Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1930. október (77. évfolyam, 223-249. szám)

1930-10-01 / 223. szám

Einzelnummer an Wochentagen 10, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement: Inscratenautnahme: zweimaliger In Budapest, in det Administration des Zustellung und für das Inland Morgen- —^ M Pester Lloyd und in den Annoncen­a,«rÄÄ«5,e. V\V1MI|VVVV% W V Aimni ,"E.:v.ÄÄ»~S KraíSJSSS ■ ■ ■ |H 9 ■ BÄ'Ä'CKiiÄ bla« allein kann unter den gleichen Bezugs- jSgLrdBP fas. «§g ügte« SÍ&si£§^ SS Hg Sp§ 111 111 Rudolf Moose A.-G.,Jos. Schwarz, Sikr»y,Ju: Bedingungen abonniert werden. Für die sepa- s|f|| KS»'» SsK ES» ||S| kSOA (§80 liusTenzer. Generalvertretung des Pester rate Zusendung des Abendblattes nach Eg» $äg _ _ $$1 Sgl 111 W 113 « Säi ««111 ISs ül SÉS Mi Lloyd für Oesterreich: M. Dukes Nachf. Provinz sind^viertel^ährlich 1 Pengő M g fl BL W || I gl I | | fl lg M M II If A.-B., Wien. Wol.zei.e 16. Für Wien auch durch Herrn. Goldschmidt. | Zy KB JKESL««» Rzg WsLM fSM ,äHS «HB imv Klnrclnnmmer für Budapest und iüt Für das Ausland mit direkter Kreuzband- KflIH IHHfl HHIEH W HBH die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen Sendung vierteljährlich: Für Oesterreioh IC Heller, an Sonntagen 3a Heller, und Polen ao Pengő, für alle übrigen Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreioh: Staaten 30 Pengő. Abonnements werden ___ Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., au auch bei sämtlichen ausländischen Post- Ta/tf /V XJ Aj TAT "jw -er 1 Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr, »».»XSSS“« JlUliG L A liLA I 1 B .,1..TM Telephon der Redaktion: 848-ao. Telephon der Administration: 849-09 77* Jahrgangs Budapest, Mittwoch, 1* Oktober. 1930, Nr- 223 / Ungarn und der Weltkrieg. Vom Geheimen Rat BÉLA FÖLDES, Minister a. D. Budapest, 30. September. Herr Jovan M. Jovanovics, vor Ausbruch des Weltkrieges serbischer Gesandter in Wien, veröffent­lichte in der Belgrader Politika vom 30. August d. J. unter dem Titel „Verantwortlichkeit für den Welt­krieg“ eine Studie, die uns leider erst jetzt zuging, in der er das Verhalten Ungarns bei Ausbruch des Welt­krieges, sowie das Verhalten des Grafen Stefan Tisza zum Hauptgegenstand seiner Untersuchung macht. Da er sich mit einigen Bemerkungen an mich wendet, um einzelnen meiner Darlegungen entgegenzutreten, und da er auch den Pester Lloyd als hauptsäch­lichen Kriegshetzer hinstellt, glaube ich es nicht un­terlassen zu dürfen, einige Reflexionen an die Aus­einandersetzungen Jovanovics’ zu knüpfen, um so mehr, als es von jeher meine Ansicht war, daß allen unrichtigen, voreingenommenen Darstellungen und Einstellungen, allen falschen Daten, allen Angriffen berichtigend und zurückweisend im Interesse des Wahrheitsprinzips entgegengetreten werden muß. Auf Grund der bekannten amtlichen Daten schildert Jovanovics den Gang der Ereignisse im Laufe des Monats Juni 1914, die Stellungnahme des Ministerpräsidenten Grafen Stefan Tisza gegen den Krieg, gegen die Annexion, gegen die Verkleinerung Serbiens, um dann die angebliche, im Auslande des öftern kritisierte Inkonsequenz Tiszas hervorzuheben, als er den Text des Ultimatums annahm und der Kriegserklärung zustimmte. < bann teilt er den Plan Tiszas zur Aufteilung Serbiens mit. Mit der ausführ­lichen Schilderung dieses Planes und des motivieren­den Gedankenganges Tiszas schließt der erste Teil. Im zweiten Teile folgen einige Bemerkungen, die er an meine Adresse richtet. Gegenüber der Behauptung, daß Ungarn am Ausbruche des Weltkrieges keine Schuld trägt, führt Jovanovics eine angeb­liche