Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1935. március (82. évfolyam, 50-74. szám)

1935-03-01 / 50. szám

PESTER LLOYD Verlangen Sie heute noch das neue, mit Lichtbildern I Rezeptbuch der Firma I Dr. Oetker A. B welches Ihnen die Fabriksleitang Budapest, VIII., pi €onti>ucca 25, gratis and franko zusendet, iso;' machen und ihn durch die Stärkung, seines Persön­­lichkeitsbewußtseins seelisch wie körperlich gegen die Monotonie seihés Arbeitsschicksals zu wappnen. Diese Aufgabe der Sozialpolitik wird um so dringlicher, je weiter die Rationalisierung der Indu­strie fortschreitet und , je mehr der technische' Fort­schritt die Herabsetzung der durchschnittlichen ge­sellschaftlichen Arbeitszeit ermöglichen wird. Der faszistische Großrat >hat' in seiner jüngsten Sitzung seiner Befriedigung iiber die bisherigen Resultate der Vierzigshmdenwocbie Ausdruck verliehen, die im De-­­zember in ganz Italien allgemein eingeführt wurde, und hat die Regierung aufgefordert, ihrem Beschluß, die Vierzigstundenwoche durchzusetzen, auch weiter­hin unbedingt Geltung zu verschaffen. Die Kürzung der durchschnittlichen Arbeitszeit,, die eigentlich eine natürliche Folge des technischen Fortschrittes sein sollte, wurde nur gegen Ende der Depression als eine; Methode der Krisenbekämpfung aufgegriffen, und: zwar von sozialistischer wie „von. faszistischér Seite mit gleichem Elan: Gewiß, gab es einen Unterschied^ die deutschen Gewerkschaften wagten z. B. trotz theoretischen Bekenntnisses zur Arbeitsstreckungs­idee nicht auch die praktische Konsequenz zu ziehen, namliéh, daß die. Arbeitsstreckung. bei unveränderten Stundenlöhnen durchgeführt werden müsse, sondern sie forderten Lohnerhöhung, um den Verdienstaus­fall infolge der Kurzarbeit wettzumachen. Da dies in einer Depressionsperiode eine selbstmörderische Po­litik für die Betriebe bedeutet hätte, blieb es bei der platonischen Forderung, bis infolge der Empfehlun­gen des Internationalen Arbeitsamtes die Idee der Ar beitsstreckung auf immer weiteren Gebieten ohne Lohnerhöhung durchgeführt wurde. Was bedeutet die Kürzung der Arbeitszeit im Gesamtzusammenhang des Produktions- und des Ge­sellschaftsprozesses? Sie bedeutet vor allem, daß die vorhandene Arbeitsmenge möglichst gleichmäßig, auf die Mitglieder der Gesellschaft verteilt, es also nicht zugelassen wird, daß auf je drei Arbeiter dauernd, oder jahrelang und auf unabsehbare Zeit ein Ar­beitsloser entfällt. Die scharfe Trennung der Gesell­schaft in Arbeitende und Arbeitslose bedeutet auf die Dauer unermeßliche Gefahren der sicheren Radika­lisierung der Arbeitslosenmassen, Und da immer mehr gerade die jüngeren Jahrgänge außerhalb des Arbeitsprozesses bleiben, eine moralische Verwilde­rung und Verlotterung der Jugend in den wertvoll­sten Jahren Rer Lehrzeit. In England erwägt man in diesem Zusammenhänge die Erhöhung der oberen Grenze des schulpflichtigen Alters, aber dies ist auch Universitätsprofessor, Biograph Bernard Shaws, weiß folgende amüsante Anekdote zu berichten: Eines Tages bemerkte, ein amerikanischer Offizier in der Kriegszone einen jungen Mann in der Uniform eines englischen Unteroffiziers. „Wer sind Sie?“ sagte er. „Der Prinz von Wales,“ antwortete der junge Mann. „Selbstverständlich,“ erwiderte der amerika­nische Oberst mit ungläubigem Spott. „Und wer sind Sie, Sir?“ fragte der junge Mann. > „Ach, ich? Ich bin der König von England,“ antwortete der Amerikaner. „Wetten?“ Einige Tage später trafen die beiden Männer einander in einer Roten Kreüz-Baracke, und der amerikanische Offizier wurde sichtlich verlegen, als er erfuhr, daß der junge Mann tatsächlich der Prinz von Wales war. Lustig zwinkernd winkte ihm der Prinz einen freundschaftlichen Gruß zu und fragte: „Nun, wie geht’-s immer, Papachen?