Pester Lloyd - esti kiadás, 1934. június (81. évfolyam, 122-146. szám)

1934-06-01 / 122. szám

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Blauä Boros, Braun, Josef Erdős, Győri & Nagy, Harsány!, Haasenstein & Vogler, Cornefl Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető­­iroda, (Rosse Rudolf A.-Q., Julius Tenzer. Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich: M. Dukes Nachf. A.-G., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest ujid fiit die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 33 Hellem Abendblatt 10 Heller. — Für Oesterreich: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 20 Gr, Redaktion u. Adm.: V., WláriaValória-ucca líí, Telephone: Redaktion: 848—30. Nach Mitternacht! 848—36. Administration: 849—09. 81. Jahrgang. Budapest, Freitag, 1. Juni 1934. Nr. 122 Kritische Tage in Genf. Englische Verstimmung. — Vor dem Ende der Konferenz? Budapest, 1. Juni. Nach den großen Reden, mit denen die General­debatte des Hauptausschusses der Abrüstungskon­ferenz eröffnet wurde, hat sich die im voraus erwar­tete Krise der Abrüstungsbesprechungen mit uner­warteter Schnelligkeit und Heftigkeit eingestellt. Die unnachgiebige und auch der Form nach rücksichts­lose Rede Barthous hat in erster Reihe dazu bei­getragen, die Krise zu beschleunigen. Die abfällige Art, in der sich Barthou über die Vermittlungs­versuche Englands geäußert hat, führte zu einer fühlbaren Entfremdung zwischen Frankreich und England, Gewisse . französische Presseorgane, so VOeuvre, suchen zwar die Bedeutung dieser Ent­fremdung zu bagatellisieren — es wird auf die Tat­sache hingewiesen, daß Barthou und Sir John Simon schon gestern nachmittag beim Tee eine längere Unterredung miteinander hatten —, doch läßt es sich nicht wegleugnen, daß die auf Vermittlung des französischen Sicherheitsstandpunkts und der deut­schen Gleichheitsforderung gerichtete englische Poli­tik von seiten Barthous eine glatte Abfuhr erfahren hat. Es ist begreiflich, daß die englische Politik nun­mehr keine Richtung sieht, in der sie ihre Mittler­­tätigkeit fortsetzen könnte, und daß sich englischer Kreise die Stimmung bemächtigt hat, nun stehe nichts anderes bevor, als der ergebnislose Abbruch der Konferenz. Diese Stimmung fand in einer gestern in Genf gehaltenen Rundfunkrede dös Lordsiegel­bewahrers Eden ihren klaren Ausdruck. Seit acht­zehn Jahren seien die Aussichten — führte der eng­lische Delegierte aus —, nie so finster gewesen, wie heute. Der Rede Barthous sei es mit Sicherheit zu entnehmen gewesen, daß es unmöglich sei, Frank­reich eine Sicherheitsgarantie anzubieten, die es zur Annahme des Abrüstungsprinzips bewegen könnte. Man müsse sich mit dieser Lage nun einmal abfin­­den, und die englische Delegation sei entschlossen, an keinen vagen und ziellosen Gesprächen mehr teil­zunehmen. Das war eine deutliche Sprache; die Rede Edens läßt annehmen, daß nunmehr auch England nichts gegen die Liquidierung der Konferenz in irgendeiner Form haben werde. Als letzter Versuch zur Rettung der Konferenz muß noch ein Vorschlag der neu­tralen Staaten angesehen werden, der auf dem Mac­donaldplan beruht und . eine gewisse kontrollierte Wiederaufrüstung Deutschlands vorsieht. Da Barthou im Namen Frankreichs bereits allen derartigen Be­strebungen ein schroffes Nein entgegengesetzt hat, können an diese Initiative keine wesentlichen Hoff­nungen geknüpft werden. Wie scharf bereits die Krise der Konferenz ist, geht