Pester Lloyd - esti kiadás, 1932. december (79. évfolyam, 271-295. szám)

1932-12-01 / 271. szám

[PESTER LLOYD - jming mit derartigen terroristischen Mitteln zurück­­drängen zu können. (Lebhafte Zustimmung.) Ich [glaube, daß die Rumänen in dieser Hinsicht eine Enttäuschung erleben werden. Die Dinge, die sie | treiben, werden die ganze öffentliche Meinung und die allgemeine Stimmung Ungarns, die im Wunsch \ nach Wiedergutmachung der uns zugefügten Unge­rechtigkeiten kulminieren, durchaus nicht tangieren '(Lebhafte Zustimmung), — sie werden höchstens •die Stimmung der Öffentlichkeit gegen die Natio­nen, die die ihnen gewährten Vorteile gegen das unter ihre Macht gelangte Ungar turn auf diese Weise ausnützen, nur noch steigern. Ich glaube aber, daß die Rumänen sich auch in der Erwartung täuschen werden, daß infolge der jüngsten Vorgänge unsere ■Bestrebungen in der öffentlichen Meinung des (Auslandes keinen Widerhall finden werden; — ich ihoffe im Gegenteil, daß ihre Haltung und die gegen­wärtigen Ereignisse in den weitesten Kreisen s Europas die Überzeugung noch mehr vertiefen wer­den, daß die Friedensverträge abgeändert werden müssen (Lebhafte Zustimmung), weil die Mächte, unter deren Staatshoheit ein Teil des Ungartunis durch die Friedensverträge gelangt ist, dem Ungar­­tum und im allgemeinen den Minderheiten gegen­über nicht in der Weise Vorgehen, wie das die Schöpfer der Friedensverträge wahrscheinlich ge­wünscht und erwartet haben, (Lebhafte Zu­stimmung.) Wir haben niemals daran gedacht und denken auch nicht daran, die uns nach unserer Überzeugung Zu Unrecht geraubten Gebiete mit gewaltsamen Mit­teln zurückzuerlangen. (Lebhafte Zustimmung.) (Wir sprechen immer nur von der Wiedergewinnung mit friedlichen Mitteln und wünschen bloß eine ernste und sachliche Revision der Friedensverträge, und dabei werden wir unverändert ausharren, was immer auch in Rumänien geschehen mag. Von un­serer Regierung aber erwarten wir, daß sie mit allen Mitteln und mit ganzer Energie fordern wird, daß diese Bewegungen aufhören, und es wird uns freuen, wenn die Regierung auch in diesem Hause erklären wird, in dieser Hinsicht mit aller Festigkeit vorzugehen. (Lebhafte Zustimmung, Applaus und Eljenrufe auf allen Seiten des Hauses.) Auf diese Worte Dr. v. Berzeviczys antwortete Außenminister Dr. Puky im späteren Verlaufe der Sitzung folgendes: Se. Exzellenz Albert v. Berzeviczy hat vor der .Tagesordnung die in Rumänien vorgefallenen Ereig­nisse, sagen wir Exzesse, ferner die Affichierung eines prahlerischen Plakates und jene Verfolgungen zur Sprache gebracht, die jüngst in Bukarest und im Laufe des. gestrigen Abends in Kolozsvár gegen unsere ungarischen Brüder verübt worden sind. Gern würde ich die Ausführungen Sr. Exzellenz •sofort beantwortet haben, doch war ich in der glei­chen Angelegenheit durch die Aussprache im Abgeord­netenhause in Anspruch genommen. Ich danke also dem geehrten Oberhause, daß es mir jetzt Gelegen­heit gibt, im Namen der Regierung auf die Rede Sr. Exzellenz, des Oberhausmitgliedes Berzeviczy zu­rückzukommen. — Die ungarnfeindliche Verhetzung in Rumä­nien reicht auf etwa drei Wochen zurück. Damals erfolgten in Bukarest jene Unruhen, die die geehrten Oberhausmitglieder wohl aus den Zeitungsberichten zur Genüge kennen. Die Regierung hielt es bereits damals für ihre Pflicht, in dieser Angelegenheit durch ihre diplomatische Vertretung die erforder­lichen Schritte zu unternehmen. Das ist auch ge­schehen, und auf die Intervention unseres Buka­­rester Gesandten ist auch eine scheinbar völlig zu­friedenstellende Antwort erfolgt. Der Außenminister verlas nun ebenso wie im Abgeordnetenhause die Antwort, die in Abwesenheit Titulescus vom Staatssekretär Radulescu erteilt worden war. Der Minister fuhr nun fort: Die in Aussicht ge­stellten Maßnahmen wären keineswegs überflüssig gewesen, da wir Kenntnis davon hatten, daß am heutigen Tage sowohl in Kolozsvár, als auch in Arad und Temesvár