Pester Lloyd - esti kiadás, 1932. február (79. évfolyam, 25-48. szám)

1932-02-01 / 25. szám

PESTEH LLOYD © % • Montag, 1. Februar 1932 Siedlung ist eine bloße Vorsichtsmaßregel, die man damit begründet, daß Nanking zu nähe zu Schang­hai liege. Japau gibt einstweilen nicht nach. Aus Tokio wird uns gemeldet: Der japanische Außenminister empfing gestern abend die Vertreter der Presse und teilte ihnen den Wortlaut der Note mit, die die japanische Regierung den Botschaftern Englands, Amerikas und Frankreichs überreichen ließ. Die Note ersucht die Großmächte, einen Druck auf China auszuüben, damit die Nanking-Regierung ihre Truppen aus Schanghai zurückziehe, da sonst Japan gezwungen wäre, weitere Truppen nach Schanghai zu senden. Der Außenminister begründete die Überreichung dieser Noten damit, daß Japan der Vernichtung seiner zum Schutze der eigenen Staatsbürger nach Schanghai entsandten Truppen nicht mit verschränk­ten Armen Zusehen könne. Wiederausbruch der Kämpfe iu Schanghai. Aus Schanghai wird uns telegraphiert: Die Kämpfe zwischen den Chinesen und Japa­nern dauerten die ganze Nacht hindurch an. Als in den Abendstunden bekannt winde, daß die Waffen­­stülstandsverhandlungen ergebnislos abgebrochen wurden, begann auf beiden Seiten die Kampftätigkeit wieder. Zunächst wurde nur aus Infanteriegewehren geschossen, später setzte aber auch das Feuer der Maschinengewehre und der Geschütze wieder ein. Auch die japanischen Flugzeuge traten neuerlich in Aktion und warfen Bomben über die chinesi­schen Stellungen ab. Was Japan vorhat. Der gewesene Außenminister Eugen Tschcn, der Üen Widerstand der Chinesen in Schanghai organi­siert hatte, erklärte vor Journalisten, daß die Japa­ner einen von langer Hand vorbereiteten Plan durch­führen wollen. Die Mandschurei wurde nicht nur wegen ihrer Naturschätze erobert, sondern um als Stützpunkt der japanischen Streitkräftc gegen China zu dienen. Das Endziel Japans sei die Herrschaft I über den Stillen Ozean und die Eroberung des chi­nesischen Reiches und Australiens. Korea und die Mandschurei seien wegen des ungünstigen Klimas zur Aufnahme des japanischen Volksüberschusses nicht geeignet, weshalb Japan jetzt in China und Australien Gebiete für japanische Kolonien suche. Das chinesische Volk werde bis zum äußersten ge­gen den japanischen Imperialismus kämpfen. Der neue japanische Angriff habe das Nationalgefühl wieder wachgerufen und den alten Traum der natio­nalen Einigung aller Chinesen verwirklicht. Weitere Nachrichten. London, 1. Februar. (U. T.-K.-B.) Nach Berichten aus Schanghai wurden gestern abend die Leichen der bei Schanghai gefallenen japanischen Soldaten auf 17 Lastauto­­mobilen nach den Docks befördert. Infolge der Kämpfe sind über 500.000 Chinesen in Schanghai arbeitslos geworden. Der chinesische Oberbefehlshaber erklärt, er verfüge in der Umgebung von Schanghai über 40.000 Soldaten, die er binnen 24 Stunden in die Stellungen werfen könne. Die eigenen Verluste schätzt er auf 400 Tote. Die bürgerlichen Todesopfer des Luft­­boxnbardemenl.s sollen aber viele tausend betragen. Der chinesische Kommandant behauptet, daß die Ja­paner unter dem Vorwand der Verfolgung von Franctiretus von H-aus zu Haus gingen und die friedliche Bevölkerung mit Dolchen und Säbeln ciedergemacht haben. Heute früh ist bei Tschapei der Kampf wieder entflammt, an dem auch Gebirgsgesohützc und Schützengrabenmörser sich beteiligten. London, 1. Februar. In Schanghai wurde der Belagerungszustand verkündet. Tausende von Chinesen trachten auf Schiffen und Barken aus der Stadt zu fliehen. Außer­halb der Stadtmauern werden von den Chinesen Schützengräben ausgehoben, schwere Batterien in Stellung gebracht und auch Vorkehrungen gegen Luftangriffe getroffen. Die amerikanische Regierung hat das tausend Mann starke Infanterieregiment Nr. 34 und 400 Marine Soldaten nach Schanghai dirigiert. Die asiati­sche Flotte der Vereinigten Staaten besteht aus 48 Kriegsschiffen