Pester Lloyd - esti kiadás, 1932. június (79. évfolyam, 119-144. szám)

1932-06-01 / 119. szám

FJSSTJER LLOYD Abg. Dr. Turchányi; Haben Sie an den Großpropst geschrieben, oder nicht? Das ist die Frage! Abg. Graf Klebelsberg: Es ist natürlich, daß ich ihm geschrieben habe und ich würde heute dasselbe tun, denn Ihre Haltung seit dieser Zeit hat jeden davon überzeugen können, daß Sie nicht über die Fähigkeiten verfügen, die notwendig sind, um als Geistlicher eine erfolgreiche gesetzgeberische Tätigkeit ausüben zu können! Ich weise es demnach auf das entschiedenste zurück, daß ich meine politischen Gegner als meine politischen Feinde betrachte, und ich habe das am besten dadurch bewiesen, daß ich Leuten verzieh, denen ich nicht hätte verzeihen sollen. (Lebhafte Zustimmung und Applaus rechts.) Abgeordneter Dr. Eugen Gál (Dem.) streifte nach der Rede des Grafen Klebelsberg einige Fragen des Kultus- und Unterrichtsetats, beispielsweise die Anomalien bei den Einschreibungen an den Mittel­schulen in Budapest, und Ibezeichnete es als wünschens­wert, daß gewisse Angelegenheiten voneinander geschieden werden sollen. Dann brachte er die jüngsten Ereignisse in der Pester israelitischen Religionsgemeinde zur Sprache, und zwar in Anknüpfung an einen Zwischenruf, der in der gestrigen Sitzung gefallen ist. Die Frage, um die es eich handelt, sagte Abgeordneter Dr. Gál, wird die israe­litische Konfession im Rahmen ihrer Autonomie schon lösen. Sie wird dabei sicherlich [Wiedergutmachung für den Zwischenfall erhalten, mit dem sich die Mehrheit der isreaelitischen Konfession nicht identifiziere. Es gereicht »ns wahrhaftig nicht zur Freude, daß wir wegen dieser Sache eine Petition an den Herrn Kultusminister richten müssen, und ich will ihn diesmal nur ersuchen, diese, sobald er sie erhält, außertouriieh zu erledigen. Abgeordneter Meskö (parteilos) iWas sagt Paul Sándor dazu? Abgeordneter Paul Sándor: Hört in Tuhig an! Das ist die geschmackloseste Sache, lie ich je gesehen habe! Abgeordneter Meskö: Sogar die Juden selbst lachen darüber! Abgeordneter Dr. Eugen Gál: Überlassen Sie es ruhig mir, was ich tue. Abgeordneter Paul Sándor: In den Papierkorb mit einer derartigen Petition! (Großer Lärm kn ganzen Hause.) Abgeordneter Dr. Eugen Gál: Ich begreife es, wenn der Herr Abgeordnete Sándor iie Petition in den Papierkorb werfen will, doch ändert flies nichts daran, daß so manches geschehen ist, was wieder gutgemacht werden muß. Abgeordneter Paul Sándor: Ich wiederhole, das ist die geschmackloseste Sache, Ü4 ich je erlebt habe! Abgeordneter Meskö: Paul Sándor hat das nicht verdient, der für das Ju­dentum immer so nachdrücklich eingetreten kt. Abgeordneter Paul Sándor: Nein, das habe ich wahrhaftig nicht verdient! Abgeordneter Dr: Eugen Gál: Ich hätte erwartet, daß Abgeordneter Sándor jenen Zwischenruf zurückweisen wird. Da dies nicht geschehen ist, muß ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Vázsonyi Dank sagen für die Worte, mit denen er den betreffenden Zwischenruf begleitet hat. Abg. Paul Sándor: Chacun ä son gout! Abg: Dr. Eugen Gál: Überlassen Sie das meiner Beurteilung, was ich für geschmackvoll halte oder nicht! V Abg. Paul Sándor: Gar nichts überlasse ich Ihnen! (Große Heiterkeit und Lärm im ganzen Hause.) Abgeordneter Dr: Eugen Gál: Ich will bei dieser Frage nicht weiter verweilen und den Herrn Kultusminister nur nochmals ersuchen, die Petition außertouriieh zu erledigen. (Großer Lärm im ganzen Hause.) Damit war dieser Zwischenfall beigelegt und das Wort ergriff Abgeordneter Dr. Tóth von der Einheits­partei. Weiteres im Morgenblatt: Die Krise in Deutschland. Das Scheiden Brünings aus der Macht hat im Deutschen Reiche eine völlig ungeklärte Lage ge­schaffen. Soweit man sich aus dem bisherigen Ver­lauf der plötzlich heraufbeschworenen (obwohl durchaus nicht unerwarteten) Krise ein Urteil bil­den kann, stellt es fest, daß der Sinn des Ent­schlusses des