Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1932. november (79. évfolyam, 247-270. szám)
1932-11-03 / 247. szám
Einzelnummer an Wochentagen IC, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement; Für Budapest: mit täglich zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgenund Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenbiatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P. Für das Abendblatt allein vierteljährlich 8 P, monatlich 3 P. FUr die separate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz ist vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldschmidt Für das Ausland mit direkter Kreuzbandsendung vierteljährlich: Für Oesterreloh und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt. Telephon der Redaktion: 848-20.PESTER LLOYD M ÖRGENBLATT b mseratenaufnahme: ln Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, i. Blookner. i.Blau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri A Nagy, Harsányt, Haasensteln & Vogler, Cornel Loopold, Julius Leopold, Nagy. hirdetőiroda, Nőssé Rudolf A.-Q , Julius Tenzer, l'ray. Generalvertretung des Pester Lloyd iir Oesterreich: M, Dukes Naohf. A.-Q. Wien, Wollzeile 16. i£inzelnnn)ghier tili Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller Abendblatt 10 Heller. — Für Oesterreloh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr-, an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr, Redaktion u. Adm.: VH Nária Valőria-uoca 12. Telephon der Administration: 849-0 79. Jahrgang. Budapest, Donnerstag, 3. November 1932« Nr. 247 Zur Wahl des neuen Lord-Mayor von Budapest. Budapest, 2. November. An den Bürgermeister der Haupt- und Residenzstadt ist nunmehr das Regierungsreskript herabgelangt, das die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung der Repräsentanz zum Zwecke der Wahl eines neuen Oberbürgermeisters innerhalb von acht Tagen verfügt, und zugleich mit dem Reskript ist dem Bürgermeister auch das versiegelte Handschreiben des Reichsverwesers zugegangen, das die Namen der Dreierkandidatur enthält, unter denen der Vertretungskörper von Budapest die Wahl zu treffen haben wird. Das Siegel des Handschreibens ist noch ungelöst, und die drei Namen sind also vorerst ein Staatsgeheimnis, — allerdings aber eines, das die Spatzen auf allen Dächern schon seit Tagen pfeifen. Man weiß in der Tat, daß an erster Stelle ein Mann kandidiert ist, der zurzeit als Obergespan eines Provinzmunizipiums im öffentlichen Dienste steht, der bisher dem munizipalen Leben von Budapest völlig fernstand und den die Budapester Bürgerschaft sozusagen nur vom Namen her kennt. Es werden diesem an erster Stelle in Vorschlag gebrachten Staatsfunktionär ganz ausgezeichnete Eigenschaften nachgerühmt; allgemein verlautet von ihm, er zeichne sich durch vorbildliche Energie aus, sei von hervorragender Begabung im Verwaltungsdienste, durchdrungen von starkem Gerechtigkeitsgefühl und ein unnahbarer Charakter. Das sind gewiß Eigenschaften, die an und für sich sehr rühmenswert wären, die jedoch nach unserem Dafürhalten noch nicht ausreichen, um ihn für diesen höchsten Vertrauensposten an der Spitze der hauptstädtischen Verwaltung zu qualifizieren, Von den Obergespänen, die in den Komitaten und den Provinzstädten als Vertrauensmänner der Zentralregierung fungieren, unterscheidet sich nämlich der Oberbürgermeister der Haupt- und Residenzstadt darin, daß er das Vertrauen der Regierung und der Bürgerschaft in gleichem Maße besitzen muß. Das drückt sich auch schon in der Art und Weise aus. wie der Budapester