Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1934. november (81. évfolyam, 247-270. szám)

1934-11-03 / 247. szám

PESTER L,£OYD Samstag, 3. November J.934 Vom Tage« Eine Enquete im Finanzministerium. Am 5. d. wird im Finanzministerium eine, Enquete eröffnet werden, die-sieh mit verschiedenen Fragen des Baugewerbes befassen wird. Zeitungsmeldungeji, .die der Enquete eine andere Bestimmung zuschreibeii, sind un­begründet. - Rechenschaftsberichte. Es liielten Abgeordneter Dr. Stefan Kiss, in Kiskun­félegyháza und Abgeordneter Dr. Emmerich Molnár in Berettyóújfalu Rechcn-schaflsberiohte ab, in denen sie die innere und auswärtige Politik der Regierung beleuchteten. Beide Rechenschaftsberichte wurden mit großem Beifall ausgenommen. Nach dem Marseüler Königsmord. Ein Gömbös-Interview In der Kopcn­­hagener Berlingske Tidende. Der weltbekannte dänische Journalist Henry Heiken, Redakteur der in internationalem Ansehen stehenden Berlingske Tidende, war von seiner Zei­tung zu den Beisetziingsfeierlichkeiten des Königs Alexander nach Belgrad entsandt, hat aber auf der Rückreise von dort in Jankapusztn umgeschaut, um dem ungarnfeindlichen Gerede auf den Grund zu gehen, und sich dann einige Tage in Budapest auf- : gehalten, um seme an Ort und Stelle gewonnenen Eindrücke durch Hiesige Informationen zu ergänzen. Ministerpräsident Gömbös hat dem dänischen Journalisten eine 'Unterredung gewährt, und Herr Heiken, dein wir bereits eine sachliche Schilderung von Jankapuszta verdankten, hatte nun die Güte, tms auch seinen an die Berlingske Tidende abge­­sandten Bericht über sein Interview mit Gömbös zur Verfügung zu stellen. Nachstehend veröffentlichen wir den Verlauf dieser Unterredung in ungekürztem Wortlaut: „Was ist Ihre Auffassung über die Marseiller Tra­gödie?“ 1 rühren. Was den zweiten Teil ;anbelangt, so ist der ungarische Standpunkt in dieser Hinsicht voll­kommen-klair. Gemäß den internationalen Gepflogen­heiten gewährt Ungarn das Asylrecht jedem politi­schen; Flüchtling, der die gestehenden Gesetze respek­tiert. Es lag kein Grund vor, von dieser prinzipiellen Auffassung im Falle der kroatischen Emigration Ab­stand .zu nehmen, Die Begriffe „Emigrant“ und „Ter­rorist“ sind nicht' zu verwehséln, wie dies leider in einem Teil der europäischen Presse mit böser Ab­sicht geschieht. És ist selbstverständlich, daß jeder Mißbrauch des Asylrechtes aufs strengste geahndet wurde, wie dies zum Beispiel aus dem Falle Premec, der zu 15 Jahren schweren Kerkers verurteilt wurde, ersichtlich ist;“ ' „Ich erwähnte, daß ich in Jankapuszta war und keine Spuren eines militärischen iMgers entdecken konnte. Was ist die Wahrheit über Jankapuszta?'‘ „Jankapuszta ist eine Meierei in Südungarn, die von kroatischen Emigranten gepachtet und auch land­wirtschaftlich bearbeitet wurde. Nachdem wir fest­stellten, daß diese Ansammlung von Emigranten in Belgrader Kreisen eine gewisse Nervosität erregte, haben wir die Räumung von Jankpuszta verfügt, was im April laufenden Jahres auch begonnen wurde.“ . .„Wie sehen Sic die Lage Mitteleuropas, und was sind Ungarns Zielsetzungen?11 „Die Grundbedingungen zur wirtschaftlichen Rekonstruktion Zentraleuropas sind gegenseitiges Vertrauen und Verständnis für die europäischen Ent­wicklungsnotwendigkeiten. denen jedoch die gegen­wärtige gehässige Atmosphäre schlechte Dienste tut. Solange in gewissen Nachbarstaaten die feindselige Einstellung gegen Ungarn vorherrscht, werden die Chancen einer wirtschaftlichen Verständigung gering sein. Im übrigen sucht Ungarn seine Beziehungen in jenen Richtungen auszuhauen, wo es Verständnis für seine Lebensnotwendigkeiten findet. Rom und Wien sind in dieser Beziehung stabile Punkte der ungarischen Außenpolitik, ebenso wie wir auch auf die guten Beziehungen mit Berlin und Warschau den größten Wert legen.