Pester Lloyd - esti kiadás, 1930. augusztus (77. évfolyam, 173-196. szám)

1930-08-01 / 173. szám

Einzelnummer an Wochentagen iC, an Sonntagen 38 Heller. Abonnement s Für Budapest: mit täglich zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgen­­und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Moroenblatt allein vierteljährlich 11 P, monatlich 4 P. Auch auf das Abend­blatt allein kann unter den gleichen Bezugs­bedingungen abonniertwerden. Für die sepa­rate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich: Für Oesterreich und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Post­ämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt. Telephon der Redaktion: 848-20. 77. Jahrgang. Budapest, Freitag, 1. August 1930. Nr. 173 * ABENDBLATT lnseratenaufnahme: In Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Blookner, J. Blau, Boros, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető-iroda, Rudolf Moose A.-G., Jos. Schwarz, Sikray, Ju­lius Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich: M. Dukes Naohf. A.-G., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 36 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Redaktion u. Adm. :V., Mária Valérla-ucca 12. Telephon der Administration: 849-09 Das RiesenluftscIriSf „R. 100“ am Ziel. Budapest, 1. August. (K—r.) Der Kanadaflug des englischen Riesen­flugzeuges „R. 100“ ist geglückt, wenngleich sich in­folge einer Beschädigung des Luftschiffes die An­kunft in Amerika verzögerte. Aber das große Unter­nehmen ist gelungen! Wieder einmal erfährt die alte und die neue Welt eine Welle des Enthusiasmus, wie sie Ereignissen von weltgestaltender Bedeutung zu folgen pflegen. Aus dem Jauchzen von Hunderttausen­den,- die die glückliche Landung des stolzen Fahr­zeuges begrüßen, hört man sozusagen den Atemzug unserer Zeit heraus. So wird, Ziegel auf Ziegel, an unserer Epoche gebaut; jede menschliche Tat, die uns der Überwindung von Raum und Zeit näher bringt, ist uns heiß willkommen wie anderen menschlichen Epochen des Suchens und Grübelns eine neue Wahrheit oder eine neuaufgefundene attische Statue. 1st unsere Weltanschauung allzu grobkörnig, allzu materialistisch geworden, daß uns die Glanzleistung einer Maschine, in unserer tiefsten Seele erfaßt, während die großen Werke des Geistes und sogar der künstlerischen Inspiration aus unserer Mitte immer mehr in ihr eigenes Gefilde entrückt werden, immer weniger mit der Unmittelbarkeit un­seres Alltags zu tun haben? Man kann nicht umhin, aus dieser Fragestellung etwas Falsches herauszuhören, Denn jene Geistig­keit, die alles Technische, Körperliche, praktisch Ge­richtete wie aus den Wolken verachten zu können meint, verurteilt eigentlich nicht die Welt, in der jene ihr nicht genehmen Werte herrschen, sondern sich selbst — wenn sie die Welt sich selbst über­läßt und sich aus ihr zurückzieht, kann sie nichts an der Tatsache ändern, daß diese Welt besteht. Sie besteht und sie hat den Vorzug alles Lebendigen, selbstverständlich und unleugbar zu sein; das Leben­dige ist nie fragwürdig, fragwürdig hingegen ist jeder Intellektualismus, der sich von der Gemeinschaft des lebendig Wirkenden zurückzieht — sozusagen in einen Schmollwinkel der erhabenen Isoliertheit. Womit nicht gesagt sein will, daß eine Welt ohne Geistigkeit eine gut eingerichtete ist. Im Gegen­teil: nie könnte der Welt Schlimmeres geschehen, als eben die Flucht des Geistes aus ihrer Mitte, die Spal­tung zwischen nur-lebendigem und geistigem Sein, die sich heute vollzieht. Mit wehmütiger Bewunde­rung blicken wir zu vergangenen Zeitaltern empor, die diese Spaltung nicht kannten, die