Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1936. január (83. évfolyam, 1-25. szám)

1936-01-01 / 1. szám

PESTER LLOYD *4§ fiele 1000 Hagenverstiminiingeii Verdauungsstörungen und „Katzenjammer' haben die grossen Diners der Feiertage verursacht. Glücklich, wer, als er von Üblichkeiten befallen wurde, ein Vs Annahme Abessiniens und des Völkerbundrats ab­hängig gemacht Am 17. August/ den ganzen Tag warteten die Delegierten Frankreichs und Englands auf die italienische Antwort, die Alcrisi telephonisch aus Rom erhalten sollte. Am Abend wurde bekannt, daß der Duce zur Inspizierung von Kriegsfreiwilligen nach der Provinz gefahren sei und dort zündende Reden halte. Das war für das britische Prestige eine zu starke Belastung. Die Konferenz von Paris wurde ergebnislos abgebrochen. Die Pranken des britischen Löwen: die- Heimatflotte fährt ins Mittelmeer. Der nächste Tennin war der 4. September. Der Völkerbundrat versammelte sich in Genf und konnte einen einstimmigen Bericht der Schieds­kommission Politis entgegennehmen, der mit aal­glatter diplomatisch-juristischer Kunst die Verant­wortlichkeiten für den Zwischenfall von Ual-IM halb zu halb zwischen Italien und Abessinien ver­teilte. Der Bericht änderte indessen nichts an dem drohenden Zustand der täglichen italienischen Truppenverschiffungen und der immer entschlos­seneren Spnachie des Duce und der italienischen Presse, die italienischen Forderungen in Abessinien „mit Genf, ohne Genf, oder gegen Genf“ zu er-: kämpfen. Italien geht nunmehr in große d tolom at­tische Offensive über und unterbreitet in Genf eine mehrere hundert Seiten umfassende Anklageschrift gegen Abessinien, das seine Verpflichtungen aus dem Völkerbundpakt nicht erfüllt, die Sklaverei auf­rechterhalten und die koloniale Sicherheit Italiens ständig bedroht habe. Die italienische Presse for­derte den Ausschluß Abessiniens aus dem Völker­bund und implicite einen Völkerbundauftrag für die italienische Armee. Abessinien verteidigte sich empört und rief am 6. September Artikel 15, Ab­satz 3 des Paktes (Empfehlungen des Rats zur Re­gelung eines Konflikts) an. Eine Ratskommission von fünf Mitgliedern, bestehend aus Spanien (Ma­dariaga als Vorsitzendem), England, Frankreich, Polen und der Türkei wurde hierauf auf dieser Grundlage eingesetzt, die bis zum 16. September auch ihre Friedensvorschläge ausgearbeitet hatte, das dritte Friedensangebot im Laufe des Jahres. Diese Vorschläge beruhten gleichfalls auf der Un­abhängigkeit und der territorialen Integrität Abes­siniens, sie wollten jedoch Italien in der Aufrecht­erhaltung der Ordnung kn Rahmen einer Volker­­.bundorgan isa tion weitgehende Rechte einräumen. Gleichzeitig sah der Bericht des Fünferausschusses vor, daß sich Frankreich und England bereit er­klären, gemeinsame Opfer zur Ermöglichung eines Gebietsau s tau sc lies (ajustements) zwischen Italien und Abessinien zu ermöglichen. Der Bericht er­kannte schließlich die weitgehenden speziellen öko­nomischen Interessen Italiens in Abessinien an. aus und bemerkte sofort die weltferne, den Men­schen unbekannte kleine Insel Aphroditém. Dort sab er, Wie die Göttin neben einem Sterblichen ruhte. Auf der Steife kehrte er zurück und meldete es sei­nem Herrn. Im Gotte des Feuers begann Wut zu kochen. Er ließ dem Giganten frei, und dieser brachte nun die Kunde von dem Grimm des Hephaistos den Nereiden zu. Diese ihrerseits sputeten sich, die iScihreokensnaohricht der schönen Göttin zu üb er­bringen. Die Verräterei aber schoben sie vorsichtiger­weise den Vögeln unter die Flügel, Aphrodite indes lachte nur. Als Hephaistos erfuhr, daß seine Gattin ihn nicht nur hintergeihe, sondern obendrein auch nodli ver­lache, brach sein ohnmächtiger, aber furchtbarer Grimm los. Mit einem schweren Hammer gab er einem ehernen Schild einen gewaltigen Schlag. Sämtliche Kyklopen