Pester Lloyd - esti kiadás, 1931. február (78. évfolyam, 26-48. szám)

1931-02-03 / 26. szám

Einzelnummer an Wochentagen 16, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement: Für Budapest: mit täglich zweimalige: Zustellung und für das Inland Morgen­­und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Fßr das Morganblatt allein vierteljährlich 11 P, monatlich 4 P. Auoh auf das Abend­blatt allein kann unter den gleichen Bezugs­bedingungen abonniert werden. Für die sepa­rate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Qoldsohmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich: Für Oesterreioh und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden such bei sämtlichen ausländischen Post­ämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt. Tel8Dhen der Redaktion; 848-20.PESTER LLOYD ABENDBLATT 78. Jahrgang. Budapest, Dienstag, 3. Februar 1931. luseratenautnalmie: ln Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Burcaus: Balogh Sándor, J. Blookner, J. Blau, Boros, Braun, ,Globus‘, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Hagy. hirdető-iroda, Rudolf Moose A.-Q., Josef Schwarz, Julius Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich: IW. Dukes Naohf. A.-G., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 33 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreich: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Redaktion u. Adm.: V., Mária Valórla-ucca 13 Telephon der Administration: 849-0 Nr. 26 Auslandschau. — 3. Februar. — Eine abenteuerliche Enthüllung. In einem der angesehensten Organe der reichs­­deutsehen Presse, der Vossischen Zeitung, sind gestern aus Wien stammende Enthüllungen er­schienen, die an den Wiener Besuch des Grafen Stefan Bethlen anknüpfen. Schon diese Tatsache, mehr noch aber der Kommentar, mit dem Herr l)r. Franz Klein diese angeblichen Enthüllungen in der Vossi­schen Zeitung begleitet, sind von einer Art, daß die ungarische Öffentlichkeit sie nicht mit Still­schweigen übergehen kann. Der Titel, unter dem das erwähnte Berliner Blatt den bezüglichen Artikel ver­öffentlicht, lautet: „Vereitelter Dolchstoß gegen Deutschland“. Auf die Frage aber, was es für Be­wandtnis mit diesem vereitelten Dolchstoß gegen Deutschland habe, gibt der Artikel die folgende Antwort: Auf die Donaupolitik der europäischen Mächte und auf die Schlüsselstellung, die darin dem Deutschen Reich zukommt, wirft eine Wiener Enthüllung ein grelles Schlaglicht. Sie zeigt, daß man die österreichische Frage am besten auf die Formel bringen kann: Anschluß an Deutschland oder an Ungarn? Wie erinnerlich, wurde im September 1930 Dr. Schober von Seipel vor allem darum gestürzt, weil er in Genf gelegentlich der Paueuropa­­debatte mit fast allen Mächten aussichtsreiche Verhand­lungen über eine neue regionale Handelspolitik angebahnt hatte, die Deutschösterreich in eine Front mit Deutsch­land führen sollte. Grundgedanke: einerseits das Reich, Österreich und die Tschecho-Slowakei als induslriereiche Getreidezuschiußländei, andererseits Ungarn, Südslawien und Rumänien als industriearme Getreideüberschuß­­länder. Politisch bedeutete dieser Plan das Ende aller Deutschland ausschließenden Donauföderationspläne, die Offenhaltung des Anschlußweges und vor allem die end­gültige Abweisung aller Restaurationswünsche, in deren Mittelpunkt der Zusammenschluß Österreichs mit Ungarn als Kern eines katholischen Staatenblocks steht. Es ist selbstverständlich, daß das klerikal-faszistische Regime mit Seipel als Außenminister den Plan Schobers nicht weiter verfolgte. Dennoch ist es eine Überraschung, aus einer Enthüllung des Österreichischen Volkswirt nun zu erfahren, daß Schober nach seinem Wahlerfolg, als er ins Außenamt zurückkehrte, den Entwarf eines