Pester Lloyd - esti kiadás, 1934. december (81. évfolyam, 272-295. szám)

1934-12-01 / 272. szám

PREIS 10 HELLER ADouueniem: Für Budapest-, mii täglich zweimaliger Zustellung und tüi das inland Morgeo­­und Abendblatt: Vierteljährlich IS H monatlich b.40 P. Für das MorgenDlatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P Für das Abendblatt allein vierteljährlich b P, monatlich 3 P Für die separate Zusendung dec Abend­blattes nach der Provinz ist viertel­­ihrlich t Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Morawa 4 Co., ... Wollzeile 11. Für das Ausland mi direk­ter Kreuzbandsendung vierteljährlich: Für Oesterreic und Polen 20 Pengő, für alle Ubrieer Staaten 3« Pengő Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländisonen Postämtern entgegengenommen. Nicht verlangte Manuskripte werden weder aufbewahrt noch zurückgestellt, Briefe ohne Rückporto nich beantwortet.FESTER LLOYD ABENDBLATT Inseratenaui n tin me: ln Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und ui den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, i.Blookner, b Blau, Boras, Braun, loset Erdis, Győri A Nagy, Hars&nyi. Haasensteln 4 Vogler. Cornel Leopold, iulius Leopold, Magy. hirdető­­iroda. Mosse Rudolf A.-G., Julius Tenzer, Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd lür Oesterreich M. Dukes Naohf. A.-G, Wien. Wollzeile Ib Kinzeinummer tüi Budapest und tüi die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonn agen 32 Hellei; Abendblatt 10 Heller — Für Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr, an Sonntagen 4« Gr un. Abendbla'! 20 Gz Redaktion u. Adni.: V, Mária Valérla-ucoa 13 Telephone: Redaktion: 348-30. Nach Mitternacht» 848—26. Administration' 840-09. 81. Jahrgang. Budapest, Samstag, 1. Dezember 1934. Nr. 272 Äussenpolitische Debatte in der französischen Kammer. Grosses Exposé Lavals über die europäische Lage. Budapest, 1. Dezember. In der französischen Kammer hat gestern Außenminister Laval in einem umfangreichen Ex­posé die schwebenden Fragen der europäischen Po­litik und die Stellungnahme Frankreichs zu diesen erörtert. Von spezifischem Interesse für Ungarn waren seine Ausführungen über die Revisionsfrage. Und hier ist zu vermerken, daß Laval sich für die kon­sequente Weiterführung der revisions/eindlichen Po­litik seiner Amtsvorgänger ausgesprochen hat, un­beirrt durch die Erfahrungen, die sich ihm aus dem Marseiller Königsmord ergeben sollten, und offen­bar unter dem Eindruck, daß es heute eine wichtige Aufgabe der französischen Politik sei, die. Verbün­deten von der Kleinen Entente hei guter Laune zu erhalten. Vielleicht hat Herr Laval diese Note auch deshalb angeschlagen, weil er dadurch Jugoslawien und die beiden übrigen Mächte der Kleinen Entente zu einem entgegenkommenderen Standpunkt in der Frage der französisch-italienischen Annäherung zu bewegen hofft. Gleich im einleitendem Teil seines Exposes gab La­­&al eine revisionisfeindilicihe Erklärung alb. „Wir werden,‘‘ sagte er, „alle Regierungen einladen, sich darüber z/u äußern, db sie bereit sind, sich der Erfüllung der euro­päischen Pflichten anzusohließen, oder aber ob sie sich diesem Pflichten entziehen wollen. Die Unerläßlich keit eines Prinzips aber muß jedermann anerkennen, und dieses Prinzip ist die Unantastbarkeit der gegenwärtigen Grenzen. Wer auch nur einen einzigen Grenzstein weg­­rücken will, stört dadurch den Frieden Europas.