Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1933. január (80. évfolyam, 1-25. szám)

1933-01-01 / 1. szám

Einzelnummer an Wochentagen 10, iü Soiu.u ^n 32 Heller« Abonnement: Elf Bodspett: mit täglich zweimaliger Zustellung und för das Inland Morgen­und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenblatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P. Für das Abendblatt allein vierteljährlich 8 P, monatlich 3 P. Für die separate Zusendung des Abend- Wattes nach der Provinz ist viertel* jährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. GoWschmld Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich: Für Oesterreich und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werde« auch bei sämtlichen ausländischen Post­ämtern entgegcngenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt. Telephon der Redaktion: 848-20,FESTER LLOYD MORGENBLATT B iuserateuautnabmie: in Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, 1. Blockner, J. Blau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri í Nagy, Harsányi, Haasenstein '& Vogler, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető­­iroda, Mossa Rudolf A.-3., Julius Tenzer, Uray. Generalvertretung des Pester Llovd für Oesterreich: W. Dukes Machf. A.-G., Wien, VVollzeile 16. Kinxelnummer für Budapest und tiir Sie Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt 10 Heller. — Für Oes'erreloh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Redaktion u.Adm.: V., MáriaVa!ória-uocal2. Telephon der Administration: 849-09. 80, Jahrgang« Budapest, Sonntag, 1. Januar 1933, Nr. 1 Wohin? Budapest, 31. Dezember. (—ti.) Trübe Tage gaben dem ausgehenden Jahre das Grabgelcit, düstere Sorgen empfangen das neue Jahr. Wohin? Wohin steuert dieses erprobte Land, wohin treiben dieGeschieke derWelt, in die auch miser kleines Schicksal eingebettet ist? So bitter auch die Erfahrungen der Jüngstvergangenheit, so er­drückend groß die Aufgaben sein mögen, die die nächste Zukunft an uns stellen wird: es ist nicht menschenwürdig, mit entsagender Gebärde ein un­abänderliches Verhängnis hinzunehmen. Wir leben in einem Jahrhundert der emanzipierten mensch­lichen Vernunft und Kraft. Unberechenbaren ele­mentaren Kräften ist der Mensch nicht mehr ausge­­liefert. Selbst sein Unglück, sein Zusammenbruch hat menschliche Ursachen: ein inneres Versagen, gegen das der heutige Mensch noch viel heroischer kämpfen muß, als seme Vorfahren gegen die Unbill der Elemente gekämpft haben. Eine innere Erneuerung der Menschheit tut not, und vor allem der Glaube daran, daß eine solche Er­neuerung noch möglich ist. Den schwachen Funken dieses Glaubens in uns wollen wir nicht hinsterben lassen. Ein Jahr ist unx, dessen Gewitter diesen Fun­ken manchmal zu ersticken drohten. Aber es beginnt ein neues Jahr, und der Funke lebt noch, der Glaube lebt... Welche Zukunft ist ihm beschieden? Wenn wir jetzt in das leidvolle, verklungene Jahr zurückblicken, müssen wir uns, so unvollkom­men dies auch gelingen kann, uns das Leben des ganzen Erdballs zu vergegenwärtigen suchen. Erst aus solch universeller Betrachtung ergibt sich das abschließende Bild, in das wir unsere eigene Existenz einzustellen haben. Und diese Betrachtung ergibt eine zerrissene, ohnmächtig um Gesundung und Er­starkung* ringende Welt. Eine schwere, grausame Krankheit zehrt noch immer am Körper der Mensch­heit. Alle Ursachen dieser Krankheit keimen wir nicht genau; wohl können wir aber sagen, daß die wichtigste Ursache, die große, entscheidende