Pester Lloyd - esti kiadás, 1933. június (80. évfolyam, 123-145. szám)

1933-06-01 / 123. szám

PESTER LLOYD • 2 • Donnerstag, 1. Juni 1933 Organisierung unserer Verwaltung nach dieser Richtung hin bewegt, und der Minister des Innern hat bereits die Verstaatlichung des Vormundschaftswesens angemeldet. Die Ernennung der Autonomiebeamten durch den Staat aber wäre nur zulässig, wenn zugleich die Autonomie gekräftigt werden würde. — Als zweite Garantie ist die Errichtung der Ver­­waltumgsgenicihte unterer Stufe aufzufassen. Die öffent­liche Meinung besteht darauf, daß die richterliche Rechts­hilfe auf einen möglichst breiten Kreis der kontentiö3en Angelegenheiten ausgedehnt werde. Sie hat damit sehr gute Erfahrungen gemacht, und in dieser Hinsicht hat sich Baron Julius Wlassich, der 27 Jahre hindurch an der Spitze des Verwaltumgsgeridhtes gestanden, unver­gängliche Verdienste erworben. Ob nun eine oder mehrere solcher Gerichtsstellen auf gestellt werden sol­len, ist eigentlich nur eine materielle Frage. Jedenfalls sollen diese Gerichte vollständig unabhängige Fach­gerichte sein. — Auch die Verwaltung ist nur ein Mittel im Dienste der nationalen Selbstzwecklichkeit. Als Kompaß haben (ihr die nationalen Interessen und die liebevolle Pflege des ungarischen Volkes zu dienen. In dieser individuel­len Gedanken- und Gefühlswelt stählt sich der ungari­sche Verwaltungsbeamte zum weiteren Dienst an den nationalen Zielen. Der Entwurf ist geeignet, ihm darin behilflich zu sein und die Voraussetzungen einer erfolg­reichen Arbeit der Verwaltung zu verbessern, und darum stimme ich dem Entwurf mit freudiger Genugtuung zu. [(Lebhafter Beifall auf allen Seiten des Hauses.) Oberhausmitglied Dr. Josef Pap wies einleitend auf den alten Mangel des ungarischen Rechtssystems hin, daß es keine einheitlichen verwaltungs­­rechtlichen Kodexe besitzt. Er begrüßt die Vorlage, weil Sie in dieser Hinsicht eine günstigere Perspektive eröffnet und die Hoffnung weckt, daß die seit langem erwarteten unteren Verwaltungsgerichte in absehbarer Zeit errichtet werden. Dies sei um so notwendiger, als die Zentral­behörden konkrete Angelegenheiten sehr oft durch die Prismen der politischen Stellungnahme prüfen. Er hegt Vertrauen zum Innenminister, der hoffentlich in nicht allzu langer Zeit an die Errichtung dieser unteren Verwaltungs­gerichte schreiten werde. Es sei selbstverständlich, daß -Jie großzügige Verwaltungsreform nur stückweise ver­wirklicht werden kann. Besonderen Wert würde Redner darauf legen, daß das Verwaltungsverfahren möglichst bald einer Reform unterzogen werde. Im weiteren Ver­laufe seiner fast einstündigen Rede wünschte der Redner die Abschaffung der Anomalie, daß die königl. Notare durch Übernahme von Privatbetrauungen in einen [nkompatibilitätszustand geraten. Der ehemalige Innen­minister Scitovszky habe im Juli 1929 die Zusage ge­macht, daß er derartige Inkompatibilitätsfälle ausmerzen wolle. Bis zum heutigen Tage aber sei diesbezüglich nichts geschehen. Der Redner befaßte sich sodann mit der ['rage der Berufungsrechtsmittel und betonte, daß unbe­dingt provisorische Verfügungen ins Leben treten müßten, bis die unteren Verwaltungsinstanzen aufgestellt weiden können. Er bat den Minister des Innern, ausizusprechen, daß in allen Fällen, in denen man sich nicht mit einer Berufung an das kgl. ung. Verwaltungsgericht wenden kann, die Appellation an den Minister selbst gegenüber dem Urteil der zweiten Instanz möglich sei. Das würde das Publikum beruhigen. Er sprach sodann über die Prüfungsmethoden für Verwaltungsbeamte und ersuchte den Minister, dafür zu sorgen, daß in den Prüfungs­komitees auch die Mitglieder des Advokatenkorps ver­treten seien. Die Advokaten haben seit Jahrzehnetn in den Prüfungskommissionen für Rechtsanwälte und Richter als Zensoren, ja sogar als Präsidentenstellvertreter Zeug­nis von ihrer Befähigung abgelegt. Zum Schlüsse gab er dem Wunsche Ausdruck, daß man in den Fortbildungs­kursen der Verwaltungspraktikanten auf verwaltungs- und volkswirtschaftliche Fragen besonderes Gewicht lege. Die Vorlage nehme er an, wenngleich er mit einzelnen