Pester Lloyd - esti kiadás, 1932. június (79. évfolyam, 119-144. szám)

1932-06-01 / 119. szám

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Blau, Boros, Braun, iosef Erdős, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hlrdeto-lroda, Julius Teiuer, Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich: M. Dukes Naohf. A.-fL, Wien Wollzefle 16. Efnxelnnmmer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller. Abendblatt lo Heller. — Für Oesterreich Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Redaktion n.Adm. :VM Mária Valérla-uoca 12. Telephon der Administration: 849-09 79. Jahrgang. Budapest, Mittwoch, 1. Juni 1932. Nr. 119 Die Budgetdebatte im Abgeordnetenhause. Budapest, 1. Juni. Das Abgeordnetenhaus ist heute in die Spezialdefoatte des Kultus- und Unterrichtsportefeuilles eingetreten. Abgeordneter Dr. Pintér (Einheit) ibetonle einleitend die Verdienste der Kirche auf dem Gebiete des Volksunterrichtes. Die katholische Kirche habe den iWeg zur Kultur und zum Wissen schon vor Jahr­hunderten den breiten Massen eröffnet, in einer Zeit, da der Staat sich mit dem Volksunterricht noch gar nicht befaßte. Was das Kirchenvermögen anbelange, so sei dies ein Zweckvenmögen und nicht ein Vermögen der Geistlich­keit. Es diene in erster Reihe kulturellen und humanitären Aufgaben und dürfe daher nicht angetastet werden. Die Zurückdrängung der Kirche und ihres Einflusses aus der kulturellen Entwicklung des letzten Jahrhunderts, die einen rein materialistischen Charakter angenommen hat, führte auf geradem Wege zu dem heutigen Chaos, das sowohl in den Seelen, als auch auf dem Gebiete der Pro­duktion herrscht. Auf die schwierige Lage der konfessio­nellen Schulen übergehend, lenkte der Redner die Auf­merksamkeit des Hauses und der Regierung auf den be­trüblichen Umstand, daß gerade jene Großgrundbesitzer ihre Zuschüsse zur Erhaltung der konfessionellen Schulen verweigern, deren Angestellte und Arbeiter ihre Kinder in diese Schulen schicken. Seine Rede schloß Abgeordneter Dr. Pintér mit einigen Sätzen über die notwendige Reform des Sprachunterrichte, der teilweise modernisiert, teilweise aber ausgebreitet werden muß. Ungarn soll in seinen Schulen nicht bloß die westlichen und klassischen Sprachen, sondern auch die Sprachen der uns umgebenden Volker unterrichten, denn nur überlegenes Wissen könne die so oft erwähnte ungarische kulturelle Überlegenheit sichern. Abgeordneter Dr. Klein (Unabh. Lw.) befaßte sich mit der Lage der Verlassenschaft des Grafen Alexander Apponyi, der sein 3800 Joch umfassendes Be­sitztum in Lengyeltóti und seine aus den seltensten Bü­chern bestehende Bibliothek testamentarisch dem Ver­band der wissenschaftlichen Sammlungen hinterlassen hat. Der Redner machte dem Kultusminister den Vorwurf, daß die rechtliche Lage dieser wertvollen Verlassenschaft nicht mit genügender Sorgfalt geprüft und untersucht w urde, so daß die Lasten, die aus dem Pflichtteil des Grafen Anion Apponyi und aus einer Lebensrente be­stehen, der Verlassenschaft : u schwere Bürden auferlegen. Hiezu kam noch, daß die Domäne nicht rationell und fachgemäß bewirtschaftet wurde, so daß eine förmliche Lawine von Prozessen gegen die Verlassenschaftsmasse angestrengt wurde, die nur durch das Eingreifen des Kultus- und Unterrichtsministers aufgehalten werden könnte. Es kam dazu, daß ganz kleine Leute, Angestellte, Taglöhner und Gewerbetreibende die Verlassenschaft um ganz geringfügige Beträge eingeklagt haben. Schließlich lenkte der Redner die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Umstand, daß die ausländischen Gläubiger des Gra­fen Anton Apponyi