Pester Lloyd - esti kiadás, 1933. május (80. évfolyam, 97-122. szám)
1933-05-01 / 97. szám
PREIS DES ABENDBLATTES im Einzelverkauf 10 HELLER Redaktion u.Adnt.: V., MáriaValária-uoce lit Telephon der Administration: 849-09. 80s Jahrgang. Budapest, Montag, 1. Mai 1933« Nr. 97 Abonnement: Fflr Budapest: mit täglich zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgenund. Abendblatt: Vierteljährlich .18 P, monatlich 6.40 P. FUr das Morgenblatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P. FUr das Abendblatt allein vierteljährlich 8 P, monatlich 3 P. Für die separate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz ist vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldtohmid Für das Ausland mit direkter Kreuzband- Sendung vierteljährlich: FUr Oesterreich und Polen 20 Pengő, für alle Übrigen ßtaaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtliohen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt Telephon der Redaktion: 848-20«PESTER LLOYD ABENDBLATT Inseratenautnah met in Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Bloc knar, J.BIau, Borat, Braun, losef Erdős, Győri L Nagy, Harsányt, Haasensieln St Vogler, Cornei Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető, iroda, Moste Rudolf A.-u., Julius Tenzer, Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd iitr Oesterreich: M. Dukes Nachf. A.-QWien, Wollzeile 16. Einzelnammer tür Budapest und IGr die Provinz: Morgenblatt an Wochentages 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt IO Heller. — Für Oesterreich- Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonniagen 40 Gr. und Abendblatt 20 Gr. Auslandschau« — 1, Mai. -Herriot und das Goldene Vlies von Washington. Eine offizielle Havas-Erklärung aus Washington faßt heute die Ergebnisse der Dreimächteberatungen folgenderma ßen z usamm en: 1. Roosevelt hat eine freundschaftliche Regelung der Kriegsschuldenfrage vorbereitet. 2 Er hat — wenigstens im Prinzip — die Unterstützung Englands und Frankreichs für die Ermäßigung der Zölle und sonstiger Handelshindernisse gesichert. 3. Er hat die Besorgnisse zerstreut, die in England und Frankreich die Abkehr Amerikas vom Goldstandard hervorgerufen hatte. 4. Amerika ist bereit, im Interesse, der Aufrechterhaltung des Friedens neue Verpflichtungen zu übernehmen und seinen Einfluß geltendzumachen; es läßt sich vom Wunsche leiten, eine Atmosphäre der Sicherheit herbeizuführen, die eine wirkliche Herbsetzung der Rüstungen ermöglichen würde. 5. Der Präsident hat seine Besucher für die Po ütik gewonnen, ihre Zollsätze vor dem Zusammentritt der Weltwirtschaftskonferenz nicht zu erhöhen. Positive Ergebnisse werden in drei Punkten dieses Kommuniqués angedeutet: Pimkt 1 behandelt die Lösung der Kriegsschuldenfrage, Punkt 4 die amerikanische Zustimmung zu einem Konsultativ- und Sicherheitspakt, und Punkt 5 den geplanten Zollwaffenstillstand. Die wichtigste Frage, besteht nun darin, inwieweit diese drei Ergebnisse wirkliche Errungenschaften für die internationale Zusammenarbeit darstellen. Wir hatten bereits Gelegenheit, auf den fragwürdigen Charakter, der amerik ansichen Zusicherungen in der Abrüstungsfrage hinzuweisen: Amerika wäre wohl bereit, einem Konsultativ- und Kontrollabkommen der europäischen Staaten beizutreten, doch nur unter der Bedingung, daß vorerst die europäischen Staaten ihre Rüstungen wesentlich herabsetzten. Frankreich, das heute wegen seiner Ostgrenze mehr als je besorgt ist, zeigt sich dagegen nicht bereit, seine „nationalen Garantien“ in Erwartung noch unbestimmter internationaler Sicherheitsgarantien zu schwächen. Die