griffen sofort zu den Schaufeln, legten Brennstoff nach, warfen Steine und Asche in die Becken. Das furchtbare, unterirdische Feuer be­gann den Inhalt der Behälter zum Sieden zu bringen. Zischen, Rattern und grauenhafte Dampf- und Rauchwolken erfüllten die Werkstatt. Und plötzlich begannen inmitten furchtbaren Getöses Steine, Asche Schlacke emporzuschießen. Die Kyklopen lachten unmenschlich, und auch Hephaistos ließ ein grau­siges Lachen hören. Er hatte seine Rache an den Menschen gekühlt: der Ätna war ausgebroeben. Der Ausbrhch wahrte indes nur kurze Zeit. Er legte mehrere Häuser von Catania in Trümmer, das Leben verloren aber bloß fünf Menschen; Theo­­phamos und seine zechenden vier Freunde. Als Aphrodite das Tőiben ihres Gemahls vernahm, nahm sie von ihrem Liebhaber eilig Abschied, nach­dem sie sich an Liebe gesättigt hatte. Und in einem neugebauten Schiffchen trug das besänftigte Meer Zerbal heimwärts, den blumigen Gestaden Phö­­mziens zu. Glas Glaubersalz enthaltendes Mira-Wasser trank, denn seine Gesundheit war innerhalb kurzer Zeit wieder hergestellt. Der Bericht wurde den Streitparteien als Emp­fehlung des Rats unterbreitet; Abessinien willigte ein, Italien lehnte ab. Zwischen dem 6. und dem 18. September, während die Fünferkonnnission des Völkerbundrats mit der Ausarbeitung ihrer Vorschläge beschäftigt war, trat eine Wendung in der italienisch-abessini­­nischen Affäre ein, die den Kontinent plötzlich vor die Gefahr einer Ausbreitung des Konflikts auf Europa stellte, .km 15. September hielt der Duce eine Rede, in der er mit knappen Worten berichtete, daß die italienische Regierung infolge der Unruhe unter den Stämmen der Cyrenaica sich genötigt sah, -die italienischen Truppenbestände in Libyen zu ver­stärken. Er fügte noch hinzu, daß diese Bewegungen nicht die Grenze der normalen Truppenverschiebun­gen überschreiten. Diese dürren Worte batten in England eine unerwartete Wirkung. Man faßte sie als Bedrohung der ägyptischen Grenze auf. Untd England kann vieles ertragen, nur die militärische Bcidrohung seines Kolonialbesitzes nicht. Die eng­lische Antwort auf die lybischen Truppenverstär­­kungen war die Entsendung der Home Fleet nach dem Mittelmeer. All das würde zunächst von der europäischen öffentlichen Meinung kaum bemerkt. Nur als die Tatsachen in alter Stille vollendet waren, horchte Europa auf. Es wurde gewahr, daß cs sich mitten in Kriegsgefahr befand/ „La Disperata“ über Adna und Adigrat. — Feststellung des Angreifers. — Sanktionen!! Die Ereignisse rollten sich nunmehr mit dra­matischer Schnelligkeit ab. Nach der .Ablehnung des dritten Friedensangebots war der Krieg beschlossene Sache. Ein 13er Ausschuß des Rats wurde einge­setzt, um den Bericht im Sinne des Art. 15, Abs. 4 abzufassén (26. SepL). Abessinien teilte mit, daß es seine Truppen in einer Breite von 30 Kilometer von der Grenze zurüoknebme, um einem Zwischenfall vorzubeugcii, am 2. Oktober meldete der Negus den­­nöcli den Grenzübertritt der italienischen Truppen beim Mussa Ali-Gebirge und am 3. Oktober erfolgte die erste italienische Angriffshandlung: das Bom­bardement Aduas und Adigräts. Ám 6. Oktober stellt ein Sechserausschuß des Rats, bestehend aus Frank­reich, England, Portugal, Rumänien. Chile und Dänemark fest, daß „die italienische Regierung ent­gegen den Verpflichtungen des Artikels 12 des Völ­kerbundpakts zjini Kriege, geschütten ist“. Der Rat nimmt den Beschluß 4 |jp ^imclrfiberniittelt ihn der Assemblée, damit dtesé 'dért Siflktiönsartikcl 16 in Bewegung setze. Zum ersten Male seit seinem Bestände hat der Völkerbund zu diesem historischen Zwangsmittel gegriffen. Man wagte és nicht anzuwenden gegen Japan, gegen Paraguay, die fern vom Machtbereich des Völkerbundtorsos lagen. Es kam der Tag, da der Bund darüber entscheiden mußte, sich selbst zu be­graben oder die Sanktionen