sein Pflichtteil mit großen Forderun­gen belastet, bezw. diese Forderungen grundbücherlich vorgemerkt haben, während der Fiskus seine Forderung von 4000 englischen Pfund erst nach diesen ausländischen Gläubigern vormerken konnte. Der Redner erkundigte sich beim Minister danach, wie es so weit kommen konnte und wie diese Dinge geduldet werden konnten. Abgeordneter Meskó (parteilos) stellte zunächst fest, daß Graf Klebeisberg im Bereiche des Volksschulunterrichts mehr getan hat als alle seine Vorgänger, und gab der Hoffnung Ausdruck, daß der gegenwärtige Kultus- und Unterrichtsminister die Politik des Grafen Klebelsberg fortsetzen wird, sobald dies die Verhältnisse gestatten. Er wünschte auch, daß auf dein flachen Lande zahlreiche neue Kindergärten errichtet werden, und forderte die Regierung auf, dafür zu sorgen, daß die konfessionellen Lehrer ihre rückständigen Ge­hälter unverzüglich erhalten sollen. Dann sprach Abge­ordneter Meskó über die Lage der diplomierten Jugend, wobei er der Regierung nahelegte, über eine gewisse Altersgrenze hinaus jeden öffentlichen Beamten zu pen­sionieren, damit für die Jugend Platz gemacht werden könnte, kn Zusammenhang damit bekämpfte er die Auffassung, als würde auch das Vordringen der Frauen­arbeit in allen Berufszweigen die Unterkunft der Männer in Lebensstellungen erschweren und legte in diesem Belange dar, daß die Frauen einerseits durch die wirt­schaftlichen Verhältnisse zum Erwerb gezwungen sind, andererseits aber auch duTch die statistisch nachweisbare Tatsache, daß nur jede fünfte erwachsene Frau, in der Ehe Unterkunft findet. Um diese Zustände mit Erfolg zu bekämpfen, sollte man nicht einmal vor der Einführung, der Junggesellensteuer zurückschreoken. Abgeordneter Malasits (Soz.)' forderte den Minister auf, dem Kulturskandal, der darin besteht, daß Kirchen und Gemeinden ihren Lehrern viele Tausende Pengő schuldig sind, ein Ende zu machen und die Schulen entweder zu verstaatlichen oder aber die Schulerhalter zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu ver­halten. Sein eigentliches Thema war die betrübende Lage der ungarsichen Kunst und Literatur. Die Symptome des Niederganges, die bedauerlicherweise zu verzeichnen sind, sagte der Redner unter anderem, sind indes nicht nur auf die ungünstigen Wirtschaftsverhältnisse zurückzuführen, sondern auch auf den reaktionären Geist, der in Regie­rungskrisen herrscht. Dieser reaktionäre Geist tritt z. B. in der Handhabung der Filmzensur in Erscheinung, die die Vorführung solcher Filme verbietet, die in London mit der goldenen Medaille ausgezeichnet würden, wie z. B. die Filme „Im Westen nichts Neues!“ und „Kamerad­schaft“. Der reaktionäre Geist äußerst sich ferner darin, daß die kulturellen Veranstaltungen der Arbeiterorganisa­tionen unter strengster Zensur der Polizei stehen, die nicht einmal den Vortrag von Gedichten Adys und Petöfis er­laubt, wenn in den Werken dieser Dichter der Schmerz des Volkes ausgedrückt wird. Schließlich beschwerte sich Abgeordneter Malasits auch noch darüber, daß das Mini­sterium des Innern dem Sängerverband der ungarischen Arbeiterschaft die Veranstaltung eines internationalen Sängerfestes nicht gestattet hat. Abg. Dr. Téglássy (Einh.) verteidigte die Kulturpolitik des Grafen Klebelsberg, dem Ungarn, von allen anderen Leistungen abgesehen, 5000 Elementarschulen verdanke. Er erklärte, dem jetzigen Kultusminister volles Vertrauen entgegenzubringen, des­sen Person vollständige Garantie dafür biete, daß er nach Maßgabe unserer materiellen Mittel die Politik seines Vorgängers fortsetzen werde. Er wandte sich gegen die übertriebene Sparpolitik