Reichspräsidenten das Bestreben war, dem Reich eine Regierung zu geben, die sich auf das Wohlwollen der rechtsstehenden Elemente ein­schließlich der Nationalsozialisten stützen könnte. Was bis jetzt über die wahrscheinlichen Mitarbeiter des Herrn v. Papén bekannt wurde, läßt in dieser Hinsicht keinen Zweifel übrig. Damit ist noch nicht gesagt, daß die Rechtsschwenkung in der Reichspo­­lilik zur Bildung einer Regierung führen wird, die sich einer größeren paidamentarischen Stabilität er­freut, als es beim Kabinett Brüning der Fall war. Gelingt es dem Herrn v. Papén, im Sinne seines Auf­trags eine „überparteilich-nationale“ Regierung zu bilden, d. h. eine, an der die Nationalsozialisten zwar nicht beteiligt sind, die sie aber unterstützen kön­nen, so bedeutet dies in parlamentarischer Sprache soviel, daß die Sozialisten, die das Kabinett Brüning VASBUTOROK, KERTIBUTOROK IllIITER ÉS SCflRAMZ, VILMOS CSASZAR-HI 63. unterstützt haben, in die Opposition gedrängt wer­den. während die bisherige „nationale Opposition ", Nationalsozialisten und Deutschnationale, zum regie­rungsfreundlichen Lager zugezogen werden. Da er­hebt sich die Frage, ob diese neue Kombination im gegenwärtigen Reichstag mehr Aussicht auf Stabili­tät bietet, als das System Brüning, das ja bei den entscheidenden Abstimmungen bis zuletzt die Mehr­heit der Stimmen auf sich vereinigen konnte? Die Beantwortung der Frage hängt von der Hal­tung des Zentrums ab. Die Parteien rechts vom Zen­trum (einschließlich der Nationalsozialisten) stellen im Reichstag 250 von 577 Stimmen, also eine aus­gesprochene Minderheit dar. Wird sich also das Ka­binett Papén bloß auf die Rechtsparteien ohne das Zentrum stützen, so wird es sich in einer entschiede­nen Minderheitsstellung befinden. Herr von Papén selbst ist allerdings Zentrumsmann, ebenso wie der scheidende Reichskanzler, es ist aber mit der Mög­lichkeit zu rechnen, daß eine bedeutende Fraktion der Partei sich zu Brüning stellen und die neue Re­­gierungskombination ablehnen wird. In diesem Falle kann aber die Lage nur durch Neuwahlen ge­klärt werden, und die neue Regierung wird sich dar­auf beschränken müssen, interimistisch bis zur Wahl­entscheidung die Geschäfte zu führen. Diese Neu: wählen würden nun dem deutschen Volke die Ge­legenheit geben, über die politischen Geschicke des Reichs eindeutig und endgültig zu entscheiden. Die große Frage bei den Wahlen würde lauten, ob die Mehrheit des deutschen Volkes den gegenwärtigen Staat weiter erhalten, oder das Dritte Reich Hitlers aufrichten will. Vor nicht ganz zwei Monaten wurde diese Frage bereits beantwortet. Damals entschied sich die Mehrheit gegen Hitler, und die Parole der slaatserhaltenden Elemente war der Name Hinden­­burgs. Jetzt muß wahrscheinlich — gerade durch den Entschluß Hindenhurgs — diese Frage nochmals aufgeworfen werden. Von der Antwort hängt das Schicksal Deutschlands und in hohem Maße auch das Schicksal Europas ab. Berlin, 1. Juni. Der mit der Neubildung des Kabinetts beauf­tragte v. Papén hatte eine Besprechung mit dem Reichskanzler Dr. Brüning. In parlamentarischen Kreisen verlautet, daß er Herrn Dr. Brüning die Übernahme des Postens des Außenministers anbieten will. Der geschäftsführende Vorstand der Zentrums­fraktion hielt gleichzeitig im Reichstag eine Sitzung ab. Die Fraktionssitzung des Zentrums beginnt mit­tags 12 Uhr. Die sozialdemokratische Fraktion hielt gleichzeitig eine Fraktionssitzung ab. Wir veröffentlichen hier die heule eingetroffe­nen Tele l&mme: (Telegramm des Pester Lloyd.) Berlin 1. Juni. Endgültige Nachrichten über die Zusammensetzung des neuen Reichskabinetts sind bisher noch nicht in die Öffentlichkeit gedrungen. Die Linkspresse lehnt im vor­hinein die politische Richtung des neuen Kabinetts ab, •während die Rechtspresse die Ereignisse wohl kommen­tiert, sich aber vor der endgültigen Stellungnahme hütet. Der Umstand, daß der Reichspräsident Herrn v. Papén so rasch