Oberbürgermeister seine Betrauung empfängt. Die Obergespäne werden vom Staatsoberhaupt auf Vorschlag des Ministers des Innern ernannt; der Oberbürgermeister von Budapest hingegen wird auf Grund einer Dreierkandidatur des Staatsoberhauptes von der Munizipalvertretung gewählt. Es spricht sich in dieser unterschiedlichen Betrauungsweise die Tatsache aus, daß der Ober-I. !E------bürgermeister nicht ausschließlich als staatliches Aufsichtsorgan funktioniert, sondern auch mit der Ausübung wichtiger Befugnisse im Bereiche der Autonomie betraut ist. Nach dem Gesetze vereinigt er also in seiner Person zwei Machtelemente, deren eines im staatlichen Aufsichtsrecht wurzelt, während das andere im Rechtsboden der Autonomie verankert ist. Der Oberbürgermeister vertritt nach oben hin die Interessen der hauptstädtischen Selbstverwaltung und nach unten hin die Einflußsphäre, die der Zentralregierung auf die autonome Verwaltung der Hauptstadt zusteht. Das ist Ursprung und Sinn der Rechtsentwicklung, die dahin geführt hat, daß zwar die Repräsentanz der Hauptstadt den Oberbürgermeister wählt, daß sie jedoch in der Wahl auf die drei Kandidaten beschränkt ist, die der Staatsoberhaupt auf Vorschlag der Regierung namhaft macht. Der Oberbürgermeister muß also, wie gesagt, das Vertrauen der staatlichen Zentralgewalt und das der gesetzlichen Vertretung der hauptstädtischen Bürgerschaft in gleichem Maße besitzen. Wenn die Gerüchte über die Person des an erster Stelle in Vorschlag gebrachten Kandidaten zutreffen, wird der Vertretungskörper der Hauptstadt mit dem schon für die nächste Woche in Aussicht genommenen Wahlakte vor eine äußerst schwierige Lage gestellt sein. Es ist nämlich althergebrachter Rechtsbrauch und auch eine Sache der schuldigen Reverenz dem Staatsoberhaupt gegenüber, daß von den drei Kandidaten der an erster Stelle in Vorschlag gebrachte gewählt wird. Aber in ebensolchem Maße sollte es nach unserem Dafürhalten auch ein Gebot des politischen Feingefühls sein, daß die verantwortlichen Amtsstellen an erster Stelle einen Mann kandidieren, der nicht nur Budapest kennt, spndern den auch die Budapester kennen. Wird von diesem Prinzip abgewichen, so entstellt der peinliche und für diese Millionenstadt geradezu beleidigende Anschein, als ob die Zentralregierung unter den prominenten Bürgern dieser Hauptstadt, unter den alteingesessenen Führern des munizipalen Lebens von Budapest keinen einzigen fände, dem sie die Fähigkeit zumuten könnte, diesen Vertrauensposten zu bekleiden. Es wäre wahrlich kein Wunder, wenn das Volk von Budapest eine Demütigung darin erblicken würde, daß nach Ansicht der Regierung sich unter den zahlreichen Männern, die sich im Verwaltungsleben der Hauptstadt betätigen, kein einziger auftreiben läßt, der fähig und würdig wäre, auf den Oberbürgermeisterposten berufen zu werden, daß also in dieses höchste Amt der hauptstädtischen Verwaltung ein Funktionär von außen her geholt werden muß. Eine derartige Beurteilung hat überdrüssigen manchmal aus Langweile, oder in unserem jugendlichen Übermut einem Verhör unterzogen und daß es uns mehr als einmal gelang, die aus dem Rachen des Todes geretteten Flüchtlinge des Lebens in gute Laune zu versetzen. Besonders viel Spaß trieben wir mit den Verliebten, die von den kalten, schmutzigen und strudelnden Wellen in manchem Falle gründlich ernüchtert wurden. Bei solchen Gelegenheiten konnten wir sagen, daß das Sterbens verliebtsein zuweilen bis zur Pforte des Todes andauert, aber, wenn es gelang, jemand von dort zur Rückkehr zu bewegen, dieser dann