Kata­strophe der Weltkrieg war. Die Entwicklung, die zum Weltkriege geführt hatte, zerriß die Einheit der Völker der Welt, schuf Mächtegruppen, die sich auf Kosten der anderen durchsetzen wollten. Nach dem Kriege blieb diese Zerrissenheit bestehen und wurde noch schlimmer. Eine Änderung läßt sich immerhin seit dem Abschluß des ersten Nachkriegsjahrzehnts beobachten: früher ging der entscheidende Einschnitt die Liuie entlang, die Sieger und Besiegte vonein­ander getrennt hat; heule ist das nicht mehr der Fall. In den ersten Nachkriegsjahren gab es zwei Lager, die relativ Zufriedenen, die den Krieg ge­wonnen, und die Unzufriedenen, die den Krieg ver­loren hatten. Heute hat sich das Bild geändert. Das Gesetz der unentwirrbaren Verflechtung der Inter­essen aller Völker hat sich beinahe voll ausgewirkt In einer Welt, in der es Völker gibt, die der elemen­tarsten Lebenbedürfnisse beraubt sind, kann es den übrigen nicht restlos gut ergehen. Das Leiden eines Teils der Welt hat auch die übrigen Teile in Mit­leidenschaft gezogen. Es gibt in dieser Hinsicht fast keinen Unterschied mehr zwischen Siegern und Be­siegten. Wenn man heute die Völker der Erde nach dem Grade ihrer Not und Hilfsbedürftigkeit grup­pieren will, so ergeben sich drei Hauptgruppen. In die erste gehören jene großen Völker, die, infolge innerer Wirren verarmt, einen großen Teil ihrer Kaufkraft eingebüßt haben: vor allem China und Bußland. Die zweite Gruppe umfaßt die rohstoff­erzeugenden Länder, die bei der heutigen Wirt­schaftskonstellation aus ihren Erzeugnissen ihre Be­dürfnisse nicht bestreiten können; in dieser Gruppe sind gerade die ost- und mitteleuropäischen Agrar­länder, darunter auch Ungarn, am übelsten dran, die eine relativ dichte Bevölkerung aus dem schwin­denden Ertrag ihres Exports erhalten müssen. Und schließlich gehören in eine dritte Gruppe die Indu­strieländer des Westens, deren Wirtschaftsstruktur noch am gesündesten wäre, wenn die schwindende Kaufkraft ihrer Kunden (der Länder der ersten und zweiten Gruppe) ihre Industrien nicht lahmlegen und einen erschreckend großen Teil ihrer Arbeits­kräfte nicht freisetzeu würde. So, wie heute die Dinge stehen, kann es nicht mehr lange weitergehen. Die Not der vom Übel zu­erst Erfaßten wirkt sich auch bei den anderen, den früher noch Unbetroffenen aus. Nur eine Aktion, die alle Kräfte zielbewußl vereinigt, um die ver­lorene Einheit der Welt wieder herzustellen, kann der Welt helfen. Früher wurde diese Wahrheit, nur von den Unzufriedenen, den änderungsbedürftigen, also den besiegten Völkern verkündet. Die anderen konnten sich noch, da sie besser daran waren, den Luxus der Trägheit leisten, bis dann auch sie von der Krise mit voller Kraft gepackt wurden. Jetzt mußten auch sie lernen, was es heißt. Tag für Tag dem drohenden Untergang entgegensehen zu müs­sen. Und sie haben von den besitzlosen, den schwer ringenden Völkern, die von dieser düsteren täg­lichen Erfahrung seit Jahr und Tag gestählt worden sind, schon etwas gelernt. Sie beginenen einzusehen, daß die übel der Welt gemeinsame Übel sind, und daß man sie bei der Wurzel anpacken muß, um dem gemeinsamen Untergang zu entrinnen. Der Wunsch nach Erneuerung ist kein Privileg der Entrechteten mehr. Die unzufriedenen Völker sind ihmitten einer Welt des einreißenden Verfalls so .isagcn zu Lehr­meistern der Besitzenden geworden. Und wenn die herbe, große Lehre der Not alle Völker durchdringt, wenn alle sich aufraffen, um die Hemmnisse eines gesunden Kreislaufs aus den Blutgefässen der