österreichisch­­ungarischen militärischen Defensivbündnisses vorfand, das gelegentlich des Bethlen-Besuches in Wien abgeschlossen werden sollte. Aus Wien hat in der vorigen Woche Graf Bethlen an den in Meran zur Kur weilenden Seipel eine den Zeitungen übergebene Drahtung gesandt, worin seine begreifliche Trauer über den Wechsel auf dem Ballhau.'plalz Ausdruck fand. Den schönen Plan, das ungarisch-italienische Militär­bündnis durch ein österreichisch-ungarisches zu ergänzen, hat der Wahlsieg der österreichischen Republikaner im letzten Augenblick vernichtet. Deutschland ist, ohne es zu ahnen, an einer gefähr­lichen Klippe seiner Südost- und Gesamtpolilik vorbei­gekommen. Wie man sieht, handelt es sich hier um einen regelrechten Denunziationsversuch, der nur von einer Seite inspiriert sein kann, die ein starkes Inter­esse daran hat, die von Ungarn angestrebte Politik des freundschaftlichen Zusammengehens mit Deutsch­land und Österreich zu verdächtigen und den Er­folg dieser Politik durch künstlich gezüchtete Miß­verständnisse in Frage zu stellen. Man kennt — und zwar nicht in Ungarn allein — die propagandisti­sche Werkstatt, aus der diese Manöver gegen Un­garn hervorzugehen pflegen, und auch die Geschick­lichkeit, womit man derartige tendenziöse Aus­streuungen in der ausländischen Presse unterzubrin­gen versteht. Einmal ist es ein französisches, ein andermal ein englisches Blatt, oft genug sind es auch Presseorgane der neutralen Länder, die zu solchem Zwecke mißbraucht werden. Diesmal erscheint der europäische Galeotto in reichsdeutscher Verkleidung, wobei wir allerdings den guten Glauben der Vossi­schen Zeitung und des Herrn Franz Klein keines­falls in Zweifel ziehen möchten. Sie sind eben der taktischen Schlauheit jener Stelle, an der diese Ma­növer ausgeheckt werden, bedauerlicherweise auf den Leim gegangen, indem sie die angeblichen Ent­hüllungen der in WTien erscheinenden Zeitschrift österreichischer Volkswirt als bare Münze hin­­nahmen, ohne zu bedenken, daß die nichtösterreichi­schen Kreise, denen an der Anschwärzung aller unga­rischen Pläne gelegen ist, es verstanden haben, sich im Bereiche der Wiener Publizistik eine geeignete Operationsbasis zu schaffen. Der Kernpunkt der angeblichen Enthüllung findet sich in dem Satze, Dr. Schober hätte nach seinem Wahlerfolg, als er ins Außenamt zurück­kehrte, „den Entwurf eines österreichisch-ungarischen militärischen Defensivbündnisses vorgefunden, das anläßlich des Bethlen-Besuches in Wien abge­schlossen werden sollte“. Nach dem ganzen Inhalt der „Enthüllung“ wäre der Plan dieses angeblichen militärischen Defensivbündnisses aus der Zeit „des klerikal-faszistischen Regimes mit Seipel als Außen­minister“ im österreichischen Außenamt zurückge­blieben. In erster Reihe wäre es also an den zustän­digen österreichischen Faktoren, dem gegenwärtigen Außenminister Schober und seinem Amtsvorgänger Seipel, sich über die Sache zu äußern. Was jedoch die ungarischen verantwortlichen Faktoren betrifft, so können wir mit aller Bestimmtheit versichern, daß sie von einem derartigen Plan absolut keine Kenntnis gehübt haben', und da es aber füglich als ausgeschlossen gelten darf daß in einer für die hei­len interessierten Staaten so hochwichtigen Sache die österreichischen Vorbereitungen ohne Heranzie­hung der ungarischen Regierung so weit hätten ge­deihen können, daß in Wien schon ein fertiger Ver­tragsentwurf Vorgelegen hätte, so liegt es auf der Hand, daß man die Äußerungen Schobers und Sei­pels gar nicht abzuwarten braucht, um die angeb­liche Enthüllung als eine dreiste Mystifikation zu er­kennen. Fürs Zweite aber ist festzustellen, daß in der Depesche des Grafen Bethlen an den in Meran zur Kur weilenden Seipel „von einer Trauer über den Wechsel auf dem Ballhansplatz“ keine Rede war. In seinem Telegramm hat Graf Bethlen lediglich sein Bedauern darüber ausgedrückt, daß er mit dein krankheitshalber fern von Wien weilenden Dr. Seipel während seines Aufenthaltes in der österreichischen Hauptstadt nicht Zusammentreffen konnte. Von einer Trauer oh des Wechsels auf dem Ballhausplatz findet sich also in der Depesche des Grafen Bethlen keine Spur, schon weil man erstens dem ungarischen Ministerpräsidenten unmöglich die Geschmacksver­irrung und sogar den Taktfehler zumuten kann, sich über die Zusammensetzung einer Regierung,' deren Gastfreundschaft er genoß, ein Urteil anzumaßen; zweitens aber auch deshalb, weil Graf Stefan Bethlen mit Dr. Schober nicht minder herzliche persönliche Beziehungen, als mit dessen unmittelbarem Amtsvor­gänger unterhält. Nach dem Kommentar dt-s Herrn Dr. Franz Klein hätte der „Dolchstoß gegen Deutschland“ darin be­standen, daß „das ungarisch-italienische Militärbünd­nis durch ein österreichisch-ungarisches“ — mit Aus­schluß Deutschlands — ergänzt werden sollte, und darauf eben stützt sich der abschließende Satz des Kommentars, wonach Deutschland „ohne es zu ahnen, an einer gefährlichen Klippe seiner südost­­>nd Gesamtpolitik vorbeigekommen wäre.“ Dieser Unterstellung gegenüber genügt es wohl, auf das Expose des Grafen Stefan Bethlen in der jüngsten Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Abgeord­netenhauses hinzuweisen, worin mit einer jeden Zweifel ausschließenden Klarheit und Festigkeit be­tont war, daß „das Zusammenwirken zwischen Öster­reich und Ungarn auch durch den Umstand erleich­tert sei, daß die italienische und die deutsche Freund­schaft den Grundpfeiler sowohl der österreichischen wie der ungarischen Politik bildet.“ Auch in der Redaktion der Vossischen Zeitung sollte man wissen, daß es nicht ungarische Art ist, mit meuchlerischen Dolchstößen zu arbeiten, namentlich nicht Mächten gegenüber, deren Freundschaft von dem leitenden Staatsmanne des Landes — wir dürfen hinzufügen: mit einmütiger Zustimmung der ganzen öffentlichen Meinung — als ein Grundpfeiler der ungarischen Politik bezeichnet wird. Daß Ungarn seinen Freun­den immer die Treue hält, und daß es Nationen gegenüber, die ihm ihre freundschaftliche Zunei­gung zuteil werden lassen, keiner Perfidie fähig ist, muß man in Deutschland überall wissen. Auch in der Redaktion der Vossischen Zeitung sollte man es wohl wissen. Politische Alchimie. In München wird seit Wochen ein Monsterpro­zeß verhandelt, deren Beschuldigte, an ihrer Spitze ein Abenteurer namens Tausend, sich in großem Stil mit der Umwandlung von Blei in Gold befaßt haben. Obschon das Zeitalter der alchimistischen Phantastereien, die seinerzeit auch auf das Leben an den Höfen und in den Staatskanzleien stark abgefärbt hatten, dank den neueren naturwissenschaftlichen Einsichten, längst überwunden ist, so haben aben­teuerliche Versuche zur Gewinnung von Edelmetal­len aus allerhand chemischen Verbindungen niemals gänzlich ausgesetzt. Die jüngste Entwicklung der chemischen Wissenschaft, bei der die Umwandei barkeit der Elemente zumindest doch theoretisch und in vermittelter Form, in Hinblick auf ihre ge­meinsame Abhängigkeit von einem Urelement, zu­gebilligt wird, rückt das Problem des Goldmachen s wieder in greifbare Nähe. Tausend und seine Helfer haben sich jedoch nicht zwischen den Rahmen eines bescheidenen Experimentiercns verhalten. Sie traten vielmehr mit angeblichen fertigen Resultaten auf, wandten sich an das Reichspatentamt und an die Münzämter des Reiches und Bayerns, so daß der berechtigte Verdacht vorliegen mußte, daß hier aus gewinnsüchtigen Motiven falsche Tatsachen vorge­täuscht werden. Im Verlaufe eines ziemlich schwer­fälligen Beweisverfahrens sprachen sich denn auch die Sachverständigen