sogenannte antirevisionistische Kund­gebungen stattfinden werden, von denen man be­fürchten mußte, daß sich die ungarnfeindlichen Ausschreitungen wiederholen würden. Ebendeshalb hatte also die rumänische Regierung die Möglich­keit, die erforderlichen Gegenmaßnahmen durch ent­sprechende polizeiliche Verfügungen rechtzeitig zu treffen. Um so bedauerlicher ist es, daß sich die Er­eignisse zutragen konnten, die in Kolozsvár dazu führten, daß die Ausschreitungen gegen das dortige Paßamt stattgefunden haben. Hohes Haus! Da sich diese Ereignisse innerhalb von nicht ganz drei Wochen wiederholten, könnte ich dem Gesagten vielleicht noch hinzu­fügen, worauf ich schon im Abgeordnetenhause hin­gewiesen habe, daß nämlich auch in einem Teile der jugoslawischen Presse Hetzartikel gegen Ungarn er­schienen, die eine gewisse Planmäßigkeit erkennen lassen. Ich will nicht behaupten — ich habe keine Beweise dafür —, daß dies unter einer gewissen ein­heitlichen planmäßigen Leitung geschieht, aber es ist zumindest auffallend, daß diese Exzesse zeitlich übereinstimmen. (Lebhafte Zustimmung auf allen Seiten.) . Die ungarische Regierung hat selbstverständlich sofort nach Empfang der telephonischen Meldung aus Kolozsvár alle Verfügungen getroffen, die dring­lichst zu treffen waren. Ich wies unseren Bukarester Gesandten, an, bei der rumänischen Regierung gegen diese neueren Exzesse schärfsten Protest einzulegen (Lebhafte Zustimmung), von ihr nunmehr die Ver­hinderung der Wiederholung derartiger Exzesse zu fordern (Lebhafte Zustimmung) und auf Gewährung der Genugtuung zu bestehen, die im internationalen Leben in solchen Fällen allgemein üblich ist. (Lang­­andauernde lebhafte Zustimmung und Applaus auf allen Seiten.) Überdies beabsichtigt die ungarische Regierung, diesen Vorfall dem Urteilsspruch der gesamten Kul­turwelt zu unterbreiten. (Langanhaltende allgemeine Zustimmung.) Denn wir können schwach sein, was unser Gebiet betrifft, wir können schwach sein in der Zahl unserer Bevölkerung, und auch unsere Macht­mittel, sowie unsere wirtschaftlichen Kräfte können geringfügig sein, aber unser nationales Selbst­bewußtsein ist nicht schwächer geworden. (Lang­­anhaltende Zustimmung und Applaus auf allen Seiten.) Dieses nationale Selbstbewußtsein, das, wie ich überzeugt bin, eine lebende Wirklichkeit ist, ge­bietet uns Ruhe, weil es eine wahre Kraft ist, und wahre Kraft mit ruhigem Bewußtsein und sicherem Auftreten einhergeht. (Lebhafte Zustimmung auf allen Seiten.) Und keinesfalls kann ich eben im Be­sitze unseres nationalen Selbstbewußtseins zulassen, daß unser Publikum vielleicht unter der Wir­kung der jüngsten Ereignisse sich zu Retorsionen hinreißen lasse. (Allgemeine Zustimmung.) Ich kann das hohe Haus beruhigen, daß in dieser Hinsicht die nötigen Verfügungen bereits getroffen sind, und will nur noch betonen, daß wir die Kraft unserer Wahr­heit eben damit beweisen, daß wir von ähnlichen Mitteln keinen Gebrauch machen. (Allgemeine leb­hafte Zustimmung und Applaus auf allen Seiten.) Vorläufig ist es so viel, was ich antworten wollte. Ich bitte es zur Kenntnis zu nehmen. (Langanhalten­der Applaus und Zustimmung auf allen Seiten.) Oberhausmitglied Berzeviczy nahm nach dieser Rede noch einmal das Wort. — Diese Antwort des Herrn Ministers, sagte er, hat auf uns den denkbar besten Eindruck gemacht, weil sie uns überzeugt hat, daß die Regierung ihrer Pflichten jenen Ereignissen gegenüber bewußt ist und mit aller Energie dahin wirken wird, daß ähn­liche Zwischenfälle in der Zukunft verhütet werden. Die scheinbar loyale und friedliche Erklärung, die wir bisher von der rumänischen Regierung zu hören Gelegenheit hatten, wird für uns nur dann einen Wert besitzen, wenn in der Zukunft die Tatsachen mit ihr in Einklang stehen werden, was leider bis­her nicht der Fall war. Ich glaube, daß wir die Er­klärungen des Herrn Ministers mit dieser Bemer­kung zur Kenntnis nehmen können. (Allgemeine leb­hafte Zustimmung.) Damit war die Aussprache über diesen Gegen­stand erschöpft, und das Oberhaus trat dann in die Verhandlung der Tagesordnung ein, worüber wir im Morgenblatt berichten.