Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1934. augusztus (81. évfolyam, 172-196. szám)

1934-08-01 / 172. szám

Mittwoch, 1. August 1934 PESTER LLOYD * wird, die Welt beim ersten Aufflackern eines lokalen Konflikts zum Schauplatz des universellen Vernich­tungskrieges werden. Und es wird keine Grenzen geben; denn jener Krieg wird in der Luft entschieden werden. 'j Kein Volk will diesen Krieg. Denn die Völker wissen schon, was er bedeuten würde: ein Sieg würde in solchem Kriege unmöglich sein. Ein französischer General veröffentlichte vor kurzem einen ergreifen­den Appell gegen die Luftschutzräume und Gasmas­ken, durch die geschäftstüchtige Unternehmer der Zi­vilbevölkerung ein Gefühl der Sicherheit Vortäuschen wollen. Gegen die Bomben und die Gase der modernen Kriegstechnik würden Kellerräume und Masken keine Sicherheit bieten. Sie sind im Gegenteil Fallen, aus denen es keine Rettung gibt. Der italienische Oberst RoCCo “Mörretta gab jüngst ein Buch über den Krieg von morgen aus: „Comc sara la guerra di domani?“ Er schildert in seinem Werk als Kenner die entsetz­liche, Wirkung der modernen Bomben, die über eine .Tonne wiegen, dann der kleinen Thermithomben, die eine-Hitze von 3000 Grad entfalten und unlöschbare Feuejbrandc verursachen; haben diese ihr Zerstö­­rungswerk getan, dann kommen die .verschiedenen Gase dran, Reizgase, die durch die Masken hindurch­dringen und das Opfer zwingen, sich in wahnsinnigen Krämpfen die Maske vom Gesicht zu reißen, Lewisit und Hyprit, das fein verstäubt sich aus der Luft nie­dersenkt und alles unten mit einem dünnen Häutchen überzieht. An Schuhe.und Kleidungsstücke'geheftet-, wird es ins Zimmer geschleppt, wo es wieder verdun­stet und von den Zimmerbewohnern unbemerkt ein­­geatmet wird: die Symptome, ein schwerer Brand al­ler Schleimhäute, treten erst nach Stunden ein. Wir beschreiben diese Greuel nicht, um eine Panikstimmung zu erzeugen. Wir sind felsenfest über­zeugt, daß alle Völker entschlossen sind, den Frieden zu wahren. Es gibt keine „guten“ und „bösen“ Völ­ker; alle Völker wollen in erster Reihe leben, sie wol­len also den Frieden. Darum schlagen alle „pazifisti­schen“ 'Reden fehl, die von einer Kriegsmöglichkeit als Gruridthese ausgehen. Niemand will den Krieg. Welch eine Erlösung würde esésein, wenn alle Völker, wie von einem bösen Spuk erwacht, plötzlich bemerk­ten, daß sie sich- gegenseitig und ohne Grund befürch­tet haben! Das Befinden des Reichspräsidenten V. Hindenburg. Neudeck, 31. Juli (17.15 Uhr)’. (DNB.)1 Im Zustand des Reichspräsidenten v. Hindenburg ist keine Verschlechterung eingetre­ten. Zu Mittag erfolgte eine geringe Nahrungs­aufnahme. Kein Fieber. Puls zitfriedenstellend. Für die behandelnden Ärzte; gez. Professor Sauerbruch, ... Neudeck, 31- Juli. (Havas.) Die Nachriohten über den Zustand des' Reichspräsidenten v. Hindenburg verbreiteten sich wie m Lauffeuer. Im Schloß laufen ständig Depeschen ein, deren Absender sich nach dem Befinden des Reichspräsidenten erkundigen. Die Dienerschaft eilt auf Zehenspitzen durch die Zimmer und alles spricht nur im Flüsterton. Im ersten Stockwerk wachen abwechselnd vier Ärzte am Kranken­bette' des ’ Reichspräsidenten. Ini - Nachbarzimmer weilen der Sohn des Generalfeldmarschalls, Oberst-Oskar v. Hin­denburg, und Professor Sauerbruch. Der Arzt hat noch nicht alle Hoffnung aufgegeben. Tatsächlich ist im Befin­den des Schwerkranken seit dem Morgen eine leichte nichts, doch es dürfte ausreichend sein für die näch­sten paar. Jahrhunderte, in denen sie sich ohne Caanoens und ;Vasco da Garaa werden behelfen müssen. Ein wenig abseits der Stadt gibt es einen sehr vornehmen Frenidenort; die blaue Küste von Estoril, das sich rühmt, die ausgeglichenste Temperatur des Kontinents zu besitzen, das ist: die geringsten Unter­schiede von kalt und wann. Im