fast einstimmig gegen die Gut­gläubigkeit der Tausendschen Manipulationen aus. Indes steht fest, daß in den von der Betriebsgenos­senschaft Tausend hergestellten Bleimischungcn Gold in kleineren oder größeren Quanten vorgefun­den worden ist, und es gelang bisher noch nicht, die Tatsache einwandfrei aufzuklären, auf welche Weise das Gold in die Mischung hineingeschmuggelt wor­den ist. Dies wäre bloß der kriminalistische Teil der Affäre Tausend. Sie hat jedoch auch eine politische Seite, die der Pikanterie keineswegs entbehrt. Tau­send hat nämlich mit General Ludendorff und ver­schiedenen führenden Nationalsozialisten rege Ver­bindungen unterhalten. Hier will nun allerdings zur Stexier der Gerechtigkeit gleich vorweg genom­men werden, daß diese Herren von der rechts­­extremen Flanke sich im besten Glauben an das Unternehmen des Pseudoalchimisten Tausend an­geschlossen haben. Sie sind — wie der landläufige Ausdruck heißt — ganz einfach hereingefallen. Sie haben sich in ihrem politischen Blindeifer, der von einem auf mysteriösem Wege erzeugten: Godvorrat den besten Gebrauch zu machen wähnte, in naivster Weise übertölpeln lassen, waren ständige Gäste im Münchner Laboratorium dieser seltsamen Konsor­ten, zeigten für diesen chemischen Okkultismus ein reges wissenschaftliches Interesse, ohne vorerst des näheren verraten zu haben, nach welcher Richtung sie die Ergebnisse dieser Experimente zu fruktifizie­­ren gedenken. Daß es sich jedoch nicht allein um eine selbstlose Begeisterung wissenschaftlicher Art gehandelt habe, geht schon aus der Tatsache hervor, daß Ludendorff und auch andere Mitglieder der nationalsozialistischen Partei Herrn Tausend nam­hafte Geldbeträge zur Verfügung gestellt haben. Die betreffenden Politiker sind auch heute noch nicht darüber im klaren, Abenteuern auf den Leim ge­gangen zu sein. Vor Gericht verhört, stellten sie Tausend den besten Leumund aus und schienen seine Sache geradezu als die ihrige anzusehen. Vom politischen Gesichtswinkel aus betrachtet, ist der Prozeß Tausend eigentlich nicht die erste Ent­ladung einer extrempolitischen Psychose, die bei der Verfolgung ihrer utopistischen Ziele stets nach illu­sorischen und bisweilen unbewußt auch nach krimi­nellen Mitteln langt. Bei uns in Ungarn hat eine solche abnormale politische Seelenverfassung ihren letzten Trumpf vor fünf Jahren in der Francs­fälschungsaffäre ausgespielt. Deutschland produ­zierte ähnliche Symptome erst eine geraume Zeit später aus Anlaß des Tscherwonetzfälschungs­­prozesses, und nun weist die Verhandlung gegen Tausend und Genossen wieder auf ähnliche Spuren. Immerhin ist es diesmal nur hei einem schwachen Anlauf geblieben. Hoffentlich ist es das letzte Auf­­flackem eines weltfremden politischen Illusionismus, von dessen zündender Wirkung auf die großen Volksmassen die \yelt zuletzt durch das Ergebnis der deutschen Septemberwahlen Kenntnis nahm. Der indische Nationalkongreß und die Verfassungskonferenz. Die Führer des indischen Nationalkongresses hielten jüngst in Allahabad eine Beratung ab, in der se folgendes beschlossen: Die bürgerliche Wider­standsbewegung muß mit ungelähmtem Schwung solange fortgesetzt werden, bis der Kongreß ihre Ein­stellung beschließt. Der Boykott fremder Textilpro­dukte ist keine Folge der bürgerlichen Widerstands­bewegung, sondern bedeutet die Ausübung der ele­mentarsten nationalen Rechte und ist solange fort­zusetzen, als Indien durch ein Einfuhrverbot oder auf irgendeinem anderen Wege von der fremden Textileinfuhr befreit wird. Nach einem Reuter-Tele­gramm aus Allahabad besteht Hoffnung darauf, daß nach Zurückziehung der Retorsionsverordnungen der Kongreß geneigt sein werde, die Friedensverhand­­lungen zu beginnen.

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