Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1935. október (82. évfolyam, 223-249. szám)

1935-10-01 / 223. szám

PREIS 86 HELLER Abonnement s Inseratenaufnahme: blattesC nachra<fer^UProvinz8 ist8 viertd- |||| Ifll |lj|j ^ wjl| ||||1 gSi gpl £||jÍ JBInzelu arnmer für Budapestemül für Für wlen^auch durch M^rawa I j|| |||| jig ||11 16 Heller^ an^ Sonntaijen ^ 33 Helfer tasen 80 alle Übrigen Staaten 30 Pengő. Abonne- ________ Abendblatt -0 Or. ments werden auch bei sämtlichen aus Tt/IT A I) /V 171 TkT U T A Fffl m x~~. /-* , Redaktion u. Administration: ländischen Postämtern entgegengenommen lfB ■ 1 Itt ite j%j H J , % | I \ (JA £#-/*' ES V., MABIA VAÜiK IA-UCCA lä« Nicht verlangte Manuskripte werden iu. V JLV Vt At it AJ JU äj. A A \ M /{ "ff Telephone: 82, Jahrgang. Budapest, Dienstag, i. Oktober 1935, Nr. 223 „Elastizität ist ein Teil der Sicherheit.“ Budapest, 30. September. Die Entwicklung der Dinge in Abessinien drängt nunmehr mit unwiderstehlicher Kraft dem Stadium der bewaffneten Entscheidung zu. Der Negus hat dem Völkerbund seinen allgemeinen Mobilisierungs­befehl zur Kenntnis gebracht, und nach all­gemeinem Empfinden ist dies als Zeichen des nunmehr unvermeidlichen und unverzögbaren, auf beiden Seiten längst vorbereiteten Waffen­ganges zu werten. Italien hat auf ostafrikani­schem Boden- bloß etwa 200.000 Mann stehen und wird also schwerlich abwarten wollen, bis die zahlen­mäßig weitaus stärkere Wehrmacht des Ncgus ihren strategischen Aufmarsch vollzieht. Man muß sich also darauf gefaßt machen, daß offenbar schon in naher Zukunft in Ostafrika die Geschütze das Wort übernehmen werden. In dieser Stunde der Höchstspannung hat nun die englische Regierung ihre Antwort auf die franzö­sische Anfrage • veröffentlicht, die sich darauf be­zieht, ob das Britenreich auch im Falle kriegerischer Verwicklungen in Europa sich ebenso streng an die Bestimmungen des Völkerbundpaktes halten werde, wie es jetzt dies zugunsten Abessiniens Italien gegen­über tut. Diese Antwortnote kann als Musterbeispiel über­legener diplomatischer Stilkunst bezeichnet werden. Sie stellt ein einziges, starkes und überzeugendes Be­kenntnis Englands zum Völkerbunde, dessen Auf­gabe in der kollektiven Sorge um das friedliche Zusammenleben der Völker besteht. Die Völker­bundsatzung sieht zu ihrer Lösung in dem berühm­ten Artikel 16 als letztes, entscheidendes Aushilfs­mittel bestimmte Maßnahmen vor, die uns unter dem Namen „Sanktionen“ seit einigen Wochen nur allzu geläufig geworden sind. Englands Haltung zu dem Sanktionsproblem wird in Sir Samuel Hoares Note in einem Satz zusammengefaßt. „Ich wies darauf hin,“ schreibt der englische Außenminister, „und ich wiederhole das mit Betonung, daß der Völ­kerbund und mit ihm England für die Aufrecht­erhaltung der Völkerbundsatzung in ihrer Gesamt­heit steht und insbesondere für einen festen und kollektiven Widerstand gegen alle Akte eines un­­provozierten Angriffs.“ An dem Satz ist alles gleich wichtig, was England verspricht und wofür es Vor­behalte macht. Die Vorbehalte sind von dreierlei Art. Die An­wendbarkeit der Sanktionen wird nicht bei jedem Bruch internatonalen Rechts anerkannt, sondern nur im Falle von positiven Angrilfen. Negative Ver­tragsverletzung — d. i. Nichterfüllung einer Ver­tragsverpflichtung -r- wird als Sanktionsgrund aus­geschlossen. Sanktionen dürfen nur bei kriegerichen Beugungen des Völkerrechts in Frage kommen- Doch damit nicht genug: Der Angriff darf nicht provociert sein, nicht das Ergreifen der Waffe schlechthin bildet eine genügende Begründung der kollektiven Aktion, sondern nur ein Krieg, bei dem der Gegner nicht scheinbar, sondern tatsächlich friedfertig ist. Die englische Presse setzt zu diesem Punkt heute hinzu, daß ein Konflikt ums Memelgebiet sehr leicht unter diesen Vorbehalt fallen könnte. Und schließ­lich will England seine. Sanktionsbereitschaft nicht anders als eine Bereitschaft zum kollektiven Vor­gehen auffassen, die Rolle eines einsamen Polizisten des Völkerbundes paßt ihm natürlich nicht. Man kann — und ein großer Teil der französi­schen öffentlichen Meinung tut das — in dieser Um­schreibung der englischen Haltung gar keine Ver­pflichtung für die Zukunft erblicken und nur den Wunsch, freie Hand zu behalten. Wer