Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. március (83. évfolyam, 51-75. szám)

1936-03-02 / 51. szám

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Die mit historischem Weitblick aufgestellten Diagnosen und von europä­ischem Geist und nationalem Verantwortungs­­bewußtsein erfüllten Schlußfolgerungen des Vor­tragenden verleihen seinen Ausführungen allgemei­nes Interesse. Deshalb glauben wir, daß es am Platze ist, die wichtigsten Gedanken des Vortrags der breiteren. Öffentlichkeit zugänglich zu machen-Georg Ottlik ging von den Erfahrungen aus, die er iim Laufe einer Apslandreise namentlich in England gesammelt hat. Er stellte fest, daß der ost­­afrikanische Konflikt den zentralen Platz, den er in der allgemeinen europäischen und namentlich der englischen Außenpollik lange Zeit hindurch einge­nommen hat, nach und nach verläßt und daß an­dere, weit bedrohlichere Probleme, namentlich die deutsche und die japanische Frage, die Haltung Englands in den grundlegenden außenpolitischen Fragen bestimmen. Hieinit hängt ein merkliches Ab­rücken Englands von der Idee der Ölsanktion ‘ und eine Stärkung der Machtposition Italiens in Europa zusammen. Dies bedeutet natürlich nicht, daß die politische Spannung in Europa und der Welt in Ab­nahme begriffen sei; im Gegenteil, das Wettrüsten der Mächte, das gleichzeitige Ansdhwellen macht­­poliitischer Gegensätze lassen die Zukunft in un­sicherem, besorgniserregendem Lichte erscheinen. Welchen Standpunkt muß in dieser unsicheren allgemeinen Lage die ungarische Außenpolitik eut­­mehmen ? Die Antwort au(f diese Frage sucht der Vor­tragende in der Vereinbarung der nationalen Inter­essen Ungarns mit den übergreifenden Interessen Europas. Weder die Überschätzung der Machtmittel Ungarns, noch eine mutlose Preisgabe der nationa­len Zielsetzungen kann außenpolitische Erfolge her­­beifü'hren. Man hört oft das Bedenken, daß die neuesten Donaupläne darauf hinausliefen, Ungarn völlig zu isolieren, und daß es deshalb für dieses Land am besten wäre, um der materiellen Vorteile einer solchen Lösung willen sich — und sei es auch nur vorübergehend — der Kleinen Entente anzu­­söhließen. Georg Ottlik weist darauf hin, daß diese Konzeption in den Tatsachen nicht begründet sei. Die Donaupläne Hodzsas können keine Isolierung Ungarns bedeuten, weil diese Pläne überhaupt nicht zur Reife gelangt sind; da einerseits die Unstimmig­keiten innerhalb der Kleinen Entente, andererseits — was noch wichtiger ist— der entscheidende ita­lienische Faktor im Donaugefoiet eiine wirtschaftliche Einkreisung Ungarns unmöglich machen, hat die ungarische Politik immer noch die Möglichkeit, sich jeder Lösung zu widersetzen, die einzig auf Kosten Ungarns verwirklicht würde. Die Basis dieser Poli­tik ist das konsequente Festhalten an der italieni­schen Freundschaft, die historisch dem größten europäischen Gedanken Ungarns, der St. Stefanschen Konzeption entspricht. Von diesem Gesichtspunkt aus muß die in der Sanktionsfrage eingenommene Haltung Ungarns als dm Wesen vollkommen richtig bezeichnet werden. „Zusammenf assend müssen wir tests teilen“ __ führte Ottlik im Schluß teil seiner Betrachtungen aus —, „daß unsere nationalen Ziele, der Fortbestand des ungarischen Volkes, die Vereinigung der Ungarn in einem Staate, die Sicherstellung der sprachlichen und wirtschaftlichen Entwicklung der Ungarn in jedem Staate, die Erreichung der politischen und militärischen Gleichberechtigung des ungarischen Staates zugleich auch ein europäisches Interesse dar­stellen. Wir müssen feststellen, welche Rohe Ungarn in der europäischen Synthese spielt, wie wir unsere zivilisatorische Aufgabe im Interesse Europas erfül­len können — warum wir dieser Aufgabe eher ge­wachsen sind, als die eventuell nach dem Untergang des Ungar turns unseren Platz einnehmenden germa­nisierten oder slawisierten Völkerschaften. Der Dienst ami europäischen Interesse ist keine Verleugnung dieser nationalen Ziele; kn Gegenteil, wir als kleines, vereinsamtes Volk können nur auf diesem Wege für unsere nationalen Ziele kämpfen. Wird einmal diese Überzeugung auch die Führer derjenigen Staaten er­füllen, die sich Lim Stücke des ungarischen Erbes be­reichert haben, dann kann jene europäische Reorga­nisierung erfolgen, die weder sie, noch auch — lei­der — uns ganz befriedigen wird, die aber sowohl unser nationales Dasein, als auch das ihre sicher­­steilen wird, ohne daß wir gegenseitig die gewalt­same Unterdrückung oder gar Zerstörung der ande­ren Seite anstreben müßten. Dies ist die Zielsetzung, die ich kurz als ungarische und europäische Orien­tierung bezeichnen möchte.