Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1930. augusztus (77. évfolyam, 173-197. szám)

1930-08-01 / 173. szám

■ Dieser eine Zug malt den Erbauer des „Pavil­lon de Hannovre“ und seine. Zeit bestimmter, als Historiker und Psychologen es vermögen. Man sieht , Frauen, die sich entehrt halten, wenn nicht alle Welt glaubt, auch sie hätten dem Herzog ihre Huld gespendet, und ihn selbst, der jede Frau, und sei , es auch nur die Geliebte einer einzigen Stunde, so leidenschaftlich begehrt, als gäbe es außer ihr für ihn keine andere Frau. Vermutlich liegt hierin daß eigentliche Geheimnis dieses und jedes Don Juan verborgen: sie kennen nichts außer der Frau, und im Augenblick wissen sie sich selbst zu überzeugen, • daß im Besitz gerade dieser einzigen Frau allein das Glück liege. Doch es wird wohl kaum einen anderen Mann geben, der sich diese doppelte . Fähigkeit, zu lieben und geliebt zu werden, so voll­kommen bis in ein unwahrscheinliches Greisenalter : hinein erhalten hätte, wie den Herzog von Riche­lieu. Er ist über achtzig Jahre alt, erschreckend ha­ger, zittrig, gebrechlich, schminkt seine blassen Wangen und Lippen, und noch immer gibt es junge Frauen, die auf ihn eifersüchtig sind, und bis zu seinem späten Tode kann er nicht nur ihrer Huld sich erfreuen, sondern sein Schicksal gestattet ihm sogar noch, sie zu betrügen. Es fällt schwer, sol­chen unwahrscheinlichen Zauber allein mit Sug­gestion, Nachahmungstrieb, Eitelkeit zu erklären. Einige allzu geistreiche Schriftsteller suchen eine andere Deutung des ^Wunders: der Herzog scheint ihnen gerade der bestimmte Don Juan-Typus jener Zeit, rasch im .Wort, lebhaft, Raufbold, verschwen­derisch, sentimental und doch auch Zyniker, und dies verbunden mit seinem glänzenden Namen und seinem großen Vermögen, mache seine Siege auf dem Schlachtfeld der Liebe verständlich. Gleich­zeitig wollen sie erkennen, daß auch der Don Juan- Typus sich sehr gewandelt hätte* es seien heute ganz andere Männer, die Glück bei Frauen hälfen, sig müßten lustig sein, kräftige Sportsleute, harm­los, eifrig im Beruf und aus ihm Vermögen schaf­fend, um immer neue Wünsche der Frauén befrie­digen zu können. Danach würde heute del Herzog von Richelieu überäll vergebens werben, aus dem Don Juan des achtzehnten Jahrhunderts würde der Brackenburg des zwanzigsten. Solcher vermutlich irrende Rationalismus geht von der trügerischen Voraussetzung aus, die Frauen von heute wünschen nicht so wie ihre Urgroßmütter Männer, deren ganzer Lebensinhalt die Liebe ist. Aber Don Juan selbst bleibt ewig, und was sich ändert, das ist nur sein Kleid, sein Beruf, seine Bart­­tracht, nicht aber' seine Kraft, die in jeder einzelnen Frau die Liebe liebt, alles zu vergessen weiß, tausend genossene Freuden vergißt über einer geringeren, die versagt wird. Es wird nicht berichtet, ob ein sol­ches Mißgeschick jemals den Herzog Marschall von Richelieu getroffen hat. Was-wir von ihm wissen, ist dies, daß er sich unermüdlich durch ganz Frank­reich liebte, eine Enkelin Ludwigs des XIV., Damen der großen, halben- und kleinen Welt, Kammerzofen, Tänzerinnen, Prinzessinnen, und immer schien e*r ungeduldig, glaubt er gerade in dieser Frau das Glück zu finden, das ihm stets entschwand, und von dem alle Quellen sagen, daß er reizbar, empfindlich und eigentlich niemals zufrieden gewesen ist. Das Leben ist ja so kurz, auch wenn man noch mit 83 Jahren seine dritte Gattin betrügt, und es gibt so unendlich viele Frauen ... Und nun irrte wohl sein geschminktes Gespenst um sein altes Haus, das nun auch Staub wurde, mit zarter beringter Hand greift es nach der Dose, zeigt im Innendeckel ihr galantes Bild, streichelt vier schöne Schwestern, erinnert Majestät und sich selbst, wie viele schon vorgemerkt sind, und unabsehbar schwillt der Einlauf an, überall Empfehlungen. Und nun sind immer wieder neue Frauen da, solche, die gar nichts von den Seufzern und Freuden im „Pavillon de Hannovre“ wissen, und Don Juans Schatten verflüchtigt sich und ent­schwindet in Bücher