“ Sodann fuhr Laval fort: Einzelne werfen die Frage auf, wohin die französisch-sowjetrussische Politik führt; andere hinwieder betonen, daß Frankreibh eine. Sonder­­poiitik mit Deutschland zu befolgen wünsche; überdies gilbt es solche, die die Kontinuität der französischen Außenpolitik in Zwei fei ziehen. Wohlan, wir erklären, daß wir eine einzige Politik im Auge halben: die Politik, die sich auf die internationale Zusammenarbeit richtet. Diese Politik werden wir nicht zugunsten eines Systems der bilateralen Abmachungen aufgeben. Sowjetrußland stimmt mit uns völlig überein in bezug auf unsere ge­meinsame Initiative. Das französiscb-sowjetrussische Zu­sammenwirken muß die Festigung des Ostfriedens zur Folge haben. Wir haben Deutschland eingeladen, und werden diese Einladung noch wiederholen, sich dem ge­genseitigen Hilfeleistungsabkommen anzuschließen unter den gleichen Bedingungen, wie die übrigen Theilnehmer­­slaaten. Der Reichskanzler Hitler hat seine friedlichen Absichten laut beteuert. Wir bitten ihn, seine Worte in Taten wnzusetzen und sich unserer Ostpolitik anzu­schließen. « Txmal begrüßte es sodann, daß die Balkanstaaten sich der Kleinen Entente angeschlossen halben und auf dieser erweiterten Grundlage an der Konsolidierung des Friedens arbeiten. Hierauf kam er auf die Abrüstungsfrage zu sprechen und wiederholte dabei die französische These: Vor der Organisierung der Sicherheit kann von der Herabniinde­­rang oder Einschränkung der Rüstungen nicht die Rede sein. Das universale Zustandekommen solcher Abkommen eröffnet jedoch die Hoffnung, daß das Vertrauen zwischen den Nationen wiederkehren wird. Dieses internationale Vertrauen ist die Vorbedingung der Reduktion der Rüstungen und des herrlichen Werkes der internationalen Verständigung in dieser Frage. Laval gedachte dann auch der jüngsten Debatte im englischen Unterhaus und der Erklärungen Baldwins. Er verwies darauf, daß auch im französischen Parlament im Rahmen der Debatte über den Kreigsetat eine ähnliche Aussprache stattgefunden hat. Der Reichskanzler Hitler beteuere, daß Deutschland seine gegenwärtigen Grenzen nioht abzmindern wünsche und seine Miliiär­­politik Im Geiste der Würde seines Landes auszulegen trachte. Wie aber wird er sich auf dieses Argument mor­gen berufen können, wenn er nicht geneigt sein wird, teil­zunehmen an der internationalen Organisierung des Frie­dens, wie ihm dies gestern nahegelegt wurde? „Unter keinen Umständen,“ fuhr Laval fort, „sind wir bereit, uns der durch die deutschen Aufrüstungen ge­schaffenen faktischen Lage zu beugen, und wir werden J uns den Verpflichtungen nioht entziehen, die uns die deut­schen Aufrüstungen auferlegen. Doch wollen wir glauben, Deutschland werde begreifen, daß sein Sträuben vor einer Politik der internationalen Zusammenarbeit seine mora­lische Verantwortung vor den Nationen nur erschweren v'ürde. Ich wiederhole: Wir haben an Deutschland einen ehrlichen Appell gerichtet. Zwisc^n Frankreich und Deutschland besteht keinerlei territorialer Gegensatz. Die Saar frage ist durch die Friedensverträge in einen inter­nationalen Rahmen versetzt worden, und innerhalb dieses Rahmens muß die Frage gehalten werden. Von Deutsch­land hängt es a<b, daß die Volksabstimmung ungestört ver­laufe. Wir wünschen bloß die Freiheit und den gemein­samen Charakter der Abstimmung. Das Ergebnis der Volks­abstimmung nehmen wir vorweg an. Es ist unsere beste Hoffnung, daß die Ordnung nicht gestört werden wird; sollte dies aber der Fall sein, so steht Frankreich bereit, seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Wir werden jedoch auch andere Länder einladen, zusammen mit uns nötigenfalls die Aufreohlerhaltung der Ordnung zu sichern. Laut verkünden wir vor Deutschland und der internationalen Öffentlichkeit, daß wir ohne jeden Hinter­gedanken innerhalb der internationalen Rahmen ausharren werden. Wir haben berechtigte Interessen zu verteidigen, und unsere mit der Führung der Verhandlungen betrauten Bevollmächtigten in Rom haben entsprechende Weisungen in dieser