aus der Tatsache hervor, daß die für gestern nachmittag anberaumte Sitzung des Hauptaus­schusses abgesagt werden mußte, weil einer der vor­gemerkten Redner, der italienische Delegierte Aloisi, seine Wortmeldung zurückgezogen hatte. Die bisherige Bilanz der Tagung des Hauptaus­schusses läßt sich darin zusammenfassen, daß die Länder, denen die Verwirklichung der Abrüstung wichtig ist, in Frankreich das Haupthindernis einer Einigung erblicken. In diesem Sinne schreibt nament­lich die englische Presse. Die französischen Blätter sind bemüht, Frankreichs Stellungnahme logisch zu begründen und die Schuld am Zusammenbruch der Konferenz der „schwankenden“ Haltung Englands zuzuschieben; nur wenige sehen klar, in welch ge­fährliche Isoliertheit Frankreich durch die Intransi­­genz Barthous hineinmanövriert wird. Unsere Meldungen über die Genfer Ereignisse und ihr Echo in der Weltpresse lauten wie folgt: (Telegramm unteres Korrespondenten.} Genf, I. Juni. Eer vom schwedischen Minister Sandler dem Haupt­ausschuß heute zu unterbreitende Konipromißvorschlag zielt darauf ab, den Wünschen Großbritanniens in bezug auf konkrete Abrüstungsmaßnahmen und das Einsetzen des Ständigen Abrüstungsausschusses ebenso gerecht zu werden, ■ wie der-' deutschen GleichberechtigungsfordCrung and der französischen Sicherheitsthese. Dieses Unterfan­gen ist jedoch viel zu kompliziert, um in der gegenwärti­ge« Lage auf diesen Ausgleichsversuch große Hoffnungen: J»uen zu können, Parallel mit den Abrüstungsbesprechungen verlaufen die diplomatischen Verhandlungen in der Saarfrage. Die Vorschläge des Barons Aloisi, die vorgestern nach Berlin weifergeleitet worden sind, würden von deutscher Seite mit gewissen Abänderungen angenommen. Sonacli kann der Abstimmungstermin für einen der Sonntage des kom­menden Januar als festgelegt betrachtet werden. In der Frage der Vermehrung der Saarpolizei soll die Entschei­dung der Regierungskommission überlassen werden, es ist jedoch bereits eine Einigung in dem Sinne zustande­­gekommen, daß dies nur durch individuelle Rekrutierung, nicht aber durch geschlossene Formationen geschehen soll, wobei ausländische; eventuell luxemburgische Polizei zugezogeu werden karúi. Dér Gedanke, die saarländische Polizei durch deutsche Emigranten zu verstärken, ist von der Regieruhgskommisskm gänzlich fallen gelassen worden. Hingegen konnte in der Garantiefrage noch immer keine Einigung getroffen werden, da Frankreich auch weiterhin darauf besteht, daß die von Deutschland für die Abstim­mungsberechtigten zugestandenen Garantien auf die ge­samte Bevölkerung ausgedehnt werden. In bezug auf die Liquldatioiiszeit bringt Leutschland neue Vorschläge, und zwar ist es bereit, das Aufrechterhalten der Abstimmungs­gerichte für eine Dauer von drei Monaten nach der er­folgten Rückgliederung des Saargebiets anzuerkennen. Demnach liegt die Entscheidung augenblicklich wieder bei Frankreich. Eine sehr rege Tätigkeit ist von seifen der Balkan­­diplomaten und der. Vertreter, der Kleinen Entente zu ver­zeichnen. Durch die eingetretene Wendung in der Ab­rüstungskonferenz wird der türkische Außenminister die auf werfen. TewfikeRüschd: Bei verhandelte in dieser Frage gestern mit Sir John Simon. In der geheimen Sitzung von heute vormittag beschäftigte sich der Rat lediglich mit Prozedurfragen und dem Waffenausfuhrverbot nach Bolivien und Paraguay. In Angelegenheit der Zwischenfälle an der jugo­slawisch-ungarischen Grenze wurde der Zeitpunkt der öffentlichen Debatte noch nicht festgelegt, um vorerst die Gelegenheit zu vorbereitenden ergänzenden Besprechun­gen auszunützen und hiedurch eine zufriedenstellende Lösung zu ermöglichen. Die Besprechungen der ungarischen Delegation. Genf, 31. Mai. (Ung. Tel.