Pester Lloyd - esti kiadás, 1931. június (78. évfolyam, 121-145. szám)

1931-06-01 / 121. szám

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Ohne Debatte wurden zunächst die folgenden Vorlagen verab­schiedet: Gesetzentwurf über die dem Investmenttrust zu gewährenden Steuer- und Gebührenbegünstigun­gen, Gesetzentwurf über die Festsetzung der unter­sten Wertgrenze der der Haussteuer unterliegenden Realitäten, ein Bericht des Finanzausschusses über die Schlußrechnungen 1921122, 1922123 und 1927/28, Gesetzentwurf über die Modifizierung und Ergän­zung des G.-A. XLVI: 1930 über die Regelung un­serer Handels- und Verkehrsverhältnisse mit einzel­nen Auslandstaaten, Gesetzentwurf über die Zucker­rübenproduktion und die damit zusammenhängen­den Einzelfragen, Gesetzentwurf über die Inartiku- Uerung des am 30. Juni 1930 in Budapest abge­schlossenen ungarisch-österreichischen Eisenbahn­verkehrsvertrages, die Gesetzentwürfe über die in Rom und Montevideo abgeschlossenen internationa­len Konventionen betreffend den Schutz der geisti­gen und der literarischen Produkte. Zur Vorlage über den in Wien am 26. Januar Ü931 abgeschlossenen ungarisch-österreichischen Freundschafts- und Schiedsgerichtsvertrag bemerkte Dr. Eugen BALOGH, Generalsekretär der Ungari­schen Akademie der Wissenschaften, daß er den Gesetzentwurf mit Freuden annehme, da er geeignet sei, das gute Verhältnis zwischen Ungarn und Österreich zu vertiefen, daß er sich jedoch nicht damit einverstanden erklären könne, wenn in die­sem Vertrage nicht das Wort „Bécs“, sondern „Wien“ vorkomme. Diese Gepflogenheit stehe im Gegensatz zu den altheigebrachten Traditionen, ab­gesehen davon, daß in den Werken der ungarischen Klassiker die fremden Städte stets mit ihren unga­rischen Namen figurieren. In der Hoffnung, daß mit dieser Praxis in Hinkunft beim Abschluß von inter­nationalen Verträgen werde gebrochen werden, nehme er den Gesetzentwurf an. Ohne Debatte wurde der Bericht der vereinigten Parlamentsausschüsse über die an dem Elektriflzie­­rungsgesetz durchgeführten Abänderungen ange­nommen. Es folgte nunmehr der 12. Punkt der Tagsord­­ordnung, das Kartellgesetz. Das Referat führte Viktor KALTENECKER, [Vertreter der Stadt Székesfehérvár. Er erwies sich als ausgezeichneter Kenner des verwickelten Kartell­problems und beleuchtete diese Frage von allen Seiten, nachdem er vorher einen weitausgreifenden geschichtlichen Rückblick auf die Entstehung der Kartelle geworfen hatte. Unter anderem verwies er darauf, daß es in den verflossenen Jahren kaum eine Frage gegeben habe, die ein ähnlich reges Inter­esse in allen Wirtschaftskreisen weckte, wie eben das Kartellproblem. Die Faktoren, die inmitten des Wirtschaftslebens stehen und auf dessen Gestaltung entscheidenden Einfluß ausüben, haben wiederholt mit dem größten Nachdruck darauf verwiesen, daß die Kartelle nicht nur im Interesse der Produktion, sondern gewissermaßen auch im Interesse der Verbraucher wirken müssen, und daß die Gründung von Kartellen keineswegs im Gegensatz zu den öffentlichen Interessen stehen dürfe. Allerdings sei es eine Vorbedingung, daß die Kartelle eine Preis­politik befolgen, die sich den Anforderungen der Allgemeinheit anpaßt. Am Schlüsse seiner Erörte­rungen verbreitete sich der Referent ausführlich auf die wichtigsten Bestimmungen des Entwurfes, den er in der Hoffnung zur Annahme