Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1934. december (81. évfolyam, 271-294. szám)

1934-12-01 / 271. szám

PREIS 16 HELLER Abonnement: Für B«is?e*t: mit täglich zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgen* und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenolatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P. Für das Abendblatt allein vierteljährlich 8 P monatlich 3 P. Für die separate Zusendung des Abend­blattes nach der Provinz ist viertel­jährlich 1 Pengő zu entrichten, für Wien auch durch Horawa & Co., L, Wollzeile 11. Für das Ausland mit direk­ter Kreuzbandsendung vierteljährlich: Für Oesterreich und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtllohen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Nicht verlangte Manuskripte werden weder aufbewahrt noch zurückgestelli, Briefe ohne Rückporto nich' beantwortetPESTER LLOYD MORGENBLATT B Inseratemmfnalmie: hi Budapest, in der Administration dt* Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J.BIockner, J. Blau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri 6. Nagy, Harsány!, Haasenstein 4. Vogler, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető­iroda. Messe Rudolf A.-G., Julius Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd iür Oesterreich: M. Oukes Naobf. A.-G. Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest und iür die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt 10 Heller. —Tür Oesterreiote Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 20 Gr. Redaktion u. Adm.: V., Mária VaJéria-uoca ÍZ Telephone t iledaktion: 848-90. Nach Mitternacht I 848—26* Administration: 849-09» 81. Jahrgang. Budapest, Samstag, 1. Dezember 1934. Nr. 271 Am Kreuzwege. miaapest, 30. November. (—dor.) Wer sich ein realistisches Bild von der europäischen Vorkriegsentwicklung machen konnte, wird sich erinnern, daß nicht das Jahr 1914, son­dern das Jahr 1904 das entscheidende Jahr Europas gewesen ist. Von diesem Jahre ab kann die militäri­sche Kooperation zwischen Frankreich und England gerechnet werden, die in vier Jahren zur Regelung •der weltpolitischen Rivalität zwischen Rußland und England und so zur allmählichen Einkreisung Deutschlands geführt hat. Der Weltkrieg hatte schon im Jahre 1904 seinen Schatten vorausgeworfen, und als im Jahre 1912 der letzte Versuch Englands, zu einer Verständigung mit Deutschland zu gelangen, durch die Briiskierung Haldanes in Berlin geschei­tert ist, waren eigentlich schon die Würfel gefallen, was später kam, war nur mehr eine Frage der Tak­tik der Generalstäbe. Wenn wir die Geschichte unserer Tage mit Auf­merksamkeit verfolgen, so erscheint uns auch dieser Winter 1934/35 als ein ähnlicher Wendepunkt in der Geschichte Europas und der Welt. Wie der Welt­krieg nicht im Jahre 1914, sondern schon eigentlich im Jahre 1904 begonnen hat, so ist zu befürchten, daß ;n diesem Winter auch in Europa und im Fer­nen Osten die Würfel über Krieg und Frieden fallen werden. Mussolini hat einmal in einer Rede voraus­gesagt, daß das Jahr 1934 das entscheidende Jahr des europäischen Friedens sein werde. Leute, die an politischem Aberglauben hängen, könnten sich jetzt bekreuzigen und den prophetischen Blick des ita­lienischen Regierungschefs bewundern, doch darf man niemals vergessen, daß der Sinn dieser Prophe­zeiung ein doppelter ist: nicht nur die Entscheidung kann für den europäischen Krieg, sondern auch für den europäischen Frieden fallen. Das Spiel hängt keineswegs vom guten Glück allein, sondern sehr