Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. április (83. évfolyam, 76-99. szám)
1936-04-01 / 76. szám
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Blau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri 8t Nagy, Harsányi, Haasenstein & Voglar, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdetőiroda, Mossa Rudolf A.-G., Julius Tenzer, Einzelnummer für Budapest und für die Proving Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 3a Heller, Abendblatt 10 Heller. Für Oesterreich: Morgenblatt an Wochen« tagen 80 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 20 Gr. Redaktion u. Administration: T., MÁRIA VAIiÉRIA-UCCA 1* Telephone: Redaktion: 843-20. Naoh MitternaohM 848—26. Administration 849—09 83. Jahrgang. Budapest, Mittwoch, 1. April 1936. Nr. 76 Die deutschen Gegenvorschläge Ist London überreicht. Keine Zugeständnisse in Fragen der deutschen Souveränität. Budapest, 1. April. Gestern traf die deutsche Abordnung, die Hitlers Antwort auf die Vorschläge der Locarnomächte miitbrachte, in London ein. Heute hat Rifobe nt rop im Foreign Office die deutsche Note überreicht, und damit können die internationalen Besprechungen über das Rheinlandproblem wieder beginnen. In London nimmt man allgemein am daß die deutschen Vorschläge die Möglichkeit von Verhandlungen offen halten, und die englische Regierung ist auch entschlossen, diese Möglichkeit im Sinne der friedlichen Vermittlung auszunützen. Die Fühlungnahme zwischen den Vertretern Deutschlands und Großbritanniens ist das. wichtigste Moment in der gegenwärtigen Phase der Locarnokrise. In der nächsten Phase treten zu den deutsch-englischen. Gesprächen noch neuerliche Beratungen der vier Locarnomächte auf Grund der deutschen Gegenvorschläge hinzu, die im günstigen Falle dann unter Heranziehung Deutschlands fortgesetzt werden und zur endgültigen Klärung und Bereinigung der ganzen Rheinlandfrage führen können. Ob dieser günstige Fall baiid eintrelen kann, ist freilich heute noch ungewiß. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind der Inhalt der deutschen Gegenvorschläge, der zur Stunde noch unbekannt ist, sowie der Grad der Verhandlungsund Kompromißbereitschaft Frankreichs, bezüglich dessen auf Grund der Haltung der französischen Regierung keine weitgehenden Schlußfolgerungen möglich sind. Ales, was man jetzt in dieser Beziehung sagen kann, ist, daß in Frankreich zunehmende Nervosität wegen der Haltung Englands und der Zurückdrängung des französischen Rechtsstandpunktes herrscht. Um diese Nervosität einigermaßen zu beschwichtigen, soll idati englische Kabinett 'beschlossen haben, die Generalstabsgespräche mit Frankreich und Belgien auf Grund eines genau unnschriefoenen Programms, düs keinen Raum für Abenteuer übrig läßt, durchzuführen. Unser E.L.-Korrespondent, der über die Auffassung der Wilhelmstraße gewöhnlich gut orientiert ist, schreibt uns im Zusammenhang mit den deutschen Gegenvorschlägen „In sonst gut unterrichteten Kreisen rechnet man also kaum damit, daß Deutschland für die Probleme der sogenannten „Zwischenlösung“ noch irgendwelche Angebote zu machen hat. In dieser Beziehung scheint sich die europäische Lage zunächst einmal unweigerlich zu versteifen, die Reichsregienung scheint in der Tat nicht bereit zu sein, über die bisher von ihr gemachten Mitteilungen hinaus irgendwelche „Gesten“ zu machen oder „symbolische HandlungTM“ zu vollziehen. Der Haupteimwand, der in Berlin gegen Zugeständnisse an Frankreich für die sogenannte „Zwischenlösung“ erhoben wird, geht dlahin, daß Deutschland von dem Grundsatz der unbedingten Gleichberechtigung und der uneingeschränkten Wahrung seiner Souveränität nicht mehr abgehen und außerdem nach den bisher gemachten Erfahrungen niemand voraussehen könne, von welcher zeitlichen Dauer die sogenannte „Zwischenlösung“ sein werde. Dia vorbereitende Abrüstungskonferenz, so wird hier gesagt, habe seinerzeit fünf Jahre gedauert; die Abrüstungskonferenz habe dann im Januar 1932 ihren Anfang genommen, sie habe inzwischen zwar ihre Tätigkeit völlig eingestellt, formal sei site aber heute noch