Pester Lloyd - esti kiadás, 1934. december (81. évfolyam, 272-295. szám)
1934-12-01 / 272. szám
davor stünden. Diese von England herbeigemünschte Phase ist: Verhandlungen auf dem Boden der Tatsachen und stillschweigende Anerkennung dér Tatsachen. In englischen Regierungskreisen séi inan sich klar darüber, daß die Entscheidung, ob es zu Verhandlungen kommnt, letzten Endes von Frankreich abhänge. Die Blätter lassen heute durchbflicken, daß die englische Regierung bemüht sei, Frankreich zu überzeugen, daß es einen anderen Weg aus der gegenwärtigen Lage nicht gibt. Gleichzeitig versucht die Presse, Frankreich zu einer entgegenkommenderen Haltung zu bewegen. Die Times erinnert an die deutsche Denkschrift vom April, in der der Reichskanzler eine Reihe wichtiger Zugeständnisse gemacht habe, die er heute auch nicht mehr alle machen werde. „Je länger die Aussprache hin-ausgezögert würde, um so höher werde das Rüstung sniveau sein, auif dem man sich dann noch einigen kann,“ schreibt das halbamtliche Organ. Unter diesen Umständen dürfte es ohne weiteres klar sein, daß es für alle zusammen, und auch für Frankreich von Vorteil ist, daß so schnell wie möglich eine Einigung herfoeigeführt werden muß, trotz allem, was Lavail gestern in der Kammer gesagt hat. Es bleiben nur noch die beiden Möglichkeiten: uneingeschränktes Wettrüsten oder Erhöhung der deutschen Rüstungen über die Bestimmungen des Versailler Vertrages hinaus. Ähnlich äußert sich Daily Telegraph. Das Blatt betont, daß Baldwin sich in seiner Unterhausrede auf den Bode« der gegebenen Tatsachen gestellt habe. Es gebe keine Möglichkeit, Tatsachen ungeschehen zu machen. Es sei ein Akt der Klugheit und heute mehr denn je ratsam, den Weg der Verhandlungen noch einmal zu beschreiten. • 2 * Samstag, 1. Dezember 1934 BESTER LLOYD ii€ |lif§liWl§Cl€l SCSCllIlIiilllCl vor dem voiherbnnd. Macdonalds Konferenz mH dem Prmzregessten Paul- England will mässlgend elngrelfen. Die Ratstagung1 vom 5- Dezember und die ungarisch* Jugoslawische Streitfrage. Seit dem Tage, da Jugoslawien die Frage der .Verantwortung für das Marseiller Verbrechen durch seine unbegründeten Beschuldigungen einseitig gegen Ungarn zugespitzt hat, vertritt die englische Presse ” ziemlich einmütig die Auffassung, daß die Großmächte in dieser Angelegenheit mäßigend eingr eii'cn Und einen internationalen Konflikt verhüten sollen. Daß dies nicht nur der Standpunkt der englischen öffentlichen Meinung, sondern auch der der Regierung ist, geht aus den verläßlichen Berichten hervor, die von einigen Londoner Blättern über die Unterredung des Ministerpräsidenten Macdonald mit dem Prinzregenten Paul von Jugoslawien veröffentlicht werden. Der Versuch Macdonalds, auf den Prinzen Paul mäßigend einzuwirken und ihn für eine versöhnliche Behandlung der Frage im Völkerbundrat zu gewinnen, ist nach diesen Presseberichten mißlungen. Dem britischen Ministerpräsidenten gegenüber vertrat der Prinzregent denselben Standpunkt, von dem ihn früher bereits Außenminister Sir John Simon vergeblich abzubringen versucht hatte: der Chef des jugoslawischen Regentschaftsrates soll sich in seiner ablehnenden Antwort darauf berufen haben, daß ein gemäßigter Kurs in dieser Frage für die jugoslawische Regierung nicht in Frage komme, da der erregte Zustand der öffentlichen Meinung Jugoslawiens ein unerbittliches Verfahren erfordere. Eine Regierung, die Nachsicht zeigte, würde von-ihrem Platze durch eine Revolution weggefegt werden. Diesem Argumente sind wir bereits früher begegnet. Es läuft im Grunde darauf hinaus, daß die erboste öffentliche Meinung Jugoslawiens die Bestrafung Ungarns verlange, und daß sie unter keinen Umständen auf diese Genugtuung verzichten könne , Da sich nun allem Anschein nach auch der Prinzpegent dieses Argument zu eigen gemacht hat, kann die öffentliche Meinung der ganzen Welt die jugoslawische Taktik klar durchschauen. Die „aufgebrachte öffentliche Meinung Jugoslawiens“, von der die Rede ist, ist keineswegs spontan durch demokratische Willensbildung entstanden, sondern ist das Produkt einer systematischen, einmütigen und leidenschaftlichen Pressekampagne, die — in der jugoslawischen Diktatur wäre eine andere; Sachlage undenkbar — von der Regierung inspiriert sein mußte. Diese Kampagne war es, die von der Presse der Kleinen Entente und den von ihr beeinflußten Organen des Auslandes unterstützt, die Frage der internationalen Verantwortung gegen Ungarn allein zuspitzte: von der Verantwortung der Länder, in dérién der Königsmord von jugoslawischen Emigranten beschlossen und vorbereitet wurde, gegen das Land,' auf dessen Boden es zur Ausführung gelangte, gegen das Land, von wo der Mörder selbst herkam, wurde in diesen Blättern nichts geschrieben. Die „öffentliche Meinung“ Jugoslawiens wurde also systematisch nur gegen Ungarn aufgehetzt, es wurde in ihr künstlich die Rachsucht gégén Ungarn entfesselt — warum? Vielleicht, weil ungarische Personen oder Behörden an der Vorbereitung des Marseifler Verbrechens beteiligt waren? Das wagt nicht einmal die von indirekten Verdächtigungen strotzende Anklageschrift Jugoslawiens zu behaupten. Sondern, weil Ungarn der schwächste der Staaten- ist, die die Revision der Friedensverträge fordern. Aus diesem Grunde wurde der Haß^ der jugoslawischen öffentlichen Meinung gegen Ungarn absichtlich bis zur Weißglut entfacht, und jetzt beruft man sich auf die „öffentliche Meinung“, die sich nicht beruhigen kann, wenn Ungarn nicht bestraft wird. Das ist ein durchsichtiges Manöver, durch das die unabhängig denkenden Staatsmänner der Großmächte sich unmöglich können täuschen lassen. Die Vorschläge Macdonalds an den Prinzregenten Paul, die in unserer nachstehenden Londoner Depesche zik ammeng eia ß t sind, beleuchten im voraus die Haltung, die England bei der Behandlung der Streitfrage durch Rat höchstwahrscheinlich elnnehnien wird. Ohne der Stellungnahme Großbritanniens irdgendwie vor greifen zu wollen, können wir dennoch nicht annehmen, daß sein Einfluß sich anders als im Sinne der Mäßigung und des Ausgleichs geltend machen könnte. Was Italien anlbelangt, so haben wir von seiten dieses Staates und seines Führers bereits die beredtesten Beweise der Freundschaft und des Gerechtigkeitssinns erhalten. Wir könnert nicht wissen, was der Rat bei seiner nächsten Tägung, die übrigens in erster Reihe der Saarfräge gewidmet sein wird, in bezug auf die jugoslawischen Beschuldigungen gegen Ungarn beschließen, ob er die Frage sofort meri torisch behandeln oder hiefiir einen späteren Zeitpunkt festsetzen wird; heute ist es aber schon gewiß, daß Ungarn nicht in einen feindlichen Ring eingeschlossen für sein Recht kämpfen wird, sondern daß auch die Objektivität ud der Friedenswille großer Völker mit zur Sprache gelangen werden. Unsere letzten Berichte lauten wie folgt: Die Unterredung Macdonals mit dem Prinzen Paul. London, 1. Dezember, (Inf.) Zu der gestrigen zweistündigen Unterredung des Prinzen Paul mit dem Ministerpräsidenten Macdonald melden heute verschiedene Blätter, wie News Chronicle und Daily Herald, daß die Bemühungen des Ministerpräsidenten, den Prinzen zur Mäßigung zu bewegen, gescheitert seien. . Danach soll Macdonald vorgeschlagen haben, der Völkerbundrat solle in seiner nächsten Sitzung in der kommenden Woche eine allgemein gehaltene Entschließung annehmen, in der die Unterstützung der terroristischen .Organisationen verurteilt wird. Ina Anschluß daran