wesentlich auch von dem Lebenswillen oder der Todessehnsucht des weißen Menschen ah. Ist der historische Sinn der weißen Menschheit so ver­­stumpft, ist ihre kollektive Erinnerung so verblaßt, daß sie sich bei all dem riesigen archäologischen und historischen Wissensstoff, der in die Köpfe ihrer Jugend gestopft wird, nicht der letzten dreißig Jahre Weltgeschichte erinnern kann, dann ist diese Gene­ration sicherlich verloren und wird mit offenen Augen in ihr eigenes Verderben rennen. Werden aber die zwei Generationen, die eine, die den Krieg durchgemacht hat, und jene, die unmittelbar in ihre Spuren getreten ist, kühlen Kopf genug bewahren können, um über einer vieltausendjährigen Kultur­tradition das Bild des letzten halben Jahrhunderts nicht zu vergessen, dann ist für sie in der Tat der historische Augenblick gekommen, um die Lehren des Weltkrieges endlich zu ziehen. Die Welt ist an einem Kreuzweg augelangt, am Kreuzweg zwischen Krieg und Frieden. Nicht als ob der Ausbruch eines Krieges in unmittelbarer Zukunft in Europa oder im Femen Osten sehr wahrschein­lich wäre. Wenn es auch Konfliktsstoffe in Hülle und Fülle gibt, kann man die Friedensbeteuerungen selbst der innerlich am kriegerischesten veranlagten Staatsmänner wirklich ernst nehmen. Niemand will heute den Krieg: weder die Russen, noch die Ja­paner, weder die Deutschen, noch die Franzosen. Aber man rüstet zum Krieg. Und man ist vor die Wahl gestellt: soll in den nächsten fünf, zehn oder zwanzig Jahren der Krieg oder der Frieden orga­nisiert werden? Denn wie das Jahrzehnt vor dem Kriege zwar scheinbar ein Jahrzehnt des Friedens, der Pros peri tat, des technischen Fortschritts und der zivilisatorischen Entwicklung, in Wirklichkeit aber das der Kr legs vorher e i tung war, so können auch in den nächsten fünf, zehn oder zwanzig Jahren Frie­denspakte geschlossen, Raketenflugzeuge erfunden, Völkerbundreformen vorgenommen werden, es kann viel für die moralische Hebung der Eingeborenen des Kongogebietes, für die Bekämpfung des Opium­handels und das Verbot dér Kinderarbeit geschehen: all das wird eines Tages dem blutigen Grauen und dem brutalen Massenmord weichen, wenn die Ge­sinnungen aller Macht Zentren dar Welt nicht auf die Organisierung des wahren Friedens, sondern auf den nächsten Weltkrieg, auf den Vorsprung im Wett­rüsten gerichtet sind. Denn diese beiden Systeme des Kriegs und des Friedens können durch keinerlei diplomatische Kunst vereinbart, durch keinerlei in­ternational-juristisches System ausgeglichen, durch keinerlei kunstvolles Gleichgewicht der Machtpolitik in Balance gehalten werden. Die Welt muß wählen zwischen Krieg und Frieden, das ist nicht nur die Alternative der großen Politik, sondern die mora­lische Alternative unserer Gegenwart schlechthin. In den letzten Wochen mehren sich wieder die Zeichen, die darauf hinzudeuten scheinen, daß im von dem Zeug. Weißt du, um wieviel Uhr ich ins Bett gekommen bin? Zwanzig Minuten nach fünf in der Früh. Eine tolle Nacht!“ „Ich dachte,“ sagte sie, „du wolltest im Buren­­bleiben und bis in die Nacht hinein arbeiten? Du hast gesagt, du hättest diese Woche jeden Abend zu ar­beiten.“ „Tja, ich weiß,“ sagte er. „Aber der Gedanke machte mich trübsinnig, hinzugehen und auf diesen Hocker zu sitzen. Ich ging zu den Watsons, sie halten eine Abendgesellschaft. Sag mal, es war jemand dort, der behauptete, dich zu kennen.“ „Wirklich?“ sagte sic. „Mann oder Frau?“ „Margot,“ sagte er. „Margot MacCall heißt sie. Sag, warum habe ich nie vorher etwas von ihr ge­hört? Das nenne ich ein Mädchen. Ein hübscher Kerl.