Winter sollen die großen und sehr eleganten Hotels überfüllt sein von reichen Leuten, besonders englischen Lords, die, Engländer betrachten überhaupt Portugal ein wenig wie eine pseudonyme Kolonie. Es gibt da ein sehr neues und geräumiges Kasino, einen schönen Sand­strand, einen stets bereiten Ozean, ein ebensolches Kasino mit Spielsälen. Mit Rücksicht .auf die Wohl­feilheit Portugals ist das Minimum bei der Roulette mit zweieinhalb Eiscudos, fünfunddreißig Centimes, sehr gering; die Kasinoleitung verschmäht also auch die Haben der Ärmsten nicht. Im Sommer gibt es keine Saison, worum sich jedoch zwei Dutzend Eng­länder in den Spielsälen und die Wellen des Atlantik nicht bekümmern, beide spielen weiter. Dann fährt man weithin in das eigenartige, hell­farbige, baumlose Land und dann entdeckt man plötzlich auf steilen Hügeln Wälder und mitten in ihnen ragende Schlösser. Das sind die alten Sitze der früheren Könige von Portugal, die besonders in Cintra noch stark mit Erinnerungen an sarazenische Zeiten belastet sind. Man geht durch zumeist ausge­räumte Zimmer, sieht dann auch einige ausgeräumte Säle der letzten Königinnen und Könige, Büsten, Porträts, auch verblichene Paravents mit Photo­graphien; auf denen man verschiedene Fürstlich­keiten erkennt, die vor fünfzig bis dreißig Jahren ganz oder beinahe regiert haben. Mit Widmungen an die verwandten Orléans-Coburg-Braganza, die in Lissabon residierten. Man hatte überall Ver­wandte, Stefanie in Wien, Clementine in Brüssel, Marie Christine in Madrid und viele andere sind zu sehen. Das ist alles schon ganz blaß... Dann geht man an allerlei Greueln über­ladenen, schlechten Geschmacks vorbei, allzu ge­wundenes Holz, zu viel Ornamente ungewisser, übertriebener Stile, riesige lebensgroße Neger tragen Fackeln, in einem der Schlösser leben jetzt Mutter und Witwe des letzten portugiesischen Königs Manuel. Die alté Marie-Amélie, eine Orléans, hat alle überdauert, überlebte dén schrecklichen Tag, da ini Wagen neben ihr der Maiin und der ältere Sohn ermordet wurden, vor denen sie sich schützend stellen wollte, überlebte, wie der zweite Sohn Manuel dann vertrieben wurde und später im Londoner Exil starb. Sie hat ihre Erinnerungen in diesen anderen Schlössern; gelassen, die nur noch für die fremden Besucher da sind, samt den Familienphotographien. Mit welchen Gefühlen mag die alte Frau auf dieses schöne Land sehen, dessen Königin sie gewesen ist ? Es war arm und mordete, und es ist arm geblieben. Ist es. jetzt zufrieden? Die besser Angezogenen sprechen eine gewisse gedämpfte Anerkennung aus, doch cs gibt nicht viele, die besser angezogen sind. Man geht hier einige Tage umher und hat das Emp­finden, sehr aus der Welt zu sein, so große Worte auch gesprochen und verkündet werden. Es meldet sich das Empfinden, wenn man vor diesen Auslagen steht, auf diesen Cafébalkonen sitzt, daß man hier mehr abseits von Europa ist, als in Kairo oder Bombay. Es wird versichert, daß es hier die be­rühmteste und schönste Sammlung alter Karossen gibt. Doch man beschließt, sich eine andere Attrak­tion zu verschaffen: de« Expreß, der von Lissabon fährt, ostwärts durch Spanien in dieses hier so ferne Europa, das uns nicht loslassen will. Besserung zu verzeichnen, und man glaubt, daß der starke Organismus des greisen Marschalls die Krise über­winden wird. Paris, 31. Juli. (U. T.-K.