Pester Lloyd - esti kiadás, 1934. szeptember (81. évfolyam, 198-221. szám)

1934-09-01 / 198. szám

TESTER LLOYD •2® '— schreibt das Acht Uhr -Abendblatt —, „das offen die reichsdeutsche Nummer trägt, erhält als gast­freundliches Angebinde das liebenswürdige Beiwort „boche“. Heute gesellt sich nunmehr auch der Völkische Beobachter zu diesen Stimmen des deutschen Pro testes. Das Blatt beschäftigt sich unter der Überschrift ».Österreich gestern und heute“' mit dem österreichischen Problem. Das Blatt knüpft an die Worte des Bundes­­^ kanzlers Dr. Schuschnigg in Mariazéll an, daß man Men­schen beseitigen, Ideenträger erschlagen, Ideen selbst aber nicht umbringen könne. Hiezu wird in dem Artikel die Frage aufgeworfen, ob es nicht an der Zeit wäre, daß auch •die Regierungspartei in Österreich ihren Degeri vor einem tapferen, von Idealismus getriebenen Gegner senken und sich auf das gemeinsame Wesen besinnen soll, nämlich auf die Sorge um das gemeinsame Vaterland, das von beiden als ein deutsches Österreich anerkannt und als Pin Teil des gesamtdeutschen Schicksals erhalten werden Soll. Weiter wird in dem Artikel gefragt, urie der Duce heute über die Belange Österreichs denken mag. Wie weit das , Mandat sver hält nis‘‘ Österreichs zu Italien bereits ge­diehen sei, gehe aus den Behauptungen der Wiener Reichs­­'post hervor, daß Jugoslawien die Erlaubnis zur Bildung einer österreichischen Legion gegeben habe, und daß 'Deutschland und Jugoslawien zu einem gemeinsamen An­­griff gegen Österreich rüsten. Diese Ausstreuung sei be­stimmt „aus Rom gekommen, wo man Österreich als Pro­vinz Noricum ansehe“. (!) Als seinerzeit im Haag die Zoll- Hinion verhandelt worden sei, habe gerade der italienische Vertreter diesen Vertrag abgelehnt mit der Begründung, 3r sei unmoralisch, weil er zwischen zwei ungleich großen Staaten abgeschlossen und dadurch die Unabhängigkeit Österreichs zu einer Illusion würde. Gelte dieser Einwand heute weniger, wo der italienische Vormund zudem eine hochgerüstete Macht sei, während Deutschland immerhin wehr politisch mit Österreich gleich gewesen sei? Das Pro­blem Österreich von gestern sei nicht gelöst, ebensowenig das von heute. Es sei aber möglich, das Problem Öster­reich von morgen auf gemeinsamem gesamtdeutschem Boden anzupacken, und dann lasse sich, so schließt der Artikel, jene echte Unabhängigkeit und Selbstbestimmung hersteilen, die allein wert sei, daß auf beiden Seiten Blut geflossen und Ideenträger gefallen seien. Auch die jugoslawische Presse sieht sich veran­laßt, nunmehr auf die scharfen Angriffe zu antwor­ten, die die italienischen und österreichischen Blät­ter im Zusammenhang mit den österreichischen Emigranten in Marburg gegen die jugoslawische Regierung gerichtet haben. Die halbamtliche Belgrader Vreme schreibt, daß nicht Jugoslawien, sondern Italien die Unabhängigkeit Österreichs bedrohe. Italien habe jetzt den Plan gefaßt, die Heimwehren in Österreich in regelmäßiges Militär um­zuwandeln. Die Heimwehren sind nur Filialen des Fäszis­­nms, und ein solcher Akt würde einfach eine friedliche Eroberung Österreichs durch Italien bedeuten und Öster­reich auf eine italienische Kolonie wie Libyen oder Tri­polis herabsetzen. Dies sei der wahre Grund der Kampa­gne gegen Jugoslawien, denn man will die Aufmerksam­keit der Welt von diesen Plänen des Faszismus ablenken. Diese Ausführungen haben das alte Rezept zum Muster, daß der Angriff die beste Verteidigung sei. Allerdings kann dieser Angriff die Tatsache nicht entkräften, daß Jugoslawien die Bildung einer öster­reichischen Legion und die Hetze der österreichi­schen Emigranten gegen das Kabinett Schuschnigg duldet. Die Kooperation der baltischen Staaten. Wir haben anläßlich der Konferenz der drei baltischen Staaten festgestellt, daß der Ausgangs­punkt der Vereinbarungen die bisherige Kooperation zwischen Estland und Lettland gewesen sei, und daß ferner Litauen auf keinerlei