Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1931. február (78. évfolyam, 26-48. szám)

1931-02-01 / 26. szám

Einzelnummer an Wochentagen 16, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement: Für Budapest: mit täglich zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgen­und Abendblatt: Vierteljährlich 18 F, monatlich &4Q P. Für das Morgenblatt allein vierteljährlich 11 P, monatlich 4 P. Auch auf das Abend­blatt allein kann unter den gieiohen Bezugs­bedingungen abonniert werden. Für die sepa­rate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pergő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldschmidt Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich: Für Oesterreich und Palen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Post­ämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestelfi Telephon der Redaktion: 848-20.FESTER LLOYD MORGENBLATT B 1 useratenauf nähme I ln Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Blookner, i. Blau, Boros, Braun,,Globus', Győri & Nagy, Haasen8tein 4 Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornol Leopold, Julius Leopold, Msgy. hirdető-iroda, Rudolf Moose A.-Q., Josef Sohwarz, Julius Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich: M.Dukes Nachf. A.-Ó., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreloh: Morgenblatt an Wochentagen so Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Rsdaktion u. Adm.: VM Itria Valérla-uooa 12. Telephon der Administration: 849-00 78. Jahrgang. Budapest, Sonntag, 1. Februar 1931. Nr. 26 Ungarische Bucher. I. Das Buch der Einkehr. Budapest, 31. Januar. „Ich ringe mich los von meiner absterbenden Generation und verleugne die Götzen meiner Zeit. An Euch wende ich mich, Ihr Jünglinge, Ihr Zwanzigjährige! öffnet meinen Worten Euer Ohr. Ich verlange von Euch bloß, daß Ihr Euch belehren lasset durch das tragische Geschick Eurer Väter. Alles will ich vor Euch aufdecken: unsere Sünden, unsere menschlichen Gebrechen, die furchtbaren Ver­irrungen unserer Vaterlandsliebe und das Wider­wärtige der großen Lügen unserer ganzen Einstellung zur Welt. Ich will, daß das Wort schmerze; Wunden will ich schlagen mir und denen, mit denen ich im Guten wie im Bösen, in Träumen, Sünden und Tod für immer zusammengekettet hin. Ich reiße aus un­seren Knochen das Mark und lasse es vor Euch hin­spritzen auf die Erde: sehet zu, wie es der Ungar macht, wenn er Gericht über sich selbst halten will!... Und erlernet aus alldem, was Ihr nicht nach­­ahrnen dürft.“ Dieser Aufschrei verzweifelter Bitterkeit erhebt sich aus einem merkwürdigen Buche, an dem die ungarische Öffentlichkeit nicht achtlos Vorbeigehen soll. Sein Titel lautet: „Magyar Feltámadás (Ungari­sche Auferstehung), und auf dem Titelblatt ist Ladislaus Domokos als Verfassername angegeben. Wer ist dieser Ladislaus Domokos? Aus seinem Buch erfährt man nur wenig über ihn. Als politischer Schriftsteller scheint er sich auch früher schon ver­sucht zu haben; in einer Fußnote nimmt er Bezug auf eine vor vielen Jahren veröffentlichte Schrift aus seiner Feder. Sein Ursprungsland aber ist Sieben­bürgen. und zwar der Székler Boden. Irgendwo an den Ufern der Maros mag seine Wiege gestanden haben, denn er spricht von dieser Gegend im Tone einer wehmütigen Zärtlichkeit, wie man von einer toten Geliebten spricht... < Das