-Korr.-Bureau.) Mitglieder der ungarischen Abrüstungsdelegation haben in letzter Zeit mehr als infor­mative Besprechungen geführt. So hatte der Hauptdele­gierte General Tdnczos mit dem Vizepräsidenten der Ab­rüstungskonferenz Politis eine Konferenz. Auch der unga­rische Gesandte beim Vatikan Georg Barcza hatte eine Besprechung mit dem englischen Delegierten Eden. Barthou erklärt sich. Genf, 31. Mai. (Inf.) In Zusammenhang mit der gestrigen Rede des französischen Außenministers Barthou ist es interessant, daß in dem amtlichen Wortlaut der Rede, den das Völker­­bundsekretarial veröffentlicht, die Anspielung Barthous über die „Beherrschung Deutschlands durch das Preußen­tum“ und die daran geknüpfte Charakterisierung des preußischen Geistes als ,,Verkörperung der Kriegsindustrie“ (Zitat aus Mirabeau), die Barthou in seiner Rede wörtlich gesagt hatte, fehlt. Daraus dürfte hervorgehen, daß man in der französischen Delegation bei Durchsicht des Steno­gramms dieser aus dem Stegreif gehaltenen Rede selbst empfunden hat, daß cs sich um eine rednerische Entglei­sung an dieser Stelle handle. Weiterhin wird viel bemerkt, daß Barthou beim Empfang ger französischen Presse Wert darauf legte, den Journalisten zu versichern, er habe den englischen Außenminister Simon nicht persönlich angrei­fen wollen, aber nicht darauf verzichten können, restlos den Standpunkt Frankreichs in der Abrüstungsfrage dar­zulegen. Die französische Presse zur Rede Barthous. Paris, 31. Mai. (Inf.) Die gestrige Rede des Außenministers Barthou bildet den Gegenstand, ausführlicher Kommentare in der französischen Presse. Ganz allgemein legt man einen ge­wissen Optimismus an den Tag, indem man glaubt, daß, so verfahren auch die Lage sei, es doch noch einen Aus­weg gebe. In politischen Kreisen hofft man, sehr bald mit dem geplanten russisch-französischen Pakt der gegenseiti­gen Beihilfe, dem die Kleine Entente und die Türkei bei­treten würden, .vor die Öffentlichkeit treten zu können. Die Rede Barthous wird vom offiziösen Temps selbst­verständlich stark gelobt. Das Blatt stellt diese „energische und klare“ Rede der reservierten Haltung Sir John Simon* gegenüber und schreibt: Den Außenminister habe mit einer absoluten Treue die Politik der französischen Regierung wiedergegeben, die sich ihrer Verantwortung vollauf be­wußt sei und wisse, was sie wolle und wie sie es' wolle, und die ferner einig darüber sei, ihre Wünsche in voller Übereinstimmung mit der Nation, in deren Namen sie handle, durchzusetzen. Der oppositionelle Notre Temps dagegen hebt als her­vorstehendstes Ergebnis der gestrigen Rede Barthous her­vor, daß zwischen Frankreich und England ein breiter Graben errichtet worden sei. Denn Barthou habe de« Locarno-Garantien jeden Wert abgesprochen. Ein- schwer rer Schlag sei der Entente Cordiale zugefügt worden. Nie­mals seit der Ruhrbesetzung seien Frankreich und Eng­land soweit voneinander entfernt gewesen. Paris, 31. Mai.f (Havas.) Das radikale Oeuvre greift die Staaten an, die bestrebt sind, den angeblichen englisch-französischen Gegensatz für ihre Zwecke auszuschroten. Es sei ein schwe­rer Irrtum, zu glauben, daß es zwischen Barthou und Simon — die übrigens