* In den Morgenstunden konzentrierten sich die ungarnfeindlichen Kundgebungen hauptsächlich auf die Gegend des Bahnhofes, wo sich eine mehrtausendköpfige Menge, hauptsächlich rumänische Studenten, angesam­­rnelt hatte, um die mit Sonderzügen aus Bukarest an­­kommenden Abordnungen zur antirevisionistischen Ver­sammlung zu begrüßen. Die Menge rief unaufhörlich? „Nieder mit den Ungarn!“ Kleinere Gruppen durchzogen die umliegenden Straßen und suchten nach ungarischen Passanten, um sie zu insultieren. Von den Morgenblättern berichtet nur ein einzigen Blatt über die Demarche der ungarischen Regierung, fügt aber hinzu, daß man an rumänischer amtlicher Stelle diese Nachricht nicht bestätigen wolle. Die ungarischen Zeitungen weisen darauf hin, daß von rumänischer Seite Agents provocateurs in Tätigkeit getreten sind, weshalb die ungarische Bevölkerung Vorsicht und Ruhe bewah­ren müsse. Die rumänischen Blätter dagegen sind be­müht, die gestrigen Ereignisse so hinzustellen, als ob ungarische Agents provocateurs sie hervorgerufen hätten. Dabei verschweigen diese Blätter, daß an den ungarn­feindlichen Ausschreitungen etwa 6000 Personen beteiligt waren, was beweist, daß es sich nicht um das Werk von Agents provocateurs handeln kann. 0 % • Donnerstag, 1. Dezember 1932 Die Antwort der rumänischen Regie­rung auf die ungarische Demarche. Bukarest, 1. Dezember. Das U. T.-K.-B. meldet: Auf Weisung der ungarischen Regierung über­reichte heute um ein Uhr nachmittags der Buka­rester ungarische Geschäftsträger Bobrik dem Staatssekretär im Ministerium des Auswärtigen Ra­dulescu die Protestdemarche der ungarischen Re­gierung wegen des Angriffs auf die Kolozsvárer un­garische Paßexpositur. Staatssekretär Radulescu drückte im Aufträge des Ministerpräsidenten im Namen sowohl der Re­gierung als auch besonders des Ministerpräsidenten sein tiefstes und aufrichtigstes Bedauern über die Ereignisse aus. Er versprach, daß die Polizei im ganzen Lande die notwendigen Vorsichtsmaßnah­men treffen werde, daß in Zukunft die antirevisio­nistische Bewegung nicht wieder zu derartigen Entartungen führe. Radulescu fügte noch hinzu, daß die rumänische Regierung dieses Vorgehen in der allerschärfsten Weise verurteile und sich damit nicht identifiziere. Weitere Nachrichten aus Rumänien. Bukarest, 1. Dezember. (U. T.-K.,B.) Seit gestern abends 11 Uhr wird die Kolozsvárer ungarische Paßexpositur von einem starken Gendarmeriekordon bewacht. Die heute früh begonnene Feier ist vorläufig ohne Zwischenfall verlaufen. Bei der Kolozsváréi' ungarischen Paßexpositur hat sich heute niemand um ein Visum gemeldet. (Telegramm des Pester Lloyd.) Kolozsvár, 1. Dezember. Die ungarische Bevölkerung der Stadt hatte mit den schlimmsten Befürchtungen der anläßlich der rumäni­schen Vereinigungsfeier geplanten großen antirevisioni­stischen Kundgebung entgegengesehen. Die Veranstaltung, die bekanntlich von der extremnationalistischen Buka­rester Zeitung Universal einberufen worden war, begann um 10 Uhr vormittags. Die Straßen waren bereits in den Morgenstunden voll von Demonstranten, die durch die Stadt zogen und wieder lärmend gegen Ungarn demon­strierten. Die Stimmung der aufgehetzten Menge-war der­art, daß die ungarischen Bewohner der Stadt es. für ge­raten hielten, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. (Telegramm des Pester Lloyd.) Kolozsvár, 1. Dezember. Die Stadt war in den frühen Vormittagsstunden von Fremden überfüllt. Die Bauernschaft der Umgebung war von den Behörden aufgefordert worden, in möglichst großer Zahl nach Kolozsvár zu ziehen und an der anti­­revosionistischen Kundgebung teilzunehmen. Aus den ent­fernter gelegenen Ortschaften brachten Sonderzüge und Lastkraftwagen die Bauern nach der Stadt. Die Behörden versprachen ihnen freie Verpflegung und Getränke und außerdem