Buch dieses Ladislaus Domokos ist ein Bekenntnisbuch, ein Buch des leidenschaftlichen Appells an den Selbsterhaltungstrieb der ungarischen Nation, vor allen Dingen aber ist es ein Buch der reuigen Einkehr. Es ist, als ob auf diesen Blättern das historische Ungarn sich schuldbewußt in die Brust schlüge, als ob es seine wider sich selbst be­gangenen Sünden beichten wollte, um sich das Herz von der würgenden Last der Selbstanklage zu er­leichtern, um in diesem reuigen Selbstbekenntnis ver­gangene Schuld zu tilgen und sich die Seele zur Suche nach dem Weg der Wahrheit zu läutern und zu stärken. Will Ungarn auferstehen? fragt der Ver­fasser. Und seine Antwort lautet: Wenn es diesen Auferstehungswillen hat, so muß es alte Irrtümer abschwören, sich allen Haß und alle Vorurteile aus der Seele löschen und mutig den Weg der verstehen­den Liebe beschreiten, denn einzig dieser Weg führt aus dem Verderben in die ersehnte Zukunft. Die erste Beichte gilt der Nationalitätenpolitik seit 1867, die bis zum Weltkrieg in Ungarn befolgt worden ist. Diese Nationalitätenpolitik stellt sich in der dokumentierten Darstellung des Buches als der verhängnisvollste Fehler dar, den unsere Nation be­gehen konnte. Schlimm und betrübend ist dabei, daß die auf die Einschmelzung der nationalen Min­derheiten abzielende Nationalitätenpolitik einen Bruch mit den edelsten und weisesten politischen Überlieferungen unseres Volkes bedeutete. Schon 1840 richtete Ludwig Kossuth an die Rumänen die Botschaft: „Neben der Amtssprache des Staates wol­len wir jeder Sprache und jeder Nationalität nicht nur den freien Gebrauch und die freie Entwicklung sichern, sondern diese Entwicklung auch im Inter­esse der Zivilisation fördern. Darum gewährleiste ich dem rumänischen Volke den freien Gebrauch seiner Sprache sowohl in seinen Kirchen und Schu­len, wie auch im Gemeindeleben.“ Am 21. Juli 1849 unterbreitete der damalige Innenminister Bertalan Szemere dem Abgeordnetenhause einen Gesetzent­wurf, der in diesem Geiste gehalten war, und der Geschichtsschreiber Michael Horváth stellt von dieser Vorlage fest, daß „dieses liberale Gesetz die Natio­nalitätenfrage radikal gelöst hat, indem es jeder Na­tionalität die volle Freiheit zur natürlichen Entwick­lung gewährleistete, ohne der politischen Einheit des Landes Eintrag zu tun“. In den gleichen Spuren wandelte das Nationalitätengesetz des Barons Josef Eötvös im Jahre 1867. In der Debatte über dieses Gesetz sagte Franz Deák: „Wenn wir die Nationali­täten gewinnen wollen, so ist der Weg dazu nicht der, daß wir sie um jeden Preis zu magvarisiereri trachten, sondern, daß wir sie die ungarischen Ver­hältnisse liebgewinen lassen. Die Auffassung, daß Prozesse unbedingt in ungarischer Sprache zu führen sind, auch dort, wo die Sprache der Bevölkerung nicht die ungarische ist, halte ich für undurchführ-bar, unrichtig und nicht im Interesse der ungarischen Nation liegend.“ Baron Eötvös selber aber sagte in Begründung seines Gesetzentwurfes: „Die freie Ent­wicklung der Nationalitäten beruht auf der allge­meinen Rechtsgleichheit. Das Land darf nicht zer­stückelt werden, wohl aber ist den Nationalitäten ihre kulturelle Entwicklung auf der ganzen Linie zu gewährleisten. Das tun wir auch, bis zu der Grenze, wo dies der Integrität des Staates Eintrag tun würde.