und 12 Flugzeugen. Als der Be­fehlshaber dieser Flotte den Admiral Pratt, Chef des Marinestabes, befragte, ob er auch dann Verfügun­gen treffen könne, wenn Japan dagegen Vorstel­lungen erhebe, soll Pratt geantwortet haben: — Selbstverständlich, das ist ja unsere Aufgabe. Um fremde Einwendungen können wir uns nicht kümmern. Wenn Japan unser Vorgehen mißfällt, so bedauern wir das. Der japanische Ministerrat unter Vorsitz des Mikado hat 20 Millionen Yen für die mandschurische Expedition angewiesen und die Auszahlung der Tilgungsrate der nationalen Schuld in der Höhe von 44 Millionen Yen für ein Jahr suspendiert. Schanghai, 1. Februar. Die Feuersbrunst in Tschapei ist nunmehr ge­meistert. Der Schaden wird auf eine Million Pfund Sterling geschätzt. Über den nördlich des Flusses Sutschu gelegenen Teil des Fremdenviertels haben die Japaner die Kontrolle übernommen. Bewaffnete japanische Po­lizisten stellen die Automobile und auch die Fuß­gänger. Diese Polizisten haben einen Chinesen ge­tötet und zwei Ausländer verwundet Amerikanische Marinesoldaten haben 27 ja­panische Polizisten gefangen genommen. London, 1. Februar. Nach liier eingetroffenen Nachrichten sollen heute abend chinesische Elitetruppen in der Stärke von 30.000 Mann in Nanking zur Verteidigung der Stadt eintrefl'en. Der japanische Generalkonsul in Nanking hat dem Bürgermeister der Stadt erklärt, daß Japan, obzwar es sieben Kriegsfahrzeuge bei Nanking konzentriert habe, die Stadt nicht anzu­greifen beabsichtige, doch müsse er hoffen, daß auch die chinesischen Truppen sich aller feindseligen Be­wegungen enthalten, weil nur auf diese Weise Er­eignisse ähnlich denen in Schanghai vermieden wer­den könnten. Tokio, 1. Februar. (Reuter.) Nach Meldungen aus Charbin hat heute der chinesische General Tingtschao mit 3000 Mann den Bahnhof von Suantschenpu, den japani­sche Streitkräfte verteidigten, angegriffen. Nach mehrstündigem Kampf warfen die Japaner die Chinesen zurück. Das Gefecht hat 400 chinesische und 21 japanische Todesopfer gefordert. Der Standpunkt Frankreichs. * Paris, 1. Februar. (Havas.) An amtlicher Stelle wird die Behaup­tung als völlig grundlos bezeichnet, als ob zwischen Frankreich und Japan eine Verständigung zustande gekommen wäre, dergemäß Frankreich die japa­nische Aktion im Fernen Osten unterstützt und Japan als Gegenleistung sich auf der Abrüstungs­konferenz dem französischen Standpunkt anschließt. Dementiert wird auch die Nachricht, als ob in Schanghai die französischen Behörden dem japani­schen Militär gestattet hätten, das französische Kon­zessionsgebiet zu betreten. Frankreich desinteressiere sich nicht an den Ereignissen im Fernen Osten. Es setze seine Vermittlungsaktion innerhall) des Völker­bundrates fort, beteilige sich an den Arbeiten der in Schanghai gebildeten Untersuchungskommission und schließe sich auch der Tokioter Demarche des ameri­kanischen und des englischen Botschafters an. Dem­nächst treffen in Schanghai französische Flotten­einheiten zum Schutz der französischen Staatsange­hörigen ein. Die Auffassung iu Deutschland. Von unserem Berliner Berichterstatter gehen uns folgende Ausführungen zu: Ob es sich nun bestätigt oder nicht, daß China au Japan den Krieg erklärt bat, die Entwicklung der Dinge im Fernen Osten ist jedenfalls derart, daß man sie nur mit Trauer , und Entsetzen verfolgen kann. Es hat eine Zeit gegeben, in der man der Feder der Diplomatie den Vorwurf machte, daß sie verdorben habe, was das Schwert gut gemacht hatte; jetzt ist es umgekehrt. Die wirklich aufrichtigen und angestrengten Bemühungen der Diplomaten der gan­zen Welt um die Erhaltung des Friedens haben sich als fruchtlos erwiesen gegenüber der Entschlossen­heit eines einzigen Staates, seine vermeintlichen An­sprüche mit allen Mitteln durchzusetzen, auch mit denen, die von der gesamten KuHurwelt feierlich in Acht und Bann erklärt worden sind. Damit ist ein so eklatantes Versagen des Völkerbundes