Schilderung des Budapester englischen Kon­suls an, wonach dieser nach dem Attentat gegen den Thronfolger und seine Gattin keine Trauer, wohl aber in allen Kreisen blinden Haß gegen Serbien konstatierte, an dem man Rache nehmen wolle. Zweitens behauptet er, in dem Augen­blick, als Tisza seine friedliche Erklärung abgab, hätten alle ungarischen Blätter, und an deren Spitze der Pester Lloyd, in wilder Wut Serbien angegriffen, ohne das Resultat der Untersuchung über das Atten­tat abzuwarten; der Ton der serbischen Blätter da­gegen wäre in den ersten Tagen nach dem Attentat korrekt und anständig gewesen. Es ist aus dem Text nicht ganz klar, ob auch dies auf der Aussage des britischen Konsuls beruht. Der Behauptung gegen­über, daß man mit der Außenpolitik Wiens nicht ein­verstanden war,beruft sich Jovanovics drittens auf die Konstruktion des gemeinsamen Ministeriums, in dem Ungarn immer vertreten war, dann auf die Rechte des ungarischen Ministerpräsidenten hinsichtlich der Führung der Außenpolitik, ferner darauf, daß im Jahre 1914 der Leiter der Balkanpolitik Graf For­gács, also ein Ungar, war, daß die Gesandten in Paris, Rom und Petersburg Ungarn waren. Viertens macht er geltend, daß beim Ausbruch des Krieges Tisza Diktator der Monarchie und der einzige war. der den Krieg hätte verhindern können. „Seine Worte,“ sagt Jovanovics, „standen im Widerspruch zu seinen Taten. In der inneren Politik war er hart und fest wie Eisen, in der Außenpolitik war er wie ein Baumschößling im Winde.“ Da es mir bekannt ist, daß die Ausführungen Jovanovics’ auch von anderer Seite Widerlegung finden werden, beschränke ich mich im folgenden auf jene Teile seiner Darstellung, die mehr oder minder mit meinen diesbezüglichen Ausführungen Zusammenhängen. Jovanovics hebt hervor, daß Tisza Sr. Majestät einen Vorschlag zur Aufteilung Serbiens gemacht habe, und teilt diesen Vorschlag auch im Detail mit. Mit diesem Vorschlag Tiszas jedoch verhält es sich folgendermaßen: Tisza hat nach seinem Empfang beim Deutschen Kaiser über die dort gepflogenen Ge­spräche Sr. Majestät ein ausführliches schriftliches Referat erstattet (4.. Dezember 1915). Tisza kon­statiert darin vor allem, daß in der Auffassung des Deutschen Kaisers wesentliche Änderungen eingetre­ten sind, so auch bezüglich der serbischen Frage. Während der Deutsche Kaiser zu Beginn des Welt­krieges serbenfreundlich war, setzte er nun Tisza in der „gewohnten, beredten Weise“ auseinander, daß nur eine vollständige Auflösung Serbiens und die An­nexion des übrigbleibenden Teiles des Landes eine .befriedigende Lösung der serbischen Probleme bilden könne. Die Idee der Annexion rührt also nicht von Tisza her; im Gegenteil, er verwahrte sich dagegen in dem von Jovanovics reproduzierten Plane, der die Gefahr der großserbischen Idee unterdrücken würde, welche Gefahr nach Tiszas Ansicht die Annexion durchaus nicht beseitigen würde, weshalb ei die An­nexion ablehnte. („Im wohlverstandenen Interesse der staatstreuen Elemente Österreichs wäre eher eine Verminderung seiner südslawischen Untertanen am Platze“.) Wir haben hier nicht den Raum, die aus­führlichen staatsmännischen Darlegungen Tiszas wiederzugeben, schon die hier angeführten Stellen der Denkschrift zeigen jedoch zur Genüge, daß erstens der Plan zur Aufteilung Serbiens nicht von Tisza stammt, zweitens, daß er sich der Annexion Serbiens durch die Monarchie widersetzte und darin die größte Gefahr für die Monarchie wie für das Ungarlum erblickte. Übrigens ist die Ablehnung des Prinzips der Annexion von Tisza seit dem hochwich­tigen gemeinsamen Ministerrate am 19. Juli 1914 