Unterstützung der zwei anderen Baltenstaaten in der Wilnafrage recn­­nen könne. Jetzt werden unsere Informationen durch den Rigaer Korrespondenten des Journal des Dóbats bestätigt. Der Korrespondent erörtert die Ergebnisse der baltischen Konferenz und meint, Lettland und Estland hätten gewünscht, daß zum Ausgangspunkt der Kooperation der drei Staaten der lettisch-estnische Vertrag vom 17. Februar 1934 ge­wählt werde. Da Litauen sich formell diesem Ver­trag nicht anschließen wollte, hat man einen neuen Vertragsentwurf vereinbart, der die Übereinstinunung der Außenpolitik der drei Länder bezweckt. Was den Ostpakt anbetrifft, so beschränkte man sich in Riga bloß darauf, festzustellen, daß Litauen sich dem Paktplan vorbehaltlos anschließt, Lettland dem Plane zustimmt und Estland sich mit ihm bloß prin­zipiell einverstanden erklärt. D>. Heikelste Frage der Konferenz sei das Problem des litauisch polnischen Konflikts gewesen. Da dies ein litauisches Sonder­problem ist, das die übrigen Baltenstaaten nicht inter­­essitii, wurde beschlossen den Kooperationsentwurf auf diese Frage nicht auszudehnen. Der Entwurf soll sich im allgemeinen auf keine Angelegenheit er­strecken, die nur Sonderinteressen irgend eines der drei Staaten betrifft und lokalen Charakters ist. Wie das lettländischen Regierungskreisen nahe­stehende lettische Morgenblatt Ritu (d. h. Morgen) meldet, ist der am Mittwoch paraphierte Rigaer Ver­trag über die Zusammenarbeit der drei baltischen Staaten ausdrücklich nur politisch-diplomatischen Inhalts. Im Vertrage sei kein Militärbündnis oder eine andere Abmachung für den Kriegsfall vor­gesehen. Selbst im Falle eines Angriffs auf einen der Vertragsschließenden Staaten würde dieser von den anderen beteiligten Staaten auf Grund des Vertrages nur durch politisch-diplomatische Maßnahmen unterstützt werden. Ein Militärbündnis sei solange nicht möglich, als ein Staat (gemeint ist Litauen) seine Grenzangelegenheiten als nicht geregelt an­sehe. Die Pfundbaisse. Die neuere Abschwächung des Pfund Sterlings erweckt in der City überhaupt keine Besorgnis. Der klarste Beweis hiefür ist die ständige Festigung des Kurses englischer Staatspapiere, andererseits die Schwankung des Kurses der Goldminenpapiere. In eingeweihten politischen Kreisen betont man, daß die heutige Lage in keiner Hinsicht der vom Septem ber 193-1 ähnele, in erster Linie, weil das Pfund keine Goldwährung mehr darstelle. Weiter sind heute die politischen finanziellen und wirtschaftlichen Ver­hältnisse geordnet, die Lage der Staatsfinanzen ist ausgezeichnet die Handelsbilanz weist eine stän­dige Besserung auf, die Zunahme der Goldreserve der Bank von England auf 192 Millionen bedeutet eine Rekordhöhe, die Goldeinfuhr des Landes hat bisher die Ausfuhr um 103 Millionen Pfund über­schritten. Die unverläßlichen, stete Unruhe ver­ursachenden fremden Kapitalien haben den Londo­ner Markt fast vollkommen verlassen, die Bank von Frankreich aber stütze den Pfundkurs mit allen ihren Mitteln aus eigenem Interesse. Die Annahme, die englische Währungspolitik hätte die Wirkung einer eventuellen neuen Dollarentwertung durch die Ab­schwächung des Pfundkurses eskontieren wollen, wird durch die jüngsten bechwichtigenden Erklärun­gen des Präsidenten Roosevelt widerlegt. Es kann also als sicher angenommen werden, daß die wich­tigste Ursache der Pfundkurssenkung der saison­mäßige Druck der Herbsteinkäufe auf die englische Währung ist. Dieser Druck wurde durch die haupt­sächlich in Paris und Amsterdam arbeitende inter­nationale Spekulation zweifelsohne verschärft, die das Pfund stets im Herbst zu drücken versucht. Die­ser Angriff wurde auch durch den Umstand geför­dert, daß seit einigen Wochen aus Indien und Süd­afrika kein Gold nach England verschifft wird, da die dortigen Goldinteressenten ihre Londoner Gut­haben zur Zahlung verwenden, nachdem in den letz­ten Monaten die indischen und afrikanischen Ver­käufe besonders