Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1932. május (79. évfolyam, 96-118. szám)

1932-05-01 / 96. szám

PESTER LLOYD • 2 • Gut isfs zu wissen, I da^ Ennmij ä in den entsprechenden Krankheitsfällen zu Hause in jeder Jah­reszeit mit Erfolg angewendet werden können. SebraachsanWeisung Jeder Flasche beigegeben. Erhältlich Überall. 8209—5 (hängigen Landwirten Gaston Gaals. Niemand wird leugnen können, daß die politischen Losungen die­ser Partei in den Reihen der ungarischen Bauern­schaft Anklang finden, wie ja leider die desolaten Verhältnisse der ungarischen Landwirtschaft natur­gemäß jeglichem Radikalismus das Wasser auf die Mühle treiben. Unleugbar ist ferner auch, daß diese Partei Männer von einem gewissen politischen An­sehen und von unbestreitbarem Talent in ihren Reihen zählt. Aber um an der verantwortlichen Re­gierungstätigkeit teilzunehmen, dazu ist sie noch nicht genügend ausgereift. Sie ist noch Most, der sich in seinen Schläuchen wälzt und sich vorerst zu läutern hat, um genießbarer Wein zu werden. Als Opposition besitzt diese Partei eine gewisse Schlag­­■kraft, aber in ihren Zielsetzungen sowohl, wie in ihren politischen Methoden ist sie noch nicht in ge­nügendem Maße verantwortungsbewußt und mithin zurzeit auch noch nicht regierungsfähig. Um letzte­res zu sein, darf sie nichts fordern, was sie, zur Macht berufen, nicht verwirklichen könnte. Heute aber fordert sie mit lautem, beinahe polterndem Ungestüm die Rückgängigmachung der Steuer­erhöhungen, der Gehaltskürzungen und der Devi­senbeschränkungen; auch verspricht sie der not­­leidenden Bauernschaft Unterstützung durch reich­lichen landwirtschaftlichen Kredit: lauter Dinge, von denen die Partei selbst wissen muß, daß sie jetzt und leider noch für sehr lange Zeit nicht realisier­bar sind. Damit haben wir unsere Ansichten über die iKonzentrationsfähigkeit der beiden eigentlichen SMinderheitsparteien dargetan. Was sonst noch auf der Linken übrigbleibt, das sind Zwergfraktionen, Parteignsplitter, in ihren Reihen freilich unleugbar auch manches wertvolle Element, dessen Mitwir­kung an der Regierungsarbeit ohne Frage einen Ge­winn für das Land bedeuten würde. Aber dem für die Geschicke des Landes in erster Reihe verant­wortlichen Staatsmann obliegt es, die Frage zu prü­fen, Ob es nicht ein zu gewagtes Spiel wäre, die vor­handene Mehrheit zu zerschlagen, bloß um diesen wertvollen Elementen, hinter denen aber im Parla­ment so gut wie nichts steht, wenn auch das Ver­trauen weiter Bürgerkreise sich ihrem Charakter und ihrem Talent zuwendet, den Weg zum Eintritt in die Regierung zu erschließen? Diese Männer sollten an den Ministerpräsidenten nicht die politisch ab­surde Zumutung stellen, um ihretwegen seine vor­handene Mehrheit mit eigener Hand zu zertrüm­mern. Vielmehr sollten sie — davon ausgehend, daß ja in der Einheitspartei, die darin der Arche Noah gleicht, allerlei Getier versammelt ist — sich von keiner falschen Scham davon zurückhalten lassen, dieser Mehrheitspartei beizutreten, und in ihr An­schluß an gesinnungsverwandte Elemente und Strömungen zu suchen. Das wäre allerdings keine Konzentration, wohl aber wäre es eine sehr erwünschte Auffrischung vorerst der parlamentari­schen Mehrheit und könnte in der weiteren natür­lichen Entwicklung der Dinge auch zu einer will­kommenen Auffrischung der Regierung führen. Wenn sohin nach allem obigen die Konzentra­tion, wie sie gemeinhin verstanden wird, zurzeit un­möglich ist, so ist ein anderes möglich, sogar er­wünscht, und mehr als das: auch unumgänglich not­wendig. Dieses andere aber wäre ein Burgfrieden, dem sich alle Parteien des Abgeordnetenhauses an­­sohließen würden. Keiner dieser Parteien würde die­ser Burgfrieden