen“ sprechen hören, worunter sie die Stimmen der Ungarn, Finnen und Esten verstehen. Ich war geradezu ergriffen, als dort oben im Norden von den sieben finnisch-ugri­schen Universitäten gesprochen wurde, worunter die vier ungarischen, die zwei finnländischen Universi­täten und die estnische Universität verstanden war. Wir sind dahin übereingekommen, daß die Univer­sitäten von Abo, Budapest, Debrecen, Dorpat, Hel­sinki, Pécs und Szeged im Bereich der Sprach­wissenschaft, der Völkerkunde und der gemeinsamen Urgeschichte nach ein vernehmlich festgestelltem Plane und unter entsprechender Arbeitsteilung for­schen und zur Leitung dieser Forschungen in Est­land, Finnland und Ungarn je einen nationalen Aus­schuß organisieren werden, aus deren Delegierten sich ein wissenschaftlicher Rat der Brudervölker konstituieren soll. So werden im Bereiche der Sprachwissenschaft, der Völkerkunde und der ge­meinsamen Urgeschichte die sieben finnisch-ugri­schen Universitäten als organisierte Arbeitsgemein­schaft vor der Wissenschaft der Welt erscheinen und das wissenschaftliche Gewicht der in Betracht kom­menden Hochschullehrer wie auch die Kraft der Organisation bieten eine Gewähr dafür, daß das ge­plante Werk die allgemeine Wertschätzung aller Kulturvölker der Welt erringen wird. Die Wissen­schaftler tun solcherart ihre Pflicht und ihre Arbeit überträgt sich nunmehr auch auf die weiten Gesell­schaftskreise. Der finnische Unterrichtsminister Kukonen arbeitet eben jetzt an einer Verordnung, dergemäß in sämtlichen Schulen Finnlands alljähr­lich an einem bestimmten Tage der Ungarn, Esten wie auch der in russischer Knechtschaft schmach­tenden Brudervölker gedacht werden wird. Der hochverdiente Staatsmann der Esten, das vormalige Staatsoberhaupt Paets, erklärte in einem Trink­spruch: Auch wenn die Gelehrten nicht die Sprach­verwandtschaft festgestellt hätten, würde ein ahnungsvolles Urgefühl, wenn wir beisammen sind, uns daran erinnern, daß wir Brüder sind. In vielen finnischen und estnischen Häusern wird allabend­lich in ergriffener Stimmung den Darbietungen des Budapester Radio, auch der ungarischen Musik unserer Zigeuner gelauscht und die Universität von Helsinki wird in Ungarn einen Radiovortrag über finnische Dichtung und Kunst veranstalten. Wir hier in Ungarn können durch Vermittlung des Radio auch das künstlerische Volksleben der Esten mit sympathischer Aufmerksamkeit verfolgen. Unge­heuer groß ist die Entfernung, die uns voneinander trennt, aber die moderne technische Kultur mit ihrem Radio und dem Flugzeug hat uns bereits näher zueinander gebracht. Die Distanz verliert solcherart ihre trennende Macht. Die zunehmende Wärme des brüderlichen Gefühls aber wird uns seelisch einander näherbringen. „Der wahre Sieger von Tannenberg.“ In einer überaus interessanten Artikelserie untersucht Winston Churchill an Hand bisher teils unbekannter urkundlichen Daten die Frage, wem unter den deutschen Heerführern der Ruhm von Tannenberg gebühre. Bisher hat allgemein Lu­dendorff als der geniale Stratege gegolten, als dessen Verdienst diese Waffentat, eine der glänzendsten und großartigsten der Kriegsgeschichte, zu betrachten wäre, und auch Ludendorff selber hat stets sich den Ruhm von Tannenberg zugeschrieben. Churchill führt nun den Nachweis, daß der General Frangois als Sieger von Tannenberg zu gelten hat, weil er auf eigene Verantwortung und in offenem Ungehorsam gegen die Weisungen Ludendorffs seine 25 Bataillone in einer einzigen dünnen Postenlinie derart aufge­­slellt hat, daß den Russen ein Entkommen aus der Waldzone unmöglich geworden war. — Die Russen, schreibt Churchill, suchten Zu­flucht in den Wäldern, unter Zurücklassung aller Fahrzeuge und Pferde. Die verstörten und verwunde­ten Tiere jagten ziellos über das Feld, die Wagen waren umgestürzt, ein wildes Chaos entstand. Die Truppenteile, die noch Waffen hatten, versuchten am Waldrande Stellungen zu beziehen, aber schon bald hielten sie auf Gewehren und Stangen weiße Tücher hoch, um zu zeigen, daß sie weiteres Vor­dringen für nutzlos hielten und sich übergeben woll­ten. Während des 31. August übergaben sich unge­heuere Massen. Ein einziges Bataillon des Generals Francois machte, 17.000 Gefangene. Alles in allem wurden 92.000 unverwundete und 30.000 verwundete Russen von den Siegern gefangen. Churchill schließt seine Betrachtungen mit den folgenden Bemerkungen ab; „Der Ruhm von Tannenberg wurde während des Krieges und noch Jahre nachher erfolgreich,non Ludendorff beansprucht. Er war das Sprungbrett, von dem er sich zum tatsächlichen Lenker des gan­zen Krieges aufschwang. Hindenburg hatte keinen persönlichen Ehrgeiz. Er begnügte sich damit, Lu­dendorffs Behauptung unwidersprochen zu lassen. Diese lautete so: General v. Hindenburg ist immer meinen Anregungen gefolgt und hat dieVerantwortung, mir zuzustimmen, gern auf sich genommen.