“ Mit Recht darf daher der Verfasser feststellen, daß die ungarische Gesetzgebung schon fünfzig Jahre vor der allgemeinen Anerkennung des Selbst­­bestimrnungsrechtes der Minderheiten die rich­tigste Lösung der Nationalitätenfrage gefunden hat, in einer Zeit, in der die zivilisiertesten Staaten des Westens, die Träger der modernen Demokratie, noch in erbittertem Kampfe gegen ihre eigenen Volks* minderheiten standen. Diese edlen Traditionen gingen jedoch später in die Brüche. Das Losungswort wurde ausgegeben, es bestehe eine Nationalitätengefahr, gegen die anzu­­kämpfen ein Gebot der patriotischen Pflicht sei. Es kam der Gedanke in Schwang, die fremdsprachigen Elemente in das Ungartum einzuschmelzen, ehe es zu spät wird. Und man begann das Assimillerungs­­werk bei der Schule, von der Erwägung ausgehend, daß wenn einmal die Jugend sich die ungarische Sprache aneignen muß, das nachfolgende Geschlecht schon rein ungarisch sein wird, und in Bälde die dreißig Millionen Magyaren beisammen sein werden, über die bei Tabakpfeifenqualm und am Kartentisch so viel geträumt wurde. Das alles stand in grellem Widerspruch zu den Ideen, die unsere Politik früher beherrscht hatten. In der Vergangenheit hatten die kulturellen Bestrebungen der Nationalitäten auf un­garischer Seite die weitherzigste Förderung erfahren. Nach der Bibliographie der rumänischen Akademie der Wissenschaften wurde das erste Buch in rumä­nischer Sprache, der Kleine Katechismus, vom Magi­strat der Stadt Szeben in Druck gelegt. Die bis zum 16. Jahrhundert insgesamt erschienenen 34 rumä­nischen Bücher waren, bis auf fünf, aus ungarischen Buchdruckereien in Siebenbürgen hervorgegangen. Auch in Balázsfalva und sogar in Ofen wurdei rumänische Bücher gedruckt, so an letzterem Ort, in der Universitätsdruckerei, die im Jahre 1805 ver­öffentlichte zwölfbändige Liturgie, die auch heute noch im Königreich Rumänien als die beste und um­nisvoller, apachenhafter. Aus den ärgsten Säufern rekrutieren sich die begeisterten Verehrer Slys. Was ist er denn? Ein Dichter, ein Künstler, — beteuert die Boheme. Ein Bettler, ein Taugenichts, — so wütet die Wirtin. Nun geschieht das Mirakel. Da wird nämlich Miß Dolly, die Freundin des Grafen von Westmor­land, durch irgend einen Spleen in diese Hölle ge­trieben. Die Schönheitskönigin aus dem glänzenden Palace im rauch geschwängerten Lokal, wo der Ge­hilfe des Sheriffs eben Razzia hält. Satt des Goldes und der Edelsteine, möchte sie ausnahmsweise in einer dunkleren und lustvolleren Strömung ver­sinken. Sie ist durch Londons enge Gassen hieher geflogen zu Menschen, die noch lachen können, wie in einen glücklichen Urwald, wie in eine stürmische Liebesnacht. Was ist das Schmachten in der Kehle aller Trunkenbolde im Vergleich zum Durst dieses Weibes! Auch Sly, der Sänger der Taverne, sehnt sich von seinem gottverlassenen Gauklertum und von drohendem Schuldnergefängnis weit weg nach einer süßen Stimme, einem ehrlichen Kuß, nach einem Rausch, der schöner betäubt als Madeira. Er fällt vom Wein schlaftrunken zu Boden. Nun be­ginnt erst recht seine Tragödie: ein grausamer Jux, den sich mit ihm der Graf von Westmorland und dessen Freunde gestatten. Sie lassen ihn nicht träumen von Adlerflug und Sonne, sondern schlep­pen den Bewußtlosen ins hochadelige Schloß. Der ruchlose Plan ist fix und fertig. Sly soll, während des tiefen Schlummers, in