Welt hinauszustoßen: dann, nur dann werden wir alle ein besseres Jahr erleben, als das vergangene war. Feuilleton. Traum vom Tagelöhner. Eine Neujahrsgeschichte. Von SELMA LAGERLÖF. Vor etwa fünfzig, sechzig Jahren lebte ein Mann, der war Tagelöhner bei einem Gutsbesitzer namens Dobberichsen. Aber welche Bewandtnis es mit ihm hatte, davon weiß ich eigentlich nichts. Nicht ob er jung oder alt war, ob tüchtig oder un­tüchtig. Das wahrscheinlichste ist wohl, daß er es so hatte, wie die meisten seines Standes. Den lieben langen Tag ging er seiner Arbeit auf dem Gutshof nach, und wenn er abends heimkam, dann empfing ihn eine abgerackerte Frau und eine große schreiende Kinderschar. Was für ein Gutsbesitzer Dobberichsen war, bei dem er diente, kann ich auch nicht sagen, ja ich weiß nicht einmal, wo sein Gut lag, und ob es groß oder klein war. Es wäre ja hübsch, wenn ich davon erzählen könnte, aber mit der Geschichte hat es eigentlich nichts zu tun. Auch hat es nichts zu be­deuten, daß ich nicht weiß, was für eine Art Mensch dieser Gutsbesitzer Dobberichsen war. Man kann sich ja immerhin denken, daß er ein Gutsherr vom alten Schrot und Kom war, der aus seinen Tagelöhnern soviel Arbeit herauspreßle, als möglich war, und ihnen nicht mehr zum Leben gab, als daß sie schlecht und recht ihr Dasein fristen konnten. Nun geschah es aber eines Abends, daß dieser Mann, der Taglöhner beim Gutsherrn war, zu einer Gebetversammlung in einem Bauernhof ging, um einen Laienprediger zu hören. Was für ein Prediger dies nun sein mochte, kann ich auch nicht sagen. Vielleicht, daß er ein Wanderprediger war, von irgendeiner Missions­gesellschaft ausgesandt, vielleicht auch predigte er aus eigenem Antrieb. Aber man kann wohl davon ausgehen, daß er ein redlicher, glaubenseifriger Mann war, der sich freute, daß er für sein Teil der Selig­keit sicher sein konnte, und darum so viele andere, als nur möglich, aus dem Sündenschlummer wecken wollte. Und da er keinen besseren Weg kannte, seine Mitmenschen wachzurütteln, so sprach er den ganzen Abend lang von der Hölle und wie es dort zuging. Sicherlich machte er seine Sache gut, so daß es mehrere Erweckungen und Bekehrungen gab. Aber dieser Mann, der Tagelöhner bei Gutsbesitzer Dobberichsen war, war nicht unter denen, über die die Gnade sich ergoß. Er hörte die ganze Zeit andächtig zu und glaubte jedes Wort, aber er hatte wohl nicht die rechte Gesinnung. Es kam zu keinem Ruf und keiner Er­weckung. Er fühlte nicht die leiseste Reue oder Lust, seme Sündenschuld abzuwerfen, und da dem so war, wurde es ihm klar, daß die Hölle ein Ort war, dem er für sein Teil nicht entrimiea konnte. Als er nachts heimkehrte, ging er mit ein paar anderen Leuten, die auch Tagelöhner bei Dobbe­richsen waren, so wie er. Und es war ja natürlich, daß sie alle miteinander, wie sie waren, an den Prediger und den Vortrag dachten. Ob es die Müdigkeit machte oder ob sie von der Predigt ergriffen waren, sicher ist, daß keiner von ihnen ein Wort sagte, bis der Mann, von dem ich eben erzählte, seinen bekümmerten Gedanken Luft machte und seine Stimme erhob und ihnen die Schlußfolgerungen verkündete, zu der er ge­kommen war. „Wenn einer all sein Lebtag Tagelöhner bei Dobberichsen gewesen war und dann noch in die Hölle kommen soll, wenn er tot ist, hat einer nicht viel Freude daran gehabt, dat t. die Welt gekommen 1st!