bestehend. Deutschland müsse also damit rechnen, daß auch die Verhandlungen über die „Zwischenlösung“ von längerer Zeitdauer sein könnten, für die sich die Reichsregierung Beschränkungen ihrer Souveränität nicht auferlegen lassen wolle. Es ist angesichts dieser Situation allerdings kaum zu übersehen, wie schließlich Deutschland mit den übrigen Locarnomäehten an den Verhandlungstisch gebracht werden kann. In dem verflossenen Propagandakampf für den 29. März ist von den Sprechern der Roichsregierung der deutsche Standpunkt ziemlich bestimmt und kategorisch zum Ausdruck gebracht worden. Davon läßt sich nun nach dem Vollzug der Volksabstimmung schwerlich etwas afohandeJn. Auf der anderen Seite hat gestern der französische Außenminister Flamdin ebenso kategorisch in seinem Wahlkreis vor den Wählern über den französischen Standpunkt gesprochen. Flandins Rede ist in Berlin mit großem Unbehagen zur Kenntnis genommen worden, man spricht hier geradezu von einer „Gegenoffensive Flandins gegen den Frieden“. In einigen maßgebenden Berliner Blättern heißt es, daß Frankreich keinen Frieden der Gleichberechtigung mit Deutschland wolle, der französischen Politik wird in Berlin unterstellt, daß es ihr Ziel sei, Europa in Spannungen zu erhalten. Es ist also offensichtlich, daß mit dem Fortgang der Diskussion die Distanz zwischen Berlin und Paris politisch immer größer wird. Die Rede Flandins hat augesncheinlich in der Wilhelmstraße erheblich verstimmt, mit einer gereizten .Antwort Deutschlands wird man rechnen müssen. Der Austausch der Ratifikationsurkunden zum französisch-sowjetrussnschen Pakt gibt dem offiziösen Organ der Wilhelmstraße zu der Bemerkung Veranlassung, daß ausgerechnet Deutschland, gegen dos sich die militärische Bedrohung dieses Paktes richtet, zugemutet werde, einen einseitigen Beitrag in Form von „Zwischensicherungen“ zu leisten. Auch diese Formulierung läßt vermuten, daß in der den Engländern am Dienstag abend bekanntgegebenen erneuten Stellungnahme Deutschlands zwar für die künftige europäische Friedenssicherung beachtliche und neue Beiträge enthalten sein werden, daß jedoch für die Beilegung des akuten Korifiikts mit Frankreich kaum neue Tatsachen geschaffen werden.“ Unsere telegraphischen Berichte über die Lage lauten wie folgt: London, 1. April. (DNB.) Botschafter v. Ribbenirop überreichte heute vormittags 10 Uhr nach englischer Zeit dem englischen Außenminister die deutsche Antwortnote. Er war bei seiner Ankunft im Foreign Office von Ministerialdirektor Dieckhoff und anderen Mitgliedern der deutschen Abordnung begleitet. London, 1. April. (Havas.) Die Unterredung, in der Eden von Ribbenirop die deutschen Gegenvorschläge entgegennahm, wurde um 11 Uhr westeuropäischer Zeit beendet. Nach der Besprechung begaben sich die englischen Minister in die Wohnung des Ministerpräsidenten Baldwin, wo sofort ein Ministerrat zusammentrat. Der Ministerrat beschätigte sich mit den folgenden Punkten: 1. Prüfung der deutschen Gegenvorschläge. 2. Das Programm der bevorstehenden englisch-französisch-belgischen Generalstabsbesprechungen. 3. Absendung des Begleitbriefes der Locamoabmachungen an Frankreich und Belgien. London, 1. April. (U. T.-K.-B.) Das Kernstück des heute hier unterbreiteten deutschen Friedensplanes bildet 17 Punkte, die etwa folgendes vorsehen: 1. Gleichberechtigung alter an den gedachten Abmachungen teilnehmenden Stationen. 2. Begrenzung des ersten Verhandlxmgsabschnittes bis zur Unterzeichnung der Nichtangriffspakte auf vier Monate. 3. Keine Verstärkung der deutschen Truppen im Rheinland für diese Zeit bei sinngemäß gleichem Verhalten Frankreichs und Belgiens. 4. bis 7. Bildung einer Kommission von England, Italien und einer neutralen Macht zur Garantierung der unter Nummer 3 erwähnten Versicherung. Vertretung Frankreichs, Belgiens und Deutschlands in dieser Kommission, Berechtigung der Garantiekommission zu Feststellungen von etwaigen Veränderungen der militärischen Verhältnisse durch die englischen und italienischen Militärattachés, Verpflichtung Deutschlands, Frankreichs und Belgiens zu voller Berücksichtigung etwaiger Beanstandung. Im übrigen sei die deutsche Regierung bereit, auf der Basis voller Gegenseitigkeit mit ihren beiden westlichen Nachbarn jeder militärischen Beschränkw< an der deutschen Westgrenze zuzustimmen. 