Pester Lloyd - esti kiadás, 1933. március (80. évfolyam, 49-73. szám)

1933-03-01 / 49. szám

O 2 • PE STER LLOYD Die Untersuchung hat weiter ergeben, daß drei 'Augenzeugen einige Stunden vor Ausbruch des Bran­des den holländischen Täter in Begleitung der kom­munistischen Reichstagsabgeordneten Torgier und Koehnen in den Gängen des Reichstages gesehen ha­ben. Ein Irrtum der Augenzeugen ist bei dem Aus­sehen des Brandstifters unmöglich. Da weiterhin der Abgeordneteneingang des Reichstages um acht Uhr abends geschlossen wird, die kommunistischen Abge­ordneten Torgier und Koehnen sich jedoch gegen halb 10 Uhr ihre Garderobe in ihre Zimmer bringen ließen und gegen 10 Uhr durch ein anderes Portal den Reichstag verließen, besteht gegen sie dringend­ster Tatverdacht. In dieser Zeit ist nämlich der Brand gelegt worden. Unrichtig ist das Gerücht, nach dem der Abge­ordnete Torgier sich der Polizei freiwillig gestellt ha­ben soll. Er hat allerdings durch seinen Rechtsbei­stand um freies Geleite gebeten, als er erkannte, daß ein Entkommen unmöglich geworden war. Das freie Geleite wurde abgelehnt und der Abgeordnete Torgier verhaftet. Weitere Einzelheiten aus dem Vorleben des Brandstifters. Amsterdam, 28. Februar. (Bud. Korr.) Über die Person des Brandstifters Ma­rinus van der Labbe ist noch nachzutragen, daß er be­reits in.seiner Jugend einen sehr schlechten Ruf hatte. In Leyden, wo er sich durch den Vertrieb selbslgedruck­­ler hetzerischen Broschüren und Flugschriften einen Teil des Lebensunterhalts verdiente, war er stets bei Demon­etrationen von Kommunisten oder Arbeitslosen beteiligt, find zwar meist als Rädelsführer. Triebfeder seines Han­delns war stets der Wunsch, von sich reden zu machen. «So trat er vor einiger Zeit in einen Hungerstreik ein, den Er aber bald wieder aufgab, als er merkte, daß niemand von ihm Notiz nahm. Festzustellen ist ferner, daß sich während seiner Abwesenheit im Zusammenhang mit der Von ihm geplanten Weltreise in Leyden ernste Ruhe- Mörungen nicht ereigneten. Inzwischen hat die Kommunistische Partei Hollands rine Erklärung veröffentlicht, wonach ein gewisser Van der Lubbe eine ZeiUang Mitglied des kommunistischen Jugendbundes und der Kommunistischen Partei in Ley­den gewesen sei. Vor fast zwei Jahren sei er durch Aus­tritt aus der Partei seinem Ausschluß zuvorgekommen, der durch sein Verhalten unvermeidlich geworden sei. Seither habe er sich wiederholt gegen die Kommunistische Partei betätigt, indem er Verwirrung zu stiften versucht habe. Was die aus Deutschland gemeldete Beschreibung des Brandstifters anlangt, so wird in der kommunistischen Erklärung gesagt, daß sie nicht auf die oben gemeinte Person zutreffe. Ein van der Lubbe, auf den diese Per­sonalbeschreibung passe, sei der Partei nicht bekannt. (Telegramm des Pester Llogd.) Berlin, 1. März. Wie der Berliner Lokalanzeiger von zuverlässiger Seite erfährt, soll der Brandstifter des Reichstages, der holländische Kommunist van der Lubbe, kürzlich auch einen Versuch unternommen haben, das Berliner Rathaus unzuzünden. Am vergangenen Samstag gelang es ihm, unbemerkt ein kleines Fenster zu öffnen, das zur Woh­nung des Maschinenmeisters führt, und einen brenuen­­tlen Kohlenanzünder hineinzuwerfen. Der Maschinen­meister kam aber bald darauf in seine Wohnung und entdeckte in einer Ecke den schwelenden Brand, den »r noch rechtzeitig mit einem Eimer Wasser löschen konnte. Die Maßnahmen gegen die Kommunisten. Berlin, 1. März. Im Verlaufe der Polizeiaktion wurden während der Nacht zum Mittwoch nicht nur die kommunistischen Verkehrslokale, sondern auch eine Reihe anderer Lokale durchsucht, in denen außer dem üblichen Gästekreis auch sehr viele Kommunisten zu verkehren pflegten. Bei dieser Aktion sind etwa zweihundert Personen festgenom­men worden, die hauptsächlich der KPD angehören. Viele gaben an, parteilos zu sein. Einen besonderen Fang machte die Polizei bei dér Durchsuchung einer jüdischen Teestube in der