“ Der Prinz war das Idol der Trappe, obwohl diese anläßlich seiner Besuche nicht allzuyiele l m­­stände machte. Sie betrachteten ihn eben als einen Soldaten. Uber .einen Besuch des Prinzen bei Feid­­marschall Haig wurde mir folgendes berichtet: „Nun, wie lang ist heute das Gängelband, Sir?“ fragte der Prinz den Höchstkommandierenden. „Gängelband?“ wiederholte der Ferdmarschall stirnrunzelnd. . „Nun ja,“ antwortete, der Prinz., „Ich darf doch immer nur bis zu einer bestimmten Stelle und dann zwei Meter nach rechts und dann nur eineinhalb Meter über Position X heraus und so weiter und ich muß mich erst daran gewöhnen.“ „Und Sie haben sich,“ sagte Haig, „selbstver­ständlich immer streng an Ihre Instruktionen gehal­ten. Ich-nehme es in ihrem Interesse an.“ „Gewiß,“ sagte der Prinz kleinlaut* „Oder bes­ser: ich habe mich immer bemüht, es zu tun.“ Der- Feldmarschall lachte. „.Diese Aufträge stammen nicht von mir.“ Dann setzte er weit ernster nur in einer Gesellschaft möglich, in der die Eltern nicht auf die Verdienste ihrer Kinder angewiesen sind. Die größte wirtschaftliche und technische Schwierigkeit der i Arbeitsstreikung besteht bei allen moralischen und sozialen Vorteilen, die sie bietet, darin, daß die Ausnützung der Produktionskapazität in jedem Wirtschaftszweige verschieden ist und eine vollbeschäftigte Textilindustrie nicht ohne weiteres arbeitslose Bergarbeiter oder Bauarbeiter anstellen kann. Aber in einer Gesellschaft, in der man bereits mit einer fünfjährigen Massenarbeitslosigkeit zu tun hat, deren strukturelle Grundlagen schon aufgeklärt sind, sollte auch dieses Problem nicht unüberwind­lich sein. Bei der Durchführung der Vierzigstunden- oder Fünftagewoche ergeben sich indessen auch andere sozialpolitische Probleme, die uns zu unserem Aus­gangspunkte zurückführen. Wie soll der Arbeiter die freie Zeit benützen, die ihm durch die obldiratorische Arbeitsstreckung gewährt wird? Wird der auf Kurz­arbeit gesetzte Arbeiter infolge der damit verbun­denen Lohnkürzung nicht noch unzufriedener wer-# den und in seiner freien Zeit noch gründlicher von einer radikalen Agitation erfaßt werden, als bisher? Hier ergibt sich das Problem der sozialen Organisa­tion der Freizeit der Arbeiterschaft. " Daß die Arbeiterschaft in-dieser Freizeit eänz- Kch sich selbst überlassen bleibt, wie dies in der völ­lig individualistischen amerikanischen Entwicklung der Fall gewesen ist, schließt mancherlei Gefahren in sich, in Amerika hat ziini Beispiel gerade dies das Aufblühen der „Saloons“, der Zentren des Alkoholis­mus erleichtert. Sicherlich braucht der Arbeiter eine kollektive' Anleitung.,,üpd einen sozialen Rahmen auch .für “die. Verwendung seineri ■'freien Zeit, und Staat, Arbeitgeber- und A-fbeitnehmerverbände sollen sich dabei keineswegs auf die Rolle eines passiven Beob­achters beschränken. Aber niemals soll vergessen werden, daß der moderne Arbeitsprozeß dem Arbeiter eine harte kollektivistische Disziplin auferlegt, die in der Freizeit einen Ausgleich erheischt. Staat und Wirtschaft sollen sich also wohl lim die Organisie­rung und Leitung der Freizeit der Arbeiterschaft kümmern, aber nicht dadurch, daß sie allerlei Zwangsorganisationen schaffen, sondern nur durch die Schaffung der sozialen Rahmen für die freie Pflege der seelischen und körperlichen Persönlich­­keitswerte, durch die Errichtung Von Sportvereinen, Arbeiterklubs, Fabriksbiblioteken, Fachkursen usw. Nichts kann falscher sein, als nach der kollektivistischen Disziplin der Tagesarbeit den Arbeiter auch in seiner freien Zeit unter den Zwang einer Massenorganisation beugen zu wollen.. Gegen die Zwangsmärscliq .den militaristischen Drill uhd die stundenlangen Paraden haben denn auch schließlich die Massen in Deutschland' protestiert, und zwar gar eicht so sehr die Männer, als die Frauen, die dadurch von ihren Männern getrennt wurden. Sport, Spiel und Touristik, namentlich am Wochenende, ist schon ein viel geeigneteres Mittel, die graue Alltagsarbeit des Arbeiters durch Freude an der Natur und die körperliche Erfrischung er­träglicher zu gestalten. Und dies kann kombiniert sein mit Fortbildungsschulen, kunstgewerblichem und kleingewerblichein Unterricht usw., die alle hinzu: „Schließlich sind Sie alt genug. Sie kennen die Verantwortung Ihrer Stellung, Und Sie kennen vielleicht auch die Verantwortung der meinen, be­sonders was Ihre Person anlangt. Ich hoffe, daß Ihr Verantwortungssinn Ihr Verhalten bestimmen wird.