ihrer Bestimmungen nicht übereinstimmen kann. Er hege aber die feste Zuversicht, daß der Minister, der sich schon während seines bisherigen Amtswaltern das größte Ver­trauen erworben hat, seine Anregungen verwirklichen werde. Oberhausmitglied Georg Bálint beschäftigte sich in seiner Rede mit dem Gehöfteproblem. Er wies darauf hin, daß weder der Gesetzartikel XXX vom Jahre 1929, noch die zur Diskussion stehende Vor­lage dieses Problem zu lösen vermochten. Es handelt sich hier um das geistige und materielle Wohl von 1,400.000 Menschen, also um eine größere Bevölkerungsschicht, als die der Hauptstadt und der umliegenden Gehöfte und Gemeinden, Diese Menschen, ein rein ungarischer und strebsamer Bauernschlag, sind heute abseits und isoliert Von den großen Strömungen des nationalen Lebens. Eine der wichtigsten Aufgaben der Regierung wäre, diese Iso­lierung zu durchbrechen. Hiezu wäre es notwendig, die Verwaltung dieser auf weitem Gebiete zerstreuten Sied­lungen von Grund auf zu reformieren. Es müßten Zentral­stellen aufgestellt werden, die die Verwaltung der Bezirke leiten. Überdies müßten für die kleineren Unterbezirke besondere Vorstehungen und Notariate organisiert wer­den. Es ist erforderlich, das Straßennetz auszubauen und die Verbindungsstellen der einzelnen Siedlungen mit der Außenwelt im Wege des Telephons herzustellen. Auch die volkshygienischen Zustände erheischen eine dringliche Reorganisierung, denn heute ist das Gesundheitswesen dieser fern von aller Kommunikation liegenden Siedlun­gen sehr vernachlässigt, so daß auf einen Arzt 10.000 Menschen entfallen. Es müßten Wanderärzte er­nannt und Dispensaire aufgestellt werden. Ebenso nötig wäre es, für die religiösen Bedürfnisse dieser Bevölkerung zu sorgen, denn heute gibt es in weiten Landstrichen keinen einzigen Geistlichen, und zumeist muß der Lehrer die Aufgaben eines Seelsorgers erfüllen. Der Redner bat den Minister, die Vorlage in diesem Sinne in der Voll­zugsverordnung zu ergänzen. Oberhausmitglied Eugen Szontágh war der folgende und zugleich der letzte Redner m der Debatte. Ausgehend von der Erwägung, daß alle ein­fachen, weniger komplizierten Angelegenheiten des Dorfes tunlichst im Dorfe selbst erledigt werden sollten, schon wegen der zumeist großen Entfernung der Dörfer von den Städten, trat er dafür ein, daß den Dorfnotären die Befugnis, Privatarbeit verrichten zu dürfen, nicht ent­zogen werde. Dann gab er seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß die seit 1876 so gut bewährten Verwal­tungsausschüsse der Munizipién der sogenannten „kleinen Generalversammlung“ weichen mußten, ' wiewohl den ersteren ein ‘höheres Maß von Fachlichkeit und mehr Objektivität nicht abgesprochen werden kann. Er habe diese Institution mit Mißtrauen aufgenommen, wie er überhaupt alten Verfügungen gegenüber mißtrauisch ist, durch die die alte Verfassung der Komitate eine Ände­rung erfährt. Von diesem Gesichtspunkt sei er auch ein Gegner der Verstaatlichung der Verwaltung und nament­lich der Ernennung der Verwaltungsbeamten durch den Staat. Er glaube auch, daß seine diesbezüglichen An­sichten die große Mehrheit des Hauses teile, und ersuche darum den Minister des Innern, sich sehr genau zu über­legen, ob es überhaupt und besonders unter den heut;­­gen Verhältnissen praktisch und zweckmäßig sei, die bisherige Ordnung umzustürzen. Den Entwurf lehnte er übrigens ab. Die Debatte wurde sodann geschlossen und Minister des Innern Dr. Franz Keresztcs-Fischer sprach das Schlußwort. Einwendungen, so begann der Minister seine Rede, wurden eigentlich nur gegen gewisse Einzelbestimmungen der Vorlage erhoben und nicht bloß hier, sondern auch in der Fachpresse wurde die Befürch­tung laut, daß die Reform die an sie geknüpften Erwar­tungen nicht erfüllen werde. Die Regierung mußte sich in­dessen zu einer rasch durchgeführten Reform entschließen, denn Ungarn muß mit einem modernisierten Verwaltungs­apparat gerüstet dastehen, um die großen Aufgaben, die unser harren, erfüllen zu können. Ich denke dabei nicht daran, durch radikale Änderungen solche historische Werte wie die Autonomie der Komitate