Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. július (83. évfolyam, 148-174. szám)

1936-07-01 / 148. szám

PESTER LLOYD • 25 * tier österreichischen Regierung zurückzuführen ge­wesen. Schuschnigg habe es aber anscheinend nicht für angebracht gehalten, der Einladung zu einer Aus­sprache Folge zu leisten. Die Außenpolitikerin 'des Oeuvre, Frau Tabouis, berichtet, die französische Regierung habe die Ab­sicht gehabt, Schuschnigg in geeigneter Form klar­zumachen, daß er, falls er auf eigene Verantwortung eine Restauration der Habsburger zulasse, nicht da­mit rechnen könne, daß Frankreich die Kleine En­tente daran hindern werde, die ihr geeignet erschei­nenden Gegenmaßnahmen zu treffen. Le Journal vertritt eine andere Auffassung und erklärt, eine Regelung der österreichischen Frage ohne Italien sei unangebracht. Die erste Aufgabe sei es, das Einvernehmen zwischen den Mächten wieder­­hcrzustellen, die an der Aufrechterhaltung der be­stehenden Ordnung interessiert seien. Es wäre un­angebracht, Verhandlungen mit Österreich ohne Ita­lien einzuleiten, London, ff. Juli. r(U. 1*. K.-B.)l Der größte Teil der englischen Presse stellt in ruhigem Tone ohne ein Wort Kom­mentar fest, daß Bundeskanzler Schuschnigg der französischen Aufforderung nach Genf zu kommen, nicht Genüge geleistet hat. Nach dem Wiener Korrespondenten der Reuter- Agentur stammte der Gedanke der Einladung ur­sprünglich von der Kleinen Entente und nach der Überzeugung der politischen Kreise konnte Schusch­nigg durch Zurückweisung der Einladung diesen neuen Angriffsviersuch der Kleinen Entente-Politiker sehr geschickt vereiteln. In maßgebenden Wiener Kreisen erklärte man, daß Österreich als unabhän­giger und souveräner Staat eine fremde Einmischung in seine inneren Angelegenheiten nicht dulden könne und die Annahme der Einladung ein Verzicht auf die österreichische Unabhängigkeit gewesen wäre. Nach dem Wiener Korrespondenten der Times bestehen die Gründe der französischen Einladung in zwei einander widersprechenden Verdachtsmo­menten. Frankreich befürchtet auf die Inspiration der Kleinen Entente einerseits eine baldige Rück­kehr der Habsburger nach Österreich, andererseits die parallelen deutsch-italienischen und öster­reichisch-deutschen Besprechungen. Nach dem Kor­respondenten sei die Besorgnis grundlos, die Restau­ration sei fezt nicht aktuell und die österreichisch­deutschen Besprechungen seien gescheitert. Nach dem Wiener Korrespondenten des Daily Telegraph erblicken diplomatische Kreise in der Ablehnung der Einladung einen neuerlichen Erfolg der italienischen Politik. Andererseits nimmt man an, daß Schuschnigg sich nicht dem aussetzen wollte, von Eden und seinen Freunden über seine Absich­ten ausgefragt zu werden. Verhaftung der italienischen Journa­listen. Genf, Í. Juli, (Inf.)l Die Vernehmung der in der Dienstag- Sitzung der Völkerbundversammlung verhafteten italienischen Journalisten wurde bis Mitternacht fortgesetzt. Danach wurden zwei von ihnen, denen man nichts nachweisen konnte, auf freien Fuß ge­setzt, nämlich der Vertreter der Gazetta del Popolo und der Vertreter der Agenzia Stcfani. Die übrigen Journalisten wurden in das Gefängnis eingeliefert. Nach Artikel 43 des Bundesstrafrechts kommt dem Bundesrat die Entscheidung über ihr Schicksal zu. Entschuldigungsschreiben Van Zeelands an den Negus. Genf, Í. Juli. (Havas.)1 Der Präsident der Völkerbundver- Sammlung Van Zeeland richtete Cin Entschuldi­gungsschreiben an den Negus, in dem er seinem Bedauern über den gestrigen Zwischenfall Ausdruck gibt. Bei der Eröffnung der heutigen Sitzung wird ér auch öffentlich sein Bedauern betonen. Entrüstung über das Auftreten des Negus in Italien. Rom, 1. Juli. (Inf.) Das 'Auftreten; des Negus in d'er gestrigen VölkerbundVersatumluing hat in der italienischen Presse einen einhelligen Entrüstungssturm ausgel'öst. Obwohl der Inhalt der Riede von den Blättern nicht wiicdergegefoen wird, wird' die Rede als gemein und