empfahl, daß er Zur Aufrichtung der heimischen Wirtschaft beitra­gen werde. Bapon Josef SZTERÉNYI legte zunächst seine prinzipielle Stellung zur Vorlage dar, die, wie er sagte, mit einem Satz aus, dem Motivenhericht der Vorlage begründet werden könne. Im Motivenhericht Jst nämlich auch der auf die Kartelle bezügliche Be­schluß der Londoner Konferenz der Interparlamenta­rischen Union enthalten, der folgendermaßen lautet: >,Die Kartelle, Trusts und sonstigen Gebilde sind na­türliche Erscheinungen des Wirtschaftslebens, und so kann gegen sie prinzipiell keine Einwendung erhoben Sverden. Da aber diese Gebilde vom Standpunkte des öffentlichen Interesses und auch der Staatsräson in ihrem Tätigkeitsbereiche schädlich sein können, ist ihre Regelung notwendig. Diese Regelung darf jedoch nicht einer Einmengung in das Wirtschaftsleben gleichkommen, da jede staatliche Einmengung in das Wirtschaftsleben die freie Entwicklung gefährden könnte. Der Staat soll sich also lediglich auf die Be­kämpfung und Unterdrückung von Mißbräuchen be­schränken.“ Ich kann, sagte der Redner, diesen Standpunkt des Motivenberichtes um so mehr teilen, als ja der Londoner Beschluß auf Grund meines Referates zustande gekommen ist. Bevor ich mich jetzt mit der wirtschaftlichen Bedeutung' der Kartelle, mit ihren Nachteilen und Vorzügen befasse, möchte ich die Änderungen skizzieren, die in der Weltwirt­schaftslage seit der Einbringung dieses Entwurfes eingetreten sind. Als die Regierung den Entwurf dem Reichstag unterbreitete, war das Wirtschaftsleben von Klagen und Beschwerden gegen die industriellen Kartelle laut, die allesamt in der schwierigen Si­tuation der Landwirtschaft ihre Quelle hatten. Heute wird als einziges Remedium die Bildung von inter­nationalen Kartellen erachtet. An erster Stelle stehen die internationalen Agrarkartelle, und es herrscht die Überzeugung vor, daß ohne solche die Landwirtschaft nicht saniert werden kann. Auf der anderen Seite steht als Entgelt für die Präferenz, die die Landwirt­schaft einseitig für sich verlangt, das inter­nationale Industriekartell, und in seinem der Europa-Konferenz unterbreiteten Vorschlag trach­tet Briand, die Industriestaaten durch inter­nationale Industriekartelle zu befriedigen, damit diese ihrerseits der einseitigen Präferenz zu­stimmen mögen. Der Vorschlag Briands bezog sich auf die Privatkartelle. Die Europa-Konferenz nahm jedoch eher für die unter der Ägide des Völkerbun­des stehenden internationalen Kartelle Stellung. Ich muß feststellen, daß ich gewisse Bedenken gegen diesen Beschluß hege, weil man nicht genau wissen kann, ob der Beschluß der Europa-Konferenz nicht Vorläufer der Briandscben Konzeption sein will, die gegenwärtig den Kernpunkt der großen Kartell­bewegung bildet. Im Sinne dieses Beschlusses sollte die Produktion sämtlicher Industriezweige aus Genf durch eine Zentralfachkommission geleitet werden, und zwar unter der Ägide des Völkerbundes. Man sieht: das Kartell als leitender Gedanke für den wirt­schaftlichen Wiederaufbau Europas. Die Erfahrun­gen beweisen, daß sich die Staaten als Wirtschafts­organe nicht bewährt haben. Trotz besten Willens und bei aller Objektivität und hervorragenden Fach­wissens zeigen sich in allen Wirtschaftsfragen bei allen internationalen Stellen nur Mißerfolge, — es muß also an Stelle der Staatswirtschaft die Privat­wirtschaft treten: auf