stark gewesen sind. Eine ge­wisse Rolle spielt ferner, daß die Spe­kulation ihre ungedeckten Dollarverkäufe durch den Verkauf von Pfund Sterling zu decken versucht. Auf Grund all dieser Faktoren rechnet man damit, daß die Lage spätestens binnen drei Monaten sich wesentlich bessern werde, und daß der Währungsausgleichsfonds nur aus dem Grunde nicht eingesetzt wird, weil sämtliche Mittel für diesen Zeit­punkt aufgespart werden sollen. Man nimmt an, daß die Pfundbaissespekulation selbst auch den Rück­schlag stärken wird, da sie erstens den Kurs des französischen Franc so sehr in die Höhe getrieben hat, daß sie später eine Korrektur des Franckurses für notwendig halten wird, und zweitens weil sie offene Pfundverkaufsgeschäfte abgeschlossen hat, deren Deckung im gegebenen Zeitpunkt eine gewal­tige Nachfrage nach Pfund hervorrufen wird, die, wie jetzt die Deckung der Baissespekulation für den Dol­lar das Pfund drückt, später das Pfund hinauftreiben würde. Man glaubt in deT City annehmen zu können, daß das endgültige Niveau der Goldpreise von der Zukunft des französischen Franc ahhängen wird. Die englische öffentliche Meinung lehnt die Forderung einzelner Blätter entschieden ab, die Regierung solle das in London gehortete Gold beschlagnahmen, dessen Wert man zumindest auf 150 Millionen Pfund schätzt. Die ruhig abwartende Haltung der Engländer scheint in diesem Falle wirklich am Platze zu sein. Vom Tage- Ungarns Finanzlage vor dem Finanzausschüsse des Völkerbundes. Finanzminister Dr. Béla Imrédg wird sich Anfang nächster Woche nach Genf begeben. In seiner Begleitung werden der Berater der Nationalbank Mr. Bruce, der Di­rektor der Nationalbank Dr. Leopold Barangag und In­spektor Quandt die Reise nach Genf antreten. Der Finanz­ausschuß dürfte sich am 7. oder 8. September mit der un­garischen Finanzlage beschäftigen. Für den 6. September ist die Verhandlung der österreichischen Finanzlage anbe­raumt. An den betreffenden Sitzungen des Finanz­ausschusses wird Finanzminister Dr. Imrédy teilnehmen, aber die Sitzung des Völkerbundrates, dem der auf Un­garn bezügliche Bericht des Finanzausschusses vorgelegt werden wird, wird Dr. Imrédy nicht abwarten und nach den Verhandlungen des Finanzausschusses die Heimreise antreten. Die Gerüchte, daß Finanzminister Imrédy aus Genf sich nach Paris und London begeben gedenkt, sind, wie wir erfahren, unrichtig. ♦ des PESTER LLOYD { Redaktion . . . 848-20 Chefredakteur 824-31 ^ Administration 849-09 ▼ Druckerei • • . 825-04 Samstag, 1. September 1934' Der Völkerbund. Die französische Delegation. Paris, 31. August. (Inf.) Die Vertreter Frankreichs auf der nächsten Tagung des Völkerbundes wurden auf Vorschlag des Außenministers Barthou im heutigen Minister rat bestimmt- Die französische Abordnung wird aus dem Außenminister Barthou, dem Finanzminister Germain-Martin und dem Handelsminister Lamoreux bestehen. Als stellvertretende Delegierte werden der Abordnung der Direktor der poli­tischen Angelegenheiten am Quai d’Orsay Bargeton, der Direktor am Quai d’Orsay Massigli und der Rechtsberater des Quai d’Orsay Professor Basdcvan beigegeben. Sonstige technische Berater und Sachverständige werden im Laufe der Tagung je nach Bedarf nach Genf berufen werden. Die Aufnahme Rußlands. Paris, 1. September. '(DNB) ’Wie die Blätter berichten, hat sich der Mini­sterrat neben der Saarfrage auch mit der Aufnahme Sowjetrußlands in den Völkerbund beschäftigt. Nach Le Petit Párisién seien für den Eintritt Sowjetrußlamds in den Völkerbund, soweit jetzt bekannt, Frankreich, Groß­britannien und Italien, dagegen seien die Schweiz, Hol­land, einige südamerikanische Staaten und vielleicht noch andere Länder. Dennoch würde eine Mehrheit für die Aufnahme Rußlands zustande kommen. Eine andere Frage sei es allerdings, ob die zur Erlangung eines stän­digen Ratssitzes erforderliche Einstimmigkeit erzielt werde. Deshalb sei, wie Le Journal berichtet, die