in der unge­brochenen Einheit der körperlich-geistigen Wirk­lichkeit lebten. Es würde uns zu weit führen, nach den Gründen zu forschen, weshalb uns diese Einheit verloren ging. Aber sie ging verloren, und zwar nicht nur aus Überheblichkeit des Fleisches, das sich eins und alles dünkte, sondern vielleicht noch mehr aus Überheblichkeit des Geistes, der das lebendige Ver­wobensein mit menschlichem Glück und Weh zu ver­­achen sich vermaß. Da ist unsere Welt: eine Welt der trüben Gier und der dumpfen Impulse der Massen. Darf man diese Welt von der hohen Warte des geistig leben­digen Individuums einfach leugnen, als dem nahe bevorstehenden Untergang geweiht ihrem Schicksal überlassen? Die Katastrophe wäre ja eben diese Preisgabe, dieses Abrücken des geistigen Menschen von den übrigen, die eben alle seine Brüder sind. So dumpf und so ungeistig auch die Existenz der Masse ist, ihre Lebensäußerungen lassen sich nicht einfach negligieren im Namen einer vornehm-wählerischen Geistigkeit. Ob diese Lebensäußerungen nun Sport­drang heißen oder Massenaufzüge oder Lust am Technischen: gewiß wohnen ihnen dumpfe Keime einer geistigen Wirklichkeit inne, die der klassisch­humanistisch geschulte Intellekt noch nicht wahr­nehmen kann oder wahrnehmen will. Es gibt aber symbolhafte Ereignisse, in denen sich die tiefsten und lebendigsten geistigen Interessen der großen Masse kundtun; und die Landung eines riesigen Flugzeuges nach heroischer Fahrt gehört zu diesen Ereignissen. „Geistige Interessen“ muß man in diesem Zu­sammenhang erwähnen; denn nichts wäre falscher, als Taten wie eine Luftschiffreise von Europa nach Amerika eine völlig geistlose, bloß äußerliche Existenz zuzuweiseu. Die Tat selbst gehört zum technischen Fortschritt, aber Technik im äußer­lichen Sinne des Wortes ist sie nicht. Sie wird eher als „Fortschritt“ schlechthin empfunden, als Quelle neuer Lebensmöglichkeiten, als eine neue Kraft, die Lehen gestaltet, der Leben entsprießt; in diesem Sinne ist diese Tat von der technischen Wirklichkeit ganz losgelöst. Technisch im praktischen Sinne sind Erfindungen, die einst vielleicht ebenso lebendig­symbolhaft und ebenso erregend waren, wie das Luftschiff „R 100“ es jetzt ist, die aber vervoll­kommnet und gewöhnlich wurden und sich dem System des praktisch Nutzbringenden einordnen ließen. Die Eisenbahn war einst auch Epopöe; heute ist sie die schalste Prosa. Der Flug des Menschen ist an sich gar nichts Außerordentliches mehr; Flüge werden zu Tausenden mit praktischen Zielen unternommen und gehören dem Bereich des Nur­technischen an. Der Flug des „R. 100“ nach Kanada ist aber etwas herrlich Nutzloses wie die Morgenröte. Und deshalb ist es schön und erhebend, daß ihm Menschen aus ergriffener Seele zujauchzen. Es ist ein Zeichen dafür, daß der Mensch noch immer die Sprache des Unergründlichen versteht. Am Luft­schiffe bewundert er den Boten eines fernen Erd­teils, der eben eine weltumspannende, symbolische Handlung vollzogen hat. Dr. Eckeners triumphie­render „Graf Zeppelin“ hatte Reisende an Bord, die einen Ausblick in die Zukunftsmöglichkeit regel­mäßigen Ozeanverkehrs gestatten; aber jene Leute reisten doch nur des Fluges willen. „R 100" hatte außer den Offizieren, der Mannschaft und einigen Sachverständigen des Luftwesens keine Passagiere an Bord; dieses Luftschiff beförderte sozusagen nur sich selbst über den Luftozean nach Amerika, und doch ist der Jubel, mit dem es begrüßt wird, kaum geringer, als der Enthusiasmus der Mengen, die den silbernen Körper des deutschen Luftriesen über New Yorks Häusermeer erblickten. Und wir erblicken den Rassenstolz der Angelsachsen