-B.) Wie die Agetice Havas aus Berlin mel­det, hat Hitler alle Reichsminister dringend nach Berlin berufen, und zwar im Hinblick auf. die beunruhigenden Nachrichten, die über den Gesundheitszustand des Reichs­präsidenten eingetrbffen sind. Berlin, 31. Juli. (Inf.) Die Blätter gehen ihrer lebhaften Anteilnahme an der Erkrankung des Reichspräsidenten Ausdruck und betonen, daß sich Reichspräsident v. Hindenburg nach seiner Reise aus Berlin in der Frische und Ruhe des länd­lichen Lebens in Neudeck gut erholt habe. Er machte täglich zwei bis drei Kilometer weite Spaziergänge mit er­staunlicher Rüstigkeit und gab mehrfach seinem Gefühl des Wohlbefindens Ausdruck. Der Reichspräsident stand unter der steten'Beobachtung und Pflege eines Arztes. Jn regelmäßigen Abständen wurde er vpn Professor Sauer­bruch besucht. Wie das Berliner Tageblatt berichtet, handelt es sich nicht um eine Verschlimmerung seines alten Leidens; das den Reichspräsidenten vor einigen Tagen befallen habe, sondern um einen allgemeinen Schwächezustand. 'Sämtliche Blätter geben ihrer Verehrung für den greisen Reichspräsidenten Ausdruck und sprechen die Hoffnung aus, daß die kräftige Konstitution des Kranken auch diesmal den Sieg davon trägen werde. Berlin,.31. Juli. [(DNB.) Die Deutsche Zeitung wurde wegen eines zu der Erkrankung des Reichspräsidenten herausgegebenen, äußerst haltlosen Kommentars in ihrer .Abendausgabe vom 31. Juli auf acht Tage verboten. Die fragliche Nummer wurde beschlagnahmt. Dem verantwortlichen Schriftleiter wurde sofort bis auf weiteres die Pressekarte entzogen.. - • ; . London, 31. Juli:" (U. T.-K.-B.) Die Nachricht von dem ernsten Befinden des Reichspräsidenten v. Hindenburg erregt in der gesamten Öffentlichkeit die größte Teilnahme. Alle Blätter veröffent­lichen auf der vordersten Seite Bilder des in ganz England hochgeachteten und verehrten Generalfeldinarschalls und drücken angesichts des hohen Alters des Reichspräsidenten Besorgnis aus. Die Vorgänge in Österreich. Planetta und Holzweber — hingerichtet. (Telegramm unseres Sonderberichterstatters.) Die Schlußreden. - ; (i- v Wien, 31. Juli. Der Schlußakt zum Gerichtsdrama Holzweber— Planetta .vollzog sich in atemloser Spannung Wohl, aber auf ebenso normale Weise wie in jedem an­deren Prozeß. Der Staatsanwalt (ütnie in seinem Plädoyer im Prozeß gegen die Aufrührer Holzwebcr und Pla­netta aus, daß zweifellos Hochverrat vorliege. Der Bürgerkrieg sei die Folge dieses Hochverrats ge­wesen. Mán wisse, daß man eine ganze Reihe von Toten im Lande zu beklagen habe,- Wer weiß, führte der Anklagevertreter aus, wie lange die Er­eignisse noch nächzittem werden?. Man hat ein klares Bild davon, in welche Situation die Täter das Land schön gebrächt haben. Ein Fünkchen hätte genügt und wir hätten fremdes Militär, fremdes Volk und fremde Mächte in unserem Lande, Bezüg­lich des Mordes an dem Bündeskanzler sei der Tat­bestand fast zweifellos. Nun erhielten die Verteidiger das Wort. Hiebei kam es wiederholt zu Zwischenfällen. Als der Ver­teidiger Dr. Führer< ein formales Plädoyer für den Hitlerismus und den Anschluß hielt, wurde er vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Der Verteidiger verglich im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen die Tat Planettas mit der des Schlageter, der in Deutschland zum Märtyrer wurde. Diese Worte riefen laute Mißbilligung im Zuhörerraum hervor. Nach den Plädoyers hatten die Angeklagten das letzte Wort. Sie machten Gebrauch davon, in strammer Habtachtstellung, wie sic es von ihrer langen Militärdienstzeit her gewohnt waren. — Ich weiß nicht, sagte Planetta, wieviel Stun­den ich noch leben werde. Aber eins möchte ich sa­gen. Ich bin kein feiger Mörder. Ich habe wirklich nicht in Tötungsabsicht gehandelt. Außerdem möchte ich noch sagen, daß mir als Mensch meine Tat leid lut, und ich bitte die Frau des Herrn Bun­deskanzlers Dollfuß um Verzeihung. Dann klappte er die Haken zusammen und trat einen Schritt hinter Holzweber zurück. Holzweber machte eine plötzliche Bewegung mit der Hand, als wollte er, wie zum Rapport gestelll, die Ehrenbezei­gung leisten. Aber sofort besann er sich und sagte: —- Mir und uns allen ist zugesichert worden, daß kein Blut vergossen werden würde. Außerdem iM: mir gesagt worden, daß Minister Rintelcn’ im Bundes­kanzleramt anwesend sei, beziehungsweise daß die neue Regierung in kürzester Zeit ernannt werden soll. Im Bundeskanzleramt habe ich jedoch den Leiter nicht vorgefunden und habe mich daraufhin sofort dem Herrn Major Feg eröffnet. Ich sagte ihm: „Ich stehe jetzt da und weiß nicht, was ich tun soll.