mit der Kabinettsbildung betraute und daß die Liste der künftigen Minister fast unmittelbar darauf fertiggestellt worden war, läßt die Voraussetzung der Blätter als begründet erscheinen, daß die Betrauung Herrn v. Papes der eigenste Entschluß des Reichspräsi­denten gewesen sei, den er bereits vor vier Wochen gefaßt habe. Der Lokalanzeiger bezeichnet das künftige Reichs­kabinett als eine Regierung der nationalen Konzentration, worunter er aber keineswegs die Konzentration der Par­teien, sondern die der nationalen Kräfte versteht. Es sei natürlich — fügt das Blatt hinzu —, daß der Reichs­präsident diese Politik mit den Männern durchzuführen gedenkt, die innerhalb des Kreises seiner persönlichen Be­kannten ihm zur Verfügung standen. Das Blatt bemerkt noch, daß weder die Deutschnalionalen, noch die Natio­nalsozialisten offiziell einen Einfluß nuf die Kabinetts­bildung ausübten. Die deutschnationale Börsenzeitung vertritt die Mei­nung, daß der Reichspräsident in richtiger Erkenntnis der drohenden Lage, die keine Verzögerung mehr duldet, sich zum sofortigen Handeln entschlossen habe. Die Betrauung v. Papens, der den Zentrumkreisen angehört, und kraft seiner Abstammung, seines Berufes und seiner Kultur als der typische Rechtspolitiker bezeichnet werden könne, weist darauf hin, daß der Reichspräsident die Reichspoli­tik in neue Bahnen lenken wolle, die dem Volkswillen ent­spreche und mit der schwierigen Lage des Reichs in Ein­klang stehe. Die Deutsche Allgemeine Zeitung wirft die Frage auf, welche Stellung das Zentrum der Betrauung Papens ge­genüber einnehmen werde. Nach der Auffassung des Blattes sei das höchste, was Papén vom Zentrum erwar­ten könne, bloß eiskalte Reserve. Die Germania habe ja, allerdings vor der offiziellen Bestätigung der Nachricht, gegen die Betrauung v. Papens in schärfster Weise Stel­lung genommen. Gennania betonte noch gestern auf das nachdrücklichste, daß niemand das Recht habe, sich dar­auf zu berufen, er sei ein Vertrauensmann des Zentrums. Die Kommentare der Linkspresse sind äußerst scharf. Die Vossische Zeitung meint, die Audienz der Partei­führer hätte offenkundig gar keinen Einfluß auf die Ent­schließung des Reichspräsidenten gehabt, der im stillen bereits vor vier Wochen beschlossen hätte, wen er mit dec Führung der Reichspolitik betrauen, werde, Papén sei vom niemand, am wenigsten von den Führern dei Zentrums empfohlen worden. Die Linksblätter rechnen damit, daß die neue Regierung, die auf die Unterstützung; der Nationalsozialisten angewiesen ist, den veirschiedenest Nazi-Formationen die Bewegungsfreiheit zurückgebeni werde. ‘V , ! Vorwärts weist in der schärfsten F'onm die Zu­mutung zurück, daß die Sozialdemokratische Partei did Regierung v. Papens in irgendeiner Form unterstützen würde. 1 i Wuppertal, Í. Juni, (Wolff.) Gestern fand in einem Lokal eine Versamm­lung der Nationalsozialisten statt. Kurz vor Beginn háttéri in den umliegenden Straßen Angehörige anderer politi­schen Parteien sich angesammelt, um die Versammlung zu stören. Auf die Polizeiibeamlen, die zur Wiederherstel­lung der Ordnung eingesetzt wurden, wurden acht Schüsse ahgefeuert. Die Polizeibeamten erwiderten das F"euer auf die Demonstranten, von denen einer einen Oberschenkel­schuß erhielt und ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Insgesamt wurden 96 Personen zwangsgestellt. Französische Blätterstimmen. Paris, 1. Juni. (U. T.-K.