“ „Was ist der Zweck Ihrer Warschauer und Ihre be­vorstehende römische Reisei* „Meine Besuche in Warschau und Rom liegen ganz in der Linie obiger Zielsetzungen und stehen im Dienste einer positiven und konstruktiven Politk, die sich gegen keinen dritten Staat richtet, sondern von den wirklichen Interessen europäischer Zusammen­arbeit getragen ist,“ Frankreich verlangt von Italien die Auslieferung PaveRcs". Wie aus Rom gemeldet wird, bat der französische Gesc'Käffsft-äger Dádtpiér^'Vier italienischen Regierung eine A'ofe. überreicht, in der . vedangt WmE-.daß JdéF fn Turin - verhafteter* Badetics 1 de n\f ranzíistéchenttiief iaht sbchördcn auxgclirfvrt werde. :ö >;■.>%*' gelangt sei, und daß in Sarajevo eine Gedenktafel das Andenken des Mörders Princip verkünde. Die jugosla­wische Innenpolitik- -habe schwere Irrtümer begangen. Eie drei Stämme des jugoslawischen Volkes haben sich in der Annahme vereinigt, sie würden im neuen Staate gleichberechtigte Partner sein. Die Serben haben dagegen Kroatien militärisch besetzt und als eine Kolonie be­handelt. Die wichtigste Vorbedingung der inneren Kon­solidierung Jugoslawiens bestehe darin, daß Kroaten und Slowenen mit; det\ gleichen Rechten ausgestattet werden. Gedenkfeier in Marseille. Marseille, 2. November. (Inf.) Die Stadtverwaltung veranstaltete heute eine Gedenkfeier für die Opfer des Attentats vom 9. Oktober: König Alexander I. von Jugoslawien und Außenminister BarthOu. In der Nähe der Stelle, an der die beiden Staatsmänner ermordet wurden, war in der Nacht ein Zenotaphium errichtet worden, vor dem um 9 Uhr früh, der Bürgermeister von Marseiile und die Mitglieder der Stadtverwaltung Kränze nieder leg ten. Die Bevölkerung beteiligte sich an der Gedächtnisfeier ebenfalls durch zahlreiche Blumen- und Kranzspenden. „Ganz Ungarn ist einmütig in der Verurteilung dieses entsetzlichen Attentats. Dem ungarischen Charakter ist der Gedanke des Meuchelmordes ebenso fremd, wie er unbekannt ist in der. ungari­schen Geschichte.“ - „Wie erklärt sich die Tatsache. daß kroatische Emigranten sich nach Ungarn flüchteten*!“ „Kroatische Emigration gibt es in vielen Staaten Europas, und es. ist nur natürlich, daß Ungarn als nächster Nachbar sich derselben nicht verschließen konnte. Die gemeinsame Grenze zwischen Ungarn und Jugoslawien ist 630 Kilometer lang, die größten-, teils an der früheren Grenze Kroatiens verläuft, also; neben einem Gebiete, das, von. Kroaten bewohnt ist. Es ist daher leicht erklärlich, daß die leucht der politischen Emigranten - sich nach Ungarn richtete, selbst in Fällen, wo ihr Endziel nicht dieses, sondern ein anderes Land Europas war. Ungarn wurde hauptsächlich als Durchzugsland benutzt, und der größte Teil der Flüchtlinge hat sich von hier weiter­begeben.“ „Was ist die Ursache der jugoslawischen Emigration Utid wie stellt sich Ungarn zur Frage der Emigranten•?