widerwärtig bezeich­net. Haile Selassie habe sich bei seinem Vorgehen auf die italienfo'mdliehen Gemeinplätze gestützt. Gazzetta del Popolo schreibt: Nach der Überreichung der italienischen Note sei es jetzt am Völkerbund und an den verantwortungsbewußten Staaten, Verständnis und dem Willen zu zeigen, jene Mitarbeit wiederauf zunehmen, die sich mit jedem Tage für die Neuordnung aind Sicher­heit Europas als unerläßlicher erweise. Die abessinische Angelegenheit sei für Italien erledigt. Wenn der Völker­bund sie offenibaltem wolle, werde es zu neuer Unsicher­heit und zu einer Zuspitzung der Lage kommen, Italien biete mit seiner Note die Grundlage für den Wiederaufbau. Der Zwischenfall in der Volk er hu ndversammlü n g und die Verhaftung italienischer Journalisten hat in Italien starken Eindruck gemacht. Unter dien Verhafteten befinden sich hervorragende Persönlichkeiten des italienischen Pressewesens. Ihr Verhalten wird in der italienischen Presse als patriotische Tat gefeiert, und es wird' ihnen für ihre entrüsteten Proteste gegen das Auftreten dies Negus herzlichste Solidarität ausgesprochen. Verärgerung auch in Paris. Paris, 1. Juli. (Iji'f.) Die gestrige Rede des Negus an die Völker* Ibundversammlung, die vom Oeuvre als die demütigendste Rede bezeichnet wird, d'e je von einer französischen und englischen Regierung, vor allem aber einer französischen Regierung, hätte angehört werden müssen, hat in Paris Verärgerung hervorgerufen. Der Jour erklärt: Der Negus habe gefühlt, daß seine Saohe verloren sei, und daher habe er mit brutaler Of= fen hei t gesprochen. Die Konferenz von Monircux. London, 1. Juli. (Inf.) Laut einem ausführlichen Bericht des diploma­tischen Korrespondenten des Daily Telegraph ist eine Vollsitzung der Konferenz von Montreux auf Samstag einberufen worden. Der Chef der englischen! Abordnung, Lord Stanhope, wird inzwischen auf kurze Zeit nach Lon­don zurückkehren! Die Türkei — so heißt es in dem Bericht weiter — sei neuerdings sehr viel empfindlicher als bisher gewor* den und wehre sich gegen jegliche Einschränkungi seiner Hoheitsrechte in den Meerengen. D;e Entscheidung hänge zum Teil von der Beantwortung der Frage ab, ob eine große russische Flotte im Schwarzen Meer gebaut werden soll oder nicht. In der Zwischenzeit könne man vielleicht — sagt der Berichterstatter — ein kurzfristiges Abkom­men zustande bringen. Schwierigkeiten bereite aber auch die französische Befürchtung, daß die Balkanländer unter Umständen im­mer mehr unter deutsche Führung kommen könnten. Frankreich wünsche daher dieser Gefahr durch, eine entgegenkommende Haltung gegenüber den Wünschen der Donaustaaten zu begegnen. Deutsche Stimmen über den Völkerbund. Berlin, L. Juli. (Inf.) Im Zusammenhang mit dem gestrigen Auf* treten des Negus in Genf beschäftigen sich die Morgen­blätter 'heute mit der Völkerbundpolitik. Der Völkische Beobachter bemerkt: Man werde nach (dieser Epoche der Genfef Politik sich klar darüber sein müssen, daß auch diese Vereinigung der Nationen die Grundlage des Völkerlebens nicht verändert hat, Die beste Sicherung des eigenen Lebens sei die eigene Kraft geblieben. Diese Schlußfolgerung sei auch heute wieder einmal nachdrücklich zu ziehen, unldi es werde für jeden, der sich auf dieses Pflaster nach Genf begehe, die Vor­aussetzung seiner eigenen Sicherheit sein, daß er sich in diesem Punkte einer Täuschung nicht hingebe. Ebenso müßten jene, die ihn als Mitglied' erneut zu empfangen wünschen, wissen, daß diese Nüchternheit der Vorstellung in vollem Umfange bei Idtem Eingeladenen bestehe und daß er sich nach keiner Richtung hin bluffen lasse. Diese Feststellungen müßten vor allem gemacht werden in An­betracht der plumpen Einkreisungsmanöver, die in diesen Tagen der Genfer Beratungen unter der Führung fran­zösischer. Tendenzjournalisten vom Schlage Jules Sauer­weins wiederum versucht würden, und1 mit denen man ebenso die deutsche Haltung wie auch die der anderen Staaten beeinflussen