-B.) Petit Párisién beschäftigt sich mit der neuen deutschen Regierung und betont, daß die Reichs­regierung aus dem Grunde so rasch gebildet wurde, weil man in Berlin die Pariser, Londoner und Washingtoner Kreise beschwichtigen wollte. Ferner wollte man ver­meiden, daß die Konferenz von Lausanne verschoben werde. Die neue Regierung sei nach dem Blatte vor allem eine Ubergangsregierung. Nach Matin werde die Regierung v. Papens Deutsch­land auf den internationalen Konferenzen nicht gerade mit großer Autorität vertreten. Echo de Paris behauptet, daß die neue deutsche Re­gierung vor allem ein Militärkabinett sei, das für den Frieden Europas verhängnisvoll werden könne. Falls aber Frankreich mit genügender Energie und klarer Vernunft auftritt, kann der Sturz der Brüning-Regierung für den europäischen F'rieden sogar von Nutzen sein. Das Blatt der Radikalen, Ere Nouuelle, hebt her­vor, daß Frankreich nur mehr eine Pflicht habe, nämlieft im Interesse des Weltfriedens nichts von seinen gerechten Ansprüchen nachziüassen. o 8 • Mittwoch, 1982; Der Rücktritt der rumänischen Regierung« Bukarest, 1. Juni. I (U. T.-K.-B.) Die Fraktionsleitungen wurden nacK dem Rücktritt des Kabinetts einberufen, um in der Frage der Regierungskrise Stellung zu nehmen. Die Leitung der Liberalen Partei hielt in der Woh­­nung Ducas eine Sitzung ab. Es wurde beschlossen, an der Bildung eines Konzentrationskabinetts nicht teilzu­nehmen. Die Liberalen tragen es Titulescu nach, seine Sympathien für die Nationale Bauernpartei allzu offen bekundet zu haben. Nach Duca kann in der heutigen äußerst schwierigen Lage nur eine Parteiregierung in Frage kommen. ,| Von den Führern der Nationalen Bauernpartei halten sich Mihalache und Madgearu im Auslande auf. Sie wur­den von den Ereignissen telegraphisch verständigt. Vajda wird morgen früh aus Kolozsvár eintreffen. Mit ihm be­gibt sich wahrscheinlich auch Maniu nach der Hauptstadt. Die Nationale Bauernpartei 'besteht auch weiterhin auf ihrem Standpunkt, daß ein demokratisch gewähltes Parlament einberufen und eine Regierung gebildet wer­den müsse, die das Vertrauen dieses Parlaments besitzt. Im übrigen wird die Partei Titulescu in seiner Bestrebung zur Regierungsbildung unterstützen. Die Blätter äußern sich über die Aussichten Titulescus ziemlich skeptisch. Gelingt es Titulescu nicht, da« Kabi­nett zu bilden, so soll Vajda mit der Regierungsbildung be­traut werden. Bukarest, 1. Juni. (U. T.-K.-B.) Das Telegramm des Königs hat Titulescu in Montreux erreicht Titulescu wird den Heimweg noch heute antreten; seine Ankunft in Bukarest wird für Frei­tag abend erwartet. FRANKREICH. Keine Einigung zwischen Radikalen und Sozialisten, (Telegramm des Pester Lloyd.) Paris, 1. Juni. Der Vollzugsausschuß der Radikalen Partei hielt Dienstag abend eine Sitzung ab, in der Herriot mit un­beschränkten Vollmachten ausgestattet wurde, die bevor­stehenden Verhandlungen über die Bildung des neuen Kabinetts zu führen. Herriot begründete in einer längeren Rede, warum er die meisten sozialistischen Programm­punkte nicht annehmen könne. Wer könne heute "wissen, unter welchem Bedingungen die Lausanner Konferenz tagen, wer könne wissen, mit wie vielen unbekannten po­litischen und wirtschaftlichen Quantitäten man in der nächsten Zukunft rechnen müsse? Ihre Zahl sei ja durch die Ereignisse der letzten Tage besonders vermehrt wor­den, und diese Ereignisse hätten nicht nur Frankreich, sondern auch andere Demokratien unruhig gemacht. Die Radikale Partei sprach sich sodann für die stufenweise und partielle Abrüstung aus, vorausgesetzt, daß die Si­cherheit Frankreichs unberührt bleibe, und lehnte jedes Zusammenwirken mit der bisherigen Kammermehrheit ab. Die gestrigen Beschlüsse werden an die Sozialistische Partei geleitet, die ihrerseits darüber zu entscheiden ha­ben wird, ob sie mit den Radikalen zusammemzuarbeiten gewillt ist. Paris, Í. Juni. In der heutigen Vormittagssitzung des sozialistischen Parteikongresses berichtete Leon Blum über seine Unter­redung mit den radikalen Führern und erklärte, daß der Beschluß der Radikalen die Ablehnung einer unmittel­baren Verhandlung mit den Sozialisten bedeute. Hinsicht­lich der Programmpunkte gingen die Auffassungen der Radikalen und der Sozialisten in der Frage der Verstaat­lichung der Rüstungsfabriken, der vierzigstündigen Ar­beitswoche und der Verstaatlichung der Eisenbahnen völ­lig auseinander.

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