Pester Lloyd - esti kiadás, 1931. május (78. évfolyam, 98-120. szám)

1931-05-02 / 98. szám

PESTER LLOYD O g • ten und die baldigste Revision des Gesetzes über die Valorisierung der Pensionen der Privatangestéllten. Abgeordneter Dr. HEGYMEG1 KISS (Hb. Opp.) .er­suchte den Volkswohlfahrtminister, die Tätigkeit der humanitären Vereinigungen bei aller Achtung ihrer Auto­nomie genauestens zu kontrollieren, damit die wohltäti­gen Spenden des Publikums auch wirklich ihrem Zwecke zügeführt werden. Abgeordneter Dr. ÉRI (Einheit) lenkte die Aufmerk­samkeit des Ministers darauf, daß das Koniitat Tolna nicht in der Lage ist, das vom verewigten Volkswohlfahrt­­ininister Dr. Vass erbaute großartige Krankenhaus in Szekszard aus eigenen Mitteln zu erhalten, und ersuchte Dr. Ernszt, das Krankenhaus entsprechend zu alimen­­tieren. Er benützte diese Gelegenheit auch, um dem Mini­ster die Regelung des Armenwesens und die Unterstützung der Rettungsgescllschaft der Städte und Komitate ans Herz zu legen. Die ‘Bekämpfung der Epidemien und namentlich der venerischen Krankheiten besprechend, wünschte er die Einführung der obligatorischen ärzt­lichen Untersuchung der Brautleute vor der Ehe­schließung. Abgeordneter LÁZÁR (parteilos-opp:) trat auch bei dieser Gelegenheit für die freie Ärztewahl im Tätigkeits­­bereiche der Sozialversicherungsanstalt und namentlich für die Befolgung des deutschen Systems ein, bei dem die Versicherten die Taxe, die an die Anstaltsärzte zu entrichten ist, in bar erhalten, Abgeordneter Dr. TÓTH (Einheit) besprach die Mängel des Gesundheitswesens in den Gehöften und ver­langte die, Ausdehnung der Sozialversicherung auf die landwirtschaftlichen Arbeiter, sowie die Ermäßigung der Krankenpflegekosten in den Provinzspitälern, letzteres mit Berufung darauf, daß diese Kosten in vielen Fällen fast das ganze Vermögen der Kleinbauern verschlingen. Abgeordneter KRISZTIÁN (Einheit)' beschwerte sich darüber, daß das Wohnungswesen der landwirtschaft­lichen Arbeiter total vernachlässigt sei und daß sich hauptsächlich aus diesem Grunde die Volkskrankheiten, besonders das Trachom, rapid ausbreiten. .Abgeordneter Dr. JÚKAI-IHÁSZ (Einheit) gab sei­nem Bedauern darüber Ausdruck, daß für die charitative Kriegsanleihevalorisierung im kommenden Budgetjahr kleinere Beträge zur Verfügung stehen werden als im laufenden Jahre, und ersuchte dann, nachdem er auch das Trlnbwasserpröblem in den Ortschaften des Bakonyerwaldes erörtert hatte, den Volkswohlfahrt­­minister, sich der Kriegswitwen und -waisen, besonders aber dér Eltern der im Kriege gefallenen Soldaten wärm­­stens anzunelmien. Wie andere Redner, äußerte auch er sich abfällig über die hohen Verzugszinsen, die von der Sozialversicherungsanstalt nach den rückständigen Ge­bühren eingehoben werden, wobei er geltend machte, daß sowohl diese, wie auch die hohen Portogebühren der Korrespondenzen der Anstalt die Handwerker auf dem flachen Lande in sehr empfindlicher Weise belasten. Abgeordneter TOBLER (Christlichsoz.) setzte sich mit der Behauptung der Sozialdemokraten auseinander, als hätte die Sozialpolitik in Ungarn in den letzten zehn Jahren keine Fortschritte gemacht, und verdolmetschte den Wunsch der Christlichsozialen an die Regierung, die Vorlage zum Gewerkschaftsgesetz und auch einen Gesetz­entwurf über die Regelung der. Kollektivverträge mög­lichst bald dem Päriafnent zu unterbreiten, Abgeordneter Dr. FABIAN (Dem,) gab seinem Be­fremden darüber Ausdruck, daß der Volkswohlfahrt­­miinister das Haus über die Ergebnisse der Untersuchung im Volkswohlfahrtministerium noch immer nicht infor­miert hat, und machte den Minister dabei auch darauf auf­merksam, daß man Zeugen, die von schweren Mißbräu­chen Kenntnis halben, so auch davon, daß an die Ange­hörigen von Kriegsinvaliden unter dem Titel von Unter­stützungen in den