Washingtoner Gedankengänge im Punkte der Abrüstung scheinen somit zu einem toten Kreislauf geführt zu haben. Die beiden anderen „positiven“ Ergebnisse der Washingtoner Besprechungen, die in Punkt 1 und 5 der obigen Erklärung behandelten Probleme der Kriegsschulden und des Zollwaffenstillstands, scheinen auch keine trostreicheren Perspektiven zu eröffnen. Diese beiden Punkte gehören nach amerikanischer Auffassung eng zusammen. Als die europäischen Besucher des Präsidenten Roosevelt ein Kriegsschuldenmoratorium für die Dauer der Weltwirtschaftskonferenz anregten — Frankreich war unter gewissen Bedingungen sogar bereit, die unbezahlte Dezemberrate nachträglich zu entrichten —, hielt Präsident Roosevelt dieser Bitte die bekannte intransigente Haltung des amerikanischen Kongresses entgegen: er meinte, daß von einer Stundung nur gegen bestimmte Gegenleistungen die Rede sein könne. Auf diese Weise entstand die Idee des Zollwaffenstillstands. Der Kongreß hätte darin ein geeignetes Tauschobjekt erblickt, um seinerseits einen „Waffenstillstand der Kriegsschulden“ zu bewilligen. Kaum hatte jedoch die Idee des doppelten Waffenstillstandes die Polstertür des Beratungszimmers im Weißen Haus passiert, schon war in Kreisen der französischen Delegation die größte Unruhe bemerkbar. Frankreich muß sich die Hände binden lassen, während Amerika mit Hilfe seiner entwerteten Währung die europäischen Märkte überschwemmt — diese Möglichkeit erschien den französischen Sachverständigen untragbar. Sofort waren sie mit einem Zusatzantrag bei der Hand: Zollwaffen,Stillstand, aber unter der Bedingung, daß gegen Staaten mit entwerteter Währung eine „Kompensationstaxe“, oder Warenkontingente, oder auch Deviseneinschränkungen eingeführt werden dürfen. Die Amerikaner schienen dieser Forderung stattgeben zu wollen, um die Idee des Zollwaffenstillstandes selbst zu retten. Doch in der Sitzung des Organisationsausschusses der Weltwirtschaftskonferenz zeigten sich neue Widerstände. In der erwähnten Sitzung beantragte Norman Davis die Annahme eines allgemeinen Zollwaffenstillstandsabkommens. Bereits vor der Eröffnung der Sitzung hatte aber Sir John Simon —wie eine Londoner Meldung heute versichert — den amerikanischen Delegierten über die Besorgnisse unterrichtet, die bei gewissen Mächten dem Vorschlag gegenüber herrschten. In der Sitzung hat sich dann diese Voraussage auf eklatante Weise bestätigt. Kaum hatte Norman Davis das Wort „Zollwaffenstillstand“ fallen lassen, erhob sich schon der deutsche Botschafter Hoesch mit der Bemerkung, der Organisationsausschuß habe bloß über Prozedurfragen zu entscheiden. Dieser Einwand fand allgemeine Zustimmung, so daß Norman Davis sich dazu verstehen mußte, seinen Vorschlag bis zur Weltwirtschaftskonferenz ruhen zu lassen. Mit der vorläufigen Erledigung des ZollwafJehstillstandsvorschlages wäre natürlich auch die Kriegsschuldenfrage zu einem toten Punkt angclangt. Hierauf durch die amerikanische Diplomatie aufmerksam gemacht, scheint die französische Regierung einen neuen und sensationellen Frontwechsel vollzogen zu haben. Wie ein Korrespondent der Associated Press vom Bord der ,,lle de France“ meldet, hat die französische Regierung Herriot verständigt, daß sie den Rooseveltschen Vorschlag eines Zollwaffenstillstandes vollinhaltlich annimmt Mag sein, daß in Paris dabei noch Hintergedanken verfolgt werden, wie etwa die „Kompensationstaxe“ gegen das Dollar-Dumping; im Grunde handelt es sich für die französische Regierung darum, in der Kriegsschuldenfrage eine Verhandlungsbasis zu besitzen. Bringt Herriot diese Basis in Form