“ „Uber den ersten Teil der Frage möchte ich mich nicht äußern, dies würde zuweit führen und gewisse Empfindlichkeiten im Nachbarstaat« be­sieh von Hirer Bescheidenheit nicht irreführen zu las­sen. Innerlich ist sie ausgesprochen wild. Stoff: Wie ist sie? Eigentümer: Wild. (Anni blickt ihn an.) Ja, ja, ich kenne sie gut. Jetzt ist sie ernst, weil sie etwas befangen ist. Anni: Ich bin nicht befangen. Nicht im gering­sten. Ich bin nur schlecht gelaunt, Graf: Warum? Ahnii Ich weiß es nicht. Graf: Dais ist eine schwache Antwort. Eigentümer: Oth, sonst ist sie nicht so. aber in letzterer Zeit steht es mit ihrer Gesundheit schlecht. Graf: Was fühlt ihr? Eigentümer: Sie war auch bei einem Arzt. Gráf: Das ist bös, aber damit erfahren wir nicht viel. Hast du Fieber ? : Anni: Nein. Graf: Was hat der Arzt gesagt? Anni: Daß ich krank hin, meine Nerven sind herabgekommen und ich bin zu blutarm. Auch jetzt tut mir der Kopf weh. Graf: Sehr? Anni: Ganz hübsch. Graf: Warum gehst du nicht, nach Hause? . . Anni: Davon hören die Kopfschmerzen nicht auf. (Sie trinkt Champagner.) Graf: Sieh, sie hebt nicht den kleinen Finger auf wenn sic trinkt. Ich hassc.es, wenn Frauen beim Trinken den kleinen Finger auf heb,én, Stoff: Sie hat’eine gute Hand. Graf: Ein feines Handgelenk. Es. gibt Schwär­mer für Fußknöchel, ich seh mir bei Frauen das Handgelenk an. Hat deine Mama auch ein sokhes Handgelenk? Anni: Nein. ' , . . \ . , . Graf: Ich sage doch: ihr Vater war der feine Mensch. Steff: Kommen wir darin überein:- er war Kor­vettenkapitän. Warum sagt der sehr geehrte Herr Mädchenhändler, daß Sie „wild“ sind? Eigentümer: Bitte, sie war noch ein halbes Kind, als sie schon von zu Häuse dUrchibrännte, weil sie sich nach diesem-wilden Leben ge.lehnt hat und... Graf: Nicht Sie haben zu antworten, Sie alter Mädehenverleijicr. Du antworte. Anni: Er sügt die Wahrheit. Ich bin meiner Mut­ter durchgebrannt. 1 Gráf: Warum? Anni: Meine Mütter ist liäch Amerika ausgewan­dert und hal mifeli mit nehmen wollen. Aber ich war hier in einen Kellner verliebt. (Zum Eigenthümer.) Sie kennen ihn ja. Den Ludwig. Seinetwegen bin ich hier geblieben, allein. Oh, meine Mutter hat schon seit zwei Jahren nifcht geschrieben. Ich weiß nicht, wo sie ist, was aus ihr geworden ist. Ich spreche nicht gern, davon. . Graf: Und Mer Kellner ? Der Ludwig? Anni: Nach einem Monat hat er mich verlassen. Er hat geheiratet. Ich war 18 Jahre alt. Graf : Und?.. ..Anni: Ich hab mir die Pulsadern auf geschnitten. Steff: An diesem schönen Handgelenk? Anni: Nein, an diesem andern. Aber man hat mich gerettet. .. Graf: Und jetzt? Anni (schweigt). Eigentümer: Jetzt lebt sic. Anni: Nein, ich lyb* nicht. Das sieht nur so aus. Graf: Also? Anni: ich weiß nicht. (Pause. .Sülle.). Graf: Schlaf nicht, Carlo. Carlo (ipi Schlaf leise): Küß die Hand. . Graf: Ich versteh das. nicht, daß du „nicht lebst“. Hast du keine Wünsche? Sehnst du dich nicht mach etwas? . Anni:’Nein. \ Graf: Aber. So 'em kluges, junges Mädchen. Irgendeinen Wunsch wirst du doch haben. Etwas möchtest du doch gern? Anni:' Ich möchte ... ich möchte gern gesund werden. - . (Pause.), j Graf: Weißt du, daß du sehr hübsch Ibist? Anni: Ich weiß cs. Graf: Daß du so aussichst, als ob du ein bes­seres Schicksal verdienen würdest? Anni: Ich weiß es. Graf: Und bist du dennoch hier? Anni (zuckt die Achsel): Was soll ich machen? Graf: Wie alt bist du? Anni: Einundzwanzig. Graf: Seit wann bist du hier?... in dieser Bar? Anni: Seit drei Jahren. Graf (auf den Tischler weisend): Wer ist dieser betrunkene Mensch? Dein Geliebter? Anni.