“ Der italienische Sieg bei Amba Alagi und seine Rückwirkungen. Die italienischen Truppen haben nach der Ein­nahme dtes Amba-Aradam nun auch bei Amba Alagi einen entscheidenden Sieg errungen, die Truppen des Ras Kassa vernichtet und dadurch den Weg nach dean abessinischen Hauptquartier Dessie frei­­gemacht. Der 142. italienische Bericht meldet dies­bezüglich: „Auf dem erythräischen Kriegsschau­plätze hat die Armee Ras Kassas eine schwere Nie­derlage erlitten. Die geschlagene Truppe ist in voll­kommener Auflösung begriffen.“ In Ront ist das Gerücht verbreitet, daß Ras Kassa Selbstmord be­gangen habe. Das Italien selbe Volk feierte den Sieg bei Amba Alagi mit überschäumender Begeisterung. Vor dem Palazzo Venezia versammelte sich eine Menschen­menge von 150.000 Menschen, an die Mussolini eine anfeuernde Rede hielt. „Von dieser Stelle aus will ich den Gefühlen Ausdruck verleihen — führte er aus —, die an diesem ruhmvollen Tage der sieg­reichen Genugtuung Eure Herzen erfüllen. Das Vor­dringen unserer heldenhaftem Truppen ist der beste Beweis dessen, daß die Tatsachen für sich sprechen. Und diese Tatsachen werden in Zukunft eine noch beredtere Sprache führen!“ Die riesige Menge brachte dem Duce langanhaltende Ovationen dar. Der Sieg bei Amba Alagi fiel mit der 40. Jahreswende der Schlacht von Adna zusammen, die in Rom gleichfalls festlich begangen wurde. An diesen Feierlichkeiten nahmen der König, Mussolini, sämt­liche Regierungsniitgliedeir und die Notabein des italienischein öffentlichen Lebens teil. Die politische Bedéulámg des Sieges v°n Amba Alagi für Italien wird' durch einen Leitartikel des Popolo d’Italia gewürdigt, als dessen Verfasser Mus­solini angenommen wird. Die italienische Armee hat durch die Eroberung von Amba Alagi nur eine alte militärische und moralische Rechnung beglichen — heißt es im Artikel. Der Kriegsschauplatz von Amba Alagi wurde zum Zeugen dessen, wie die europäisch ausgebildete Armee des abessinischen Kriegsm in isters sich auflöst und zerstäubt. Unter den harten Hammerschlägen der italienischen Armee sehen die Truppen des Negus der vollkommenen Auflösung éntgegen. Auf dem süd­lichen Kriegsschauplatz harrt der abessinischen Armee das gleiche Schicksal. Italien hat nun sämt­liche Atouts in der Hand. Weder Qerlington- Kanonen, noch Dum-Dum-Gesohosse, noch Muni­tionsnachschub über Djibuti konnten eine Lage retten, die historisch unhaltbar und von der öffent­lichen Meinung der Welt schon verurteilt worden ist. An der Front der europäischen Politik ist die italienische Position gleichfalls von entscheidender Stärke. Der Referent « des Budgetausschusses der französischen Kammer, Archimbaud, der zur Beur­teilung dieser Frage sicherlich kompetent ist, hat erst vor einigen Tagen die Frage aufgeworfen, was für eine Axi.crität oder Macht dem Völkerbund ver­bleiben würde, falls Italien dem Genfer Bunde den Rücken kehren sollte. Genf besitzt keinen Einfluß mehr auf die Vereinigten Staaten, auf Brasilien, Deutschland und Japan. Wenn auch Italien dem Völkerbunde den Rücken kehren würde, so würde sieh Genf in eine Gesellschaft der englisch-französi­schen Kommissionäre verwandeln — sagt der franzö­­siche Budgetreferent. Bis jetzt hat Italien seine Ver­pflichtungen aus dem Locarnopakt und anderen inter­nationalen Verträgen ehrlich und selbstlos erfüllt. Das System der Sanktionen hat dieser Solidarität untergraben und ihre Verschärfung würde sie voll­kommen vernichten. Genf ist an einem Scheidewege angelamgt und wir erwarten jetzt, daß es sich bis zuletzt seiner Verantwortung bewußt sei. In der französischen Hauptstadt wird der Sieg der italienischen Armee als entscheidend angesehen. Nach Petit Párisién sei der Ausdruck „Auflösung“, den Badoglio über die Truppen des Ras Kassa ge­brauchte, vollkommen zutreffend. Die Folgen des italienischen Sieges können heute noch nicht voll ermessen werden, da die italienische Heeresleitung noch keine detaillierte Meldung veröffentlicht hat. Soviel könne edoch festgestellt werden, daß der sich auf die moderne. Technik stützende italienische Ge­neralstab den klassischen militärschön. Lehren zu einem Siege verholten habe. Nach dem Blatte werde nun der italienische Plan folgerichtig und unerbitt­lich verwirklicht