so oft verkündet worden, das es überflüssig erscheint, ihn in diesem Punkte zu verteidigen. Auch der jüngst er­schienene Band der Memoiren des Erzherzogs Josef zeigt, wie sich Tisza der in Wien geplanten Annexion Rumäniens wie auch der Personalunion mit Rumänien widersetzte. Auch in dem demnächst er­scheinenden fünften Band der Schriften Tiszas fin­den wir diesbezüglich eine kategorische Äußerung in einem an Thallóczy am 30. März 1916 gerichteten Schreiben: „Meine Besprechung mit Conrad bewegte sich auf prinzipieller Höhe. Ich wünschte, daß jede auf Popularitätshascherei gerichtete Reklame oder Annexionsabsichten verratende zukünftige Pläne und Aktionen vermieden werde.“ Ferner heißt es in einem an den Armeeoberkommandanten Erzherzog Fried­rich gerichteten Schreiben: „Mein zweites Bedenken bezieht sich auf das ganz offen hervortretende Be­streben, den definitiven Herrn im Lande zu spielen und die feste Absicht der Annexion ganz Serbiens offenkundig an den Tag treten, zu lassen.“ Aus einem Briefe an den Außenminister Buriän: „...Soll hin­­' gegen die Einverleibung aller Serben in die Monarchie unter der Lösung der serbischen Frage verstanden sein, so muß ich mit dem größten Nachdruck dagegen, Stellung nehmen.“ Wir gfehen nun auf die Behauptung Jovanovics’ bezüglich der Kriegshetzerei der ungarischen Presse über. Da Jovanovics den Pester Lloyd an die Spitze der die Kriegshetzerei betreibenden Organe stellt, so habe ich mir die Mühe genommen, die Nummern des Pester Lloyd vom 1. bis 31. Juli 1914 durchzusehen. Es genüge, jeweils einige Sätze hervorzuheben. Am 1. Juli, also unmiftefbar unter dem-Eindruck des Mordattentats, schreibt der Pester Lloyd: „Wir hegen gegen Serbien keinen Haß... Der Himmel weiß, wie sehr wir uns bemüht haben, mit. Serbien in Freundschaft zu leben.“ 2. Juli: „Die Rachsucht ist ein Gefühl; nicht Gefühle aber, sondern Intel - essen . haben die Politik zu bestimmen ... Genug­tuung verlangen wir für ein an uns begangenes Ver­brechen ... Der serbischen Regierung gegenüber müssen wir mit dem Ansinnen auf treten, diesen ver­brecherischen Umtrieben ein Ziel zu setzen.“ 4. Juli: Feuilleton. Colonel Merlinville. Von KARL SOMLAY. Mondbeglänzt und sternvoll war diese Maien­nacht. Im großen Saale des Dogenpalastes zu Venedig, wo der Maggior Consiglio den großen Rat hielt, be­fanden sich jetzt nur mehr ihrer drei: der Doge Lodovico Manin, dann der Podestä der Stadt und ein Consigliere. Vor der Kathedrale San Marco hörte man Ge­wehrschüsse und die Hornsignale der Garde. Auf dein Canale Grande glitten in Schwärmen die Gondeln, in denen wutbesessene Matrosen heulten: „Nieder mit dem Dogen! Nieder mit den tyrannischen Nobili! Nieder mit dem Gott von San Marco! Hoch die Demokratie!“ Der Doge trat ans Fenster und betrachtete die [wogenden Pöbelhaufen. „Die Arbeiter der Glashütten von Murano und die Salzsieder. Sie plündern die Paläste. Auch Fischer und Schiffszimmerleute sehe ich unter ihnen. Viel­leicht werden sie von den französischen Besatzungs­­truppen aufgewiegelt,“ murmelte er. „Soldaten?... Aus den Barfüßlern von Paris angeworbene Horden ... Und vor diesen hat Venezia kapituliert... Eine untilgbare Schmach, daß die vor kurzem noch mächtige und stolze Signoria den her­kömmlichen Glanz unserer Republik vergessen hat,“ sprach leise der Podestä. Durch die mit einer roten Seidend^aperie be­deckte. Geheimtür trat ein Diener ein. „Colonel Merlinville wünscht mit Eurer Hoheit zu sprechen. Er sagte, mit dem Exdogen,“ meldete der Wachposten. „Dem Exdogcn?