anzuwenden. Er hat sich für das Leben entschieden. Und zur allgemeinen t berrascluing war der Glaube an den Bund stärker, als man erwartet hätte. Einundfünfzig von vierund­­fünfzig Mitgliedstaaten des Bundes haben sich für die Anwendung der Sanktionen ausgesprochen, wenn auch eine formelle Abstimmung nicht stattgefunden hat. Ein großer Ausschuß aus 18 Mitgliedern wurde eingesetzt, um den Sanktionsapparat auszuarbeiten. Vöm 11. bis zum 19. Oktober entwarf dieser fünf Propositionen, die dann den Regierungen der Mit­­gliedstaaten zugeschickt wurden. Die erste sah das Verbot der Waffen- und Mu n i t ions lief er imge n an Italien, die zweite die Sperrung der italienischen Kredite, die dritte die Sistierung aller Einfuhren aus Italien, die vierte das Verbot der Ausfuhr gewisser zur Kriegführung nötiger Artikel nach Italien und die fünfte die gegenseitige Hilfe der Sanktionsstaaten und die Unterstützung der durch die Sanktionen ge­schädigten Staaten vor. Die Sanktionsvorschläge hat­ten unerwarteten Erfolg: bis zum 31. Oktober wur­den die ersten vier Propositionen von 48 bis 50, die fünfte von 39 Staaten angenommen. Saaktionswahlen in England, Plan des Ölembargo und das Drama des Pariser Plans. Am ,26. Oktober, nach dem Erfolg ihrer Sank­­tionspolitik, kündigte die Regierung Baldwin die 'Auflösung des englischen Parlaments und Neuwahlen für den 14. November an. Sie hätte den Zeitpunkt kaum günstiger wählen können. Der englischen Opposition, die zunächst die Sperrung des Suez­kanals gefordert hatte, war durch den moralischen Erfolg der Sanktionspolitik der Wind aus den Segeln genommen. Noch nie traten die englischen Parteien innerlich so uneinig, so ohne polemische Parolen vor die Wähler, wie bei diesen Novemberwahlen. Der Erfolg war auch danach. Die Konservativen, die noch im Vorjahre eine Niederlage befürchten muß­ten, ernteten einen glänzenden Wahlsieg. Und mit einer kompakten Majorität hinter sich, konnte die Regierung Baldwin sich an die Fortsetzung ihrer yölkerbimdaktion machen. Die Fortsetzung? Manchen schien sie allzu ein­fach, und zu diesen gehörten die dogmatischen Völ­­kerbundpobttker der Jungkonservativen. Der nächste Schritt muß in der Errichtung der Ölsanktionen be­stehen. die Italien an der Wetterführung des Krieges verhindern sollen ■— hieß es. Die Wahlen haben -die Sanktionspolitik der Regierung bestätigt, sic muß sie durchkämpfen bis zum Ende, will sie sich vor dem Lande nicht des Weltbetrugs schuldig machen. Die englische Haltung versteift sich zusehends. Die Ver­­zÖgerung des italienischen Vormarsches auf den Kriegsschauplätzen, der Wechsel im italienischen Oberkommando tragen noch mehr zu dieser Verstei­fung bei. Vergeblich macht Mussolini eine Versöhn nungsgeste — die erste seit Monaten —, indem er eine Division italienischer Truppen von der libyschen Grenze zurücknimmt, die home fleet bleibt im Mittel­meere. Und für den 13. Dezember ist bereits der 18er Ausschuß des Völkerbundes zusammenberufen, um über die Ölsanktionen zu entscheiden. Die Spannung in Rom und Paris wächst von Tag zu Tag, zwischen London, Paris und Rom werden die angestrengtesten Besprechungen in fast täglichen Besuchen der Bot­schafter bei den Regierungschefs geführt. Diplomati­scher Hochbetrieb; aber die europäische Kriegsgefahr scheint schon vorbei, jedenfalls ist weder der Ton der römischen, noch der Londoner Presse so bedrohlich wie früher. Da trit plötzlich eine Wendung ein, die zu den unerklärlichsten Manövern des an Geheimnissen so reichen abessinischen Konflikts gehört; die drama­tische Wendung des Pariser Plans. Bereits seit Wochen vor dem 8. Dezember, als Sir Samuel Hoare und Laval sich in Paris begegneten, Um vor dem Einsetzen der Ölsperre noch einen letzten gemeinsa­men Friedensfühler auszustrecken, verhandelte der abessinische Experte des Foreign Office, Peterson, mit