Pester Lloyd - esti kiadás, 1933. június (80. évfolyam, 123-145. szám)
1933-06-01 / 123. szám
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Präsident Roosevelt verabschiedete sich gestern von den Mitgliedern der amerikanischen Delegation rar Weltwirtschaftskonferenz mit den Worten: „Wir erwarten von Euch rasche Taten und kurze Reden!“ Der römische Korrespondent des Matin hatte ebenfalls gestern eine Unterredung mit Mussolini, der über den Viermächtepakt folgendes ausführte: ,,Entweder wir bleiben untätig und setzen damit untere Zukunft dem gefährlichsten Risiko aus, oder wir arbeiten zusammen und behalten die Möglichkeit in der Hand, die Linie der Entwicklung zu bestimmen. Nach Abschluß der Viererpaktes wird es leichter sein, Streitfragen zu lösen und bilaterale Verträge abzuschließen.“ Beide Staatsmänner verliehen durch ihre Aussprüche den Wünschen Ausdruck, die latent oder offenbar im gegenwärtigen Augenblick die Seele der Völker bewegen. Rasche und wirksame Taten, um idas internationale Leben aus der Sackgasse zu befreien, in der es sich jetzt befindet: das ist es, was idie Völker jetzt von den in Genf versammelten und zur Versammlung in London rüstenden Staatsmännern erwarten. Leider machen sich heute noch immer wieder machtvolle Widerstände geltend, die das rasche und wirksame Handeln hemmen und das [Werk der Entwirrung hintanhalten. Was den nach den letzten günstigen Meldungen nunmehr überfällig gewordenen Viermächtepakt anbelangt, so stößt seine Perfektuierung immer wieder auf neue Vorbehalte und Bedenken. Im Auswärtigen 'Ausschüsse der französischen Kammer ritt z. B. Herriot eine tapfere und anscheinend erfolgreiche Attacke gegen den Paktgedanken. Die oben zitierte besonnene und maßvolle Erklärung Mussolinis zeigt (und das müßten die „um den Frieden“ besorgten Gegner des Paktes bedenken), daß der Pakt nach der ursprünglichen Absicht seiner Urheber nichts al^ ein Friedensinstrument darstellen soll, das die europäische Zusammenarbeit und die einvernehmliche Lösung der bestehenden Schwierigkeiten zum Ziele hat. Für die Staaten, die den Pakt befürworten, handelt es sich darum, daß überhaupt eine Basis für die weitere friedliche Zusammenarbeit erreicht wird. Die andere Alternative ist keineswegs eine größere Stabilität in Europa, sondern im Gegenteil eine immer heilloser werdende Spannung der unausgeglichenen Gegensätze. Unausgeglichene Gegensätze bestehen weiter auch in der Abrüst-ungsfrage. In der Teilarbeit, die jetzt in Genf fast ohne Hoffnung auf Erreichung eines positiven Ergebnisses vor Zusammentritt der Weltwirtschaftskonferenz geleistet wird, ergab sich wieder eine Frage von großer prinzipieller Tragweite. Es bandelt sich um die Abschaffung des Luftbombardements, eine Maßnahme, zu der die englische Delegation die beschränkende Bestimmung vorgeschlagen hatte, Luftbombardements als eine Maßregel zur Aufrechterhaltung der Ordnung in Vorderasien und Indien auch weiterhin zuzulassen. Die übrigen Delegationen lehnten diesen Vorschlag ab, und auch innerhalb des englischen Kabinetts kam es, wie Londoner Blätter .melden, in dieser Frage zu Meinungsverschiedenheiten. Sir John Simon, der ein Anhänger der unbedingten qualitativen Abrüstung ist, nahm gegen das Bombardierungsrecht im Orient Stellung, während militärische und sonstige Kreise (so auch Simons Staatssekretär Eden) auf die