“ „Oh, wirklich?“ sagte sie. „Das ist komisch, ich habe nie gehört, daß jemand das gefunden hätte. Ich habe schon sagen hören, sie sehe ganz gut aus, wenn sie sich nur nicht so herrichten wollte. Aber ich habe nie gehört, daß sie jemand hübsch gefunden hätte.“ „Hübsch ist das richtige Wort,“ sagte er. , Was für ein Paar Augen sic hat!“ „Wirklich? Sie sind mir nie besonders aufgefal­len. Aber ich habe sie lange Zeit nicht mehr gesehen, manchmal verändern sich die Leute, oder die Um­stände.“ „Sic sagt, sie sei mit dir in die Schule gegangen.“ „Richtig, wir gingen in die gleiche Schule,“ sagte sic. „Aber sie war drei oder vier Klassen über mir. Sie ist um Jahre älter als ich.“ „Sie ist allen um drei oder vier Klassen voran,“ sagte er. „Und ob sie tanzen kann!“ „Ich war gestern abend selbst zum Tanzen aus,“ sagte sie. „Henry Dillon und ich. Er hat einfach keine Ruhe gegeben, bis ich mit ihm ausging. Er ist der wundervollste Tänzer. Herrschaft! Ich hin nicht heimgekommen, ich weiß nicht, bis wie spät. Ich muß einfach wie eine Vogelscheuche aussehen. Was?“ „Du siehst ganz normal aus,“ sagte er. „Henry ist verrückt,“ sagte sie. „Was er alles politischen Bewußtsein der führenden Mächte die Aktualität dieser schicksalsschweren Alternative wieder vollkommen wachgeworden ist. Die Ermor­dung des österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß und des jugoslawischen Königs Alexander waren zwei Mahnzeichen, die am europäischen Horizonte erschienen sind. Namentlich seit dem Marseiller Attentat, das, außer seinen sonstigen tragischen Folgen, einen sehr bedeutsamen Personenwechsel in der französischen Außen- und Innenpolitik bewirkt hatte, wird es immer klarer, daß die Atmosphäre der nachbarlichen Todfeindschaft, in der der Mensch seinem Mitmenschen ein Wolf, der Staat seinem Nachbarn ein Kriegsrivale ist, auf die Dauer nicht ertragen werden kann, ln solcher Atmosphäre ist der Gedanke des Präventivkrieges, dieses Selbst­mordes aus Todesfurcht geboren, in dieser Atmo­sphäre schrumpft der internationale Handel von Tag zu Tag mehr ein und gedeiht die innere Wirtschaft nur, wenn die Kriegsindustrie fette Aufträge erhält. Die internationale Isolierung Deutschlands, die unter der Ära Barthou ziemliche Fortschritte gemacht hat, war ein Symbol dieser Politik, doch konnte sie nur vorübergehende Erfolge aufweisen. Hätte Deutsch­land durch seine Autarkietendenz nicht selbst zu seiner Isolierung beigetragen, so hätte die Politik Barthous nicht einmal die Erfolge aufweisen kön­nen, die ihr vorübergehend vergönnt waren. Doch die Schwierigkeiten der Linie Barthous wuchsen mit jedem Tage, und nur sein Tod konnte den Zusam­menbruch verdecken, der seiner Ostpolitik unver­meidlich bevorstand. Die Übernahme der auswärtigen Geschäfte Frankreichs durch Laval bedeutete somit nicht nur einen bloßen Personenwechsel, sondern scheint auch in mancher Hinsioht eine • Periode der Tastversuche eines gemäßigteren französischen Kurses einzuleiten. Die Wiederaufnahme der Ostpaktverhandlungen scheint mit starken Konzessionen an Polen verbun­den zii sein, und gleichzeitig wird mit voller Energie an dér Linie der französisch-italienischen Verständi­gung gearbeitet. Und wenn die Zeichen nicht trügen, scheint Laval als alter Anhänger der direkten Ver­ständigung zwischen Deutschland und Frankreich auch in dieser Beziehung sich stark von der drauf­gängerischen Aggressivität seines Vorgängers di­stanzieren zu wollen. Könnte dieser Weg der direkten Verständigung über die großen europäischen Streitpunkte beschrit­sagt! Aus irgendeinem verrückten Grund hat er es sich in den Kopf gesetzt, daß ich schöne Augen habe und nun hörte er einfach nicht mehr auf, davon zu reden, bis ich nicht mehr wußte, wohin ich schauen sollte, so verlegen war ich. Ich wurde ganz rot, ich dachte, jedermann sähe mich an. Schöne Augen! Ist er nicht verrückt?