und insbesondere dagegen, daß an wichtigen Ausgabeposten übertriebene Abstriche vor­­genommen wurden, insbesondere, daß man für die Über­sommerung armer Kinder, statt der vorjährigen hundert­tausend, diesmal nur sechzigtausend Pengő präliminiert habe. Der Redner richtete dann die Aufforderung an die Regierung, die Neuregelung der Bezüge der Lehrer der konfessionellen Schulen nicht weiter auf die lange Bank zu schieben, denn es gehe nicht an, daß diesen armen Leuten der ihnen an Bezahlung Statt zukommende Wei­zen noch immer zu den höchsten Konjunkturpreisen an­gerechnet werde, so daß sie heute an jedem Doppel­zentner über 10 Pengő effektiv verlieren. Abg. Téglássy appellierte an die sozialen Gefühle des Ministers und bat ihn, diesen verdienstvollen Dienern der ungarischen Kultur unter die Arme zu greifen. Abg. Dr. Turchányi (nalionalradikal) richtete einen beispiellos heftigen Angriff gegen den Di­rektor des Nationaltheaters Dr. Alexander Hevesi. Die Angelegenheit des Nationaltheaters, sagte der Redner, ist heute, besonders aktuell, weil der zweite fünfjährige Ver­trag des Direktors Hevesi in der nächsten Saison abläuft. An der Wirksamkeit des Theaterdirektors hat das Mi­nisterium eine praktische Kritik geübt, indem es Hevesi zwang, das Kammertheater zu sperren. Dadurch sind 15 Schauspieler und insgesamt etwa 100 Leute brotlos ge­worden. Die Sperrung des Theaters wurde, mit dem gro­ßen Defizit dieser Bühne begründet, was umso unverständ­licher ist, als dieses Theater nach dem eigenen Bericht des Direktors dem Staate keinen Heller kostete. Im Gegen­teil konnten beträchtliche Summen der Kasse des Na­tionaltheaters zugeführt werden. Dennoch war das Na­tionaltheater nicht imstande, der Hauptstadt die Miete zu bezahlen und ist über 300.000 Pengő den hauptstädti­schen Elektrizitätsbetrieben schuldig geblieben. Ich glaube, die Summe ist nicht zu hoch gegriffen. Kultus- und Unterrichtsminister Dr. Karafiátb: Nicht wesentlich! Abgeordneter Dr. Turchányi: Diese ruinöse Geschäftsgebarung ist für jeden ein Rätsel, denn das Kammertheater hatte jährlich bloß 30.000 Pengő an Miele zu entrichten, während die Ein­nahmen der Garderobe 40.000 Pengő betrugen, bei deiq Nationaltheater sogar 70.000 Pengő. Die Rechnungslegung des Direktors Hevesi ist verworren, nebelhaft und un­genau, und enthält unter anderem auch nicht die Ver­rechnung der Reklameeinuahmen. Diese Verrechnung weist dieselben Zeichen der Überdimensionierung auf, wie die der meisten staatlichen Anstalten. Das Kanzleiperso­nal wurde übermäßig vergrößert, die Zahl der Regisseure von drei auf sieben erhöht; auch wurden ein fremdes Orchester und ein fremder Dirigent engagiert. Die künst­lerische Führung des Theaters ist unter aller Kritik. Es wurden in kurzer Zeit dreißig Stücke aufgeführt, die zu­meist durchgefallen sind; an den Werken klassischer. ungarischer Autoren wurden „orthopädische" Eingriffe vorgenommen und die „Tragödie des Menschen“ mit Grammophonmusikbegleitung vorgeführt! Stücke wurden gespielt, wie „Der rote Tatar“ und „Candida“ von Shaw, die den stärksten Widerspruch weiter Kreise hervorriefen. Dennoch hat Direktor Hevesi das Schauspiel „Candida“ auch auf den Spielplam der nächsten Saison gesetzt, und man muß sich angesichts dieser Tatsache fragen, ob er der Direktor des Nationaltheaters oder der Agent Ber­nard Shaws ist. Schließlich vergaß sich Herr Hevesi so weit, am Geburtstag des Herrn Reichsverwesers im Rah­men einer Galavorstellung das Stück „Cziltei und die Hunyadi“ aufführen zu lassen, was einen höchst pein­lichen Eindruck auslöste. Abgeordneter Dr. Turchányi konnte, da seine Rede­zeit