Rosen­­thalerstraße im Norden der Stadt, liier wurden allein dreißig Ausländer festgenommen, die eine Aufenthalts­genehmigung für Deutschland nicht vorweisen konnten. Sie wurden sofort dem Fremdenamt des Polizeipräsidiums zugeführt. Die Ermittlungen werden ergeben, ob sich nicht unter ihnen auch Personen befinden, die bereits einen Ausweisungsbefehl erhalten haben. Stuttgart, 1. März. (Wolff.) Vom Polizeipräsidium wird mitgeteilt: Da der dringende Verdacht besteht, daß seitens der kommu­nistischen Partei unter Mißbrauch der Immunität auch innerhalb des Landtagsgebäudes Vorbereitungen zum Hochverrat oder allgemein zu Gewalttätigkeiten getroffen worden waren, hat gestern nachmittag im Einverständnis mit dem Landtagspräsidenteu eine polizeiliche Durch­suchung des württembergischen Landtagsgebäudes in Gegenwart des Landtagsdirektors stattgefmiden. Durch­sucht wurden die allgemeinen Räumlichkeiten, sowie das Fraktionszimmer der kommunistischen Partei. Die an­wesenden kommunistischen Abgeordneten wurden wäh­rend der Durchsuchung in Schutzhaft genommen, nach Beendigung der Durchsuchung aber wieder entlassen. Gleichzeitig wurde auch das Parteibureau der kom­munistischen Partei durchsucht. Die Polizei fand hier eine große Menge versandfertig gepackte Druckschriften. Der größere Teil davon hatte zu beanstandenden Inhalt und wurde deshalb beschlagnahmt. Die Durchsuchungen haben im übrigen keine nähe­ren Anhaltspunkte dafür ergehen, daß Gewalttätigkeiten auch in Württemberg zu erwarten seien. Da auch aus dem übrigen Land Ordnungsstörunigen nicht bekannt sind, besteht zu einer Beunruhigung keine Veranlassung. Weimar, 1. März. (Wolff.) Im Zusammenhang mit den Vorgängen im Reich wurde am Dienstag in Thüringen eine Reihe kom­munistischer Funktionäre fcstgenommcn. Das Fraktions­­zimmer der kommunistischen Landtagsabgeordneten im Weimarer Landtagsgebäude wurde einer Durchsuchung unterzogen und Material siohergestellt. Das Fraktioos­­zirnmer wurde versiegelt. Gleichzeitig wurde in ganz Thüringen die Hilfspolizei eingestellt, die sich aus SA­­Leuten und Stahlhelmern zusammensetzt. Dortmund, 1. März. (Wolff.) Die, Polizei hat bisher A6 Kommunisten in Haft genommen. Heute früh wurden mehrere Zettelver­teiler der Eisernen Front festgenommen. Tausende von Flugblättern der Eisernen Front verfielen der Beschlag­nahme. Hagen, 1. März. (Wolff.) Am Eienstag wurden in Hagen 32 kommu­nistische Führer und Funktionäre auf Anordnung der Regierung in Schutzhaft genommen. Blutige politische Zusammenstöße. Worms, 1. März. (Wolff.) Nachdem sich am Dienstag nachmittag be­reits politische Zusammenstöße ereignet hatten, bei denen ein junger Nationalsozialist durch einen Messerstich in die Lunge schwer verletzt worden war, kam es in der Nacht zum Mittwoch abermals zu einem schweren Zusammen­stoß vor dem Volkshause. Der Wirt des Volkshauses wurde durch einen Herzschuß getötet. Ein Mädchen wurde durch einen Schuß schwer verletzt. Bei einem Zusammenstoß zwischen politischen Gegnern in der Löwengasse wurde ein Mann durch einen Bauchschuß getötet. In das Kranken­haus ist in der Nacht ein Mann eingeliefert worden, der einen Stich in den Hals erhalten hatte. Die gesamte Wormser Polizei war während der Nacht auf dem Markt­platz zusammengezogen. Berlin, 1. März. Ein Nationalsozialist wurde in der vergangenen Nacht in Neukölln, als er sich auf dem Heimwege befand, von mehreren Personen beschossen und verletzt. In Heimsdorf wurde ebenfalls ein Nationalsozialist auf dem Heimwege beschossen und schwer verletzt. Zwei Personen, die im Verdacht der Täterschaft stehen, wurden festgenommen. Ein Amerikaner verhaftet. (Telegramm des Pester Llogd.) Berlin, 1. März. Wie der Völkische Beobachter berichtet, wurde bei einer nochmaligen Durchsuchung des gesamten Reichstags­gebäudes, die im Laufe der Nacht von zahlreichen Kri­minal- und Polizeibeamlen vorgenommen wurde, noch ein Mann verhaftet, der als Amerikaner identifiziert worden sein