privatwirtschaftlichem Wege muß die Produktion geregelt werden, selbstverständ­lich mit Genehmigung und Unterstützung seitens der Staaten. Ich gehe sogar noch weiter: die Staaten werden gezwungen sein, die Privatwirtschaft zur Zwangskartellierung zu veranlassen, wie dies schon früher im Bereiche der Spiritus- und neuestem der Zuckerindustrie der Fall war. Das Projekt einer deutsch-österreichischen Zoll­union gehört mit zu den Erscheinungen, die den Weg der Änderungen zeigen, die sich seit der Be­kanntgabe dieses Plans vollzogen haben. Man weiß ja nicht, was aus diesem Projekt werden soll, aber zweifelsohne befassen sich unter seiner Wirkung die Regierungen in Deutschland und in Österreich bereits mit der Idee der Zwangsvergesellschaftung, um die österreichische, beziehungsweise die deutsche Industrie zu schützen. Bezeichnend für die Änderun­gen der Situation ist auch dos Kontingentsystem der neueren Handelspolitik, das die Grundlage des öster­reichisch-ungarischen, beziehungsweise italienisch­­ungarischen Vertrages bilden wird. Dieses Kontin­gentsystem kann auf industriellem Gebiete ohne Kar­telle und ohne die ungarische Industrie, namentlich aber die Mühlenindustrie zu gefährden, nicht durch-, geführt werden. Man sieht: es befindet sich im Wirt­schaftsleben Europas alles in Gärung und das ge­bietet uns größte Vorsicht. Die Lage ist noch lange nicht ausgegoren. Und da müssen wir, wenn wir Wirtschaftsgesetze schaffen, mit größter Vorsicht ver­fahren, und wir dürfen nicht weiter gehen, als dies unbedingt notwendig ist, weil wir ja sonst sehr leicht in Konflikt mit den Weltwirtschaftsströmungen ge­raten könnten, die jetzt im Werden begriffen sind. Was nun das konkrete Thema betrifft, so möchte ich zunächst über die wirtschaftliche Bedeu­tung der Kartelle sprechen. (Hört! Hört!) Unser Zeitalter steht im Zeichen der Kartelle und Trusts. Die Kartelle sind vom Standpunkte der Produktion Faktoren, deren man nicht immer, entraten kann. In den achtziger Jahren konnte die ungarisch« Eisenindustrie lediglich durch ein mit der österrei­chischen Eisenindustrie abgeschlossenes Kartell ge­rettet werden, und man wird sich noch erinnern, daß an dem Zustandekommen dieses Kartells auch der ungarische Staat teilgenor men hat. Die Kartell® haben ferner eine sehr gro“. 'olle in der Entwick­lung der wirtschaftlichen Solidarität der Völker, und es gibt keine wirksameren Mittel für die Annäherung der Völker als die internationalen Kartelle. Das beweisen am besten die deutsch-französischen Kali-, Koks- und chemischen Kartelle, die als erste Stufe der deutsch-französischen wirtschaftlichen Annähe­rung aufgefaßt werden können. Wird aber die Be­deutung der Kartelle für die wirtschaftliche Völ­kersolidarität hervorgehoben, so muß man zugleich auch auf die politische Gefahr hinweisen, die sie für die Staaten bilden könnten angesichts der großen Macht, die das internationale Kapital repräsentiert und die starken Einfluß auf kapitalarme Unter­nehmungen, beziehungsweise kapitalarme Länder ausüben könnte. Als ein Vorteil der Kartelle kann gelten, daß sie die geeignetsten Mittel zur Über­brückung der Gegensätze bilden, zu denen ein über­triebener Zollschutz führen könnte. Die Kartelle können ein solches Zollschutzsystem überflüssig machen. Es kann Situationen geben, in denen die Bildung von Kartellen aus wichtigen staatlichen In­teressen