unbedingte Notwendigkeit der Luftwaffe in großen asiatischen Gebieten mit unruhigen Eingeborenenstämmen und einer geringen englischen Streitmacht hinwiesen. Ein Leitartikel der Times schlägt zum Lob der humanen und pazifikatorischen Tugenden der englischen Luftgeschwader geradezu begeisterte Töne an und erwähnt auch eine Lösungsmodalität, durch die man den Schwierigkeiten begegnen könnte: die Unterordnung der „Luftpolizei“ unter die nominelle Oberhoheit des Völkerbundes. Dadurch nähert sich die englische Auffassung dem französischen Plan der Internationalisierung der Angriff swaffen, denn in diesem Falle könnte Frankreich und Italien bezüglich ihrer afrikanischen Besitzungen ein Recht nicht vorenthalten bleiben, das England für Asien zuerkannt wird. Die Lösung dieser heiklen Frage ist noch ungewiß; es steht nur soviel fest, daß zu den Genfer Verhandlungen über dieses Problem Luftfahrtminister Lord Londonderry und nicht Außenminister Simon in Vertretung des Kabinetts abgereist ist. Rasche Taten wären auch erforderlich, um das Problem der Kriegsschulden zu einem Ruhepunkt zu bringen und somit wenigstens einen reibungslosen Beginn der Weltwirtschaftskonferenz zu ermöglichen. Die Initiative liegt in dieser Hinsicht völlig in Amerikas Hand. Washington hat sich über diese Frage noch immer nicht geäußert, doch es scheint, daß hinter den Kulissen eine rege diplomatische Arbeit verrichtet wird. Was die Bezahlung oder Nichtbezahlung der Junirate durch England anbelangt, so wurde in der gestrigen Kabinettssitzung in London nach Presseberichten keine endgültige Entscheidung gefällt. Anscheinend soll die für die nächste Woche in Aussicht gestellte Mitteilung des Präsidenten Roosevelt an den Senat abgewartet werden. Auch heißt es, daß in Washington auf diplomatischem Wege verhandelt werde. Aber die einzigen amtlichen Nachrichten, die von dorther kommen, sind Dementis von Pressemeldungen über angebliche Pläne Roosevelts. Unter diesen Umständen beginnen die Blätter angesichts des Herannahens der beiden bedeutungsvollen Daten des 12. Juni, der die Weltwirtschaftskonferenzeröffnung bringt, und des 15. Juni, wo die Zahlung von 80 Millionen Dollar fällig wird, Unruhe zu zeigen. Die Times weisen warnend darauf hin, wie wichtig die Entscheidung der Frage für den Erfolg oder Mißerfolg der Weltwirtschaftskonferenz sein werde. Moming Post fürchtet, das amerikanische Volk habe noch immer nicht begriffen, welche Pflicht die Rolle einer Gläubigernation der Welt mit sich bringt. Amerika wolle gleichzeitig seinen Handel ausdehnen und Schulden einsammeln, mache aber beides unmöglich. Die liberale News Chronicle gibt zu, daß Amerikas Zorn über einen Zahlungsverzug einen unglücklichen Auftakt zur Weltwirtschaftskonferenz bilden werde, hält aber einen solchen Schritt dennoch für ratsam, wenn dadurch das sachliche Problem der Lösung näihergeführt wird. Financial News ist der Meinung, daß im Notfälle, wenn Amerika auf Zahlung bestehe, ein Zahlungsverzug das geringere Übel sei. Das Blatt, ' ebenso auch Financial Times, erinnert daran, daß die großzügige Vereinbarung von Lausanne von den europäischen Mächten in der Erwartung geschlossen worden sei, daß Amerika sich daraufhin zu einer Schuldenrevision bereitfinden werde. Die Morgan-LInlersuchung geht weiter. Nach den Zusammenstößen zwischen dem Senaior Glaß und dem Leiter der Untersuchung