“ zischte die Hoheit verärgert auf. „Aber es ist richtig, was er sagt, denn Lodovico Manin ist nur mehr der Vasall der Franzosen ... Sag’ ihm, Nicola, er möge kommen. Ich erwarte ihn.“ Der Podestä und der Consigliere erhoben sich von ihren Sitzen. Sie verließen den Saal durch die Tür, die zur Goldenen Treppe führt. Im nächsten Augenblick trat Oberst Merlinville, der Befehlshaber der siegreichen Besatzungsarmee vor den entthronten Dogen. Es war ein glattrasierter junger Mann von dreißig Jahren. Auf dem Kopf trug er den Napolconhut, an den Schulterteilen sei­nes grünlichen Waffenrockes goldene Epauletten, an der Seite einen kurzen Degen mit goldenem Griff, die Füße staken in Lackstiefeln. Er sprach höflich, jedoch überlegen. „Auf Befehl des Generals Bonaparte übernehme ich morgen als Kriegsbeute die auf der Stirnseite der Kirche San Marco befindliche Quadriga, sowie dm in der Bibliothek für Paris ausgewählte Handschrif­­tensammlung.“ „0 Gott! Wenn der „Gestiefelte Kater“ es be­fohlen hat, dann sei cs. Ich werde sofort meinen Sekretär schicken, der über die Auslieferung einen Revers ausfertigen soll,“ sprach der Doge und ver­ließ den Saal. Der Colonel blieb einige Minuten lang allein. Er betrachtete aus dem Fenster die auf der Piazzetta hin und her laufende Menge. Er war ein bißchen überrascht, als durch die Flügeltür in einem blauen Seidenmantel eine Frauen­gestalt mit schwarzem Haar einlrat. „II colonnello . ., Ich suche meinen Vater, den Dogen. Er muß hier sein,“ stammelte sie furchtsam. • „Ah, die reizende Tullia! Der Doge, der Exdoge, hat kurz vorher den Saal verlassen. Gut, daß er fort ist, wir können zumindest unser gestern unter­brochenes Gespräch fortsetzen. Wollen Sie Platz nehmen, Mademoiselle,“ tat der Oberst höflich. „Ja, gestern war von den Künsten, den größten Meistern der Welt, von Tizian, Raffael, Michel­angelo, Tintoretto und Paolo Veronese^ die Rede,“ sprach das Mädchen und ließ sich auf einen Samt­stuhl nieder. „Auch wir Franzosen haben unsere großen Ma­ler. Da ist gleich Jacques Louis David, dessen ge­lungenste Schöpfung den General Bonaparte dar­stellt.“ „David, der im Konvent für den Tod des Königs Ludwig und der Königin Marie Antoinette gestimmt hat? ... Abscheulich ... Und von, Napoleon sollen Sie vor mir überhaupt nicht reden, Colonel Merlin­ville. Er stürzt alle Throne Italiens. Er war es, der meinem Vaterland seine tausendjährige Freiheit ge­raubt hat.“' „Venedigs Freiheit? Haben Sie den Rat der Zehn vergessen, dessen maskierte Richter die un­schuldig verdächtigten Opfer in schwarzen Gondeln mit roten Lampen zusammenfingen? Und die Seuf­zerbrücke'? ..; Die Bleikammern?... Sämtliche Säle, Winkel und Nischen dieses Palastes verbreiten den Moderduft von Blut und Leichen. Das Volk war nur der Sklave der Nobili. Napoleons Losung ist che Freiheit, die Gleichheit, die Brüderlichkeit.“ „Verzeihen Sie, Herr Oberst, ich hasse dennoch den Tiger von Korsika, der an Stelle des Herzens ein« Kanonenkugel im Busen trägt. Ich wollte, Italiejj wäre sein Grab.“ „Und Sie haben vor mir, dem Freund und Adjutanten Bonapartes, .den Mut, so zu sprechen 1 Fr war mein Mitschüler in der Kadettenschule und an der Pariser Militärakademie.“ „Denrtöch hasse ich ihn. Sie können es ihm sagen. So wird er es wenigstens wissen, daß es in Venedig ein Mädchen gibt, das diesen Abenteurer verachtet,“ Merlinville lachte laut auf. „Mademoiselle, fürchten Sie nicht, Ihre Meinung laut auszusprechen? Napoleon ist auch nur ein Mensch, ein armseliger Sterblicher, mit mensch­lichen Empfindungen, der sich rächen kann.“. „Ich fürchte ihn ‘nicht. Ich habe stets Gift bei mir. Einige Tropfen sind der sichere Tod. Wenn der

Next