Richtung erhalten. Laudl unterstrich sodann seinen Glauben an den Völkerbund. Eine Offenbarung des Vertrauens in die Genfer Inst tution erblickte er in dem Schritte Jugo­slawiens. Die Entfaltung des Völkerbundes ist eine un­erläßliche Vorbedingung der Aufrechterhaltung des Friedens. Einzig auf dem Boden des Völkerbundpaktes und des Völkerbundes wollen wir die Sache des euro­päischen W ederaufbaus dienen. — Ich hoffe — schloß Laval seine Rede —, daß meine Erklärungen die Besorgnisse zerstreuen werden. Wiederholt verkünde ich die Kontinuität der französi­schen Außenpolit ik, und unseren Verbündeten sowie un­seren Freunden bringe ich zur Kenntnis, daß wir ge­treuer und aktiver denn je bei Genf ansharren werden. Auch in London sind von den zuständigsten Lippen Worte des Vertrauens in den Völkerbund lautgeworden. Das schafft die Möglichkeit, für die beiden großen demokratischen Mächte des Westens, in der gegenwärti­gen schwierigen Zeit die Pol tik der engen Zusammen­arbeit im Interesse des europäischen Friedens weiter­­zuführen. So weit die Ausführungen Lavals. Sie sind, wenn man von der anscheinend schroff ablehnen­den Haltung in der Revisionsfrage absieht, auf einen friedfertigen Ton gestimmt. Deutschland gegenüber hat sich Laval jeder offensiven Spitze versagt, und am Hitler hat er auch diesmal wieder die Aufforde­rung gerichtet, sich der europäischen Zusammen­arbeit im Interesse des Friedens anzuschließen. Nicht so ganz beruhigend lauten jedoch seine Aus­führungen über die Sanrfrage. Zwar hat er auch diesmal wieder erklärt, daß Frankreich das Ergeb­nis der Volksabstimmung unter allen Umständen anerkennen werde, doch klingt es einigermaßen be­denklich, wenn man aus seinem Munde hört, daß Frankreich, wofern es im Saargebiet zu Ruhestö­rungen kommt, zur Erfüllung seiner internationalen Pflichten bereitstehe. Bedenklich ist dies darum, weil — wenigstens theoretisch — immerhin mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß in Anbetracht der auf gepeitschten Leidenschaften der Saarbevölke­rung Ruhestörungen auch ohne Absicht Deutsch­lands und sogar gegen den Willen Berlins sich er­eignen könnten. Die Frage erhebt sich, ob Frank­reich sich auch in solchem Falle berechtigt fühlen würde, mit bewaffneter Hand einzuschreiten? Auch ist nicht abzusehen, worauf Laval das Recht stützt, sozusagen als Gendarm Europas für die Wiederher­stellung der Ordnung im Saarbocken einzuschrei­ten? Der Versailler Vertrag jedenfalls räumt Frank­reich eine solche Befugnis nicht ein, Dort ist le­diglich dem Präsidenten der saarländischen Regie­rungskommission die Befugnis erteilt, zur Aufrecht­erhaltung der Ordnung ini Abstimmungsgebiet die eigene Polizei durch Anwerbung ausländischer Er­satzkräfte zu verstärken. Die bezüglichen Ausfüh­rungen des französischen Außenministers scheinen uns also noch aufklärungsbedürftig zu sein, und gewiß wird von Berlin aus eine derartige Initiative zu gewärtigen sein. Nach der Rede Lavals fand in der französischen Kammer die Debatte eine interessante Fortsetzung, Nach ihm ergriff der nationalistische Abgeordnete Franklin-Bouillon das Wort, am eine scharfe Alarmrede zu halten. Er beklagte sich, daß die Volksäbstimung im Saargebiet schon auf den 13. Januar festgesetzt worden sei, während man noch nichts vorbereitet habe. Frankreich müsse die Polizeitruppen im Saargebiet ungenügend finden. Dann beklagte sich der Redner im allgemeinen über die französische Außenpolitik, die seit 15 Jahren von Bankerott zu Bankerott schreite. Von dem Sieg« Meibe schließlich nichts mehr übrig. Dann ging Franklin Bouillon auf die Beziehungen Frankreichs zu Deutsch land über und erklärte, es sei unmöglich, sich mit dent heutigen Deutschland zu einigen, was im