zu zerstören. Nur glauben wir, daß die Garantien, die durch Hunderte Jahre dazu berufen waren, fremden Einfluß und fremde Macht­gelüste abzuwehren, ‘heute nicht mehr notwendig sind. Die Neuerungen im Verwaltungswesen konnten wir jedoch nicht in einen einheitlichen Kodex fassen, denn die vor­bereitende Arbeit hätte Jahre in Anspruch genommen, wir aber müssen sofort handeln. Meine erste Aufgabe er­blickte ich darin, in erster Reihe bei den Spitzenbehörden, in den Ministerien, Ordnung zu schaffen. Die Ministerien sind heute mit laufenden Angelegenheiten derart über­bürdet, daß sie nicht mehr in der Lage sind, mit der gan­zen geistigen Kraft die großen gesetzgeberischen und staatspolitischen Probleme zu bearbeiten. Auch ich habe die Befürchtung gehabt, daß die Lok­­kerung der Kontrolle der obersten Behörden über die un­teren Instanzen die öffentlichen Interessen schädigen könnte. Im Grunde war ich bestrebt, diesfällige Garantien zu schaffen. Für die wichtigste Garantie halte ich die Dezentra­lisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Errichtung von Verwaltungsgerichten unterer Stufe und die Ver­weisung möglichst zahlreicher kontentiöser Angelegen­heiten vor die zuständigen richterlichen Stellen. Aus die­sem Grunde habe ich schon einmal erklärt, und diese Erklärung will ich jetzt wiederholen, daß der Entwurf, beziehungsweise seine auf die Beschränkung der Rechts­mittel bezüglichen Bestimmungen nicht in Kraft treten werden, so lange der Entwurf über die Dezentralisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht in Kraft getreten ist. Im Verlaufe der Debatte sind zur bevorstehenden Reforni sehr beherzigenswerte Bemerkungn gemacht worden. Ich kann nur erklären, daß ich alle diese Bemerkungen und Anregungen anläßlich der Vorbereitung des Entwurfes selbstverständlich berücksichtigen werde. (Lebhafte Zu­stimmung.) Als eine weitere Garantie wünsche ich den Rechts­kreis der staatlichen Oberaufsicht, bzw. der staatlichen Kontrolle auszubauen. Es ist viel darüber gesprochen worden, daß ich das Land aus verwaltungspolitischem Gesichtspunkt in wenige große Gebietseinheiten zu glie­dern wünsche. Wenn ich solches beabsichtige, so will ich nichts anderes, als daß die Regierung in großen Ge­bietseinheiten Exposituren besitze, die die unbedingt er­forderliche Kontrolle und Aufsicht namentlich aus dem Gesichtspunkt der Einheit und des Wohlstandes der Nation ausüben, bzw. wirksamer ansüben sollen, als das bisher der Fäll gewesen ist. Werde ich also mit einem Entwurf hervortreten, der auf die Errichtung solcher Gebietseinheiten abzielt, so will ich nicht neue Behörden ins Leben rufen und nicht neue Behörden mit neuen Jurisdiktionen bekleiden, ich will nichts anderes als Or­gane schaffen, die diese Aufsicht, bzw. diese Kontrolle ausüben sollen. Man könnte mm fragen, wozu dies in einem so kleinen Lande notwendig ist. Daran ist ja etwas, denn zweifellos gibt es spezielle Gesichtspunkte in einzelnen Gebietsteilen, die unbedingt berücksichtigt werden müssen, so stellt beispielsweise das Alföld ganz andere Anforderungen an uns als Transdanubien, und der Norden des Landes wieder andere als der Süden, und so müssen wir, ohne daß dies zum Partikularismus führen würde, die Kontrollorgane der Regierung auf ge­wisse Gebiete verteilen und nicht alles von oben her er­ledigen wollen. (Zustimmung.) Eis sind auch Bedenken hinsichtlich der unvermeid­lich gewordenen Reform der Verwaltung mittlerer Stufe geäußert worden. Die Verwaltung mittlerer Stufe wird durch die Autonomie besorgt, und so muß die Umgestal­tung der Verwaltung an diesem Punkt einsetzen. Das alte Komitat hatte in historischen Zeiten tatsächlich eine staatserhaltende Rolle, deren Wichtigkeit auch retrospek­tiv nicht geringgeschätzt werden darf. Heute hat das Ko­milat weder auf die Bewilligung des Rekmtenkontingents Einfluß, noch 'besitzt es das Recht, die Steuern zu ver­weigern. Heute braucht das Komitat, um die Existenz des Staates zu schützen, nicht zu den Waffen zu greifen und keinesfalls kann es das Recht besitzen, den Verfügungen der Regierung Widerstand zu leisten. Es gibt