werden. Der italienische Vor­marsch richte sich jetzt auf Dessie, das abessinische Hauptquartier. Nach dem Londoner Korresponden­ten des Echo de Paris rechnen die eindischen Mili­tärsachverständigen mit der Demission des Negus und der Auflösung des abessinischen Staates. Auch die englische Presse erkennt nun an, daß die Niederlage der abessinischen Armeen das Schicksal des Krieges entscheiden könne. Nach Daily Mail haben die Italiener in Nord-Abessinien jeglicihen Widerstand gebrochen. Von den mächti­gen Armeen, mit denen die Abessinier den Krieg be­gonnen haben, hätten die Italiener drei bereits voll­kommen vernichtet. Jetzt seien nur zwei übrig: die eine ist die Armee des Negus um das Hauptquartier von Dessie, die aus 240.000 Mann der kaiserlichen Garde besteht, die andere die‘Armee des Ras Nasibu, die Harrar verteidigt. Generalmajor Temperleg schreibt im Daily Tele­­graph: Das Kriegsglück ist nun restlos den Italienern günstig. Die Taktik Badoglios war geschickt und sehr energisch, und wenn er seine Truppen verpfle­gen kan, so kann er den Asangi-See bald erreichen. Die Lage der Abessinier ist im Norden verzweifelt. Nach dem militärischen Experten der Morning Post habe Badoglio zweifelsohne von außerordent­lichen Eigenschaften als Heerführer Zeugensohaft abgelegt. Er hat alle seine Ziele erreicht und den Sieg mit großer Energie ausgebeutet. Daily Express zufolge können nun die Abessi­nier am meisten bedauern, daß der Hoare-Laval-Plan vereitelt wurde, da die italienische Flagge jetzt über viel größere Gebiete weht, als sie die Abessinier nach dem Pariser Plan hätten überlassen müssen. Der Negus befindet sieb in einer unvergleichlich schwie­rigeren Lage als im Dezember, der Völkerbund aber wird nichts unternehmen. Alle diese Stimmen beweisen, daß die Kriegs­lage in Abessinien eine entscheidende Wendung durchgemacht hat. Nun sind alle Augen auf Genf ge­richtet und die Frage várd immer dringlicher, ob man bereit ist, aus der veränderten Lage die Konse, quenzen zu ziehen. Vor der Sitzung des 18er-Ausschusses. Heute, nachmittags .um 3 Uhr, tritt in Genf der 18er Ausschuß zusammen. In dieser Sitzung des zur Durchführung der Sanktionen vom Völkerbünde geschaffenen Organs müßte eigentlich der Beschluß über die Ölfrage fallen. Seit Monaten ist die Aus­dehnung. der Sanktionen auf öl die wichtigste Streitfrage der Völkerbundpoliitik gegenüber Italien. Die Entscheidung ist zuerst aus politischen Grün­den immer verschoben worden, dann wollte man die Stellungnahme der Vereinigten Staaten abwarlen. Sie ist durch die Annahme des Neutralitätsgesetzes in unveränderter Form durch den Washingtoner Kongreß präzisiert worden, — die Vereinigten Staa­ten werden sich an der Ölsperre nicht beteiligen. Unter dem Eindrücke dtiieser Tatsache treten die VöIkerbun dsmächte jetzt in Genf zur Beschluß­fassung zusammen. Es scheint, daß er stark genug ist, um einen positiven Beschluß zu verhindern. Man macht sich in Genf keine Illusionen darüber, daß die Verhängung der ölsperre ohne die Beteili­gung der Vereinigten Staaten eine Maßnahme von geringer Wirksamkeit wäre. Die Reaktion, die in Italien eine Ausdehnung der Sanktionen ausiösen würde, ist ein anderer Faktor, mit dem Genf un­bedingt zu rechnen hat. Auch die militärischen Er­folge, die Italien auf dem Kriegsschauplätze in den letzten Wochen errungen hat, werden nicht ohne Einfluß auf die Genfer Entschlüsse bieiben. Die Tatsache, daß eine sehr große Zahl von Presse­­korreapondentan aus Italien nach Genf geht, be­weist, wie groß das Interesse diesies Landes an der vom Völkerbund ihm gegenüber befolgten Politik ist. Die Italiener würden offenbar eine prinzipielle Änderung des Verhaltens der anderen Staaten gegenüber dem afrikanischen Konflikt sehr begrü­ßen. Havas glaubt aus Rom melden zu können, daß Italien verhandlungsbereit wäre, wenn man an seinen militärischen Fortschritten nicht Vorbei­gehen würde. Die größte Wahrscheinlichkeit spricht also dafür, daß das Ölausfuhrverbot nicht erfolgt, aber Überraschungen sind nicht ausgeschlossen. Diese Meinung drücken auch die wichtigsten Londoner und Pariser Presseorgane aus. Nach den Times erwartet man in Paris, daß die Entscheidung gegen die Ölsanktionen fallen wird und wendet die ganze Aufmerksamkeit der deutschen Frage zu, über die Flandin und Eden im Zusammenhang mit den jüngsten Erklärungen Hitlers verhandeln werden.

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