“ Alle die anderen horchten aui Es kam ihnen vor, daß das merkwürdige unu wah.vé Worte waren, und daß der Kamerad geraiba das »i sprochen hatte, was sie selbst fühlte-/*, während sie so müde und niedergeschlagen einheifgingen. Es standen vielleicht Mond und Sterne am Himmel und erleuchteten die Nacht, aber sic dach­ten gar nicht daran, die Blicke emporzurichten. Früher hatten sie vielleicht die Hoffnung gehegt, einmal dort im Sternensaal umhergehen zu kön­nen, aber nun wußten sie, daß sie von dieser Herr­lichkeit ausgeschlossen waren. Sie hätten sich ja gewünscht, daß sie ihre Sün­den bereuen und in die Seligkeit eingehen könnten, aber wenn dies nicht anders geschehen konnte, als durch Seufzen und Jammern nach Weiberart und dies ihnen unmöglich war, so bestand ja kein Zwei­fel, welches Schicksal sie erwartete. Sie griffen die gesprochenen Worte auf und wiederholten sie. Ja. das war so wahr, als nur etwas wahr sein konnte. Wenn eins all sein Lebtag Tage­löhner bei Dobberichsen war! Ei freilich, das war kein Spaß. Nur Plage und Arbeit, das liebe lange Jahr. Keinen anderen Lohn als Lumpen und Hun­ger. Und dann obendrein nach all dem nichts anderes zu erwarten, als die Hölle. Nein, da hatte, man nicht viel Freude daran, daß man auf die Welt gekommen war. Die Männer, die die Worte gehört hatten, waren so ergriffen davon, daß sie ihren Frauen daheim davon erzählten xmd bald machten sie im Kirchspiel die Runde. Ob sie dem Gutsherrn zu Ohren kamen, weiß ich nicht, aber sicher ist, daß sie sich über die ganze Provinz verbreiteten, ja durch das ganze Land. Man gebrauchte sic fast als Sprichwort, und wer eine schwere Arbeit und kargen Lohn hatte, der murmelte oft ' bei sich selbst: Wenn eins all sciu Lebtag Tagelöhner hei Dobberichsen gewesen ist — Auch ich bekam dieses Sprichwort zu hören, als ich ein Kind war; und es muß mir als rechtes. Kernwort erschienen sein, kräftig und gerade zur Sache, denn es prägte sich so tief ein, daß ich es bis zum heutigen Tage nicht vergessen konnte. Ja, es gab auch allerlei .zum Grübeln. Ich konnte mich niejit damit abfmden, daß dieser Tage Die Weltpolitik im Jahre 1932. Von Dr. GEORG KÄLDOR. Weltpolitische Morgendämmerung? Die große Politik des vergangenen Jahres er-i scheint, aus der Vogelperspektive gesehen, wie ein Stich Rembrandts, des großen Meisters der Licht­bild Schatteneffekte. Aus dem Wechselspiel ganz scharfer Kontrastwirkungen von Hell und Dunkel ergießt sich über das Gesamtbild des Jahres im End­ergebnis dennoch eine mystische Stimmung des Lichts, wie eine Vorahnung des kommenden Auf­stiegs, ohne daß schon die Lichtquelle mit freien Augen sichtbar wäre. Politische Propheten und Ma­gier nannten dieses Jahr ein Jahr der großen Ent­scheidungen. Die großen Entscheidungen sind frei­lich ausgebüebeu, dennoch konnte das sorgsam spähende Auge feststellen, wie die Saat der Vernunft in die Halme schießt, wie die Ähren einer ljosseren Zukunft allmählich reifen und im Schoße einer übcralteten historischen Periode die Keime einer neuen geschichtlichen Ordnung aufzugehen be­grüßen. Zwei große Schritte vorwärts charakterisieren die Lichtseiten des Jahres: der Strich unter die Re parationsrechnung und die prinzipielle Anerkennung der Gleichberechtigung der abgerüsteten Mächte. In beiden großen Ereignissen bahnt sich eine g> sätzliche Neuordnung der durch die Friedens' geschaffenen weltpolitischen Zustände an, dire R •; sion der Friedens Verträge im Geiste der historischen Dynamik Europas, im Geiste der ewigen geschicht­lichen Wiedergeburt, des unaufhaltsamen politischen Fortschritts. In diesem Prozesse der Geschichte er-

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