* Nein. Graf: Sondern? Anni: Ich kenn ihn gar nicht. Er ist heut zum ersten Male hier. Graf: Und doch umarmst und küßt du ihn? Anni: Ja. ,. t Graf: Trotzdean dich der Kopf schmerzt? Anni (zuckt die Achsel): Was soll ich machen? Er trinkt Wein. Graf: Ist das eine so große Sache? Anni: Freilich. Die anderen trinken Bier. Eigentümer (vom Bartisch her): Braves Mädchen. . Grgf: Wie hast du vorhin gesagt? Du möchtest gesund-werden? - . Anni: Ja. Graf: Was hat der Arzt gesagt?. Anni: Ich müßte auf vier Wochen fort. Bade­kur, Spezialdiät, Injektionen. Gegen Blutarmut, Arsenik. Und rohe Kalbsleber. Und auch der Blut­druck ist sehr -niedrig. Ich werde oft ohnmächtig. Graf: Sag, was würdest du dazu sagen, wenn ich dich jetzt auf vier Wochen fortschickte, damit du gesund bist? Steff: Bravo, Exzellenz! Graf: Auf vier Wochen, fort, ärztliche Be­handlung, Badekur, Spezialdiät, Injektionen* Kalbs­ Eiii englische« .Urteil über die jugo­­slawische Innenpolitik. London, 2. November. ln der GcséllschWí'l Tür dint Nahen und' Mittleren Osten hielt der journalist Frank Melville einen Vortrag über die Lage in Jugoslawien. In der anschließenden Diskussion ergriff auch Miß Edith Durham das Wort. Sie verurteilte den Königsinord aufs schärfste, erinnerte aber daran, daß die Dynastie der Káfagyorgyévies durch die Ermordung des letzten Obrenovics auf den Thron -'iajv Ar:’. rr' é,t-v- l: A.'::*: !; ; ..re.-.."* r:rv..:1 Die Balkankooferenz. Ankara, 2. November. (Inf.) Heute abend wurde das Schlußkommüniquä der ßalkankonferenz veröffentlicht. Darin wird aus­­geführl, daß der ständige Rat der Balkanverständigung vom 30. Oktober bis zum 2. November eine Tagung ab­gehalten und die allgemeine politische Lage sotvie deren mögliche Rückwirkungen auf den Balkan geprüft hat. Dabei kam der Rat — so heißt es in dem Kommunique zu der einstimmigen Überzeugung, daß der Baikanfriede nicht gefährdet ist und daß die Balkanstaaten mit Hilfe anderer friedliebender Faktoren immer Herren der Lage werden bleiben können. Der Balkanrat nahm mit großer Zufriedenheit zur Kenntnis, daß sich die Beziehungen zwischen den Beteiligten des Balkanpaktes und den Nicht­beteiligten fortwährend verbessern. Es wurde dann das Statut der -Balkanverständigung gebilligt. Das Haupt­organ der Balkanverständigung, bleibt auch weiter der ständige Rat der vier Außenminister, dessen Hilfsorgane das iSekretariut und ein Wirtschaftsrat sind. Der Wirt* schaftsrat besteht aus Delegierten der vier Staaten, die im Laufe der nächsten fünf Monate einmal in Athen und einmal in Ankara zusammentreten müssen, um im Jahre 1935 der Balkankonferenz in Bukarest einen ausführ­lichen Bericht über die Vertiefung der wirtschaftlichen und Handelsbeziehungen zwischen den Mächten des Balkanpaktes’, ferner über die Entwicklung der Verkehrs­mittel auf dem Balkan, über die Möglichkeit der Grün­dung einer Balkanbank und über den Fremdenverkehr vorzulegen, Es wurde die Bildung eines Ausschusses be­schlossen, der Maßnahmen zur Erleichterung der Zusam­menarbeit der Organe der öffentlichen (Sicherheit zwi. sehen den Mitgliedern der Balkanyerständigung Vor­schlägen wird. Außerdem wird eine Kommission ein­gesetzt, Um einzelne Teile der Gesetzgebung der vier Län­der einander anzupauen oder möglichst auch zu ver­einheitlichen, Die nächste Zusammenkunft des ständigen •Rates wird am 10. (Mái 19-35-ätv Bukarest stattlinden, in dringendem Fall kann über der Präsident auch schön früher eine 'außerordentliche Sitzung eitibemfen. Ankara, 2. November. (Inf.) Die jugoslawische und die rumänische Delega­tion haben heute nacht in einem iSonderzug Ankara ver. lassen. Die griechische Delegation bleibt einige Tage noch in Ankara, um Verhandlungen über den Abschluß des neuen türkisch-griechischen Handelsvertrages zu führen. Der griechische Minister für nationale Wirtschaft Pesma­­soglu wird im Laute dieses Monats Bukarest besuchen,

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