möchte. Man scheine sich in diesen Köpfen nur schwer daran gewöhnen zu können, daß aus jenem Deutschland, das man vor einigen Jahren in der Völkerbundluft „nach allen Regeln Ider Kunst“ behandelte, ein ganz anderes geworden; sei. Die geplante Locarnokonferenz. Genf, 1. Juli. (Havas.) Gestern abend nahmen die Völkerhund­vertreter Frankreichs, Englands und Belgiens an einem gemeinsamen Essen teil. Die Delegierten Blum, Delbos, Eden, Lord Stanhope, Van Zeeland und Spaak lehnten jede Aufklärung über den Ver­lauf ihrer Beratungen ah. Der Sonderkorrespondent der Havas-Ägentiir iglaubt zu wissen, daß die Besprechungen sich um die Modalitäten der nächsten Locarno-Konferenz ge­dreht haben. Diese sind die folgenden: 1. An der Konferenz würden nur die vier Mächte teilnehmen, die dem Locarno-Abkommen treu geblieben sind, und zwar Frankreich, England, Belgien und Italien. Italien würde besonders aufgefordert werden, sich an den Besprechungen vertreten zu lassen. 2. Deutsch­land würde später gleichfalls zugezogen werden. Wie verlautet, soll die Konferenz in der zweiten Julihälfte in Brüssel abgehalten werden. Konflíkísstímmuflg in Danzig. Berlin, Ende Juni. (E. L.) Die Ausschaltung des Danziger Völker­­bundskomiinisiars Lester aus dem offiziellen Be­suchsprogramm für den zur Zeit in Danzig auf Staatsbesuch weilenden deutschen Kreuzer „Leip­zig“ ist geeignet, ein bemerkenswertes Schlaglicht auf die politische Situation Danzigs zu werfen. Gleichzeitig freilich wird durch diesen Vorgang an einem neuen Fall die Minderung des Ansehens der Genfer Institution deutlich gemacht. Das geht auch aus der aufsehenerregenden Rede des Danziger Gauleiters Förster hervor, der sich in grundlegenden Ausführungen über die Stellung des Völkerbundes gegenüber der Danziger Politik äußerte und dabei heftige Angriffe gegen die Person des Völkerbunds­kommissars Sam Lester richtete. Ihm wird von den regierenden Nationalsozialisten in Danzig besonders übel genommen, daß er auch mit den oppositionel­len Parteien gute Fühlung hält und ihre verschie­denen Beschwerden gegen die Danziger Regierung beim Völkerbund mit Sympathie unterstützt hat. Mittwoch, 1. Juli 1936 Die Kritik des Gauleiters Forster wendet sich aber nicht nur gegen die Person des Danziger Völ­­kerbundskommisars, ebenso setzt sie sich gfumdsätz­­lieh mit der Danziger Position des Völkerbundes überhaupt auseinander. Der Völkerbund ist vor al­lem durch seine Ratsbeschlüsse im letzten Frühjahr der nationalsozialistischen; Regierung in Danzig in den Ann gefallen, als sich Tendenzen zeigten, nach dem Vorbild des Reichs auch in Danzig ein totali­täres Regierungssystem zu schaffen. Darüber sind die Danziger Nationalsozialisten anscheinend erheb­lich verstimmt. Gauleiter Forster führte nämlich in seiner Rede aus, es gäbe in Danzig längst keine Par­teien mehr, wenn der Völkerbund nicht wäre. Und diese Parteien beschuldigt Förster, seit 3 Jahren planmäßig und bewußt gegen den Nationalsozialis­mus, gegen Deutschland und gegen den Führer des Dritten Reichs zu hetzen. Infolgedessen will auch Forster die verschiedenen blutigen Zwischenfälle, die sich bei den innenpolitischen Auseinandersetzun­­gen der letzten Zeit in Danzig ereigneten, den Oppo­sitionsparteien in die Schuhe schieben. Und da der Völkerhundskommissar die Oppositionsparteien decke, will Förster auch ihn dafür mit verantwort­lich machen. Der Völkerbundkommissar habe jede Gelegenheit wahrgenommen, der nationalsozialisti­schen Regierung Knüppel zwischen die Beine zu werfen und der Danziger Opposition zu helfen. Man wird natürlich abzuwarten haben, was der Danziger Völkerbundkommissär zu diesen Vorwür­fen sagen wird. Sicher dürfte sein, daß der jetzt ausgebrochene Konflikt bis nach Genf hin Kreise ziehen wird. Es ist sogar mit der Möglichkeit zu rechnen, daß sich der Völkerbundrat noch während seiner gegenwärtigen Tagung mit den Vorgängen in Danzig beschäftigen wird. Berliner Blättern wird von ihren Danziger