“ Und seit dieser Unterredung mit dem Höchst­kommandierenden enthielt sich der Prinz tatsächlich weiterer Besuche der vordersten Linien, obwohl er sie nur allzugerne unternommen hätte. Bald nachher jedoch, als der Prinz in der Nähe von Merville in einem Generalstabsauto fuhr, näherte er sich bedrohlich der Frontlinie, und ich folgte ihm auf einem. Motorrad. Schweres Granatfeuer setzte gerade an der Kampflinie ein und der Chauffeur hatte- Weisung, nicht über einen bestimmten Punkt hinauszufahren. Aber der Prinz nahm selbst das Steuerrad in die Hand und an einer Wegbiegung ver­schwand sein Auto aus meiner Sicht. Ich legte viele Meilen zurück, ohne ihn einholen zu können. Ich erkundigte mich bei vorbeimar­schierenden Soldaten. Sie hatten kein Auto gesehen. Ich fuhr zurück und schlug die andere Straße ein, die jedoch bald zufolge schwerer Beschießung für Autos unpassierbar wurde. Was war mit dem Prin­zen geschehen? Ich hob mein Motorrad über Gra­nattrichter hinweg und fuhr, wo es möglich war. Endlich traf ich auf das Auto des Prinzen. Es war ein Wrack. Fassungslos stand ich da. Lieber hätte ich mir eine Kugel durch den Kopf geschossen, als zurück­zufahren und zu berichten, was anscheinend ge­schehen war. Während ich die Trümmer des Wagens durchsuchte, drang aus einiger Entfernung ein vertraute Stimme an mein Ohf. Im Schutze einer Mauer stand der Prinz mii dem Chauffeur. Sie hatten beide das Auto verlassen, um mit einem Verwundeten zu sprechen, der vorbei­getragen wurde, und während der Wagen leer da­stand, hatte ihn der Volltreffer einer Granate zer­trümmert. Der Prinz lachte bald über dieses Aben­teuer, aber ich konnte mich nicht so bald beruhigen. Der Prinz fuhr auf meinem Motorrad ins Haupt­quartier zurück. dén Zweck haben sollten, aus dem Sklaven der Maschine einen Menschen, das heißt eine Persön­lichkeit, eine in sich ruhende Welt zu formen. Schließlich kann die Arbeitsstreokung mit dem Gedanken der Stadtrandsiedlung in größerem Maßstabe verbunden werden durch Errichtung von Schrebergärten, die auch ohne behördliche Unter­stützung zu Hunderttausenden rund um die Groß­städte entstanden sind. Damit würde die Arbeits­streckung auch einen wirtschaftlichen Sinn und eine produktive Richtung erhalten. Denn die Gemüse- und Obstkultur wie die Kleiriviehzucht dieser Gärten bieten vielfach einen teilweisen Ersatz für den Lohn­­ausfall und leisten der gärtnerischen Agrikultur der Zukunft gute Pionierdienste. Man wolle solche Gedankengänge nicht als uto­­pistische ablehnen oder als zu kostspielig bekämpfen. Die Entwicklung der Sozialpolitik muß sich den Auf­gaben und Erfordernissen der Zeit anpassen und in ihrer Organisation spiegelt sich die gesamte Kultur einer Gesellschaft wider. In einer Welt, in der auch die am meisten individualistischen Länder mit hohem Lohnniveau wie die Vereinigten Staaten und Frank­reich— von England nicht zu sprechen — die Ühterr lasuungen ihrer sozialpolitischen Gesetzgebung nach­zuholen bestrebt sind, müssen auch die ärmeren Länder die ihnen angemessenen Formen der neu­zeitlichen Sozialpolitik finden. Vernünftige Unter­nehmer gingen in Ungarn stets auch mit gutem Bei­spiel voran: wer zur Sommerzeit an den Wasser­sportanlagen der Arbeiter und der Beamten am Rö­mischen Strand vorbeirudert, die ein Vorbild kluger Unternehmerpolitik