von den tragischen Torheiten der Liebe nichts mehr wissen will. Nach einer gewissen Dienstzeit konnten wir indessen feststellen, daß — Ernüchterung hin, Ernüchterung her -— die Liebe eine sehr große Sache ist. Wenn Elend, Krankheit, Verzweiflung, Irrsinn einen in die Arme des Todes stoßen, ist das begreiflich. Schließlich gibt es Fälle, wo das Sichherumplacken mit dem Leben ein größerer Unsinn ist, als der Selbstmord. Daß aber gesunde, schöne, junge Menschen das Leben von sich werfen, bloß weil ein anderer, gesunder, schöner und junger Mensch nicht geneigt ist, sie zu lieben, oder weil er ihrer überdrüssig geworden, oder sich Hirer Liebe unwürdig gezeigt hat, — ist doch ein schreckliches, unverständliches und erhabenes Geheimnis. Wollen Sie sie nur einmal sehen, von Angesicht zu Angesicht, wie sie auf dem Boden des Rettungsbootes h!ngestreckt, aufgequollen, blau im Gesicht, mit der. Grimasse der Angst, des Entsetzens und der Entschlossenheit in der Miene, mit verdrehten Augen und schäumendem Mund sich winden... Bitte dann, über die Liebe und den Tod zu spötteln. Sterbensverliebt sein ... Liebe bis in den Tod, das ist eine himmelsohreiend große Sache, wenn man es recht bedenkt! An einem Abend geschah es, daß sich von den die Budapester Bürgerschaft wahrlich nicht verdient. Die Selbstverwaltung, die sich diese Hauptstadt gegeben hat, ist mustergültig. Unsere Hauptstadt ist in der Tat eine der bestverwalteten Großstädte der Welt, und das geistige und moralische Niveau ihrer Adminisration stellt dem Bürgersinn der Bevölkerung und des sich auf ihr Vertrauen stützenden Verwaltungsapparates das glänzendste Zeugnis aus. Wie läßt sich nun mit dieser Tatsache die Vorgangsweise der Regierung vereinbaren, die einen Außenseiter aus der Provinz an erster Stelle für den Posten des Oberbürgermeisters kandidiert? Budapest — das bestätigen auch alle ausländischen Beobachter, die uns aufsuchen — ist die würdige Metropole Ungarns, das allen Grund hat stolz auf sie zu sein. Nicht nur beträgt die Bevölkerung der Hauptstadt ein volles Neuntel der ganzen Landesbevölkerung; auch die Einrichtungen kultureller Natur und die wirtschaftliche Ausrüstung, die sich diese Hauptstadt geschaffen hat, und die mächtige Kreditorganisation, die von hier aus das Land mit ihrem Netz umspannt, sowie die Bedeutung der Budapester Kaufmannschaft im Handelsverkehr Ungarns geben der Metropole eine Bedeutung, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Und da sollte die Bürgerschaft, die sich auf derartige Leistungen berufen darf, es nicht als kränkende Zurücksetzung empfinden, wenn die Regierung ihr zumutet, nicht aus den eigenen Reihen einen Oberbürgermeistei stellen zu können? Nicht Nörgelsucht veranlaßt uns, dies zu fragen. Sie schwebt auf allen Lippen, und wenn der Minister des Innern sich die Mühe nähme, hinzuhorchen auf die Gespräche, die die Bürger von Budapest in dieser Sache miteinander führen, so würde er die Wahrnehmung machen müssen, daß sein Vorgehen in allen Kreisen der Bevölkerung einen schmerzlichen Resens hervorgerufen hat. Bei aller verdienten Achtung, die wir diesem Minister für die unbeugsame Energie, mit der er sein verantwortungsvolles Amt verwaltet, entgegenbringen, ja gerade weil wir ihm ansonsten volle Anerkennung für seine Regierungstätigkeit zollen, erachten wir es als unsere Pflicht, ihm zu sagen, daß er hier einen Fehlgriff begangen hat, durch den sich die Bürgerschaft von Budapest peinlich berührt fühlt. Ministerpräsident Julius Gömbös hat anläßlich des Amtsantritts seiner Regierung