und Zeitungsaufsätze,,, • 2 • PESTER LLOYD Freitag, L^pfgust 1980 Industrie allem Anscheine nach nicht bloß -vorüber - gehend, sondern endgültig ihre früheren,Märkte ver­loren haben. Wird Lancashire, fragt man sich in der City, jemals den indischen, den chinesischen, den levantinischen Markt wiedererobern können? Und wenn nicht, was mit den Arbeitern der englischen Baumwollindustrie beginnen? England ist heute noch reich genug, um eine überschüssige Bevölkerung von einigen Millionen vor der ärgsten Not zu schützen, doch schaudert jeder Engländer vor dem Gedanken zurück, eine allen bösen Einflüssen leicht zugängliche, arbeit- und beschäftigungslose Masse auf dem Boden Altenglands zu züchten und künstlich zü erhalten. Alle Reformvorschläge jedoch, selbst das systema­tische Werk der Liberalen Partei, sehen bloß Palliativmittel und keine gründliche Lösung des Problems vor, so daß hier ein moderner und mächti­ger Staat einer Frage gegenübersteht, für die seine tüchtigsten und gründlichsten Staatsmänner keine Lösung zu finden vermögen. Die übrigen Probleme des britischen Welt­reichs sind im Vergleiche mit den beiden großen Fragen von untergeordneter Bedeutung. Die Be­ziehungen des Mutterlandes zu den Dominien, die in den letzten Jahren nicht reibungslos \yaren, sol­len an der demnächst stattfindenden Reichskonfe­renz wieder einmal, wenn auch nicht neugeregelt, so doch gründlich überprüft werden. Eine wesent­liche Änderung der Lage dürfte diese Beratung kaum ergeben. Die Dominien selber leiden unter dem Druck der Weltkrise. Kanada und Austrálien sind mehr denn je auf die finanzielle Hilfe des Mut­terlandes angewiesen. Kanada mit seinen überfüll­ten Lagerhäusern könnte ohne tätige Mithilfe der City die diesjährige Ernte kaum finanzieren; Austra­lien kämpft gegen eine finanzielle Krise, die dieses junge Staatswesen bis in seine Grundmauern er­schüttert. Nur Südafrika erfreut sich einer ver­hältnismäßigen Ruhe. Keinem Vertreter der Domi­nien wird es daher einfallen, die Beziehungen zum Mutterlande, die ja in den vergangenen Jahren stark gelockert worden sind, zum Gegenstand einer ernstlichen Diskussion zu machen. Eine andere Frage ist, ob. diese Beziehuhgén nicht im Gegenteil fester geknüpft werden sollen, besonders In wirt­schaftlicher Hinsicht. In deh jüngsten Mohaién ist die Idee der Reichszolleinheit[ durch die beiden mächtigen Presselords Beaverbrook und Rotherniere in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion ge­rückt worden, ohne daß sich um dieses große Pro­blem eine einheitliche Meinung herausgebildet hätte. Zur Errichtung eines Präferenzzollsystems wird sich England in der nächsten Zukunft kaum entschließen können; es wäre ein Sprung ins Unge­wisse, und niemand kann mit annähernder Sicher­heit Voraussagen, wie.sich die Gestehungskosten der britischen Industrie nach der Einführung neuer Lebensmittelzölle gestalten. würden. Eine Erhöhung der industriellen Gestehungskosten würde aber eine Schwächung der Konkurrenzfähigkeit der englischen Industrie bedeuten* aus diesem Grunde dürfte in der nahen Zukunft kein englischer Staatsmann, welcher Partei er immer angehöre, die Verantwor­tung für die Einführung von Reichspräferenzzöllen auf sich nehmen. An diesem schwachen und schwankenden Fäden hängt aber die Zukunft der künftigen wirtschaftlichen, demgemäß auch der politischen Beziehungen zwischen England und seinen aufstrebenden Dominiert. Vor fünfzig Jahren, als. die ersten überseeischen Getreideladungen in den englischen Häfen eintrafen lind die traditionelle, ausgeglichene Struktur der bri­tischen Wirtschaft ins Schwanken geriet, beschrieb Bismarck im deutschen Reichstag in einer denk­würdigen Rede England als den starken Mann, der, mächtig bewaffnét, inmitten seiner' schwachen Riva­len in die wirtschaftliche Arena tritt und stolz die i Frage stellt: „Wer getraut sich, mir entgegen­­j.zutreten?