fest­gestellt, daß es erheblicher Anstrengungen bedürfen wird, um den angerichteten moralischen Schaden wiedergutzumachen. Man kaim nicht einmal ein­wenden, daß der Völkerbund zwar nicht äußerlich, aber seinem innersten Wesen nach doch im Grunde eine europäische Einrichtung sei, denn gerade Japan hat an dieser Arbeit sehr intensiv und an hervor­ragender Stelle teilgenommen, und mau kann sich auch wirklich nicht vorstellen, daß ein Mann wie Adatci gutheißen könnte, was seine Regierung in den letzten Wochen getan hat; es scheint ja auch, als ob der Entschluß zur Gewaltanwendung in Japan sich vom Heer aus gegen den Willen der bür­gerlichen Staatskunst durchgesetzt hätte. Aber wenn man sich auch damit zu trösten ver­sucht, daß der Völkerbund doch vielleicht in der Lage wäre, einen europäischen Krieg zu verhindern, weil er in Europa an dem Friedenswillen der Völker einen stärkeren und wirksameren Rückhalt finde als im Fernen Osten, so wird man doch auch mit dieser Beschränkung skeptisch, wenn man sich ver­gegenwärtigt, unter welchen ungünstigen Verhält­nissen die Welt nunmehr der Abrüstungskonferenz entgegensieht Es liegt zweifellos ein Stück Wahr­heit in dem Ausspruch, daß die Existenz großer stehender Heere an und für sich eine Kriegsgefahr bedeutet, und niemand vermag beute zu sagen, ob Frankreich und seine militärischen Vasallenstaaten dieser Gefahr unterliegen werden oder nicht. Jeden­falls aber kann man nur mit Beschämung und Trauer feststellen, daß es nicht gelungen ist, den ver­hängnisvollen Gang der Dinge im Fernen Osten auf­­zuhalten. Was Deutschland anbelangt, so kann es in die­sen Dingen eine Zurückhaltung üben, die etwas Wohltuendes hat, und seine Zurückhaltung geht so weit, daß eine ausgesprochene Stellungnahme für die eine oder die andere Partei nicht in Frage i kommt. Die Rechtsfragen erscheinen natürlich ver­wickelt; das wirtschaftliche Interesse Japans an der Mandschurei ist zweifelsohne sehr erheblich und der langjährige Bürgerkrieg hat die dortigen Verhält­nisse völlig zerrüttet, aber China kann sich natürlich Die Jahresversammlung des National­­kasinos. Széchcnyl-Denkredc des Grafen Stefan Bethlen. Das Nationalkasino hielt am gestrigen Sonntag seine 105, Generalversammlung ab, an der auch Redchsverweser Nikolaus v. Horthy, tenner die Erzherzoge Josef, Albrecht und Josef Franz teilgeuommen haben. 7.1 im Vorsitzenden der Generalversammlung wurde einstimmig Graf Gedeon Ráday gewählt. Als erste Redner würdigten Graf Josef Teleki und Graf Karl Széchenyi mit warmri) Worten die Verdienste des scheidenden Direkto­riums. Sodann wurde zur Wahl des neuen Direktoriums geschritten, zu dessen Mitgliedern Graf Ladislaus Esterházy, Béla Jankovich und Graf Johann Nemes gewählt wurden. Zu Ausschußmitgliedern wurden gewählt: Graf Dionys Almásy, Graf Stefan Batthyány, Graf Stefan Bethlen, Ladislaus Döry, Baron Berthold Feilitzsch, Graf Karl Khuen-Hédcrváry, Fürst Ferdinand Montenuovo, Graf Andreas Pejacsevich- Miko, Graf Siegmund Petényi, Moritz Putnoky, Graf Bartholomäus Széchenyi, Graf Emil Széchenyi, Graf Tibor Teleki, Graf Nikolaus Toroczkay, Graf Dionys Wenck­­heim, Graf Johann Zichy. Zu Ersatzmitgliedern des Aus­schusses: Graf Enterich Hunyadi/ und Graf Josef Teleki junior. Mit Rücksicht auf die schwierigen Wirtschaftsver­hältnisse wurde das traditionelle Bankett des Kasinos dies­mal nicht abyehalten. Anstatt des Banketts wurde ein Sammelbogen aufgelegt zugunsten der N'otstandsaktion der Gemahlin des Reichsverwesers. Der gespendete Ge­samtbetrag von 2500 Pengő wurde bereits der Akiion zu­geführt. Festredner der Generalversammlung war Graf Stefan Bethlen, der des Begründers des Kasinos, des Grafen Széchenyi gedachte und zugleich in einer großangelegten historischen Synthese die neuen Aufgaben schilderte, die dem Kasino aus dem geistig-historischen Gehalt der neuen Zeit erwachsen. Die mit begeistertem Beifall aufgeijom­­meiie Rede hatte folgenden Wortlaut: * Ew. Durchlaucht, Herr Reichsverweser! Ew. König­liche Hoheiten! Meine sehr geehrten Herren! — Das Direktorium des Nationalkasinos hat deu Beschluß gefaßt, das Andenken seines großen Begrün­ders, des Grafen Stefan Széchenyi, in diesem Jahre nicht im Rahmen des üblichen Banketts, sondern in der Gene­ralversammlung, dem Ernst der Zeiten angemessen, ohne jeden äußeren Glanz zu feiern. Ich glaube, daß dieser Beschluß unser aller Billigung finden wird, da die all­jährlichen Feiern des Nationalkasinos nie wegen ihres äußeren Glanzes zu nationalen Ereignissen gewordeu sind, sondern deshalb, weil das Land in diesen Feiern eine Fortwirkung des Széchenyischen Geistes empfand. Und gibt es für einen Ungarn eine erhabenere Aufgabe, als die, getreuer und zeitgemäßer Verkünder der Lehren Széchenyit zu sein? Doch gibt es — frage ich — eine Aufgabe, die zugleich schwieriger wäre als diese? — Graf Széchenyi, der die Feßler seiner Zeitgenos­sen am besten kannte, hat nicht nur andere getadelt, nicht nur anderen Ratschläge erteilt, wie es heute viele tun, sondern er kehrte das scharf geschliffene Werkzeug der Kritik in erster Reihe gegen sich selbst, die purita­nische Tugend der Selbsterkenntnis aufs rücksichtsloseste übend. — In der heutigen kritischen Stunde der Nation, wo eine Neugeburt so gefährdet und so schwierig erscheint, verfahren wir, glaube ich, dann im Geiste Széchenyi», wenn wir ip unseren Reihen Heerschau halten und an uns selbst das Maß einer ernsten Selbstkritik anlegen, denn es ist meine heilige Überzeugung, daß die Auf­erstehung der ungarischen Nation auch heute, wie zur Zeit Széchenyis, nicht von materiellen Gütern, sondern von dem moralischen Kapital abhängt, das wir im Kampfe für das Wohl der Nation anzulegen gewillt sind. — Wir wollen daher eine Abrechnung mit uns selbst vornehmen. Meine sehr geehrten Herren! Graf Stefan Széchenyi hat im Jahre 1827 das Nationalkasino gegründet, uni allen ungarischen Staatsbürgern ohne Unterschied des Titels und Vermögens, die persönlich gebildete und un­bescholtene Menschen sind, Gelegenheit zu geben, über unsere öffentlichen Zustände frei von parteipolitischen Bindungen ihre Ideen auszutauschen: ein Ideenaustausch, der geeignet ist, eine öffentliche Meinung zu erzeugen, die notwendigerweise sich auf die ganze Nation befruch­tend auswirken sollte. — Die Mitglieder des Nationalkasinos stammten bis­her überwiegend aus den Reihen der historischen Klassen, aus jenem Hoch- und Gemeinadel, der früher die führende Klasse der Nation war, zu dem auch Széchenyi gehörte, und dessen Mitwirkung an der Führung der Geschäfte, das will ich offen aussprechen, das Land auch in Zukunft nicht entbehren kann, selbst wenn uns dafür die feind­liche Propaganda ■— vollkommen unbegründet — der Feudalherrschaft zeihen sollte. — Doch indem ich dies offen ausspreche, muß im Geiste Széchenyis die Forderung aufgestellt werden, daß die historischen Klassen die Tugend der Selbstkritik und der Selbsterkenntnis ernsthaft üben mögen, denn eine 1 Gesellschaftsklasse, die ohne Selbsterkenntnis und Selbst­kritik sich eine Führerrolle anmaßt, wird entweder die Nation in Gefahr bringen, oder aber ihr Prestige einbüßea auf seine unbestreitbar territoriale Hoheit berufen. Oie scharfe Zuspitzung in Schanghai erklärt siel} aus dem für Japan unerträglichen Boykott seiner Waren, aber gab es dagegen kein anderes Mittel als Fliegerbomben? Jedenfalls sind England und die Vereinigten Staaten von Amerika viel näher betei­ligt als Deutschland, und müssen in erster Lime ihren Einfluß aufbieten, um zu retten, was noch zu retten ist Daß China* in der Lage sein könnte, einen wirklichen Krieg gegen einen auswärtigen Feind zu führen, hält man für ausgeschlossen, aber auch Japan dürfte mit so großen finanziellen Schwierig­keiten zu rechnen haben, daß der Krieg mensch­lichem Ermessen nach jedenfalls nicht lange dauern tann.

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