Ent­scheidung über diese Frage vorläufig zurück ge stellt worden. ITALIEN. Vor einer Auslandreise des Königs. Paris, 1. September. (DNB.) Das Petit Journal veröffentlicht eine Nach­richt aus Rom, derzufolge Mussolini nicht beabsichtige, italienischen Boden zu verlassen, um den ausländischen Staatsmännern einen Besuch abzustatten, die Italien auf. gesucht haben. Dagegen werde König Viktor Emanuel III, eine Reihe von Auslandreisen unternehmen. In amtlich«! Kreisen spreche man bereits von wechselseitigen Besuchen des Königs und des Präsidenten der französischen Re­publik und von Reisen des Königs nach London, Brüssel und vielleicht nach Wien. Aufnahme von Sozialisten in die Regierung? London, 1. September. (Bud. Korr.) Der Korrespondent des Daily Telegraph erfährt „aus maßgebenden Mailänder sozialistischen Kreisen“, Mussolini habe den gewesenen italienischen ßozialistenführern das Angebot gemacht, im Verein mit ihm die neue sozialistische Fraktion der Faszistenpartei zu bilden. Sie würden in diesem Fall wichtige Stellungen in der Partei und in der Leitung des Korporationsstaates erhalten, namentlich für die Lösung von Fragen auf dem Gebiete des Arbeits- und des Produktionswesens. Diesen Schritt, dessen Tragweite dem Korrespondent ten zufolge selbst die Wichtigkeit der Versöhnung mit dem Vatikan überschreiten würde, begründe man folgen­dermaßen: 1. Der Korporationsstaat benötige angesichts seiner ungeheuren Dimensionen die Mitwirkung sämt­licher Faktoren des Landes; 2. der Duce plane weit­gehende iReformen auf dem Gebiete des Arbeitswesens. Mussolini hat, meldet der Korrespondent weiter, vor kurzem drei gewesene Sozialistenführer, darunter den ehemaligen sozialistischen Bürgermeister von Mailand, Caldara, zu sich berufen und ihnen friedliche Zusammen­arbeit vorgeschlagen. Auf Verlangen der gewesenen Sozialistenfiihrer gewährte Mussolini eine dreimonatige Bedenkzeit für die Erteilung der Antwort. Galadara selbst habe Mussolini gewissermaßen die Gesamtvertretung der Arbeiterinteressen in der faszistischen Regierung ange­­boten; falls er in die Faszistenpartei eintritt, so würden ihm zweifellos sämtliche Sozialisten folgen. In dem Bericht heißt es nodh: Angeblich sollen die Sozialisten anläßlich der Begegnung, die im Palazzo Venezia in Rom stattfand, Mussolini per „Exzellenz“ an­gesprochen haben, worauf er folgendes sagte: loh bin keine Exzellenz, ich bin auch Sozialist wie Ihr. Während Ihr aber nur geredet habt, habe ich gehandelt und auf anderem Wege die Dinge verwirklicht. FRANKREICH. Titulescu in Paris. Paris, 1. September. (Inf.) Der seit Donnerstag hier weilende rumänische Außenminister Titulescu hatte, wie bereits kurz gemeldet, gestern am Quai d’Orsay eine Besprechung mit Außen­minister Barthou. Nach der Unterredung wurde mitge­teilt, daß alle schwebenden politischen und finanziellen Fragen, an denen Rumänien besonders interessiert sei, und auch die während der bevorstehenden September, tagung des Völkerbundes zur Behandlung kommenden Probleme, wie die österreichische Frage, der bevorstehende Eintritt Rußlands in den Völkerbund und der Ostpakt in der Besprechung erörtert wurden, wobei eine vollständige Übereinstimmung zwischen den Ansichten der beiden Außenminister festgestellt wurde. Wie verlautet, wurde auch das Programm für den in der nächsten Zeit bevor­stehenden Besuch des Königs Carol in Paris endgültig festgelegt. Titulescu stattete weiter dem Ministerpräsidenten Doumergue einen Besuch ab. Im Anschluß an diesen Be­such verlautete, daß Titulescu heute vormittag eine Be­sprechung mit dem Finanzminister Germain-Martin haben und anschließend bei eiern in kleinem Kreise veranstalteten Frühstück erneut mit Barthou Zusammentreffen werde. In unterrichteten Kreisen betrachtet man alle diese Zusammenkünfte, insbesondere aber die Unterredung Titulescus mit Germain-Martin als einen Beweis dafür,

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