aber solche, die da meinen, daß diese Notwendigkeit wieder eintreten könnte, wenn die Regierung in solche Hände gelangen würde, die den konservativen Geist der Komitate per­­horreszieren. Wie aber stellt es sich jemand vor, daß heute die Macht ohne Zustimmung der Bevölkerung, der Gesetzgebung und des Staatsoberhauptes in Hände über­gehen könnte, deren Weltanschauung der unsrigen zu­widerläuft? Das ist geradezu undenkbar, ausgenommen den Fall der Revolution. Gegen die Revolution aber gibt es überhaupt keine verfassungsmäßige Garantie. Diese Be­sorgnisse sind also übertrieben, ich möcbe sogar sagen, unbegründet. Aber auch abgesehen davon, fällt es mir gar nicht ein, das Komitat anzu­tasten, Ich bin ein wahrer Anhänger der Autonomie. Aber gibt es heute noch eine wahre Autonomie? Wenn ja, so in den Gemeinden und in den Städten, dort können sich tatsächlich Fragen und Verhältnisse er­geben. die richtigerweise nur im Kreise der Autonomie gelöst werden können. Das Wesen der Komitatsautonomie besteht eigentlich nur mehr in der Schaffung von Rechts­normen im Budgetrecht und darin, daß sich das Ge­meindeleben innerhalb des Rahmens der Komitats­­autonomie abspielt. Demgegenüber ist es unumgänglich notwendig, daß die Einheitlichkeit der Staatsverwaltung auch in der Durchführung in Erscheinung trete. Auto­nomie darf also nicht gleichbedeutend sein mit Partikula­rismus, und sollten Keime dieses Partikularismus vor­handen sein, so müssen diese Keime eben entfernt wer­den. Sage ich also, daß wir die Verwaltung der mittleren Stufe reformieren müssen, so verstehe ich letzten Endes darunter, daß alle Gesichtspunkte verschwinden müssen, die zum Partikularismus führen könnten. Ich denke übrigens nicht daran, daß die Komitatsbeamten durch den Staat ernannt werden sollen, ich denke nur daran, daß der Staat sein Organ, sein behördliches Organ, im Komitate haben muß, das die Staatsverwaltung dort mit vollem Recht und mit vollem Ansehen vertritt. Der Ober­gespan kann dies nicht sein, da er ein politisches Organ, ein Vertrauensorgan der Regierung, aber kein behörd­liches Organ ist. Es muß also ein neues Organ in das Komitat eingeschaltet werden; wie dieses geartet sein soll, darüber läßt sich streiten, aber keinen Zweifel erleidet es, daß wir ein solchees Organ besitzen müssen. Meine leitende Idee ist die, daß wir genaiu und klar das Material der Verwaltung zwischen Staat und Auto­nomie verteilen müssen, um gewisse Angelegenheiten dem Staate, andere Fragen wieder der Autonomie vorzubehal­­ten. Dieses klare Prinzip wird, so hoffe ich, auch diejeni­gen 'beruhigen, die die Befürchtung hegen, daß die von mir geplante Reform traditionelle Werte vernichten könnte. Ich betone, daß auch ich konservativer Gesinnung bin und alle nationalen Kräfte zu konservieren wünsche und das ungarische Komitat fördern und kräftigen werde. Ich muß aber erklären, daß wir einer Reform unbedingt bedürfen, wenn wir das Leben und die Entwicklung der Nation zu sichern wünschen. Der Minister reflektierte sodann auf gewisse Einwen­dungen, die im Laufe der Debatte erhoben wurden. Er er­klärte, daß die Entwicklung der letzten Jahre den Ver­waltungsausschuß der Komitate überflüssig gemacht halbe und er demnächst alle Funktionen des Verwaltungs­ausschusses auf die kleine Komi tatsversammIung zu über­tragen gedenke. Ich betone, so schloß der Minister seine Rede, daß ich die Vorlage als einen organischen Teil der geplanten großen Verwaltungsreform betrachte und daß ich diesen Teil erst in Kraft treten lassen werde, wenn alle Ent­würfe bereits in Gesetzeskraft erwachsen sein werden, die geeignet sind, die in der Öffentlichkeit und auch in diesem Hause geäußerten Bedenken zu zerstreuen. Ich lasse mich in allem vom staatlichen Interesse leiten und bin bestrebt, dieses Interesse in Einklang mit den Inter­essen der Autonomien zur Geltung zu bringen. Zar geil. Beatmung der Inserenten? wird unsere PFINGSTNUMMER Morgenblatt vom 4. Juni 1. J. aniliegen. und eignet sich daher besonders für Insertionszwecke KLEINE ANZEIGEN haben grossen Erfolg)

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