unbedingt erfolgen muß, und in solchen Lagen ist das System der Zwangskartelle entstanden, das anfangs der neunziger Jahre Deutschland mit dem ersten Kalikartell initiiert hat. Die Gegner der Kartelle behaupten, daß diese eigentlich die sozialistische Produktionsordnung vor­bereiten. Jede Konzentration, mag sie nun das Ka­pital oder die Arbeit betreffen, hat eine Einschrän­kung des Individualismus zur Folge. Das ist eiji Prozeß, der nicht aufgehalten werden kann. Nicht das Wesen der kapitalistischen Produktionsordnung erfährt durch diesen Prozeß eine Veränderung, sie wird nur der Form nach geändert, wie sie sich denn überhaupt den veränderten Verhältnissen anpassen muß. Die Vorteile, die die Kartelle bieten, sind man­nigfaltig. Vor allem sind sie die geeignetsten und sichersten Mittel zur Regelung der Produktion. Sie sind ferner geeignet, die Überproduktion zu verhin­dern, und sie schaffen auf den Märkten eine gewisse Ruhe, Stabilität und Sicherheit. Ein weiterer Vorteil der Kartelle besteht in der fachgemäßen Gruppierung der Unternehmungen. In diesem Belange können meiner Ansicht nach nur die kapitalkräftigen großen Kartelle nützliche Faktoren der Produktion sein, denn wenn irgendwo, so können die Kartelle auf in­dustriellem Gebiete in der technischen Entwicklung rasche Veränderungen herbeiführen, die nur durch Unterstützung des Großkapitals in entsprechender Weise zur Geltung gebracht werden können. Das ist eine These, die seinerzeit auch Exzellenz Teleszky in diesem hohen Hause in einer großangelegten Rede vertreten hat. Ein weiterer Vorteil der Kartelle besteht darin, daß sie die fortwährenden Schwankungen auf den Märkten ausmerzen und diesen eine gewisse Stabili­tät verleihen. Sie beseitigen aber auch die in dem einen oder anderen Produktionszweig scheinbar zum Nachteil der Konsumenten auftretenden Schwankun­gen, die jedoch meines Erachtens tatsächlich den Konsumenten zum Vorteil gereichen, allerdings bloß bis zu der Grenze, wo keine Mißbräuche verübt wer­den. Die Kartellwirtschaft hat besonders in den kapitalarmen Ländern eine sehr große Bedeutung, denn die Kartelle saugen die durch die Kapitalkon­zentration frei werdenden überflüssigen Kapitalien zu produktiven Zwecken auf. Ein weiterer Vorteil der Kartellwirtschaft besteht in der Stabilität der Arbeitsgebiete, beziehungsweise in der Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiterschaft und in der Ver­besserung der Löhne. Das ist eine These, die auch von den Sozialdemokraten, in erster Reihe von den großen deutschen Gewerkschaften anerkannt wird. Diesen Vorteilen der Kartellwirtschaft muß je­doch die preisverteuernde Wirkung entgegengehalten werden, wenn man auch zugeben muß, daß monopo­listische Kartelle, die den ganzen Markt beherrschen, zu den größten Seltenheiten gehören. Ein fernerer Nachteil der Kartelle kann auch darin bestehen, daß durch sie im Interesse der Konzentration Betriebe stillgelegt werden, und dies bedeutet in erster Reihe in den internationalen Relationen eine gewisse Ge­fahr. Schwer ins Gewicht fallen von diesem Gesichts­punkt aus die Möglichkeiten einer Ausbeutung der. Konsumenten. Gegen letztere soll eben diese Vor­lage einen Schutz gewähren, wenn sich anläßlich der Tätigkeit der ungarischen Kartelle die [Notwendig­keit iüefür ergeben sollte*“ ...*..... “ '

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