oder das Empire­bewußtsein des Kanadianers nicht als den einzigen Grund für diese Tatsache. Der Sinn des heutigen Menschen für derartige Leistungen ist eben noch nicht derart abgestumpft — mit anderen Worten, sie sind noch nicht so weit Technik geworden, daß man ihre menschliche Tiefe nicht unmittelbar er­lassen könnte. Zumal wenn man bedenkt, daß der Flug des englischen Luftschiffes auch als technische Leistung einen Fortschritt bedeutet: die Überwin­dung einer berüchtigten Gefahrenzone für Luft­schiffe und damit einen großen Schritt auf dem Wege des Unabhängigwerdens der Luftschiffahrt von den meteorologischen Verhältnissen. Die Vervollkommnung der Maschinen und der Verbindungswege, die aus solchen Taten folgen, wie die des Leutnants Booth und seiner Kameraden, be­deutet freilich das langsame Erblassen des hellen Ruhms der Luftargonauten. Es wird eine Zeit kom­men, da wir auf Dr. Eckener und seine unmittel­baren Nachfolger als auf interessante Gestalten zurückblicken werden, die noch als Helden gefeiert wurden für etwas, das längst zur Selbstverständlich­keit geworden ist. Dann werden eben dem immer bereiten menschlichen Drang nach Enthusiasmus andere Taten, andere Symbole gegeben. Unser Sinn vermag nicht dorthin zu reichen; uns sind eben nur unsere Mythen gegenwärtig. Aber sie erfüllen uns mit Stolz, und trotz dem unendlichen Leid, das Men­schen von ihren Brüdern zugefügt wurde und noch immer zugefügt wird, auch mit frohem Zukunfts­­bewußtsein: denn die großen Fahrzeuge, die von Kontinent zu Kontinent fliegen, große Völker mit­einander verbinden, sind Wahrzeichen eines leben­digen Idealismus, Träger eines hoffnungsfreudigen Menschheitsglaubens.* Über die Ankunft des „R. 100“ liegt uns die fol­gende telegraphische Meldung vor: Montreal, 1. August. Das Luftschiff ,,R. 100“ ist nach beendeter Fahrt von Europa nach Amerika um 4 Uhr 20 Minu­ten hiesiger Zeit (10 Uhr 20 Minuten mitteleuropäi­scher Zeit) am Flugplätze St. Hubert glatt gelandet. Der Flugplatz war während der ganzen Nacht beleuchtet; Zehntausende von Zuschauern warteten stundenlang geduldig auf die Landung. Mit Rücksicht auf die kanadische Regierungs­krise wird das Luftschiff sowohl von seiten des zu­rücktretenden, als auch von seiten des designierten Kabinetts begrüßt. (Telegramm des Pester Lloyd.) % London, 1. August. Der letzte Teil der Atlantikfahrt des Luftschiffes „R. 100“ hatte unter Mißgeschick zu leiden. Nach einem offiziellen Bericht des Luftfahrtministeriums hat „R 100“ durch die Unbilden der Witterung Beschädigungen der Hülle sowie der Steuer- und der Backbordflosse er­litten, die es notwendig machten, die Fahrtgeschwindig­keit des Luftschiffes wesentlich herabzusetzen. Besonders die Beschädigung der Backbordflosse ist erheblich. Die Schäden konnten während der Fahrt notdürftig ausge­bessert werden. Auslandschau. — 1. August. — Die Konferenz von Sinaia. Das offizielle Kommuníqué, das' über die Kon­ferenz von Sinaia ausgegeben wurde, stellt fest, daß „die Schaffung einer engen wirtschaftlichen Zusam­menarbeit und einer Zollunion zwischen Rumänien und Jugoslawien angebracht, zweckmäßig und mög­lich“ sei. Zur Verwirklichung der Z'öllunion soll ein ständiger Ausschuß eingesetzt werden. Allem An­schein nach beginnt also die Konferenz von Sinaia in einer Atmosphäre, die die präzise Formulierung der Zollunion als Ziel der jugoslawisch-rumänischen Verhandlungen ermöglicht hat. In der Note, in der die Konferenz angeregt wurde, war bloß von „zoll­unionsartigen Gebilden“ die Rede, die Konferenz be­kennt sich aber bereits an ihrem ersten Tage klipp und klar zum Gedanken der Zollunion. Nach