des Senatsausschusses für Bank- und Währungsangelegenheiten, Staatsanwalt Pecora, verlautete bereits, die Untersuchung der Affäre Morgan solle abgebrochen werden. Senator Glaß, der in finanziellen Angelegenheiten große Autorität genießt, hat nämlich erklärt, die Untersuchung sei ein Zirkusspiel, zu dessen Vollendung bloß Erdnüsse und Kracherl fehlten. Da jedoch Präsident Roosevelt dem Wunsche Ausdruck verlieh, die Untersuchung möge ohne jede Beschränkung durchgeführt werden, wurden die Sitzungen des Ausschusses gestern wieder aufgenommen. Vor allem wurde in geschlossener Sitzung der Konflikt zwischen Glaß und Pecora hinsichtlich der zu befolgenden Prozedur zur allgemeinen Beruhigung beigelegt. Dann befaßte sich der Ausschuß in öffentlicher Verhandlung mit der Angelegenheit der durch die Firma Morgan gegründeten United Corporation. Im Zusammenhang mit dieser Gesellschaft wurde gleichfalls eine Liste der „bevorzugten Persönlichkeiten“ veröffentlicht, die Aktien unter dem Tageskurs erhalten haben. Auf dieser Liste figurieren: Staatssekretär für Finanzen Woodin, General Pershing, Norman Davis und die Brüder Mellon. Ein Mitglied des Untersuchungsausschusses erklärte, daß nach seinen Informationen auch der ehemalige Vertraute des Präsidenten Hoover, Edward Rickard, in dieser Angelegenheit eine Rolle spiele. Der Vertreter der Gesellschaft erklärte, daß er hievon keine Kenntnis besitze. Auch der Sekretär Hoovers veröffentlichte eine Erklärung, wonach er nichts von den in der Morgan-Untersuchung erwähnten Transaktionen wisse. Die Frage spitzt sich nun in erster Linie darauf zu, ob Staatssekretär Woodin auch weiterhin in seinem Amte verbleiben kann. Senator Borah und andere fordern seinen Rücktritt, aber noch Ende vergangener Woche, als er anläßlich eines Jachtausflugs dem Präsidenten Roosevelt seinen Rücktritt angeboten hat, soll dieser die Annahme der Demission ahgelehnt haben. Die Gerüchte vom Rücktritt Woodins behaupten sich allerdings auch weiterhin, und es verlautet heute, daß er zum Botschafter in Berlin ernannt werden soll. Im Laufe der gestrigen Verhandlungen hielt der Staatsanwalt Pecora eine scharfe Rede, in der er ausführte: „loh hahe bereits bisher nachgewiesen, daß die Multimillionäre ihre Steuern nicht so gewissenhaft bezahlen, wie die kleinen Leute. Ich habe nachgewiesen, daß die Privatbanken während der furchtbarsten Wirtschaftskrise mehrere Millionen Gewinne erzielt haben. Ich habe bewiesen, daß einflußreiche Staatsbeamte und Führer der Finanzwelt Effekten unter dem Börsenkurse erhalten haben, was sicherlich nicht aus purer Liebe geschah, sondern gegen gewisse Gegenleistungen. Es widerspricht dem öffentlichen Interesse, daß Privatbanken die Eisenbahnen, Gas- und Elektrizitätswerke und sonstige öffentliche Betriebe dqs Landes kontrollieren und auf die wichtigsten wirtschaftlichen Unternehmungen einen entscheidenden Einfluß ausüben. All das zeigt, daß die bezüglichen Gesetze einer bedeutenden Reform unterzogen werden müssen.