solle dann ein dreiköpfiger Ausschuß zur Untersuchung, insbesondere der Anschuldigungen gegen Ungarn, eingesetzt werden, und die Debatte über diese Frage bis Januar vertagt werden, worauf sodann auf Grund. der Berichte dieses Ausschusses Maßnahmen zur Unterdrückung der Terroristenorganisation getroffen werden sollten. Diesen Kompromißvorschlag solle Prinz Paul abgelehnt haben, mit der Begründung, daß seine Annahme in Jugoslawien eine schwere Krise heraufbeschwören würde. Weiter soll der Regent betont haben, Jugoslawien müsse darauf bestehen, daß der Völkerbund Ungarns Verantwortlichkeit für die Taten der Terroristen, denen es Asyl gewährt habe, eindeutig festlege. Ferner müsse in Urigarn eine gründliche Untersuchung) durchgeführt und alle, die das Treiben der kroatischen Terroristen geduldet hätten, zur Rechenschaft gezogen werden. Auch Daily Telegraph, dessen sonst ausgezeichnet informierter diplomatischer Mitarbeiter keine Angaben über dén eigentlichen Verlauf der Konferenz macht, läßt durchblicken, daß die Unterredung im großen und ganzen negativ verlaufen sei. Prinz Paul und Macdonald — schreibt das Blatt — hätten lediglich festgestellt, „daß es nun an Mussolini sei, eine große versöhnende Geste zu machen, die es der jugoslawischen Regierung ermöglichen würde, für die Beilegung der alten Feindschaft zu arbeiten Das Ergebnis eines solchen Schrittes wäre günstig für die Beruhigung Europas, weil dadurch auch die italienisch-französische Annäherung erleichtert würde. England und Frankreich würden im Laufe der nächsten Woche in diesem Sinne vermitteln. Eine Erklärung Tibor v. Eckhardts in der Daily Mail. London, 1. Dezember. (U. T.-K.-B.) Daily Mail veröffentlicht e.ne Erklärung Tibör v. Bckhardis, wonach Ungarn die jugoslawische Anklage, die Terroristen hätten Ungarn mit ungarischen Pässen verlassen, damit beantwortet, daß es bereit ist, alle Paßlisten durch eine unparteiische Völkerbundkommission untersuchen zu lassen. Die ungarische Regierung werde die Arbeit dieser Kommissiön in jeder Hinsicht erleichtern, ja es sei bereits ein Beamter det, französischen Geheimpolizei in Budapest tätig. Auf die Anklage, daß die Mörder in Ungarn ausge« wählt worden seien, anwortet Eckhardt, daß Georgiern selbst sich nie in Ungarn aufgehalten habe, und daß er, mit den hier lebenden Flüchtlingen in keinerlei Verbindung gestanden sei. Gewiß hätten sich einzelne der Be« schuldigten eine Zeitlang in Ungarn aufgebalten, doch seien alle vorbereitenden Handlungen außerhalb Ungarns begangen worden. Eine ausführliche Antwort Ungarns werde jetzt fertiggestellt, um der außerordentlichen Rats« tagung unterbreitet werden zu können. Enthüllungen über jugoslawische Terrorakte. Wie aus Born gemeldet wird, veröffentlicht Teuere einen Bericht seines Prager Berichterstatters, worin neue Daten über die Ermordung des Obersten Duics enthalten sind. Danach hat diie serbische Polizei schon mehrfach Meuchelmörder ins Ausland entsandt, mit dem Auf« trag, die anerkannten Führer der kroatischen Emigranten zu ermorden. Der berüchtigte Chef der Agramer Detektivkörperschaft namens Grauer hat im Laufe des Sommers mit zwanzig seiner Leute eine Auslandreise angetreten, um kroatische Führer aus der Welt zu schaffen. Das erste auserkorene Opfer war der Oberstleutnant Per< bsevics in Wien; Grauer hat auf der jugoslawischen Gesandtschaft in Wien zu diesem Zwecke einen Arbeitslosen namens. Erber gedungen, doch ist das Attentat nicht gelungen. Auch Oberst Duics war andauernd von solcher Ge-: tahr bedroht. Im Juni hatte er wahrgenommen, daß in Graz zwei Männer ihm beständig begleiteten. Er macht« die Anzeige bei der Polizei, und dort wurde festgestellt, daß die beiden Begleiter Jagorcea