“ Die glitzernde Rüstung des einstigen Riesen ist heute an manchen Stellen durchlöchert, seine Gelenke sind schwerfälliger geworden, seine Monopolstellung in der Weltwirtschaft hat er ver­loren. Er ist aber immer noch derselbe Mann, stark und selbstbewußt, kaltblütig und ruhig; es ist bloß die Frage, ob er sich den neueiy, vom Grunde aus veränderten Verhältnissen anzupassen vermag? Frankreich hat sich mit der staunenswerten Konzen­tration und Selbstgenügsamkeit, der der französi­schen Rasse innewohnt, der Gegenwart wunderbar anzupassen vermocht; sorgenlos und in die Zukunft blickend, reißt es heute die verfügbare Goldreserve der Welt an sich; kein Wunder, daß man von Eng­land melancholische und nicht sorgenfreie Blicke auf die östlichen Gestade des Ärmelkanals wirft. Vom Tage, Die ungarische Delegation für die nächste Völker­bundsession. Das Ung. Tel. Korr.-Bureau, meldet: An der Völker­bundversammlung im September werden in Vertretung Ungarns als Hauptdelegierter Graf Albert Apponyi und als Delegierte General der Kavallerie a. D. Gabriel v. Tdn­­czos und Handelsminister a. D. Baron Josef Szterényi teilnehmen. Als stellvertretende Delegierte nehmen an der Versammlung die Gräfin Albert Apponyi, die Gesandten Ladislaus Gajzágó und Alfred Nicki, ferner Minister­resident Paul v. Hevcsg und die Legationsräte Johann Pelényi und Baron l^abriel Apor teil. Der morgige Ministerrat. Der Ungarische Kaufmännische Landesverband (Omke) hat ein umfangreiches Memorandum ausgearbei­tet, in dem alle Wünsche und Beschwerden der inter­essierten Kreise, die im Zusammenhang mit dem Bollet­­tensystem aufgetaucht sind, in eingehender Weise er­örtert werden. Die Leitung dieser Körperschaft dürfte das Memorandum voraussichtlich morgen früh dem Finanzminister Dr. Wekerlé überreichen. Wie in politi­schen Kreisen verlautet, wird sich auch dér morgen'vor­mittag unter Vorsitz des Stellvertreters des Minister­präsidenten, Volkswohlfahrtministers Dr. Vass, stält­­findende Ministerrat mit diesem Memorandum, bezw. niit dem Boilettensystem befassen. Gesetzentwürfe des Justizministers. Juslizmirfister Dr.. Zsituay hat den Entwurf zum Kartellgesetz dieser Tage den Interessenten mit dem Er­suchen übermittelt, dem Justizministerium ihre Ansichten über diesen Entwurf bis zum 15. September d. J. zu un­terbreiten. . > Dr. Zsitvay erklärte Pressevertretern gegen­über, jdaß in dieser.'Angelegenheit voraussichtlich auch eine Enquete - abgehalten. , und daß der Gesetzentwurf wahrscheinlich, schon zu Beginn der Herbstsession des Abgeordnetenhauses verhandelt werden wird. Der Justiz­minister erklärte ferner, daß er auch an einer Enquete über die Vereinfachung des Gerichtsverfahrens gern teil­nehmen würde und daß er sich die diesbezügliche An­regung des Präsidenten der kön. Kurie zu eigen mache. In dieser Enquete würde in erster Reibe das Advokaten­problem erörtert werden. Der Minister verwies schließlich noch darauf, daß sich das Justizministerium auch mit der Reform der Fixleikommissé befasse, daß jedoch noch eine gute Weile vergehen werde, bevor der darauf bezügliche Gesetzentwurf ausgearbeitet'sein wird. Die rumänisch-jugoslawische Wirtschafts­­konierenz. Bukarest, 31. Juli. (U. T.-K.-B.) Heute vormittag um zehn Uhr wurde in Sinaja unter Vorsitz des Führers der jugoslawischen Delegation, des bevollmächtigten Ministers Kumanudi die rumänisch-jugoslawische Agrarkonferenz eröffnet. Der Eröffnung der Sitzung ging eine kurze Bespre­chung voran, wobei das endgültige Programm festgelegf. wurde. In der Sitzung traten die Delegierten beider Länder für die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Zusammen­arbeit beider Länder ein. Nachher schilderte der jugo­slawische Delegierte Pilya ausführlich die wirtschaftliche Organisation Jugoslawiens und die Außenhandelsverhält­nisse des Landes; der rumänische Delegierte Cäsar Po­­pescu legte die Wirtschaftslage Rumäniens dar, und schließlich hielten die Sachverständigen eine Sonder­besprechung ab. In Konferenzkreisen bezeichnete man den Zweck der Besprechungen im folgenden: Da das System der Meist­begünstigung keine Garantie für den Absatz der Agrar­produkte