Korrespondenten berichtet, daß der diplomatische Vertreter Polens in Danzig, Mini­ster Papée, der Meinung schon Ausdruck gegeben habe, daß der neue Konflikt seiner Ansicht nach wohl weitere Kreise ziehen werde. Es hat sogar den Anschein, als ob die Stellung des Völkerbundes in Danzig durch den neuausgebroohenen Streit grund­sätzlich zur Diskussion gestellt werden solL Und der Danziger Parteiführer der regierenden National­sozialisten gab in seiner sensationellen Rede unver­hohlen der Meinung Ausdruck, daß die Funktionen des Danziger Völkerbundkommissärs infolge der gänzlichen Beilegung aller früheren; Streitigkeiten zwischen Danzig und Polen im großen und! ganzen beendigt und überflüssig geworden seien. Die reieihs deutschen Blätter veröffentlichen die Rede des Danziger Gauleiters in vollem Wortlaut, enthalten sich aber bisher jeder eigenen Stellung­nahme. Es ist auch anzunehmen, daß sich Deutsch­land in diesem Konflikt zurückhalten wird, um es den unmittelbar Beteiligten zunächst zu überlassen, sich auseinanderzusetzen. Allerdings ist dabei nicht zu übersehen, daß der Kommandant des zurzeit in Danzig weilenden deutschen Kreuzers „Leipzig“ in ostentativer Weise davon Abstand genommen hat, dem Völkerbundkommissär den sonst üblichen Be­such zu machen. Er wird also von dem repräsen­tativen Vertreter des Reichs erstmalig in aller Form geschnitten, was immerhin andeuten mag, daß man mit der Haltung des Danziger Völkerbundkommis­­särs auch in Deutschland keineswegs einverstan­den ist. Vom Tage- Abgeordneter Dr. Rajniss gegen Dr. Basch. Dar deutschfreundlich» Abgeordnete Dr. Franz Rajniss beschäftigt sich dm Uj Magyarság mit einem angeblichen, Rundschreiben der NSDAP in der Angelegenheit des Advokaten Dr. Franz Basch, dler, wie berichtet, von der königlichem Kurie wegen des Verbrechens der Schmähung der ungarischen Nation zu einer Gefängnisstrafe vom fünf Monaten verurteilt worden ist. Dr. Basch hatte bekannt­lich in einer Versammlung im Zusammenhänge mit den Magyarisierulnigen erklärt, daß kein ehrlicher Mensch sich zu solchen Namemsveräinderiiingön hergieben dürfe. Nach einem Hinweis auf die deutsch -ungarische Schicksalsgemeinschaft knüpft Abgeordneter Dr. Rajniss an dieses angebliche Rundschreiben einen Kommentar, dem wir folgende Stellen entnehmen: — In Zeiten, da wir uns zu der historischem Schick­­salsgemeinschaft mit Deutschland bekennen, behaupten einzelne deutsche Rundschreiben und Zeitungen;, daß die Freundschaft gelockert und eine aufrichtige Zusammen­arbeit unmöglich sei, solange zwischen uns — dein Ungarn und dein Deutschen — die Märtyrergieistalt des Dr. Fränz Basch stehe. Eime geradezu erschreckende Empfindlichkeit offenbart sich in diesem einseitigen Gedanken. Dis deutschen Zeitungen haben darauf hingeiwdesem, daß der ungarische Ministerpräsident in unseren von Deutsch n beiwohnten Gegenden die Bevölkerung amgeeiifert Laibe, Muttersprache, deutsche Kultur und deutsche Sitten bei­­zubahalten. Und die deutsche Presse hat anerkannt, daß diese Nation durch das neue Schulgesetz ihr® kulturelle Pflicht der heimischen deutschen Nationalität gegenüber ehrlich erfüllt bat. Die deutsche Presse hat das ungarisch­­deutsche Kulturabkommen begrüßt, und' jetzt wird alles zunichte, jetzt ist alles schlecht, und es macht sich zwi­schen uns wegen des Dr. Frame Basch ein Gefühl der Ent­­freimdulng bemerkbar.. „ Daß aber Franz Basch und die Ungarn deutscher Zunge eine heilige völkische Gemein­schaft bilden, — gegen diese Annahme müssen wir uns auf das entschiedenste verwahren. Ungarn äst nicht die Memel-Gegend, kein losgelöster Teil dies groß deutschen Mutterlandes, sondern ein tausendjähriges Land, in das in den letzten Jahrhunderten auch Deutsche eingeiwandert sind, di® Privilegien!, Gnumidl und Bodeu erhalten und sich hier arjgesiedelt haben. Kein Mensch hat dis Recht, das Schicksal des ungarländisohoa Deutschtums mit dem.

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