noch Bargeld. Sie gaben ihnen zu verstehen, daß sie es in der Zukunft stets in Betracht ziehen werden, wer alles bereit war, seiner patriotischen Gesinnung Aus­druck zu geben, als das Vaterland ihn rief. Aus den Nachbarorten zogen die Bauern zu Fuß nach Kolozsvár, an der Spitze der Bauerntrupps wurden Tafeln mit un­garnfeindlichen Inschriften und rumänische Fahnen ge­tragen. Unter Sang und Klang zogen die Bauern durch die Stadt und benützen die Musikpausen zu lärmenden Kund­gebungen gegen Ungarn. Zu ernsteren Zwischenfällen ist es bis zur Eröffnung der antirevisionistischen Tagung nicht gekommen. Scheinbar beobachten die Behörden mit Rücksicht auf die diplomatischen Komplikationen jetzt schon größere Vorsicht. Heute wurden auch schon ent­sprechende Polizekräfte mobilisiert. Die antirevisionisti­sche Kundgebung wurde auf dem Hauptplatz abgehalten. Die Versammlung begann um 10 Uhr vormittags. Zu die­sem Zeitpunkte waren etwa 5000 bis 6000 Personen auf dem weiten Platz versammelt. (Telegramm des Pester Lloyd.) Kolozsvár, 1. Dezember. Die antirevisionistische Kundgebung des Universul verlief unter knallenden Phrasen ohne nennenswerten Zwischenfall. Einem amtlichen Berichte der Kolozsvárer Polizeidirektion zufolge nahmen an der Versammlung etwa 14.000 bis 15.000 Personen teil. Tatsache ist da­gegen, daß der Hauptplatz mehr als 6000 Personen gar nicht fassen kann. Die Behörden haben alles unternom­men, um der Kundgebung einen je imposanteren Rahmen zu geben. Auf dem Hauptplatz und in den umliegenden Straßen wurden Lautsprecher aufgestellt. Der Balkon des Hauses, auf dem die Redner der Kundgebung ihre An­sprachen hielten, war mit Draperien und Blumengirlanden geschmückt. Die Eröffnungsansprache hielt Universitätsprofessör Hatiegan. Er leitete seine Rede mit folgenden Worten ein: Die Zeit ist gekommen, da wir unser Wort zu Gott und den Menschen erheben, um zu beweisen, daß dieses Land uns gehört. Wir wollen keine Sklaven mehr sein. Hatiegan sprach etwa 10 Minuten, worauf sich der griechisch-orientalische Bischof Iuran zum Wort erhob, um u. a. auszuführen: Gott hat uns diesen Tag gegeben, weil Gott unser Volk liebt. Wir wollen unsererseits mit den in unserem Vaterlande lebenden Ungarn gute Beziehun­gen unterhalten, gegen die Feinde verteidigen wir aber unseren Boden. Die hiezu notwendigen Mittel sind uns be­kannt. Bischof Iwan erteilte sodann seinen Segen und ließ die Menge schwören, die Grenzen des Landes bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen. Der nächste Redner war der griechisch-orientalische Bischof Vazul Hosszú, der betonte, daß die Friedensver­träge die Erfüllung des tausendjährigen Traumes Rumä­niens gebracht haben. Gott habe die Revision für ewige Zeiten erledigt, als er erlaubte, die Friedensverträge zu formulieren. Sodann sprach Universitätsprofessor Moldovan vom Kulturverein „Astra“ und der Bürgermeister von Kolozs­vár Theodor Mihai. Beide würdigten die Bedeutung der heutigen F'eier der rumänischen Vereinigung. Der Redner der rumänischen Frontkämpfer Dr. Mettes j sagte u. a.: Wir haben unser Vaterland in blutigen | Kämpfen erobert. Wir wollen den Frieden wahren. Ge­genüber unseren Feinden kennen wir aber keine Gnade. Der Hauptredner der Versammlung war der ehemalige j Justizminister Stelia Popescu, Führer der antirevisionisti­schen Bewegung und Herausgeber des Universul. Die Menge begrüßte ihn mit Beifallsklatschen. Popescu erklärt u. a„ es sei wahr, daß es einen Gott im Himmel gebe und ebenso wahr sei es, daß die rumänische Nation sich am 1. Dezember 1918 für ewige Zeiten vereinigt habe. Po­pescu drückte seine große Befriedigung über die große Zahl der Teilnehmer an der Kundgebung aus. Während des Verlaufs der Versammlung herrschte in der Stadt vollkommene Ruhe. Studenten und sonstige un­verantwortliche Elemente hielten sich auf dem Haupt-! platz auf, wo sie von der Polizei beobachtet wurden, ,

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