bietet, richten sich die Bestrebungen der Agrar­länder darauf, durch engen Zusammenschluß eine Pro­tektionsbasis für die Verwertung ihrer Getreidevorräte zu errichten. Der normale Mechanismus des Welthandels würde dadurch nicht beeinflußt, da die europäischen Exportländer bloß kaum ein Sechstel der Bedürfnisse der Importländer decken können. In der Vormittagssitzung befaßten. sich die Delegier­ten mit rfler Frage, wie die gegenseitige Konkurrenz der beiden Länder auf den Weltmärkten auszuschalten wäre. Die Besprechungen verliefen im Zeichen der vollsten Harmonie. ' Bukarest, 31. Juli. (Orient-Radio j Die jugoslawisch-rumänische Agrar­konferenz hielt am Nachmittag eine Plenarsitzung ab, über die der Presse das folgende Kommuniqué heraus-1 gegeben wurde: i Die beiden Delegationen gelangten nach dem Studium! der internationalen Wirtschaftslage und der Struktur der; beiden Länder zum Endergebnis, daß die Schaffung einer engen wirtschaftlichen Zusammenarbeit und einer Zoll­union zwischen Rumänien und Jugoslawien angebracht, zweckmäßig und möglich sei. Die Delegationen faßten die vorbereitenden Maßnahmen, die unverzüglich ergriffenr, werden müssen, in ein Programm zusammen. Dieses Programm wird den beiden Regierungen zwecks Ge­nehmigung vorgelegt. Zur programmäßigen Verwirk­lichung der Zollunion wird ein ständiger Ausschuß einge­setzt. Morgen findet die Schlußsitzung statt, wobei das Problem der Zusammenarbeit mit den übrigen Staaten einer Prüfung unterzogen wird. Bukarest, 31. Juli. ’ • ■■ rc. y ■ Wälirend der Konferenz hält sich der tschechische Gesandte, in Sinaja auf. Nach jeder Sitzung nimmt er; Fühlung mit den Mitgliedern beider Delegationen, die ihn über den Verlauf der Sitzungen und über die Beschlüsse informieren. (Telegramm des Pester Lloyd.) Bukarest. 31. Juli. Die rumänische Presse widmet der gestern, begonne­nen Wirtschaftskonferenz in Sinaia besonders großes Interesse. Die Blätter sind der Ansicht, daß diese Konferenz ein wichtiges Datum in der europäischen Wirtschafts­geschichte bedeute, da man auf ihr neue Wege betreten will zur Lösung der Wirtschaftskrise, die in ganz Europa fühlbar ist. Die Aufgabe dieser Konferenz wurde vom Das Jahrhundert der Eltern. Von HELENE TUSCHAK. Es ist wirklich Zeit, daß einmal etwas für die Eltern geschieht. Die Epoche der allgemeinen Rechte­eroberung hat sie merkwürdig entrechtet. Aus ihrem Iierrschertum von einst sind sie übergangslos in die schwerste Abhängigkeit von ihren Kindern geraten — Extremwirkung auch hier. Das Familiengefüge der alten Zeit ist überholt wie das alte Staatsgefüge. Niemand wird es bezwei­feln. Die Frau selbst war es, die zuerst daran gerüt­telt hat. Mit Recht, ob sie nun Mme. Bovary hieß oder Nora. Die Haustochter lehnte sich auf, der Tantentypus rebellierte, die Hausfrau wollte nicht ihr Dasein mit Staubtuch, Kochlöffel und Nadel ver­bringen. Sie traten in die Welt, und wer wollte es ihnen verargen? Dann kamen die Kinder an die Reihe, und der Ruf Ellen Keys, „Das Jahrhundert des Kindes“, stand auf ihren Fahnen. Und auch sie hatten recht, tausendmal recht. Die Tage, da man demutsvoll „Herr Vater“ und „Frau Mutter“ sägte und seine Eltern nur mit „Sie“ anzusprechen wagte, sind endgültig vorüber und müssen es sein. Die Dik-i tatur, die der Jugend oft das Leben zerbrach, die Knaben in Berufe und die Mädchen in Ehen zwang, die ihnen widerstrebten — unmöglich! Gewiß, man begreift den Vater, der sich sein Leben lang gerackert hat, um den Sohn das Feld der Arbeit zu bestellen, wenn er bitter enttäuscht ist, weil der Sohn nicht dort weiterbauen will, wo der Vater den Grundstein für ihn legte, und man begreift die Mutter, die ihn Töchterchen vor Getahren bewahren möchte, di« das Mädchen noch nicht ahnt. Der Sohn will abeu nicht Kaufmann werden, er fühlt Künstlertum in sich, will andere Wege gehen, und die Tochter will ihre Erfahrungen selber machen. Ihr heißer Lebens-« instinkt wirft Ermahnungen und Beschwörungen beiseite, So entschieden beiseite, daß .die Mutter oft

Next