kostbare Kleider gehüllt und, wann er erwacht, der Genarrte eines frivolen Spiels werden. Alles klappt. Im Schloß des Grafen reibt sich Sly den Schlaf aus den Augen, seine Starrheit weicht. Im Zimmer gedämpftes Licht, goldgestickte Drape­rien, Parfüme, Lautenklänge, sirenenhafie Mädchen, je ein Mohr, Chinese, Indianer und die ganze exotisch vermummte Sippschaft des Grafen. Dem ge­foppten Sly wird vorgelogen, daß er, der „steinreiche Gebieter von Schloß und Gut“, vor zehn Jahren irr­sinnig geworden sei, verfallen in den Wahn, daß er Unsere neuen Romane Am 4. Februar erscheint in unserem Blatte die letzte Fortsetzung des Romans: Der Weg zurück Von Erich Maria Remarque. Dieses eigenartige Werk, dessen Ausgabe in Buchform bevorsteht, hat in unserem Leserkreis großes Interesse hervorgerufen und wird ebenso wie „Im Westen nichts Neues“ lange Zeit den Gegen­stand der Erörterungen in der Weltliteratur bilden. Wir veröffentlichen nunmehr eine Reihe von sensationellen Romanen und beginnen am 5. Fe­bruar mit der Publikation des Werkes: Dunkle Götter Von Dorothy Mül. Hierauf werden folgen: Das Wolfsrudel von Julius Regis. Die Rache des Hong Chung Lu von Otto Bims. Die Löwen von Ferdinand Ossendowski. Fesseln aus Gold von Edgar Phillips. Die geheimnisvolle Wohnung von Manrice Leblanc. Roger Ackroyd und sein Mörder von Agathe Christie. Im Laufe des Jahres werden wir auch einen neuen ungarischen Roman veröffentlichen. Feuilleton» „Sly.“ Oper in drei Akten, Text von Giovacchino Forzano, Musik von Ennanno Wolf-Ferrari. Erstaufführung im König­lichen Opernhause. Von Dr. GÉZA MOLNÁR. Sly kommt vom Proletariat her, von jener Schicht, die sich vielleicht ausgestoßen fühlt, aber auf der Opernbühne in jüngster Zeit volle Bürger­rechte genießt. Von dort hat sich Karl Sternheim in „Bürger Schippel“, aus dem Dohnányis „Tenor“ ent­standen ist, den entfesselten Genossen geholt, und seitdem man die zweihundertjährige Bettleroper John Gays wieder aufgefrischt hat, werden immer mehr Streifzüge durch dieses Revier unternommen. Der Proletarier ist in Mode. Strawinsky („L'histoire du soldat“), Alban Berg („Wozzeck“) und andere Tondichter interessieren sich für den kleinen Mann, der auf Jahrmärkten, in Kasernen und Fabriken sein Leben fristet, mit der Blässe des Unterernährten und mit der Farbigkeit des dramatischen Helden. Auf die Bühne bringen alle diese Gestalten eine rapp­lige Lebenslust mit. Sie schwelgen in der Not, ver­geuden ihre Armut, stolz auf ihre Lumpen und immer umgeben vom Glorienschein der Enterbten. Auch in Wolf-Ferraris Stück, das heute in un­serem Opernhause zur Erstaufführung kam, nennt John Plake, ein Schmierenkomödiant, seinen Zech­bruder Sly, also den Helden der Tragödie, kurzweg: Genius!... Wie die vorhin erwähnte alte „Beggars Opera“ von Gay, beginnt auch die neue Oper in der toryfeindlichen Vorstadt, in einer Londoner Taverne, Als Zeitpunkt gibt der Autor eine nichts weniger als runde Zahl an, 1603. Dann instruiert er den Spiel­leiter. Ein feuchter und nebliger Herbstabend, Kerzen und Lampions beleuchten die Schenke, es zechen Fuhrleute, Studenten, Soldaten, Matrosen, auch Falschspieler. Nicht das harmlos tänzerische Wirtshausbild vom älteren Pieter Bruegel im Wiener : Kunstliistorischen Museum. Hier ist alles geheim- 1

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