seinem Kollegen von dem Quai d'Orsay, St. Quaintain. über einen neuen Entwirrungsplan. Nach wiederholten Unterbrechungen, denen stets Ausspra­chen zwischen dem italienischen Botschafter Cerruti und Laval folgten, gediehen diese Expertenberatun­gen schließlich so weit, daß Sir Samuel Hoare kom­men konnte. Er traf am 7., Samstag abends, in Paris ein. Sonntag, am 8., abends, veröffentlichten bereits drei französische Publizisten die Grundrisse des Plans und die Montagsblätter in London schlugen schon Lärm: „Prämiierung des Angreifers! Statt öl- Sanktionen Aufteilung Abessiniens!“ Was in den we­­nigen Tagen in England folgte, ist noch allzu leben­dig in unserer Erinnerung, um ausführlich geschil­dert werden zu müssen: Aufruhr der Jungkonser-a­­tiven unter Führung Edens gegen den Pariser Plan, tagelanges Schwanken Baldwins, Zurückberufung Sir Samuel Hoares aus der Schweiz, Ablehnung des Plans durch Abessinien, keine Annahme durch Ita^ lien, Eingreifen der beiden Chamberlains zugunsten Edens, kriegerische Rede Mussolinis in lönt nia, schließlich Demission Hoares, Begraben des Plans durch England und Ernennung Edens zum Außen* minister. NEUWOHNER ELSA haute couture -nt, Váci-ucca 16,1. 24 m o deles Telefon 83-6-73 rohes manteaux costumes ——.------- l Mitfcwocti, L Januar 1936 Ausblick: Friedenspolitik als Macht­politik. Der Pariser Plan gab Italien etwas mehr als zwéi Wüsten, und ein „Siedlungsgebiet“ von zweifel­haftem Wert. Aber er gab mehr als welches Friedens­angebot immer vor dem Angriff, und das war für die englische öffentliche Meinung unerträglich. Die englische Öffentlichkeit, in der noch im Sommer 11-5 Millionen Stimmen für die Völkerbundpolitik abge­geben wurden, beginnt nunmehr klar zu sehen, welche Fehler die englische Nachkriegsdiplomatie begangen hatte, als sic durch zögernde und schwan­kende Haltung das französische Volkerbundsystem der kollektiven Sicherheit, das Genfer Protokoll vom Jahre 1924, die großen französischen Sicherheits­und Abrüstungspläne des Jahres 1934 zum Scheitern brachte. Die geheimnisvollen Hintergründe der Frage, wie es zum Weltskandal des Pariser Planes kommen konnte, sind noch verborgen. Man weiß nicht, mit welchen Drohungen Italien im Zusammenhänge mit dem ölemfoargo England einzusohüchtern suchte, man weiß nicht, Aveshalfo Sir Samuel Hoare sich hie­durch tatsächlich einschüohtem ließ, man weiß nicht, was an den zwei entscheidenden Tagen zwi­schen ihm und BaLdwin verabredet war (,,Mangel an Verbindung“), man -weiß nicht, was Laval mit der vorschnellen Veröffentlichung des Pariser Projektes bezweckte. Wie auch der Plan ausgebeokt war, sein Mißerfolg beweist, daß um seine Vorbereitung fatale Fehler begangen worden sind. So sehr man seine Realisierung hätte begrüßen können, wenn er den Frieden gebracht hätte, so undiskutabel erscheint er jetzt, da alle Parteien ihn ablehnen und brandmarken. Der - Zusammenbruch des Pariser Plans wird sicherlich nicht dazu beitragen, die Sicherheit und das Wohlgefühl zu steigern, daß die Welt mit einer besonders großen Weisheit regiert wird. Aber den­noch können die Umstände, unter denen er zu Grabe getragen wurde, an dieser düsteren Jahreswende Zu­versicht und Hoffnung in allen .jenen erwecken, die, entmutigt durch das unaufhörliche brutale Vordrin­gen der Gewalt in der europäischen und der Welt­geschichte, bereits an dem Sinn des Geschichts­prozesses überhaupt zu verzweifeln beginnen. Die demokratische Kontrolle der öffentlichen Meinung hat in England gesiegt und diese Öffentlichkeit hat heute einen großen und' festen Glauben, den keine Regierung wird mißachten können, den Glauben an den Völkerbund. Vielleicht beruht die überraschende Festigung dieses Glaubens auch auf den gesunden Machtmstinkten des englischen Volkes, Sicherlich

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