und Dusán Kollar hießen und beide Mitglieder der Narodna Odbrana waren. Ende des Sommers reiste Duics nach Karlsbad und dort soll er am 28. September angeblich einen Selhstmoid begangen haben. Zugleich mit ihm hätte auch sein Freund und Adjutant Starsics Selbstmord verübt. In den tschechischen Blättern erschien später die Nachricht, Duics sei von der serbischen Ustasa-Organisation ermordet worden, weil er sich geweigert hätte, einen Befehl zu Vollstreckern Duics wurde in seinem Zimmer nicht erhängt, sondern in hockender Stellung mittels eines Bindfadens erwürgt aufgefunden. Und ebenso soll auch Starkics gestorben sein. In dieser Zeit hat sich in Karlsbad der aus Belgrad dorthin entsandte berüchtigte serbische Terrorist Pero Gruber auf gehalten haben. Gruber hatte bereits in München ein Attentat gegen. Pavelics geplant. Er war als kroatischer Flüchtling in München erschienen und hat dort eine serbenfeindiiehe Zeitschrift héráusgegeben. So gelang es ihm, in den intimen Kreis der kroatischen Emigrantenführer einzudringen. Eines Tages erschien er bei Pavelics mit der Nlachricht, Svetozar Pribicsevics sei eben aus Paris angekommen und wünsche, mit Pavelics zusanunenzukommen. In der verembe rten Stunde ist Pribicsevios nicht erschienen, wohl aber an seiner statt Gruber in Gesellschaft zweier Komplicen, und als sie allein blieben, zogen sie ihre Revolver gegen Pavelics. Pavelics war jedoch der flinkere und zog rascher seinen Reoolver hervor, worauf die drei Terroristen die Flucht ergiffen. Da PeTo Gruber auch den Duics kannte, wurde er mit der Durchführung des Karlsbader Attentats betraut, und diesmal gelang es ihm auch, seinen Auftrag zu erfüllen. Das sind, so weit, sehr wuchtige Enthüllungen, und Tevere ist als sehr ernstes und gewissenhaftes Organ der italienischen Presse bekannt, dem eine leichtfertige und grundlose Verdächtigung nicht zug-c traut werden kann. Wenn also die jugoslawische Denkschrift an den Völkerbund durchaus auf Fälle erpicht ist, in denen Geheimagenten von ihren Regierungen ins Ausland geschickt worden sind, um dort Mordattentate zu verüben, so kann das so schwer beschuldigte Ungarn nur sagen, daß Belgrad in erster Reihe vor der eigenen Tür fegen sollte. Berlin finde! die Denkschrift nicht überzeugend. * Berlin, 1. Dezember. (Inf.) Zur Überreichung der jugoslawischen Denkschrift erklärt die offiziöse deutsche Diplomatisch-Politische Korrespondenz, daß die heftige Sprache der Note gegen Ungarn nur dann gerechtfertigt erschienen wäre, wenn ein sensationelles und erdrückendes Beweismaterial gegen Ungarn vorläge. Letzten Endes liefere aber die Denkschrift doch nicht den Beweis dafür, daß die Fäden von der ungarischen Regierung nach Marseille führen-. Eine sowjetfeindliche Stimme. London, 1. Dezember. (U. T.-K.-B.) Morning Post wirft die Frage auf, wie man in Genf zulassem könne, daß sich an. der Untersuchung über den internationalen Terrorismus auch der Vertreter Sowjetrußlands beteilige. Die Sowjetregierung habe in dieser Hinsicht die größte Schuld auf sich geladen. Das Blatt weist namentlich auf die Beziehungen der kommunistischen Internationale zum letzten spani* sehen Aufstand hin, der bereits nach dem Eintritt Sowjetrußlands in den Völkerbund angezettelt worden ist. Ein holländisches Blatt über die jugoslawische Denkschrift. Haag, 30. November. (U. T.-K.-B.) Maasbode stellt fest, daß die jugoslawische Denkschrift e.ne Enttäuschung bereitet hat. Man habe eine überzeugende Anklageschrift erwartet, die die Mitschuld ungarischer Behörden unzweifelhaft bewiesen hätte; dagegen bestehe die Schlußfolgerung der Anklage nur darin, daß Ungarn gegen de terroristischen Emigranten mild vorgegangen sei. Die gleiche Anklage _*