“ Wie verlautet, soll die Untersuchung demnächst auch auf die Privatbanken Kuhn, Loeb u. Co„ Dillon, Read u. Co. ausgedehnt werden, die be» kanntlich als Emissionshäuser für ungarische Anleihen fungiert haben. Oberhaus. Das Oberhaus hat heute die Verhandlung der Verwaltungsnovelle zum Reformgesetz vom Jahre 1929 fortgesetzt. Und zwar zunächst mit der Rede Dr. Andreas I ukys, des Präsidenten des königlichen Verwaltungsgerichtes. Er gehört zu den großen Verwaltungspolitikern, an denen dieses Haus sö reich ist, — das starke Interesse, das seiner Rede entgegengebracht worden ist, war also nach jeder Richtung gerechtfertigt. Oberhausmitglied Dr. Andreas Puky be zeichnete den Entwurf als einen sehr wichtigen Abschnitt der durch den Minister des Innern angemeldeten Verwaltungsreforni, bei dessen Beurteilung er von der Frage ausging, ob die Novelle, wenn sie Gesetzeskraft erlangt, der Verwaltung in der Erreichung ihrer Ziele dienlich sein werde, die in nichts anderem bestehen können, als in der Förderung der physischen, wirtschaftlichen, geistigen und gesellschaftlichen Interessen des Individuums, immer im Zeichen des ungarischen Nationalgedankens. — Die Verwaltung ist, so sagte er u. a., die rechtliche Regelung der Offenbarungen und der Verhältnisse des täglichen Lebens. Sie hat sich sozusagen von Stunde zu Stunde neuen wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben anzupassen, die durch die immer neuen Wendungen des Lebens aufgeworfen werden. Das Wesen des Entwurfes besteht in der Beschränkung der Rechtsmittel. In dieser Hinsicht ist die ungarische Verwaltung mit der Zeit äußerst kompliziert geworden. Früher waren für gewisse Angelegenheiten vier, in einem gewissen Falle sogar fünf Berufungsinstanzen zuständig, — jetzt endlich wird die einstufige Berufung verwirklicht und das Revisionsverfahren abgesehafft. Das erreicht die Vorlage dadurch, daß die Erledigung der VerwaltUngsangelegenheilen von den Ministerien auf di« unteren Stufen der Verwaltung zuriickverlegt wird. Da aber damit die Verantwortlichkeit der unteren Verwaltungsbehörden sehr angewachsen ist, mußten Garantien für die Qualität der Entscheidungen der „sich selbst überlassenen und selbständig gemachten“ Verwaltungsbehörden gesucht werden. Die wichtigste dieser Garantien ist die Erhöhung der theoretischen und praktischen Ausbildung der Verwaltungsbeamten. Im allgemeinen verdienen die Verwaltungsbeamten für ihre hingebungsvolle und fachliche Arbeit volles Lob. Läßt sich an ihrer Tätigkeit in einzelnen Fällen doch etwas aussetzen, so liegt das nicht so sehr an mangelndem Eifer oder an mangelhafter Zuverlässigkeit einzelner, als vielmehr in dem Zustand, daß die Rechtsnormen nicht entsprechend, vielfach auch überholt sind, und daß die Ausbildung der Beamten sich bisher nicht in guter Richtung bewegt hat. Die theoretische Ausbildung soll auch in der Zukunft die Rechtskenntnisse zur Grundlage haben, aber die Einbeziehung der wirtschaftlichen und sozialen Kenntnisse in möglichst ausgedehntem Maße ist unvermeidlich. Es ist richtig, wenn jetzt die schon vor fünfzig Jahren systemisierte praktische Verwaltungspriifung wiedereingeführt wird, doch sollten auch die Gcmeindenotäre eine identische, theoretische und praktische Qualifikation erhalten. Dadurch würde sich für die hervorragenden Notäre die Möglichkeit eines Emporstieges auf ihrer Laufbahn eröffnen, während andererseits auch die Venvaltungsbeamten ihre Laufbahn gern in den Gemeinden beginnen würden, was eine gesunde Blutzirkulation hervorrufen würde und ein nicht unbedeutender Faktor der Verschmelzung der einzelnen Gesellschaftsschichten werden könnte. Dies alles führt letzten Endes zur Verstaatlichung. Es ist ja unverkennbar, daß sich dip Um-