erschöpft war, seine Ausführungen nicht beenden und erklärte, die zweite Hälfte seiner Rede für die Debatte über den Titel „Staatliche Theater“ vorzubehalten. Nach dieser Rede ergriff Abgeordneter Graf Klebelsberg (Einheit)' das Wort und erklärte, er habe ursprünglich nicht die Absicht gehabt, in die Debatte einzugreifen, der Vor­redner habe aber eine Behauptung gewagt, die nicht im Einklang mit den Tatsachen steht. Graf Klebelsberg sagte: Der Herr Vorredner hat einleitend behauptet, daß ich meine politischen Gegner als meine Feinde betrachte. Ich habe niemals persönliche Gegensätze in das öffentliche Leben getragen, und ich fordere die Mitglieder des Hauses auf, darüber zu urteilen, ob ich jemals gegen irgend jemand ein bissiges oder scharfes Wort gebraucht habe, der mich verletzt hatte. Abgeordneter Dr. Turchányi: Ich habe diese Erfahrung gemachtl Abgeordneter Graf Klebelsberg: Ich habe Zeitungen und Priestern verziehen und sie von der verdienten Strafe befreit. Der Herr Abgeordnete Turchányi hat am allerwenigsten das Recht, zu behaup­ten, ich sei ein unversöhnlicher politischer Gegner! Als ich nach dem Bombenattentat im Elisabethstädter Kasino die schmerzliche Pflicht hatte, weitgehende Polizeimaß­nahinen zu ergreifen, hat der Herr Abgeordnete ein auf dem Gebiete der ungarischen Preßprodukte unerhörtes Plakat verfaßt. Abgeordneter Dr. Turchányi: Nicht ich habe es verfaßt! Abgeordneter Graf Klebelsberg: Später aber erklärte der Herr Vorredner dem Herrn Anton Denhoff, er habe sich überzeugt, mein Wirken sei bei weitem nicht so schädlich, wie er es früher geglaubt hatte, und er sei bereit, mir gegenüber weitgehende Loya­lität walten zu lassen, und er bitte mich, ihm zu verzei­hen und Nachsicht zu üben. Ich habe ihm damals tat­sächlich verziehen und ihn von einer strengen Strafe be­freit. Ich hätte also berechtigterweise erwarten können, daß er, nachdem er in einer bedrängten Lage an meine Großmut appelliert hatte, auch künftighin sich mir gegen­über anders benehmen werde. Abgeordneter Dr. Turchányi: Auch Kardinal-Erzbischof Csernoch hat gesagt, wie großmütig Sie sind! Abgeordneter Graf Klebelsberg: Als der Herr Abgeordnete später als Abgeordneten­kandidat auftrat, ersuchte mich der Herr Ministerpräsi­dent, die kirchlichen Behörden auf diese Begebenheit auf­merksam zu machen. Sie ergriffen damals, Herr Abge­ordneter, in diesem Hause das Wort und sprachen in vor Wut schäumender Weise, was bei einem Geistlichen und in dieser Körperschaft eine ungewöhnliche Erscheinung ist und den Haß bezeugt, der Sie gegen mich erfüllt, ob­wohl Sie es meiner Großmut zu verdanken haben, daß Sie der Strafe entgangen sind. Abgeordneter Dr. Turchányi: Sie werden schon meine Antwort hören! Abg. Graf Klebelsberg: Sie erklärten damals sehr stolz, Sie hätten Ihre Hal­tung mir gegenüber geändert, weil Sie von dem ver­ehrungswürdigen Großpropst von Veszprém die Informa­tion erhalten hätten, daß ich weiß Gott was über Sie an den Herrn Großpropst geschrieben hätte. Nun hat mir der Herr Großpropst in einem an mich gerichteten Schreiben erklärt (Redner liest die betreffenden Stellen vor), daß ihn die Behauptung des Herrn Abg. Turchányi maßlos entrüstet habe; es sei kein wahres Wort daran, daß der Herr Großpropst den Inhalt meines an ihn adressierten Briefes dem Abg. Turchányi mitgeteilt, oder daß mein Brief die Behauptungen enthalten hätte, die der Herr Abg. in seiner Rede zitierte. Nun las der Redner den Brief vor, den Abg. Turchányi an den Großpropst gerichtet hatte, und in dem er die Unwahrheit seiner; Behauptungen zugibt

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