einer Erklärung aus Konferenzkreisen wurde nun dieser Gedanke in dem Sinne interpretiert, daß die beiden Agrarländer ihre Bestrebungen infolge der mangelnden Garantie für den Absatz ihrer Agrar­produkte durch das Meistbegünstigungssystem darauf richten, durch engen Zusammenschluß eiha Protektionsbasis für die Verwertung ihrer Getreide­vorräte zu errichten. Soll dies bedeuten, daß die beiden Staaten einen gemeinsamen protektionisti­schen Tarif ausarbeiten wollen, um solcherart ge­wisse Industriestaaten für die Aufnahme ihrer land­wirtschaftlichen Produkte gefügig zu machen? Ein protektionistischer Tarif könnte im Falle der beiden Staaten keinen anderen Sinn haben. Denn eine namhafte Industrie, die sie schützen wollten, be­sitzen sie nicht, und der Zollschutz von Agrar- Produkten ist bekanntlich in Agrarexportstaaten nicht wirksam1. Ein protektionistischer Tarif der beiden Länder wäre ein Kampftarif. für Verhand­lungszwecke, wobei noch nicht ganz klar ist, wie die beiden Länder dann bei späteren Tarifverhandlun­gen die Wirkung der Meistbegünstigungsklausel auszuschalten beabsichtigen. Denken sie an irgend­ein System der Präferenzzölle, so wird ihr Versuch! in der Tat Bewegung in die europäische Handels­politik bringen, denn er würde die Frage nach der Haltbarkeit des Meistbegünstigungssystems, die bis­her bloß theoretisch angeschnitten wurde, auch praktisch aufrollen. Die Konferenz wird in ihrem weiteren Verlaufe diese praktisch, wie grundsätzlich gleich bedeutsamen Fragen zu klären haben. Zwei bedeutungsvolle Wahlreden in Deutschland. Es liegen nun die Reden der Zentrumsfühler Kaas und Stegerwald vor, die die erste Sensation der bisherigen Wahlkampagne geibildet haben, da sie eine Drohung gegen die Sozialdemokratie dar­stellen. Die wichtigste dieser Reden war die des Prälaten Kaas vor dem Parteivorstand des Zentrums: Er gaib zunächst einen ausführlichen historischen überblick über die politischen Vorgänge der letzten Mo­nate. Der verfrühte Wahlkampf sei eigentlich, so führte er aus, nur die längst verdiente Quittung für das skanda­löse Versagen des letzten Reichstags. Nichts sei ver­letzender und falscher als die Behauptung, Dr. Brüning habe mit Bewußtsein den Sturz des Kabinetts Müller herbeigefübrt. Ebenso unwahr sei# die andere Lesart, daß Dr. Briining gleich von Anfang an die Absicht ge­habt habe, da« Parlament auszuschalten, um mehr oder minder diktatorisch zu regieren. Dem Kanzler sei gegen seinen Willen der Artikel 48 • als letztes Mittel zur Mei­sterung der Gefahr, als letzte Waffe gegen das sterile Verhalten des Parlaments geradezu in die Hand genötigt worden. Das Zentrum wolle die Demokratie nicht stür­zen, es wolle sic erhalten; es wolle den Parlamentaris­mus nicht vernichten, aber es wolle seine Veredelung und seine Disziplinierung. Besonders bemerkenswert waren die folgenden Ausführungen des Zentrumsführers über das Verhältnis seiner Partei zur Sozialdemokratie: „Niemals ist, das sage ich als Parteivorsitzender an dieser Stelle mit besonderem Nachdruck, denjenigen Kreisen' in unserem eigenen Lager, die der staatspolitischen Bündnisfähigkeit der Sozialdemokratie angesichts der letztjährigen Entwicklung mit steigender Kritik und Skepsis gegenüberstehen, ein solches Argument in die Hand gegeben worden, wie an diesem schwarzen Freitag, wo die gesamte sozialdemokratische Fraktion mit Hilgen­berg zusammen gegen den Zentrumskanzler stimmte und wo der preußische Ministerpräsident Braun und der preußische Fraktionsführer Heimann gegen den Kanzle? derselben Partei ein entscheidendes Votum afogaberu

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