Jahren 1929 und 1930 171.600 Pengő angewiesen, aber nicht ausgezahlt worden sind, im Verlaufe der Untersuchung nicht verhört habe. .Abgeordneter Dr. USETTY (Einheit) urgieirte gleich­falls den .Abschluß dieser Untersuchung und des damit verbundenen Disziplinarverfahrens. Im übrigen trat aufch er für die baldigste parlamentarische Erledigung des Inva­lidengesetzes ein und legte schließlich auch dagegen Pro­test ein, daß das Budapester KriegsinvaLidenheim, eine ehe­malige Festungsartilleriekaserne, die mit großen Kosten zu einem I nvalidenheim umgebaiut worden iist, dem jHonvédarar zurückgegeben werde, solange der Staat nicht in der Lage sei, ein neues Invalidenheim zu errichten, Abgeordneter Dr. NAGY (parteilos-opp.) legte den himmelschreienden Unterschied in der Dotierung der Kriegsinvaliden, -witwen und, -wai.scn zwischen Ungarn und Östererich dar, wo sie um ein Vielfaches mehr er­halten; und bezeichnete es als ein Gebot der Ehre und der Moral, sich dieser Opfer des Krieges in erhöhtem Maße nnzu nehmen, Abgeordneter KUNA (Einheit) ersuchte den Minister, den Armen die Krankenpfiegekosten nachzusehen oder doöh zumindest zu ermäßigen. Abgeordneter Dr. BARTHOS (Einheit) ersuchte den Minister, für die innere Einrichtung des Mátészalkáét Krankenhaus zu sorgen, da den vereinigten Runipf­­komitaten Szatmär-Ugocsa-Bereg die hiezu erforderlichen Mittel fehlen. Nach dieser Rede wurde die Debatte über den ersten Abschnitt geschlossen und Volkswohlfahrtminister Dr. ERNSZT ergriff das Wort. Er widmete den wichtigeren Momenten der Aussprache größte Aufmerksamkeit und ließ fast keine Rede unbeantwortet. Er sagte u. a., daß er den Vorschlag des Abgeordneten Dr. Brödg auf Errichtung der Einigungskommission für die Ladenmieten akzeptiere und das Nötige veranlassen werde. Luxuriöse öffentliche Arbeiten werde er nicht ausführen lassen, sich aber dafür mit größtem Eifer dem Armenwesen widmen. Die. huma­nitären Vereinigungen werde er genauestens kontrollieren lassen. Das System der freien Ärztewahl solle den Gegen­stand der Erwägung bilden. Zur Ermäßigung der Kranken­­pßegekosten werde sich anläßlich der parlamentarischen Erledigung des neuen Krankenhausgesetzes Gelegenheit bieten. Die Verbreitung des Trachoms und anderer epide­mischer Krankheiten werde schärfsten« bekämpft. Eine Regelung der Kollektivveriräge sei kaum denkbar; gute Ergebnisse wären da nur um den Preis schwerer Kämpfe zu erzielen. Von den neuen Daten des Abgeordneten Dr. Fábián halbe er bisher keine Kenntnis gehabt; selbst­verständlich werde er, sobald das Ergebnis des Disziplinar­verfahrens an ihn gelange, das Nötige veranlassen. Die Beamten, die von der Untersuchung betroffen seien, habe er schon seinerzeit vom Dienste enthoben. Das Invaliden­gesetz dürfte demnächst zur Verhandlung gelangen und Selbstverständlich solle im Interesse der Kriegsinvaliden, -witwen und -waisen alles geschehen, was möglich sei. Daß Ln Österreich die Kriegsgeschädigten größere Bezüge erhalten, sei verständlich, da ja der Endbetrag des öster­reichischen Budgets zweimal so groß sei als des ungari­schen. Der Abschnitt wurde nach dieser Rede des Ministers genehmigt. In der Debatte über die weiteren Abschnitte sprach zunächst Abgeordneter Tibor FARKAS (parteilos-opp.), der bemängelte, daß zur Bekämpfung der Infektions­krankheiten nur geringe Beträge zur Verfügung stehen. Abgeordneter Dr. SZILÁGYI ersuchte den Minister, die Schuld des VolkswohliahrtminJsteriums an das Graf Stefan-Tisza-Spilal des Komitats Bihar in der Höhe von 35.000 Pengő, die noch aus dem Jahre 1929 stamme, endlich zu begleichen und die Subvention der Provinzspitä­ler, wenn es diesen hin. und wieder gelinge, Ersparnisse zu erzielen, nicht zu kürzen, wie dies gegenwärtig üblich sei. Abgeordneter Dr. LUKÁCS (Einheit) sprach über die Populationsbewegung in Ungarn und schilderte den un­günstigen Einfluß der Kindersterblichkeit und der V olks­krankheiten auf das ungarische Volk. Mittlerweile'war es zwei Uhr geworden und so Heß dér Vorsitzende die Mittagspause eintreten. In der Vormittagssitzung würden übrigens dem Hause auch zwei Aussohußberichte unterbreitet; der eine betraf den. Gesetzentwurf über, die Szeged-Csanáder Eisenbahn-A.