konkrete, genau umschriebene Garantien erwartet hat, kann natür­lich enttäuscht sein. England will sich in derTat nicht die Hände binden lassen, es bemüht sich gar nicht um unmögliche juristische Präzisierungen, dafür verpflichtet es sich auch mehr als nur juristisch, es verpflichtet sich moralisch alle Konsequenzen zu ziéhen, wo das Wesen und nicht die Form des kon­kreten Falles die kollektive Aktion, den kollektiven Zwang zur Verhinderung des Krieges fordern. Und es bekräftigt seinen Entschluß mit dem eindrucks­vollen Hinweis auf die fast absolute Einmütigkeit des englischen Volkes in der Frage der Verteidigung des Friedens. j So lautet Englands * Bekenntnis zum negativen Teil der Aufgabe des Völkerbundes, zu dem wirk­samsten Mittel zur Löschung eines schon brennenden Feuers. Doch die Sorge um das friedliche Zusam­menleben der Völker, die die Aufgabe von Genf ist, tritt nicht erst in Funktion, wenn die Heere schon einberufen sind. Sie ist ständig notwendig, dem glimmenden Brand gegenüber, ebenso wie dem lo­dernden. Nicht nur die Verhinderung einer ge­waltsamen Änderung der Lage ist kollektive Frie­denspolitik, sondern auch die Umgestaltung der be­stehenden Lage, wenn die Aufrechterhaltung des Herr Oberarzt sie eines Abends abgeholt und dann sind beide fort. Hauptmann Zsámboky hatte das Gefühl, als habe ihm jemand einen Stoß vor die Brust versetzt. Eine Weile schwieg er, dann fragte er heiser: — Und ... was sagte sie? Hat sie mir nichts sagen lassen? — Nichts, bitte. — Gar nichts? —■ Gar nichts. Bloß die Hand hat sie mir ge­reicht, „na, leben Sie wohl, Käthe,“ hat sie gesagt, „und wenn der Herr kommt, so sagen Sie ihm ... das heißt. .. sagen Sie ihm nichts.“ Dann hat sie mir Geld gegeben und darauf ist sie fortgegangen. Wortlos, taub und stumm stand er da, ihm kam vor, als pulse kein Blut in seinen Adern und als habe sein Herz zu schlagen aufgehört. Als er ein wenig zu sich gekommen war, .fiel sein Blick auf die verlegene kleine Bauernmagd im Naehfrock, und da richtete er sich auf, hob den Kopf und sagte in ge­lassenem, aber entschiedenem Ton: — Danke, Käthe. Und nach einem Augenblick fügte er hinzu: — Sie können schlafen gehen, ich brauche nichts. Dann ging er durch die Stuben und drehte in ihnen das elektrische Licht an. Alles war so, wie er’s vor anderthalb Jahren dagelassen hatte, an jenem schwülen Sommertag, als da« Dienstmädchen seinen Militärkoffer vom Dachboden heruntergebracht und er daraus seine zerknüllte Reserveoffiziers-Uniform hervorgeholt hatte, Nichts hatte sich geändert. Die schneeweiße Spitzendecke über den Doppelbetten, die so dicht aneinander gerückt waren, als ver­möchte sie keine Macht auf Erden je voneinander zu trennen. ' Nichts hatte sich geändert, alles be­fand sich an seinem Platze. An der Wand des Schlafzimmers die goldumrahmte Hochzeitsphoto­graphie, vor der kleinen Marienstatue flackerte das Seelenlichtchen, unter dem Glassturz tickte die Uhr und in einem der Schränke waren seine Zivilkleider Bestehenden mit dem Fortbestand des Friedens unvereinbar ist. Auch den Frieden kann man positiv und negativ definieren. Die negative Defmtion meint nur das Gegenteil des Krieges, den Zustand, bei dem nicht geschossen und gekämpft wird. Einem solchen negativ umschriebenen Frie-< den wird die negative Seite der Völkerbundsidee ge­recht. Aber sie bildet nur den einen, den kleineren Teil der Aufgaben von Genf, weil der positive Frie­den ein umfassenderes und höheres Ziel ist. Er ist nicht allein der Frieden der Waffen, sondern auch der Frieden der Geister, wahre Freundschaft der Nationen, ein internationale« Zusammenleben, in dem die großen Spannungen behoben sind. Ihm kann man nicht dienen, wenn man nur bestehende Verträge verteidigt, sondern bloß, wenn man das ganze Ziel einer internationalen Gerechtigkeit vor Augen hat. Zu diesem Ziel und zu der ihm entsprechenden Funktion des Völkerbundes bekennt sich nun Eng­land vorbehaltloser und entschiedener als zu dem Mit­tel der Sanktionen. „Elastizität ist ein Teil der Sicherheit — heißt es in dem Schreiben jedes Völkerbundmitglied muß anerkennen, wie dies die Völkerbundsatzung selbst anerkennt, daß die Welt nicht statisch ist.