zeigen, der wird hingerissen sein von dem körperlichen Habitus der jungen Ar­beitergeneration. Das ist nicht mehr das blutarme, ausgemergelte Proletariergesicht des vorigen Jahr­hunderts. Hier wie auf den S’kiwiesen und den Wäldern der Berge von Buda tummelt eine Genera­tion, die ihre Freizeit unter Gottes freiem Himmel, nicht in den dunklen Löchern der Schenken ünd Spelunken verbringt. Diese gesunde, freie, auf­­wärtsstrebende Tendenz soll vom Unternehmer wie vom Staate gefördert und materiell unterstützt wer­den. Jüngst erst hat unser Nationaltheater in kluger Kooperation mit den Gewerkschaften Arbeitervo»­­stellungen organisiert und die gesamte Kritik hat ohne Parteiunterschied festgestellt, welch ein an­dächtiges, hingebungsvolles, kulturempfängliches Publikum die Arbeiterschaft ist. Ähnliche Auffüh­rungen sollten auf musikalischem Gebiete, etwa im Stadttheater, organisiert werden, haben doch unsere größten Musiker, ein Bartók und Szigeti, sich im Tone höchsten Entzückens über ihr Arbeiterpubli­­küm geäußert und auch vom großen Cellisten Casals weiß man, daß er mit bedeutenden Geldopfem und persönlicher Hingabe ein Arbeiterorchester organi­siert hat, das er selbst dirigiert. Mit einigem guten Willen kann man also trotz beschränkter Mittel, trotz oder gerade infolge der Depression auf dean Gebiete der Arbeiterkultur, der Hebung des menschlichen Niveaus der Arbeiter­schaft Außerordentliches leisten. Der technische Fortschritt hat Arbeiter freigesetzt und allmählich zeigt sich auch der Weg ihrer Neueinstellung durch Herabsetzung der gesellschaftlichen Arbeitszeit und durch Arbeitsbeschaffung. Sorgen wir vor, daß die Segen der Technik sich nicht in einen Fluch ver­wandeln. Einst, ließ Dehmel seinen Arbeitsmann sin­gen: „... uns fehlt nur eine Kleinigkeit, um so frei zu sein, wie die Vögel sind: Nur Zeit!“ Allmählich wird die Sehnsucht des Dehmelschen Arbeitsmanns in Erfüllung gehen. Die kulturellen und sozialen Rahmen dafür zu schaffen, ist eine neue Aufgabe der Gesellschaft. Mit vieler Sorgfalt und Vertiefung soll die Lösung dieser Aufgabe vorbereitet werden, damit nicht die blutig-ironische Phantasie René Clalrs, die kollektivistische Technokratie zur Wirk­lichkeit wird, in der eine durch Riesenmaschinen von jedem Tagwerk „erlöste“ Phalanstergesellschaft unglücklich und gelangweilt im Schatten ihres kol­lektivistischen Schicksals dahinvegetiert, während zwei lumpige Landstreicher hungernd, aber selig Sich im Staube der Landstraße herumbalgend, der Sonne und der Freiheit entgegenwandern. Freitag, í. März 1935 Ein neuer Ton. (=) Wie uns aus Belgrad berichtet wird, hat sich das dortige Blatt Prawda in seinem gestrigen Leitartikel mit der Revisionsfrage und mit der Lö­sung der Krisenlage des Donaugebietes befaßt. Inhalt und Ton dieses Artikels sind in mancherlei Hinsicht bemerkenswert, so daß es uns angebracht erscheint, auf einige seiner Hauptthesen näher einzugehen. Der Artikel geht von der Rolle des Revisionismus in der ungarischen Politik aus. „Seit Abschluß des Weltkrieges,“ heißt es an einer Stelle, „stand die Revisionsfirage in Ungarn dauernd auf der Tagesord­nung und das Land suchte außerdem aus allen Ma­nifestationen der Sympathie des Auslandes Nutzen zu ziehen. Es ist jedoch fraglich, ob Ungarn durch diese Haltung ein reelles Ergebnis erzielt hat, und wenn ja, worin dieses besteht?“ Dann kommt der Verfasser auf die Strukturändefungen der Weltwirt­schaft in den letzten Jahren zu sprechen, und gelangt zur Schlußfolgerung, daß angesichts der Krisennot, die überall herrscht, die Besserung der Wirt­schaftslage Mitteleuropas viel wichtiger wäre, als die Revision. „Die Donaufrage ist ständig auf der Tages­ordnung“ — fährt der Artikel fort — „doch wurden, obwohl diesseits wie jenseits der Grenzen Reformen

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