“ „Er hat ganz recht,“ sagte er. „Sag, dieses kleine MacCall-Mädchen, sie hat alle möglichen Angebote gehabt, zum Film zu gehen. „Warum tun Sie’s nicht?“ fragte ich sie. Aber sie sagt, sie habe keine Lust dazu.“ „Im Sommer vor einem Jahr war an der See ein Mann,“ sagte sie, „er war Direktor oder so was bei einer der größten Filmgesellschaften — oh, er hatte alle möglichen Beziehungen! — und bestand und bestand darauf, daß ich zum Film gehen solle. Er sagte, ich müsse der Garbo ähnliche Rollen spie­len. Ich habe ihn einfach ausgelacht. Stell dir sowas nur vor!“ „Sie hat unzählige Angebote bekommen,“ sagte er. „fch sagte ihr, sie solle zupacken. Immer wieder tritt man an sie heran.“ „Oh, wirklich?“ sagte sie. „Hör, ich wußte, daß ich dich was fragen wollte. Hast du mich zufällig gestern abend angerufen?“ „Ich? sagte er. „Nein, ich habe dich nicht an­gerufen.“ „Wie ich ausgegangen war, sagt Mutter, hat diese Männerstimme immer wieder nach mir ver­langt. Ich dachte, vielleicht seist du es gewesen. Ich frage mich, wer es wohl war. Ah, ich glaube, ich weiß jetzt, wer es war. Ja, der war’s!“ „Nein, ich habe dich nicht angerufen,“ sagte er. „Ich hätte kein Telephon sehen können gestern abend. Was für einen Schädel ich heute morgen auf­hatte! Ich rief Margot gegen zehn Uhr an und sic sagte, sie fühle sich prächtig. Was dieses Mädel ver­tragen kann!“ „Es ist etwas Komisches mit mir,“ sagte sie, „es wn d mir einfach irgendwie schlecht, wenn ich ein Mädchen trinken sehe. Bei einem Mann ist mir’s nicht so arg, aber es ist mir schauderhaft, ein Mäd- Feuilleton» Der letzte Tee. Amerikanische Skizze. Von DOROTHY PARKER. Der junge Mann in dem schokoladcbruunen An­­zu„ „ahm an dem Tisch Platz, wo das junge Mäd­chen mit der künstlichen Kamelie bereits seit vierzi-, T. ..Entschuldige, daß ich dich habe warten lassen. „Macht nichts,“ sagte sie. „Ich bin selber eben erst gekommen, gerade im Augenblick. Ich habe nui schon angefangen und bestellt, weil ich unbedingt eine Tasse Tee haben mußte. Ich hatte mich selbst verspätet. Ich bin erst seit einer Minute da.“ „Nun, dann ist’s gut,“ sagte er. „Halt, halt, nicht so wild mit dem Zucker — ein Stück ist mehr als genug. Und nimm um Gottes willen diese Torten weg. Schrecklich, einfach schrecklich, wie ich mich fühle!“ „Oh!“ sagte sie. „Wirklich? W0 fehlt’s denn?“ „Ich bin wie erschlagen,“ sagte er. „Ich fühle mich schrecklich elend.“ „Ach, der arme Bubi. Hat er sich siecht de­­fiihit? Ach, und ist eigens hergekommen, um mich zu treffen! Das hätte es nicht gebraucht; ich hätte es verstanden. Man denke nur, kommt den ganzen weiten Weg her, wenn er so elend ist!“ „Oh, das macht nichts,“ sagte er. „Ich kann ebenso gut hiersitzen wie anderswo. Überall ist es dasselbe, wenn man sich so fühlt, wie ich mich heute. Ich bin einfach wie erschossen.“ „Das ist ja schrecklich,“ sagte sie. „Ach, du ar­mes Kind. Ich hoffe, es ist keine Influenza. Man sagt, sie grassiere.“ „Influenza?!“ sagte er. „Ich wollte, das wäre, was ich habe. Ich bin einfach vergiftet. Vollständig verkatert. Kann mein Leben lang nichts mehr sehen

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