eines Tausches „Schuldenmoratorium gegen Zollwaffenstillstand“ heim, so hat sich seine Argonautenfahrt in dieser Beziehung bezahlt gemacht. Das goldene Vlies der Kriegsschuldenregclung, das infolge der Nichtzahlungsgestc der Kammer in unerreichbare Ferne entrückt schien, glücklich heimgeholt zu haben, das Wäre ein persönlicher Erfolg, der das Ansehen Hcrriots auch in der französischen Innenpolitik erheblich festigen dürfte. Unruhen in Peru und Kuba. Wie aus Lima gemeldet wird, wurde der Präsident von Peru, Oberst Louis Sanchez Gerro, erschossen. Das Attentat wurde begangen, als Präsident Gerro in Begleitung mehrerer Regierungsmitglieder den Rennplatz St. Beatrix verließ, wo er einer Militärparade über 20.000 Rekruten beigewohnt hatte. Die drei Attentäter klammerten sich an den rückwärtigen Teil des Autos des Präsidenten und schossen Cerro in den Rücken. Der Präsident wurde sofort in ein Spital befördert, wo er kurz darauf starb. Zwei Attentäter wurden am Tatort erschossen, der dritte verhaftet. In dem auf das Attentat folgenden Durcheinander wurden mehrere Soldaten und Zivilpersonen getötet, zwölf verwundet. Sofort nach dem Attentat hielt die Regierung einen Ministerrat ab und berief die beiden Häuser der Gesetzgebung zu einer Sitzung ein. Diese wählten mit 81 Stimmen den General Benavides, den bisherigen Armeeoberkommandanten, zum Präsidenten der Republik. Uber die Gründe des Attentats lassen sich nur Vermutungen anstellen. Präsident Cerro wurde, im Oktober 1931 zum Präsidenten gewählt. Er stand im Jahre 1930 an der Spitze der Revolution, die den Präsidenten Leguia stürzte, wurde dann selbst durch einen neuen Aufstand vertrieben, bis er endlich die legale Macht erlangen konnte. Auf den Präsidenten wurde im Laufe seiner politischen Tätigkeit eine geradezu beispiellose Reihe von Attentaten verübt; die Zahl seiner hiebei erlittenen Verwundungen beträgt 18; zuletzt wurde am 6. März 1932 gegen ihn in einer Vorstadt von Lima, wo er einem Mittagsgottesdienst beiwohnen wollte, ein Attentat verübt. Eine Anzahl Schüsse wurden auf ihn abgefeuert, durch die er verwundet wurde, doch waren seine Verletzungen nicht schwer. Im Juli vorigen Jahres brach ein kommunistischer Aufstand aus, der jedoch rasch unterdrückt wurde. Es ist möglich, daß die gegenwärtigen Attentäter mit den Aufständischen des Vorjahres in Verbindung standen. Auch von Kuba meldet man neue Uruhen. Im Städtchen San Louis, an der Ostküste der Insel Kuba, haben sich Aufständische des Waffenlagers der Küslenschutztruppe bemächtigt. Es entwickelte sich ein Feuergefecht, in dessen Verlauf der . Befehlshaber der Polizei und drei Aufständische getötet wurden. Diese Unruhen dürften mit den letzten Aufständen in Havanna im Zusammenhänge stehen. Bei diesen wurden in Havanna am Karfreitag 72 Bomenattentate gleichzeitig begangen, um gegen das Diktaturregime des Generals Machado zu protestieren. An diesem Wochenende allein wurden 340 Personen verhaftet, darunter sehr viele Professoren, Studenten, Advokaten, Ärzte und Ingenieure. Nach der spanischen Presse sind die Schwierigkeiten des Generals Machado im Wachsen begriffen und er mußte nach einer äOprozentigen Gehaltskürzung der Beamten eine weitere 20prozentig« Gehaltssenkung vornehmen und ein Moratorium nicht nur für die auswärtigen, sondern nunmehr auch für die inneren Schulden erklären. Die Beilegung des englisch-persischen Ölkonflikts. Wie aus Teheran offiziell gemeldet wird, ist zwischen der persischen Regierung und der Angl« Persian Oil Go. ein grundsätzliches Abkommen abgeschlossen worden, das an die Stelle des durch Persien