Hause stark« Bewegung auslöste. Der neoso'Zialistisehe Abgeordnete Montagnon er­klärte in einer kurzen Zwischenbemerkung, daß, solang« die Beziehungen zu Deutschland nicht entspannt seien, der Krieg drohe. Franklin-Bouillon verstehe Deutschland nicht und sehe nicht das Ernste und Tiefe der Hitler­­bewegung. Die Völker hätten das Recht, ihre Regierungen frei zu wählen. Er jedenfalls wolle keinen Krieg, nur um in Deutschland der Sozialdemokratie wieder zur Macht zu verhelfen, die sie nicht zu halten gewußt habe. — Mit diesen Ausführungen fand der Redner allerdings wenig Beifall. Hierauf fuhr Franklin-Bouillon in seiner Rede fort, indem er besonders den Stadtrat Monnier, der zusammen mit dem Abgeordneten Gog nach Berlin gereist war, aufs schärfste angriff und schwere Anklagen über dessen Privatleben erhob. Er verurteilte schließlich die Berliner Reise der beiden Abgeordneten aus prinzipiellen Er­wägungen und sprach dem Abgeordneten Goy das Recht ab, im Namen der französischen Frontkämpfer hinter dem Rücken der französischen Regierung Verhandlungen zu führen. Man müsse verstehen, daß die französische Po­litik seit dem Kriegsende auf Irrtümern aufgebau t sei. Man habe an ein neues Deutschland und an die Macht des Völkerbundes geglaubt. Aber es gebe auch außerdem keinen wahren Frieden, solange nicht Frankreich und England eine neue Allianz eingegangen wären. Frankreich müsse stark sein und seine Allianzen aufrechterhalten. Der Redner wurde von der gesamten Kammer mit dem größten Ernst angehört. Der Versuch des Kammer­präsidenten und des Außenministers Laval, die Aus­sprache abzubrechen und bis auf die Zeit nach der Rückkehr des Außenministers aus Genf zu vertagen, wurde vom Hause abgelehnt, das den nächsten Redner, den Frontkämpfer Jean Gog, der sich gegen die Angriffe Franklin-Bouillons verteidigte, kaum anhören wollte und ihn dauernd unterbrach. Vor allem von kommunistischer Seite, aber auch von den Bänken der Sozialisten und der Radikalen suchte man den Redner am Sprechen zu verhindern. Gog erklärte in seiner Antwort, sich auf das äußerste beschränken zu wollen. Er versuchte vergeblich, Franklin- Bouillon zu überzeugen, daß dessen Politik zu nichts an­derem als zu einem Präventivkrieg gegen Deutschland •führen werde. Einen anderen Weg gehe es nicht, wenn man die Politik Franklin-Bouillons verwirklichen wolle. Franklin-Bouillon protestierte heftig gegen diese Schlußfolgerungen, worauf Goy fragte, ob es nicht besser sei, eine Verständigung zu suchen, indem man miteinander spreche. Man müsse sich solid verschanzen und müsse zu friedlichen Nachbarn werden. Darin könne keine Gefahr für Frankreich liegen. Er habe immer zusammen mit Franklin-Bouillon für die Sicherheitsmaßnahmen ge­stimmt. Für die ehemaligen Kriegsteilnehmer handle es sich nicht darum, die Regierung in den Verhandlungen mit Deutschland zu ersetzen. Die deutschen Frontkämpfer haben die französischen eingeladen, und die Organisation habe auf diesen Schritt geantwortet. Er habe kein ande­res Ziel verfolgt, als dem Friedenswerk zu dienen. Der Redner fand, als er die Tribüne verließ, nur bei ganz wenigen Abgeordneten Beifall. Nach einer Interpellation eines kommunistischen Red­ners wurde die Aussprache abgebrochen und auf Samstag vormittags 9 Uhr vertagt. Ia der englischen Presse kommt trotz mancher Sätze, die Außenminister Laval aussprach, die Auf­fassung zum Ausdruck, daß diese Redewendungen hauptsächlich aus innerpolitischen Gründen formu­liert wurden, im übrigen aber seien die Erklärungen Lavals ein weiteres Anzeichen dafür, daß die Ver­handlungen über einen Rüstungsausgleich in eine neue Phase eingetreten seien, oder doch unmittelbar

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