-G., die bekanntlich errichtet worden ist, um die in Ungarn verbliebenen Linien der Arad-Csanäder Vereinigten Eisenbahn-A.-G. in Betrieb zu erhalten (Be­richterstatter Abgeordneter Temple), der andere bezog sich auf den Gesetzentwurf über die Regelung einzelner, mit der Zuckerrübenproduktion und Zuckerfabrikation zusammenhängender Fragen (Berichterstatter Abgeord­neter Dr. Marschall). In der Nachmittagsitzung setzte das Haus die Spe­zialdebatte über den Etat des Volkswohlfahrtministeriums •fort. Es sprachen die Abgeordneten KRISZTIÁN, KÓCSÁN (Christlichsoz.),' Stefan SZABÓ (Einheit), MÖSER (Einheit), KISKOS (Christlichsoz.), Dr. Andreas SIMON (Einheit), REISCHL (Agrarpartei), Dr. SZABÓKY (Einheit), Dr. LUKÁCS, Géza F. SZABÓ (Einheit) und Dr. HOMONNAY (Christlichsoz.), die u. a. die dringliche Sanierung der Landcs-Soiialoersicherungsanstalt, die defi­nitive Regelung des Invalidenproblems, die wirksamere Bekämpfung der Tuberkulose und der venerischen Krankheiten, die Lösung des Valorisierungsproblems, d e Errichtung von Spitälern auf dem flachen Lande, die Er­höhung der Gebühren der Kriegsinvaliden, die Versor­gung der Dorfbevölkerung mit gesundem Trinkwässer, die intensivere Ausnützung der Heilquellen, die Ausdeh­nung der Alfers- und Invaliditätsversicherung auf das landwirtschaftliche Gesinde und die Lösung aller das soziale Leben betreffenden Probleme forderten, die der Volkswohlfahrtminister schön wiederholt in Aussicht ge­stellt hat. Volk s wo h If ah r Im ipisrte r Dr. ERNSZT ergriff beinahe zu allen Titeln seines Etats "das1 Wort, um die Ausfüh­rungen der Redner zu beantworten. So bemerkte er u. a., daß das V7olksw oblfahrtministerium der Bekämpfung der Tuberkulose und der venerischen Krankheiten erhöhte Aufmerksamkeit zuwende und daß die darauf bezüg­lichen Posten des Etats genügend dotiert seien. Mit dem Finanzminister habe er wegen Flüssigmachung der Be­träge, die das Ministerium den Spitälern schulde, wieder­holt konferiert und diese Beträge sollen so bald wie mög­lich flüssiggemacht werden. Bei der Überprüfung der Kriegsinvaliden werde jetzt liberaler vorgegangen und die Wünsche der Invaliden werden nach Möglichkeit •berücksichtigt. Bei der Bekämpfung der Tuberkulose müssen dem Staat auch die Städte beistehen, denn der Staat könne diese Aufgabe aus finanziellen Gründen allein nicht bewältigen. Bedauerlicherweise wollen sich aber .manche Städte dieser Verpflichtung entziehen. Mit dem Problem der Dezentralisierung der in den Wirkungskreis der Landcs-Sozialversicherungsanstalt gehörenden Ver­siehe rungs fnrgen befasse sich Redner schon seit längerer Zeit. Diese Reform halbe sich besonders in Österreich und Deutschland gut bewährt, .und wenn es möglich sein werde, solle sie auch in Ungarn dürchgeführt werden. Die in den Diensten der Anstalt und der Spitäler stehen­den Arzte erfüllen alle in gewissenhafter Weise ihre Pflicht, und Redner glaube, daß Abgeordneter Krisztián im Unrecht sei, wenn er die Ärzte angreife. Was den Ärztemangel auf dem flachen Lande betreffe, so bestehe dieser tatsächlich bis zu einem gewissen Grade; in den verflossenen Monaten sei der Versuch gemacht worden, die Lage der Gemeindeärzte irgendwie zu verbessern. In1. Theißwinkel und in anderen in diesem Landstrich gele­genen Gegenden sei das Trinkwässer tatsächlich unge­nießbar. Auch in diesem Belange werde Wandel ge­schafft werden. Was die Wünsche der Kriegsgeschädigten smbelange, so dürfen diese