irgendein Opfer des Intellekts auf­erlegen. Er würde bloß bedeuten, daß für die Zeit der schweren Krisehnot alle Elemente des parlamen­tarischen Lebens die politischen Differenzen, die sie voneinander trennen, nicht für immer ausschalten, wohl aber einstweilen zurückstellen, um in den für Staat und Nation lebenswichtigen Fragen dem Ka­binett in seinem Streben nach Abwendung der das Volksganze bedrohenden Gefahren ihren Beistand zu leihen. Das könnten die oppositionellen Elemente umso leichter tun, als in den zwei wichtigsten prin­zipiellen Fragen — der Bekämpfung der Korruption und dem geheimen Wahlrecht ■— kein Unterschied zwischen ihnen und der Regierung besteht. In dem ehrlichen und energischen Vorsatz, das öffentliche Leben von allem Korruptionsmakel zu säubern, stimmt Graf Julius Károlyi, wie jedermann weiß, mit den rigorosesten Auffassungen überein. Der sit­tenstrengste Kritiker der öffentlichen Moral im oppositionellen Lager kann darin den Ministerpräsi­denten nicht überbieten, und die Opposition selber räumt dies auch unumwunden ein. Ebenso gibt es auch in der Frage der Wahlrechtsreform keinen Trennungsstrich zwischen dem Regierungschef und der Opposition, denn Graf Julius Károlyi hat ja im Abgeordnetenhaus offen erklärt, daß seiner Über­zeugung nach allgemeine Wahlen unter dem bisher geltenden Wahlrecht einfach unmöglich seien. Wenn also in diesen beiden Kardmalpunkten der ungari­schen Innenpolitik volle Übereinstimmung zwischen der Regierung und der Minderheit besteht, so ist nicht abzusehen, an welchem begründeten Hindernis das Zustandekommen des Burgfriedens scheitern könnte. Ungarns Lage gleicht heute der eines Rettungs­bootes, das in äußerster Seenot auf sturmgepeitsch­tem Meere treibt. Die ganze Bemannung ist ver­loren, wenn nicht jeder an die Rettung aller denkt, wenn jedem einzelnen bloß das Ziel vorsohwebt, wie er — wenn es sein muß, auch auf Kosten aller anderen — sich selbst retten könnte. Das Boot ist verloren, wenn nicht jedermann mit dem Einsatz seiner letzten Kraft an der Rettungsarbeit teilninimt, und wenn ein Teil der Bemannung; statt gegen den Sturm anzukänipfen, mitten in der gemeinsamen Gefahr den wahnsinnigen Kampf gegen die Schick­salsgenossen aufnimmt Die Losung kann da nur lauten: Durch vereinte Anstrengung zusammen dem Tod entrinnen, oder zusammen untergehen. Erst wenn der bergende Hafen erreicht ist können die Gegensätze ausgetragen werden. Bis dahin muß alles Trennende zurückgestellt sein. die Geschichte der Menschheit zu verstehen. Als ich vorhin bei ihr den Ablauf des Vermögenserwerbs ge­sehen hatte, in seiner verkleinerten, jedoch wahr­haftigen Gestalt, breitete sie jetzt Licht darüber, was der uneigennützige Edelsinn eigentlich sei, der sich jder Notleidenden erbarmt. Gerührt dankte ich für ihre vornehme Güte und dann küßte ich bewegt diesen kleinen wohltätigen Engel. II. Die Verirrungen eines Übersetzers. Wir sprachen von Dichtern und Schriftstellern, unseren alten Freunden, die einst mit uns zusam­men die Karriere begannen, dann zurückblieben und ohne Spur verschwanden. Von Zeit zu Zeit warfen iwir einen Namen in die Luft. Wer erinnert sich seiner noch? Wir nickten mit dem Kopf und auf unseren Lippen dämmerte ein fahles Lächeln, Im Spiegel unserer Augen leuchtete erschreckt ein ver­gessen geglaubtes Gesicht auf, eine verlorene Lauf­bahn, ein verlorenes Leben. Wer weiß etwas über ihn? Lebt er noch? Die Antwort auf diese Frage war das Schweigen. In dieser Stille raschelten ver­trocknete Kreuze des Ruhmes, wie das dürre Laub des Friedhofes. Wir schwiegen. Wir schwiegen auch minutenlang, als jemand den Namen Gallus aussprach. „Der Arme,“ sprach Kornd Esti. „Ich sah ihn Ivor langer Zeit — es mögen schon