“ Damit hat Sir Samuel Hoare in seiner jetzigen Note wiederholt, was er schon in Genf von der Tribüne der Assemblée ausrief: England ist bereit, der Re­vision der Rechte und des Rechts die Hand zu bieten, wo die Bedürfnisse der Völker und der Gerechtigkeit es fordern. Mit der englischen, Note an ukr h hat do- Völkerbund die bedeutsamste S V sei;v ganzen jungen Geschichte er fall. a darum, weil England, seine Vorbehalte , kollektiven Sicherheitspolitik aufgebend, ganzen Gewicht die Genfer Institution uni , i '. Eine andere Großmacht hat das schon frühe. jäL aber für sie war der Völkerbund nur ein Mitte. d#l Verteidigung des Statusquo, ein Instrument dfl Machtpolilik. England hat jetzt endlich mit der Vefl wechslung aufgeräumt, die man zwischen Dienst afl Frieden und Dienst an Friedensverträgen macht® Die verstümmelte Idee des Völkerbundes ist in ihr® Ganzheit wieder umschrieben, es ist eine heute noc® nicht sehr nahe Möglichkeit vorhanden, daß d® Bund der Nationen seinen wirklichen Zielen auefl in der Praxis näherkommen wird. fl *. Feuilleton!» Fort... Novelle. Von FRANZ SZENTGYÖRGYI. Es war später Abend, als er ankam. Die Klein­stadt lag bereits im Schlaf. In der Hauptstraße atmeten Flieder und Akazie ein Meer betäubender Wohlgerüche, darin die Stille wob. Er nahm den Säbel fester unter den Arm und schritt mit leisem Sporengeklirr vorsichtig dahin. Vor dem Hause drückte er an den, Klingel­knopf. Bei dem Gedanken, die Haustür habe sich zum letzten Male vor anderthalb Jahren hinter ihm geschlossen, überkam ihn Ergriffenheit. Nach Minuten ungeduldigen Wartens erschien das Dienstmädchen im Nachtrock. — Jesusmaria, der Herr! — rief die junge Bäuerin und schlug die Hände zusammen, als sie ihn im Finstern endlich erkannt hatte. Drin im Hof umtanzte ihn sein Hund winselnd und beruhigte sich erst, als er seinem Herrn die Hand belecken durfte. Im Vorzimmer schnallte er den Säbel ab und hing ihn samt der Kappe an den Rechen. Er blickte in den Spiegel, glättete sich ein wenig das Haar und fragte unterdes: — Meine Frau? Die kleine Magd blickte zu Boden. — Nicht zu Hause, — erwiderte sie leise und wurde rot. Hauptman Zsámboky wandte sich ihr rasch zu: __ Nicht zu Hause? Was soll das heißen? Wo ist sie denn? — Die gnädige Frau ist... fort... fort­gegangen ... Er begriff nicht. — Fortgegangen? — Ja, bitte, fort, Etwa vor drei Wochen hat der in musterhafter Ordnung nebeneinander gehängt. ... Alles war unverändert. Ganz so, wie an jenem drückend schwülen Sommertag, da er heiter und fröhlich die nassen Augen, den zum Weinen ge­­krückten Mund und die rosigen Wangen seiner Frau geküßt, die ihm kaum zwei Monate vorher an­getraut worden war, da er Käthe die Hand gedrückt, seinen Hund gestreichelt, dann den Säbel unter den Arm gepreßt, den Mantel über die Schulter ge­hängt, den Offizierskoffer in die rechte Hand ge­nommen hatte und davongeeilt war. — Alles unverändert, alles an seinem Platze, — sagte der Mittelschullehrer für Ungarisch und Latein Viktor Zsámboky, k. u. k. Hauptmann der Reserve, ak er wieder ins Eßzimmer zurückgekehrt war. Er setzte sich an den Tisch, legte das Gesicht zwischen die Fäuste der aufgestemmten Arme. Eine Weile hämmerte ihm noch das Hirn und in der Herzgegend empfand er einen dumpfen Schmerz, dann aber kehrte sein Bewußtsein nach und nach zurück, und scharf und hell trat ihm vor Augen, was sich hier zu Hause zugetragen haben mochte, während er auf allerhöchsten Befehl „im Felde gestanden“ und dem Tode hundertmal ins Auge geblickt hatte. Und es befremdete ihn fast, daß er nicht die geringste Spur von Rührung empfand, als er bei sich endgültig feststellte, er habe für immer und ewig jene verloren, die er vor kaum zehn Minuten noch mit der ehrlichen Liebe eines ehr­lichen Menschen geliebt hatte. Keine Sekunde lang war ihm eingefallen, ihr zu folgen, sie aufzusuchen und sich zurückzuholen. — Meinerseits ist die Sache abgetan, — dachte er und richtete sich stramm auf. Zwei läge lang rührte er sich nicht aus dem Hause. Er konnte und wollte auch nicht unter Men­schen gehen. In der zweiten Nacht fuhr er mit dem Gefühl aus dem Schlaf, auf seiner Brust drücke ein Alp. Er knipste das Licht an und sah sich in der Stube um. Und von einer Sekunde zur anderen wurde es. ihm da zur unumstößlichen Gewißheit,

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