heute schon beim Tee zusammen­trafen — zu einer ernsten Meinungsverschiedenheit ge­kommen sei. Es müßte noch vieles geschehen, damit zwi­schen Frankreich und England ein tief reichender Gegen­satz entstehe. Paris Midi findet es richtig, daß BarLhou den fran­zösischen Standpunkt geklärt und nicht zugelassen habe, daß die ganze Verantwortung Frankreich auf gebürdet werde. Journal des Débats lobte Barthou vor allem deswegen, weil er Mut gehabt habe, über die deutsche Politik die volle Wahrheit zu sagen. Englische Stimmen gegen Barthou. London, 31. Mai. (>Inf.) Die Nachmittags- und Abendpresse wendet sich gegen die Genfer Rede des französischen Außenministers Barthou und betont, daß die Rede nicht nur in England, sondern auch in den profranzösischen Ländern, wie z. B. Belgién, peinliches Aufsehen erregt habe. Star schreibt: Barthou habe ganz bewußt gelogen, wenn er behauptet habe, daß von Frankreich die so­fortige Abrüstung gefordert würde. Barthou habe mit seiner Rede das Bajonett auf das Her: Europas gerichtet und damit den typischen Mut eines 72jährigen bewiesen. Wenn die heute im wehrfähigen Alter stehenden Fran­zosen einst das Alter Barthous erreichen würden, so wür­den sie wissen, ob die Rede Barthous wirklich, wie man sich dies in Frankreich heute einbilde, so ausgezeichnet ge­wesen sei. Frapk reich habe wieder einmal Kriegspolitik getrieben und die Zukunft aufs Spiel gesetzt und Sich von dem Gedanken leiten lassen, daß die innere Lage Deutschlands so unsicher sei, daß es sich leisten könne, auf Deutschland herumzureiten. London, 1. Juni. '(Inf.) Die englische Presse erwartet für heute die Ver­tagung und damit praktisch auch das Ende der Ab­rüstungskonferenz. Denn obwohl sich Henderson das Recht Vorbehalten dürfte, die Konferenz zu einem ge­eigneten Zeitpunkt wieder einzuberufen, gilt es als fest­stehend, daß dieser Zeitpunkt in sehr weiter Ferne liegt. Die englische Delegation " dürfte sich jedenfalls, wie Blättermeldungen aus Genf durchblicken lassen, und wie auch Eden am Donnerstag in seiner Rundfunkrede an­deutete, für ein solches Ende einsetzen, während Frank­reich und Rußland dagegen seien, schon um die Verant­wortung für das Ende der Abrüstungskonferenz von sich abzuwälzen. Der angekündigten Initiative der Neutralen wird hier wenig Bedeutung beigemessen, da der von ihnen ausgearbeitete Vorschlag einerseits die Gleich­berechtigung Deutschlands vorsehen soll, wodurch er für Frankreich unannehmbar werden würde, und an­dererseits in der Garantiefrage Vorschläge enthalten dürfte, die wieder von England nicht angenommen wer­den könnten. Selbst Times müssen heute zugeben, daß die Kon­ferenz vor ihrem Ende Stehe. Das Blatt weist dabei darauf hin, daß die Wege Franreichs und Englands in der Ab­rüstungsfrage sich damit trennen müßten. England bleibe nach wie vor davon überzeugt, daß der deutsch-franzö­sische Gegensatz nur auf der Grundlage der Gleichberech­tigung ausgeglichen werden könne, und daß ein solches Abkommen für Frankreich heute " noch günstiger sein würde als morgen. Frankreich scheine mit zunehmenden Schwierigkeiten des Hitlerregimes zu rechnen, die Deutschland nach sechs Monaten zu Zugeständnissen zwingen würden. Diese Spekulation beruhe auf sehr zweifelhaften Voraussetzungen; bewähre sie sich, so werde man von einem meisterhaften diplomatischen Schachzug reden, doch die Folgen eines Fehlschlages *seien unberechenbar.

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