nicht alles vorn Staate erwar­ten, von dem man ohnehin viel zu viel verlange. Am Schlüsse seiner Ausführungen berührte der Minister noch eine Reihe von Detailfragen, über die er sich ebenfalls ausführlich äußerte. Um die fünfte Nachmittagsstunde war der Etat auch in zweiter Lesung verabschiedet und es folgte jetzt die Generaldebatte über den Honvédetat. Das Referat erstattete Abgeordneter Dr. HEGEDÜS (Einheit), der etwa folgendes ausfuhrte: In der gegen­wärtigen schwierigen Lage des Lahdes ist Sparsamkeit die erste Pflicht eines jeden Patrioten. Das Sparsamkeits­prinzip kommt denn auch im Honvédetat auf der gan­zen Linie zur Geltung, aber die Sparsamkeit kann kein Programm sein, besonders kein konstruktives. Wenn durch diese stark betonte Sparsamkeit blühende Institu­tionen zugrunde gerichtet werden, wenn Körperschaften zusammenbrechen, weil die. Mittel fehlen, sie zu erhalten, so ist das eine destruktive Sparsamkeit, deren Odium wir nicht auf uns nehmen und für deren traurige Folgen wir die Verantwortung nicht tragen können. Glücklicherweise ist der Herr Honvédminister in der Befolgung des Spar­samkeitsprinzips bis an die Grenze gegangen, die nicht nur den weiteren Bestand, sondern auch das Gedeihen dieser Institutionen sichert. Der Trianon vertrag stellt das Kontingent der kleinen Honvedarmee genau fest und eine Änderung kann húr durch die Revision des militärischen Teiles des Friedensvertrages erfolgen. Gegenwärtig sind wir, was unsere nationale Verteidigung anbelangt, unse­ren Feinden ausgeliefert, im Falle eines Angriffs stehen uns keine ausgebildeten Reserven zur Verfügung und im Kriegsfälle kann Ungarn nicht einmal seine Neutralität verteidigen. Das ist eine unhaltbare Lage, denn der aus 35.000 Mann bestehenden Honvédarmce steht das Millio­nenheer der Kleinen Entente gegenüber, das mit den modernsten technischen Kriegsgeräten ausgerüstet ist. Dia Rüstungen aber wollen kein Ende nehmen und das Miß­verhältnis, das zum Beispiel zwischen der deutschen Armee und der französischen und belgischen herrscht, wird immer krasser. Wie soll Ungarn angesichts dieser Mentalität Vertrauen zur Abrüstungskonferenz haben, wenn der Präsident der französischen Republik in seiner in Nizza gehaltenen Rede ganz offen erklärt, daß Frank­reich für den Schutz seiner Grenzen sorgen muß, weil es in erster Reihe auf sich selbst angewiesen ist? Die unga­rische Regierung kann in ihrem Streben nach einer Revi­sion des Trianonvertrages nur dann Erfolge aufweisen, wenn die ganze Nation geschlossen hinter ihr steht. (Leb­hafte Zustimmung.) Wir bedürfen einer Armee der Kul­tur, einer geistigen Reserve, die im entscheidenden Augen­blick ihre ganze Kraft der Nation widmet. Wir müssen diese geistige Reserve mit ihrer ganzen Kraft in den Dienst der Vaterlandsliebe stellen, wir müssen patrio­tischer sein, als irgendeine andere Nation, schon deshalb, weil Ungarn durch den Weltkrieg am meisten verloren hat. IV ir bedürfen heute des aktiven Patriotismus, wir müssen in brüderlicher Liebe die in den besetzten Gebie­ten lebenden und leidenden treuen Ungarn in unser Herz schließen und die seelische Integrität der großen ungari­schen Nation schützen und verteidigen. Wenn wir die Seele der Nation töten, gehen wir ganz zugrunde. Aber wir lassen diese Nation nicht zugrunde gehen. Sie lebt seit tausend Jahren, sie wird sich wieder auf richten und ihrem zweiten Jahrtausend entgegengehen. (Stürmische Zustimmung im ganzen Hause.) Die Debatte eröffnele Abgeordneter Baron LÄNG (Einheit). Er legte in schwungvollen Worten Verwahrung gegen das Söldnersgstem ein, das, wie er sagte, den jahr­hundertealten Traditionen und den Empfindungen des un­garischen Volkes widerspreche, das aber auch nicht in Einklang gebracht werden könne mit der finanziellen Lage Ungarns. Einzelne europäische Staaten, fuhr der