“ Heutg jedoch streitet man sich nicht mehr über die Tat­sache, daß alle Bewegungen, die die achte Armea gegen Samsonow konzentrierten, dank der Initiative General Hoffmanns schon von Prittwitz’ Stab an­geordnet worden waren und daß diese Verschiebun­gen fast vollendet waren im Augenblick, als Luden­dorff im Armeekommando eintraf. Man weiß ferner, daß die einzigen Befehle, dia Ludendorff auf dem Wege ausgab, abgesehen von denen zur Heranziehung weniger Verstärkungen, nur die Rückverlegung des Oberkommandos der 8, Armee nach Marienburg und die Selbständigkeit der einzelnen Korpskommandos bis zu seiner Ankunft betrafen. Diese beiden Anordnungen waren unvor­teilhaft und verursachten Verlust kostbarer Zeit, Während des Verlaufes der Schlacht am 25. ver­suchte Ludendorff den General Frangois zu einem vorzeitigen Angriff zu bestimmen, der Samsonows Truppen die Flucht ermöglicht haben würde, ehe sie völlig vernichtet waren. Frangois war ungehor­sam, und zwar mit glänzendem Erfolg. Am 28. war es Ludendorff, der die russischen Kerntruppen ent­wischen lassen wollte. In einem Anfall von Nervo­sität hinderte er das 17. und das 1. Reservekorps daran, die Lücke nach Osten zu schließen; und gleichzeitig befahl er Francois eine Marschrichtung, die der russischen Truppenmasse die Flucht gegen Südosten offen gelassen hätte. Tatsächlich telegraphierte Hindenburg auf Lu­dendorffs Veranlassung in der Nacht des 28. August an das Große Hauptquartier: „Die Schlacht ist ge­wonnen; wir nehmen die Verfolgung auf. Gefangen­nahme beider russischer Korps kaum zu erwarten.“ Wieder mißachtete Frangois diesen Befehl und zog unter großer Gefahr, aber nach sicherer Abschätzung der Kampf Unfähigkeit des Feindes seine Postenkette an der Neidenburg-Willenbergstraße und erwischte so die russische Hauptmasse. Das Verdienst des Sieges-hat in großem Maße General Hoffmann, aber sein Ruhm gehört für alle Zeiten General Frangois, der sein einziges Korps mit jener seltenen Verbin­dung von Vorsicht und Kühnheit anführte, die be­zeichnend für den wahren soldatischen Geist ist, der mit kluger Überlegung Ludendorffs Befehl umging, und damit einen überwältigenden Sieg erfocht. Ein Vorschlag zur Lösung des Minderheitenproblems. Einer Initiative des Herausgebers der Europäi­schen Revue, des Prinzen Karl Anton Rohan, statt gebend, hat jüngst auf Schloß Albrechtsberg eine politische Aussprache privaten Charakters über europäische Nationalitätenprobleme stattgefunden, zu der. Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Rumänien, der Tschecho-Slowakei und Ungarn er­schienen waren. Im Juniheft der Europäischen Revue liegt nun das Ergebnis dieser Beratungen in der Form eines interessanten Entwurfes eines Minder­heitenstatuts vor. Der Entwurf entspringt der Absicht, das uni­verselle Minderheitenproblem den realen Ver­hältnissen Mitteleuropas anzupassen. Dadurch soll weder die grundsätzliche Universalität des Problems geleugnet, noch ein Rückfall in die rein bilaterale Regelung gemeint sein. Das Wesen des Rohanschen Entwurfes liegt vielmehr im Gedanken mehrseitiger Staatsverträge auf Grund nachbarlich gemeinsamer Interessen und des allgemeinen Friedensbedürfnisses. Rohan und sein Kreis denken den Entwurf lediglich als Stoff zur Diskussion und wollen keineswegs eine sektiererische Sonderpolitik betreiben. Inhaltlich fällt gegenüber den bisher aufgestellten Regeln zum Schutz der Minderheiten besonders auf, daß die For­derung einer möglichen Konstituierung der Minder­heit als Kollektivperson aufgestellt wird. In diesem Sinne wird nicht nur der Gebrauch der eigenen Sprache in der Öffentlichkeit, bei Gericht und Ver­waltung, sowie im Schulwesen eingehend behandelt, sondern es wird im Entwurf auch der wirtschaft­lichen Gesetzgebung ein besonderes Augenmerk ge­widmet. So soll zum Beispiel im Falle einer zwangs­weisen Vermögensumschichtung der Vertragsstaat nach Möglichkeit so Vorgehen, daß der nationale Charakter der betreffenden Provinzen keine Ände-

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