erklärt, daß er und seine Ministerkollegen die Kritik nicht scheuen, sie vielmehr willkommen heißen, wofern sie sachlich und -loyal ist. Mit den obigen Bemerkungen glauben wir, nicht gegen die Anforderungen einer sachlichen und loyalen Kritik verstoßen zu haben. Aus der peinlichen Lage, vor die Budapest nunmehr zwei Brücken des Stromes zwei Menschen ins Wasser warfen. Auf . der Rettungsstation entstand ein großes Hin- und Herlaufen. Unsere zwei Motorboote glitten pfeilgeschwind auf die zwei Selbstmörder los. Eine Frau atmete schon nach zehn Minuten leise im Krankenzimmer, sie klapperte ein bißchen mit den Zähnen und schlürfte gierig den heißen Tee. Nach einer halben Stunde fehlte ihr nichts mehr, und man brachte sie zu mir ins Inspektionszimmer. Ich nahm mit ihr das Protokoll auf — es war ein hochgewachsenes, bleiches, hübsches Mädchen mit blauen Augen —, Magda mit Namen. Die Pflicht der amtlichen Verschwiegenheit verbietet es mir, über sie mehr zu sagen. So viel kann ich jedoch verraten, daß auch sie ein Opfer der Liebe war. Sie erzählte, daß sie sich heute abend mit Gábor, ihrem Bräutigam, zerzankt hätte. Gábor ist ein schrecklich eifersüchtiger Mensch. „Hat er Sie betrogen?“ „Ach, mein Herr, Sie haben keine Ahnung, was Gábor für ein braver Junge ist. Er ist schön, klug, stattlich, unvergleichlich. Ich bete ihn an. Er ist meine erste und letzte Liebe. Jeden Augenblick wäre ich bereit, für ihn zu sterben.“ Magda brach in. Tränen aus, dann erhob sie ihre großen, blauen Augen entsetzt zu mir. „Um Gottes willen, geben Sie acht, denn auch Gábor sagte, daß er sich umbringen, will.“ Ich mußte lächeln. „Hat er es versprochen?“ „Scherzen Sie nicht, mein Herr,“ schrie das Mädchen, „Sie kennen Gábor nicht. Gábor hält sein Wort.“ Das Mädchen zitterte am ganzen Körper. Ich halte keine Zeit, mich mit ihr zu befassen, denn zwischendurch hatte man den anderen Lebensüberdriissigen gebracht, mit dem die Retter augenscheinlich schwere Arbeit hatten. Ich ging ins Kranken- Feuilleton. Die große Liebe. Von NIKOLAUS SURÁNYL Am Flußufer hatten wir eine hübsche Rettungsstation, in der auch das Schutzbureau für Selbstmörder untergebracht war. Nebenher muß ich bemerken, daß das Bureau und die Rettungsstation aus der Stiftung erbaut wurde, die Baron Vitalis den Lebensüberdrüssigen hinterlassen hat, jener Baron Vitalis, der selbst zum Selbstmörder geworden war, nachdem er an der Bestätigung der aus den statistischen Wissenschaften bekannten Gesetze der großen Zahlen den Verstand verloren hatte. Unsere Station, vor der das Motorboot der Retter beständig in Bereitschaft schaukelte, bestand aus einem mehrzimmerigen Ufergebäude, in dem Platz war für den inspektionierenden Polizeioffizier, den Maschinisten des Motorbootes, für die Mannschaft und den Rettungsarzt, aber es war auch noch ein kleines Krankenzimmer da, wo den aus dem Wasser gezogenen Lebensüberdrüssigen die erste Hilfe geboten wurde. Als junger Polizeioffizier war ich der Leiter der Station. Im allgemeinen waren wir, die da Dienst taten, alle junge, gesunde, lebensfrohe und sorglose Menschen, und auch die jeden Tag sich wiederholenden Selbstmordtragödien waren nicht imstande, in uns die Liebe zum Leben abzuteten. Ich bekenne freimütig, daß die häufige Begegnung mit dem Tode uns ein bißchen zynisch gemacht hat, etwa wie die Diener der Anatomie, die Leichenwäscher oder die Totengräber. Die Tragödie, wenn sie alltäglich wird, verliert ihren erhabenen Charakter und fällt in den Sumpf der Gleichgültigkeit oder der Ironie. Überflüssig zu sagen, daß wir die Lebcns