Redner fort, haben mit Sowjetrußland aus politischen oder wirt­schaftlichen Gründen eine Verbindung hergestel'lt, aus der sie vorübergehend vielleicht Nutzen ziehen, die aber •keineswegs den Gesamtinteressen der Menschheit dienen kann. Durch die auf ganz Europa lastende Wirtschafts­krise ist dev Gedanke eines Paheuropa aufgetaucht, der angesichts der russischen Dumpingpolitik wesentlich an Bedeutung gewonnen hat, und Loucheur hat wahrhaftig recht, wenn er dafür eintritt, daß die ganze wirtschaftliche Organisation Europas angesichts des russischen Fünfjabr­­planes einer gründlichen Revision unterzogen werde. Sowjetrußlud rüstet, Europa aber muß nicht nur auf wirt­schaftlichem, sonndern auch auf militärischem Gebiet Rußland gegenüber auf alle Eventualitäten gefaßt sein. Die Honvéd bedarf einer Änderung ihrer gegenwärtigen Einrichtungen, worunter eine moderne Organisation und ein demokratisches Ergänzungswesen zu verstehen ist. Wir wollten nicht mit dem Säbel rasseln, wir haben keine ge­heimen militärische® Ambitionen, aber wir wollen, wenn die Notwendigkeit eintritt, imstande sein, an der Rettung der westlichen Kultur teilzunehmen. (Leibhafte Zustim­mung.) Nach dieser Rede wurde die Debatte abgebrochen und die Sitzung nach Annahme des Tagesordnungsantrages des Präsidenten — die nächste Sitzung findet Dienstag, 5. d. M., 10 Uhr vormittags statt — und nach Beglaubigung des •Protokolls um 6 Uhr abends geschlossen. Samstag, 2. Mai 1931 Snowden spricht und Churchill schweigt, Eindrücke vom „Budget Day“ im englischen Parlament. Von GEORG POPOFF. London, 30. April. „Budget Day“ bedeutet für die Engländer vieL Erstens ist das große Jahresereignis in der nationalen Politik fpr ein Volk, das sich gerne selbst „ein Volk von Krämern“ nennt, der Bericht über die Verwaltung der, Staatsfinanzen; dann aber auch eine jener öffentlichen, fast wie ein großes klassisches Schaustück empfundenen Begebenheiten, die seit Hunderten von Jahren sich mit unerschütterlicher Regelmäßigkeit wiederholen und trotz­dem für den Briten nie den Reiz der Neuheit verlieren. Im Sitzungssaal des Parlaments drängen sieb in­zwischen die Leute wie zu einer Chaplin-Premiere. Kaum ein Abgeordneter fehlt. Über allem liegt der Stempel des großen Tages. Oben sind alle Galerien, die Ladies Gallery, die Speakers Gallery, die Strangers Gallery, die Peers Gallery, die Press Gallery und wie sie sonst alle heißen mögen, zum Bersten voll. Alan sieht: Mr. Mom tagú Norman, den Direktor der Bank of England, General Dawes, den amerikanischen Botschafter, Lord Reading, Mr. Dwight Morrow, Lady Asquith und selbst Herrn v. Kardorff, den Vizepräsidenten des Deutschen Reichs­tages, der hier zurzeit auf Besuch weilt. Alles wartet mit Ungeduld auf das Erscheinen des Schatzkanzlers, des Hauptakleurs des klassischen britischen Volksdramas „Budget Day“. Mr. Snowden ist während der letzten Wochen ernstlich krank gewesen- Das Parlament hat ihn ganze zwei Monate nicht zu Gesicht bekommen. Daher ist nun die Spännung heute doppelt groß. Mehrere konservative Abgeordnete stellen beharrlich allerhand „kleine Anfragen“. Die Sozialisten sind darob höchst un­gehalten. „Snowden, Snowden,“ brüllen sie von Zeit zu Zeit, ganz wie ein ungeduldiges Publikum, das nach dem beliebten Mimen verlangt. Endlich, endlich wird der Langenvartete vom Hause gesichtet: klein und unscheinbar, ganz in Schwarz ge­kleidet, auf zwei Stöcke gestützt, ist er aus der dunkelsten Ecke des Saales, hinter dem Rücken des Sprechers, viel­mehr hinter dessen riesigen Allongeperücke, langsam, fast gespenstisch hervorgekommen, nein, hervorgekrochen — er, Philipp Snowden, Labour-Englands „eiserner Kanzler“, mit dem verbissenen, kleinbürgerlichen Penny-Gesicht. Ein Beifallssturm ohnegleichen braust ihm, dem Wieder-

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