gekündigten D’Arcy-Konsess ions Vertrages treten soll.. Das Abkommen sieht vor, daß die persische Regierung künftig vier Goldschilling pro gewonnener Tonne. Öls enthält, anstatt der bisherigen 16 Prozent des Gewinns. Die Gesellschaft verpflichtet sich, jährlich mindestens so viel Öl zu gewinnen, daß der persischen Regierung eine Minimaleinnahme von einer Million Goldsterling jährlich gesichert werde. Ferner verpflichtet sich die Firma zu einer Zahlung von zwei Millionen Pfund für die persischen Forderungen zuzüglich der rückständigen Steuern. Mit diesem Vertrage findet der englisch-persische Ölkonflikt seinen Abschluß, der bereits seit einem halben Jahre im Gange ist und schon den Völkerbund beschäftigt hat. Ende November 1932 hat die persische Regierung der Anglo Persian. Oil Co. diese Konzession gekündigt. Die Kündigung des Vertrages sollte auf die .Unzufriedenheit der persischen Regierung mit ihren Einkünften aus dem Ertrag ihres Gewinnanteils zurückzuführen sein. In einem Memorandum an den Völkerbund verteidigte die persische Regierung die Annullierung der Konzession mit dem Hinweis, darauf, daß die Anglo Persian Oil Co. die Erdölgewinnung im Verlaufe von 30 Jahren auf eine Fläche von einer Quadratmeile beschränkt habe, was schon deshalb unzulässig sei, weil die Beteiligung der persischen Regierung an dem Erfrage vom Umfang der Petroleunigewinnung abhänge. Die persische Regierung machte ferner von verschiedenen privatrechtliohen Einwänden . gegenüber der Anrufung des Völkerbundes durch England Gebrauch, da es sich nach ihrer Auffassung nicht um einen völkerrechtlichen Konflikt gehandelt habe, Auf Grund eines Referats des tschecho-slowakische» Außenministers Dr. Benes kam auch am 2. Februar eine provisorische Verständigung zwischen England und Persien zustande, die die Aufnahme direkter Verhandlungen zwischen den beiden Parteien vorsah. Diese Verhandlungen führten jetzt zum obenerwähnten Abkommen, dessen Wesen die Festsetzung einer Minimalsumme des Gesamtgewinns und die Einsetzung einer fixen Beteiligung an Stelle des bisherigen prozentuellen Gewinnanteils der persischen Regierung ist. Die Folge dürfte eine Erhöhung der persischen Ölgewinnung sein, wofür England wohl in anderen ölgebieten eine Einschränkung der Produktion wird vornehmen müssen. Die Vermutung liegt nahe, daß die englische Regierung in ihrem Ent schluß auch durch den gegenwärtigen Konflikt mit. Rußland bestärkt worden ist, da Persien seit Jahrzehnten zu den rneis t umstrittenen Konfliktssphären englischer und russischer Interessen gehört. Erzherzog Albrecht über die Siedlungsfrage. — Vortrag iu der Akademie der Wissenschaften. — Der große Sitzungssaal der Ungarischen Akademie der Wissenschaften bot Sonntag vormittag ein ungewöhnlich festliches Bild. Alle Sitzreihen im Parterre waren bis zum letzten Platz mit einem erlesenen Publikum gefüllt, die Galerie war gleichfalls vollständig besetzt und mehrere hundert Personen konnten keinen Einaß mehr finden. Dieses außerordentliche Interesse wandte sich dem erlauchten Gastredner Erzherzog Albrecht zu, der in einem großzügigen, auf mehrjährigen wissenschaftlichen und praktischen Vorstudien beruhenden Vortrag die Grundrisse eines bedeutungsvollen Siedlungsprojektes skizzierte. In den Reihen der Sommitäten sah man die Minister Hómon und Lázár, die Präsidenten, sowie Vizepräsidenten beider Häuser des Reichstages nebst zahlreichen Abgeordneten und Oberhausmitgliedern, Oberbürgermeister Aladár Huszár, den Oberkommandanten der kön. ung. Honvéd Kárpáthy, den Chef der Militärkanzlei des Reichs Verwesers General Josef Som ■