8. bis 10. Übereinkommen Deutschlands, Frankreichs, Belgiens und der Garantiemäohte England und Italien zu Beratungen spätestens nach Abschluß der französischen Wahlen unter Führung der britischen Regierung über einen 25jährigen Nichtangriffspakt zwischen Frankreich und Belgien einerseits, Deutschland andererseits; Einverständnis Deutschlands, daß England und Italien ein solches Abkommen als Garantiemächte unterzeichnen; Bereitschafft Deutschlands zur Übernahme militäruscher Beistandsverpflichtungen, wenn sieh solche au|s solchen Sichexfoeitsabmachungen ergehen. 11. Abschluß eines Luftpaktes. 12. Einbeziehung Hollands, falls dieses es wünscht, in das gedaohte westeuropäische Sicherheitsabkommen. 13. und 14. Verpflichtung Frankreichs und Deutschlands dazu, daß in der Erziehung dler, Jugend beider Nationen, sowie in öffentlichen! Publikationen alles vermieden wird, was die Einstellung beider Völker vergiften könnte, mit gleichzeitigem Übereinkommen über die Bildung einer gemeinsamen Kommission am Völkerhundsitz, um ö.-n laufende Beschwerden beiden Regierungen zur Überprüfung vorzu Legem; Verpflichtung Frankreichs und Deutschlands, diese Abmachungen durch eine Abstimmung beider Völker selbst ratifizieren zu lassen. 15. Bereitschaft Deutschlands zwecks Abschluss ses der angebotenen Nichtangriffspakte mit den Staaten an seiner Nordost- und Südostgrenze unmittelbar in Verbindung zu treten. 16. Bereitschaft Deutschlands zum Wiedereintritt in den Völkerbund sofort oder nach Abschluß dieser Verträge, mit der Erwartung einer Erklärung der kolonialen Gleichberechtigung, sowie der Trennung des VöKcrbundstatuts von der Versailler Basis in angemessener Zeit. 17. Bildung eines internationalen Schiedsgerichts als zuständig für die Einhaltung des Vertragswerkes. Im dritten Absatz der Note schlägt die Reichsregierung vor, nach dem Abschluß der europäischen Friedenssicherung Versuche zu unternehmen, um einem uferlosen Wettrüsten durch praktische Maßnahmen Einhalt zu gebieten, und zwar durch Einberufung pon Konferenzen mit jeweils nur einer, aber klar umrissenen Aufgabe. Sie nennt als praktische Aufgaben dieser Konfrenzen zunächst Verbot eines Abwurfes von a) Gas-, Gift- und Brandbomben; b) von Bomben auf offene Ortschaften außerhalb der Reichweite der mittleren schweren Artillerie der Fronten; c) der Beschießung von Ortschaftn außerhalb einer Gefechtszone von 20 km, weiter Abschaffung von Tanks schwerster Art und schwerster Artillerie. Schließlich erklärt sich die deutsche Regierung bereit, sofort nach Abschluß des politischen Vertragswerkes den in Frage kommenden Ländern in einen Ideenaustausch über wirtschaftliche Fragen einzutreten. Locarnokonferenz vor Ostern? Paris, 1. April. (UTKB.) Aus der Tatsache, daß Eden auf seinen Osterurlaub verzichtet hat, schließt man hier, daß der englische Außenminister dem französischen Wunsche, daß die Konferenz der Locarnomächte noch vor Ostern einzuberufen sei, nachkommen wolle. Keine Uneinigkeit im englischen Kabinett. London, 1. April. (UTKB.) Eine Reibe von Blättern, insbesondere die Oppositionspresse, hält die Behauptung aufrecht, daß dlie Frage der Generalstabsbesprechunysn starke Meiiwngsverschied&nheiten in der Regierung aesgetöst halte, auif die auch der Rücktritt des Ministers ahne Portefeuille Lard Percy zuriickzuiführen sei. Nach Daily Herald walle Baldwin nur bi, zur Krönung Ministerpräsident bleiben, um d'ann Neville Chamberlain Platz zu machen, der eine rein konservative Regierung bilden werde. Aus diesem Grunde wolle die Simon-Fraktion schon jetzt aus der Regierung austreten, an ihre politische Selbständigkeit zu verwirk- Irofoen. Nach idleim radikalen News Chronicle halte eine einflußretiohe Gruppe der Konservativen Partei den Rücktritt Baldwins für wünschenswert. Sie werde von Austin Chamberlain geführt und! ihr gehören u. a. Winston -Churchill, Sir Sammelt Hoare und1 Lord Percy an.