sieben oder acht Jahre sein — in sehr traurigen Verhältnissen. Damals geschah mit ihm etwas in Verbindung mit einem Detektivroman, was selbst ein Detektivroman ist, der aufregendste und schmerzlichste, den ich je er­lebt habe. Niederschreiben kann man ihn nicht, denn er ist die reine UnWahrscheinlichkeit. Nur erzählen kann man ihn. „Ihr habt ihn halbwegs gekannt. Er war ein begabter Junge, sprühend, impulsiv, dabei gewissen­haft und auch gebildet. Er sprach mehrere Sprachen. Englisch konnte er so vollkommen, daß angeblich sogar der Prinz von Wales bei ihm englische Stun- den genommen hat. Vier Jahre lebte er draußen in I Cambridge. „Doch hatte er einen verhängnisvollen Fehler. Nein, getrunken hat er nicht. Aber er mauste alles, was ihm bloß in die Hand fiel. Er stahl, wie eine Elster. Es war ihm ganz egal, ob es eine Taschen­uhr, ein Paar Hausschuhe, oder ein riesenhaftes Ofenrohr war. Alles stahl er. Der Wert der ge­stohlenen Sachen kümmerte ihn so wenig, wie Um­fang und Größe. Oft hatte er gar keinen Nutzen von den Dingen, die er staihl. Seine ganze Freude war, zu tun, was er wollte, also stehlen. Wir, seine nächsten Freunde, bemühten uns, ihn zu besserer Einsicht zu bringen. Wir redeten ihm liebevoll ins Gewissen. Wir schalten ihn und drohten ihm. Er gab uns in allem recht. Versprach, gegen seine Natur zu kämpfen. Seine Vernunft stemmte sich vergeblich dagegen, seine Natur war stärker als er. Immerfort hatte er Rückfälle. „Unzählige Male wurde er von Fremden auf öffentlichen Plätzen beschämt und gedemütigt, un­zählige Male ertappte man ihn auf frischer Tat und wir mußten bei solchen Anlässen immer unglaub­liche Anstrengungen machen, um die Folgen seiner Tat irgendwie zu vertuschen. Einmal aber zog er auf dem Wiener Schnellzug einem mährischen Kauf­mann die Brieftasche, der ihn bei der nächsten Sta­tion der Polizei übergab. Er wurde in Ketten nach Budapest gebracht. „Wiederum versuchten wir seine Rettung. Ihr von der Feder wißt, daß alles auf Worte ankommt, die Vortrefflichkeit eines Verses, wie das Schicksal eines Menschen. Wir führten den Beweis, er sei ein Kleptomane und kein Dieb. Die Diebe, die wir ken­nen, sind in der Regel Kleptomanen. Aber diejenigen, die wir nicht kennen, das sind die Diebe. Das Gericht kannte ihn nicht, deshalb verurteilte es ihn zu zwei Jahren Kerker. „Nachdem er freigekommen war, stürzte er am Morgen eines dunklen Dezembertages hungrig und zerlumpt in mein Zimmer. Ich wollte eben baden. Im Badezimmer fiel er vor mir auf die Knie. Er Henry Lewis Stimson stammt aus einer reichen und angesehenen Familie, die nachweisbar schon über 200 Jahre in den Staaten lebt, also zur Aristo­kratie gehört, wie man sie in Amerika auffaßt. Er ist ein Anwalt von Rang und machte dank seiner Freundschaft mit dem mächtigen Eliihu Root, diesem sagenhaften Faktor in der amerikanischen Politik, schnell Karriere. Unter Taft war er bereits Kriegs­minister, was ihn nicht hinderte, bei Eintritt Ame­rikas in den Krieg, von patriotischer Begeisterung getragen, in die Rekruten schule einzutreten, um auf die front zu kommen. Er war, wie Brüning, Artil­flehte mich an, ihn nicht zu verlassen, ihm zu hel­fen und ihn zu Arbeit kommen zu lassen. Er sei Schriftsteller. Freilich unter seinem Namen zu schrei­ben, davon konnte vorerst keine Rede sein. Anderer­seits aber konnte er nichts anderes, als schreiben. Ich suchte also einen braven, menschlich denkenden Verleger auf, empfahl den Jungen wännstens, und der Verleger betraute ihn am folgenden Tag mit der Übersetzung eines englischen Detektivromans. Das war ein Schund, nicht wert, damit unsere Hände zu besudeln. Wir lesen dergleichen Bücher nicht, über­setzen sie bloß und ziehen dabei höchstens Hand­schuhe an. Der Titel war — ich erinnere mich heute noch—: „Das geheimnisvolle Schloß des Grafen Wiczislaw.