soll. Inwieweit er mit der Brandstiftung in Zusam­menhang steht, müsse die wéitere Untersuchung ergeben. Die Haltung der Gewerkschaftern Berlin, 1. März. (Bud. Korr.) Der Buudesaussohuß des ADGB erör­terte in einer schon in der vorigen Woche anberaumten Sitzung die politische Entwicklung der lelzlen Wochen und die politische Lage. Die Aussprache ergab volle Über­einstimmung über die vom Bundesvorstand in der letzten Zeit befolgte Politik. Die größten Lereignisse, der Brand im Reichstag und seine politische« Folgen, wurden in ihrer weittragenden Bedeutung gewürdigt. Die Vertreter der Gewerkschaften sprachen ihren Abscheu und ihre Entrüstung über die Brandstifter aus. Die Gewerkschaften nehmen die deutsche organisierte Arbeiterschaft entschie­den in Schutz gegen den Verdacht, daß einer aus ihren Reihen zu den Anstiftern des Attentats gehöre. Sie eriblik­­ken in der Brandstiftung nicht nur einen Anschlag gegen den Sitz des Parlaments, sondern einen Angriff gegen den Parlamentarismus überhaupt. Die deutschen Gewerkschaf­ten und ihre Mitglieder gehören izu den treuesten Hütern der Demokratie und der parlamentarischen Ordnung. Sie verwerfen Terrorakte jeglicher Art auf das entschiedenste, und sie sind auch in dieser Auffassung der Gefolgschaft der Arbeiter und der Arbeiterinnen sicher. Die Vcrbands­­verlreter sind sich bewußt, daß die gegenwärtige poli­tische Situation an die Schulung und erprobte Disziplin der Arbeiterschaft unerhörte Anforderungen stellt. Die deutschen Arbeiter werden aber, ebenso wie es die Pilic'it der Verba misled tung ist, auch unter den heutigen schwe­ren Verhältnissen kühles Blut bewahren und sich nicht von ihrem rechtmäßigen Kampf gegen alle Gefahren für die verfassungsmäßigen Freiheiten abdrängen lassen. Auslandschau. 1 März. - Die militärischen Geheim vertrüge der Kleinen Entente. Das neuerrichtete Genfer Sekretariat der Klei­nen Entente, offenbar von dem Ehrgeiz beseelt, sich ehestens seine ersten Sporen zu verdienen, er­griff die Gelegenheit der Enthüllungen über die ge­heimen Militärabkommen seiner Auftraggeber beim Schopf, um mit einem Dementi zu debütieren. Viel Glück hat das neue Sekretariat damit allerdings nicht gehabt. Denn sein Dementi widerlegt etwas, das nie behauptet worden ist. Es stellt nämlich fest, daß „der neue Pakt der Kleinen Entente keinerlei Militärabkommen und keine Geheimklauseln ent­halte“. Weder von Giornale d’Italia, noch von sonst einer Seite ist jedoch dies behauptet worden. Viel­mehr hat die Veröffentlichung des neuen Paktes bloß einen Anlaß zu der Feststellung geboten, daß zwischen den Ländern der Kleinen Entente schon seit Jahren eine geheime Übereinkunft besteht, der­­gemäß im Falle eines bewaffneten Konflikts, in den einer der drei Staaten verwickelt werden sollte, Un* garn militärisch besetzt zu werden hat, auch wenn es seme Neutralität in aller Form erklärt. Der neue Pakt der Klemen Entente hat diese schon früher be­standene Verpflichtung nicht aufgehoben, vielmehr enthält er die Bestimmung, daß alle bisherigen Ver­träge zwischen den drei Ländern auch weiterhin, und zwar unbefristet, in Kraft bleiben. Die stilistische Schlauheit, mit der liier vorge­gangen wurde, ist eine typische Balkanschlauheit Nicht die Existenz dieses militärischen Geheimab­kommens, das schon vor dem neuen Pakt bestand und in diesem bloß ohne Befristung verlängert wurde, wird vom Genfer Sekretariat dementiert sondern um der internationalen Öffentlichkeit die Augen auszuwischen, wird versichert, daß der neue Pakt kein neues Militärabkommen und keine neue Geheimklausel enthalte. Abermals erinnern wir daran, daß Graf Bethlen, noch als Ministerpräsident vor drei Jahren im ungarischen Oberhaus erklärt hat, daß die Spatzen auf allen Dächern davon zwitschern, daß die Kleine Entente beschlossen habe, im Falle eines bewaffneten Konflikts mit ande­ren Staaten in Ungarn unbedingt einzumarschieren, auch wenn dieses sich neutral erklären sollte. Weder