“ Ich hatte in diesem Augenblick gewissermaßen freiwillig die Verantwortung für die Leute übernommen, da niemand da war, der sich der Sache änttahm oder annehmen hätte können. ' 1 f Das Urteil. Nun verkündete der Gerichtshof das Urteil. Beide Angeklagte wurden, wie bereits gemeldet, im Sinne der Anklage zum Tode durch den Strang ver­urteilt, und zwar Holzweber wegen Hochverrats, Planetta wegen Mordes und Hochverrats. Der Ge­richtshof ordnete an, daß, falls keine Begnadigung erfolgt, zunächst Holzweber und dann Planetta hingerichtet werden soll. -Die Verlesung des Urteils hörten die beiden An­geklagten regungslos an. Planetta schien einiger­maßen erschüttert zu sein, wie sich an ihm auch Spuren menschlicher Regungen gezeigt hatten, als er Frau Dollfuß um Verzeihung gebeten hatte. An Holz­weber war nicht das gesingste Zeichen einer seeli­schen Regung wahrnehmbar. Während Planetta mit zusammengebissenen Lippen und zuckenden Wim­pern dastand, starrte Holzweber mit finsteren Augen hihtér seinem Klemmer in, dag;Nichts, das ihm jetzt schon bestimmt bevorstand., . . ‘ ' Die Urteilsbegründung. Die Urteilsgründe machten auf ihn tiefen Ein­druck. Wiederholt schien er aufbrausen zu wollen, als sei er anderer Meinung als der Präsident. Aber er besann sich immer wieder und hörte mit Planetta still zu. Die Regierung sollte gefangengenoMmen wer­den, so sprach der Präsident, und an ihre Stelle eine andere Regierung gesetzt werden. Die Angeklagten sind .150 Mann stark in das Bundeskanzleramt ein­gedrungen. Es war damit der Tatbestand der Em­pörung gegeben. Die Angeklagten mußten sich auch darüber im klaren sein, daß die Regierung nicht kampflos das Feld räumen werde, daß es also zu einem Bürgerkrieg kommen müsse. Weiter ist er­wiesen, daß beide Angeklagte an der Aktion in her­vorragender Weise mitgewirkt haben. Bezüglich der Mordanklage gegen Planetta. er­klärte der Vorsitzende, daß der Gerichtshof zur Überzeugung gelangt sei, daß Planetta die Tötung des Bundeskanzlers beabsichtigt hatte. Beide Schüsse wurden von Planetta abgegeben. Da Planetta durch mehrere Säle eilte, kam der Gerichtshof zur Über­zeugung, daß es sich ihm vor allem darum handelte, den Bundeskanzler unschädlich zu machen,-ihn also zu töten. Gerade in den letzten Zeit nahm die Hetze gegen den Bundeskanzler einen maßlosen Umfang an, und Planetta glaubte sich dadurch um die Partei verdient zu machen, daß er den bestgehaßten Mann aus der Welt schaffte. Als erschwerend nahm der Gerichtshof bei Planetta die Häufung mehrerer Ver­brechen, sowiie die Tatsache an, daß er zwei Schüsse abgegeben hatte, ferner auch die Wichtigkeit' der Persönlichkeit des Bundeskanzlers für das Vater­land. Mildernd kamen hinsichtlich Planettas sein teilrweiscs Geständnis und sein unbescholtenes Vor­leben in Betracht. Für Holzweber lag kein erschwe­render Umstand vor, mildernd dagegen wirkten sein teilweises Geständnis und die bisherige Unbeschol­tenheit. , '■ " Um Gnade hat keiner der beiden rAngeklagleh angesucht. Sie wußten: da kann nur mehr Gott Gnade walten lassen. Aber ein Anliegen brachten sie durch ihre Verteidiger dennoch vor: sie baten beim Gerichtshof selbst um eine einzige Stunde Gnadenfrist, die ihnen auch ohneweiters gewährt wurde. ,, Die Hinrichtung. Nach Verslreicbung der zu drei Stunden an­gewachsenen vorgeschriebenen Frist wurde das Ur- ■; teil an beiden, zuerst an Holzweber und dann anli Planetta, im Hofe des Landesgerichtes vollstrecJct%

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