“ Ich war froh, daß ich für ihn etwas tun konnte, auch er freute sich, daß er einen Broterwerb fand und beglückt machte er sich ans Werk. Er arbeitete mit großem Fleiß, so daß er »— den fest­gesetzten Tenrnn gar nicht abwartend — das Manu­skript schon nach drei Wochen ablieferh*. _ „Ich war maßlos erstaunt, als der Verleger einige Tage später mir durchs Telephon mitteilte, daß die Übersetzung meines Protegés vollständig unbrauchbar und er keinen Heller zu bezahlen ge­neigt sei. Die Sache war mir unverständlich. Ich nahm einen Wagen und fuhr zu ihm. „Der Verleger reichte mir schweigend das Manuskript. Unser Freund hatte den Roman säuber­lich auf der Maschine kopiert, die Seiten numeriert, sie sogar mit einem trikoloren Band gebunden. Alles glich ihm, denn — ich glaube schon erwähnt zu haben — in literarischer Hinsicht war er verläßlich und von peinlicher Pünktlichkeit. Ich begann den Text zu lesen und schrie vor Entzücken auf. Klare Sätze, witzige Wendungen, sprachlich geistreich Er­fundenes reihte sich aneinander, Dinge, deren das Machwerk gar nicht würdig war. Betroffen fragte ich den Verleger, was er an der Arbeit auszusetzen habe? Dieser drückte mir nun das englische Orignal ebenso stumm in die Hand, wie er es mit der Über­setzung getan, und bat mich, die beiden Texte zu vergleichen. Eine halbe Stunde lang forschte ich, Sonntag, 1. Mai 1932 I TRINKKUR It von beliebigem Mineralwasser bei g||| ÉDE.SKUTY I vom 2. Md täglich von Vs7 Uhr morgens. V., ERZSÉBET-TÉR 8. (Ecke Miatyánk-ucca) I Rund um Stimson. V on ARVED ARENSTAM. Genf, April. Im Schatten Stimsons, des amerikanischen Staats­sekretärs, lebt und arbeitet jetzt die Weltabrüstungs­konferenz. Im Schatten und nicht im Zeichen: denn der sagenumwobene Mann hatte sich bis gestern über­haupt nicht blicken lassen. Er hat sich nach Sdhloß Bes sing ne am Ufer des Genfer Sees, zurückgezogen, und amtlich wurde leichte Grippe als Ursache dieser auffallenden Zurückhaltung angegeben. Das stimmte auch, denn aus Paris wurde ein Spezialist nach Schloß Bessingne gerufen. Um dieses Schloß haben sich schon in diesen paar Tagen Legenden gewoben. Wenn die alten Mauern doch reden könnten! Sie würden vielleicht verraten können, was wahr an den Gerüchten über die mögliche Anerken­nung der Sowjets durch die Vereinigten Staaten ist, und vielleicht könnten sie sagen, wie sich Stimson zur Frage der Kriegsschulden und Reparationen in dieser neuen Phase unserer europäischen Misere stellt. Jetzt, wo er Gelegenheit hat, die führendsten Staatsmänner Europas zu sehen ued zu sprechen, jetzt, wo alles auf ihn einstürmt in der Hoffnung, daß nur er noch allein einen Ausweg aus dieser Lage weiß, sollte er doch reden! Aber nichts rührt sich bisher auf Schloß Bessingne. Nicht einmal die persönliche Bekannt­schaft Stimsons zu machen, war uns (bisher vergönnt, und alles, was wir von ihm hatten, war eine pla­tonische Begegnung im Konferenzgebäude. Nicht ein­mal ein paar ermunternde Aussprüche, die eine jetzt so notwendige Nervenstärkung wären! Nichts als Schweigen ringsherum. Und man verlangt doch wirk­lich nicht viel. Als Stimson bei seiner Ankunft in Europa — es war, glaube ich, in Plymouth — den Korrespondenten ein paar nach Optimismus klin­gende Brocken verabreichte, hatte es die Wirkung nicht verfehlt. Als der neben ihm stehende alte Kellogg, der Vater des Kriegsächtungspaktes, zu die­sen Erklärungen noch zustimmend nickte, sahen schon manche am Horizont die Sonne der Wirt­­schaftsgesundung aufgehen. Welche Einfalt, aber doch immerhin besser als nichts! * ,

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