damals, noch seither ist diese Mitteilung des Grafen Bethlen von der Kleinen Entente dementiert worden, und auch das gegenwärtige Dementi des Genfer Sekretariats stellt nicht die vom Grafen Bethlen ent hüllte Tatsache, an die jetzt vom Giornale d’Italia erinnert wurde, in Abrede, sondern bedient sich der List, zu beteuern, daß im neuen Pakt von nichts der­gleichen die Rede sei. Die versuchte Mohrenwäsche ist mithin bloß ein plumpes Experiment zur Irreführung der inter nationalen Öffentlichkeit, Im übrigen genügt es, auf die Enthüllungen hinzuweisen, die in der Ausland presse über die massenhaften Waffenlieferungen an Rumänien und Jugoslawien kürzlich erschienen sind. Diese Enthüllungen beweisen, daß die Kleine Entente unablässig zum Kriege rüstet. Und daß die Spitze dieser Rüstungen sich in erster Reihe gegen Ungarn kehrt, und zwar auch für den Fall, daß es sich gegebenenfalls als neutral erklären sollte, er­scheint durch den Umstand beglaubigt, daß das Genfer Sekretariat dieser Tatsache mit keiner Silbe entgegenzutreten wagt. Einen interessanten und wichtigen Kommentar zu diesen Dingen veröffentlicht in einem Bericht aus Rom die Turiner Stampa. Das Blatt geht davon aus, daß die Veröffentlichung des amtlichen Textes des neuen Abkommens der Kleinen Entente von und zu dem, was man wußte, weder etwas nimmt, noch etwas hinzufügt: der militärische Teil des Abkom­mens bleibt absolut geheim. Was wir jedoch infolge der Veröffentlichung einiger geheimen Klauseln ken­nen, genügt vollkommen, um es zu charakterisieren und ihm seine wahre und genaue Bedeutung zu verleihen. Der neue Militärpakt sieht wirklich die Invasion freier Gebiete, unabhängig von anderer Verantwortlichkeit oder Schuld, vor, und dies mit kalter, vorbedachter Berechnung. Es kommt die ge­fährliche Politik der präventiven Teilungen wieder, und sie wird gerade von sogenannten demokrati­schen und pazifistischen Regierungen betrieben; studiert und bekräftigt wird sie — höchste Ironie! — gerade in jenem Genf, wo der wahre Friede im Geiste der Versöhnung und der Zusammenarbeit herrschen sollte. Nachdem das Blatt erwähnt hatte, daß das neue Abkommen nicht nur in schreiendem Widerspruch mit dem Geiste der Genfer Institution ist, sondern daß es dessen laute Verneinung dar­stellt, fügt es hinzu, daß der neue Pakt nicht nur dem Völkerbundpakt widerspricht, sondern daß er sclüießlch und endlich den Gnadenstoß für das Genfer Institut darstellt. Sein Wesen bezeichnet und verurteilt ihn ganz als einen "ebeimen Militärpakt, der gegen souveräne und unabhängige Länder ge­richtet ist. Was wird der Völkerbund tun? Er wird ihn. fast bestimmt, mit der absurden Verstellung registrieren, daß er ihn in Ordnung gefunden habe und wird so sein eigenes Gesetz verleugnen. Das Blatt schließt: Nachdem solcherart das Prestige und das Ansehen des Völkerbundes durch die Schuld der ihm beigetretenen Staaten zusammen­gebrochen ist, und nachdem der Friede durch Mili­tärpakte und durch vorhergehende und nachfol­gende Rüstungen in großem Stil kraß gefährdet ist, müssen die Länder, die die Ordnung und Gerechtig­keit lieben, sichere und genaue Garantien verlangen und gegen diese so stürmische Atmosphäre Vor­gehen. „Ungarn und der Nahe Osten.“ Unter diesem Titel hielt der provisorische Ge­schäftsträger der ungarischen Gesandtschaft in Lon­don Legationsrat Dr. Ladislaus Bdrdossg in der vor­nehmen Londoner „Near and Middle East Associa­tion“ vor einem zahlreichen Publikum einen Vortrag. Den Vorsitz führte der konservative Abgeordnete Cazalet. Sowohl der Vortrag, wie auch die an­schließende Diskussion trugen zur Aufklärung der politischen öffentlichen Meinung Englands über die Lage und die besonderen Probleme Ungarns und zur Verbreitung der Revisionsidee wesentlich bei. Im fol­genden reproduzieren wir den Gedankengang des ge­diegenen Vortrags und der sich daranschließenden Diskussionsreden: Mittwoch, 1. März 1933

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