Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1936. szeptember (83. évfolyam, 199-223. szám)

1936-09-01 / 199. szám

PESTER LLOYD • 2 > Dies gilt übrigens auch für den außen­politischen Kurs: heute können wir nicht einmal Ver­mutungen darüber aussprechen, was wir von der neuen Regierung Tatareseu auf diesem Gebiet er­warten können. Vom ungarischen Gesichtspunkt aus kann man über den Abgang Tilulescus sicherlich kein Wort des • Bedauerns fallen lassen, denn der Mann, der siebzehn .Jahre lang ununterbrochen die rumänische Außenpolitik leitete, verkörpert wie kaum ein anderer Statsjoann Europas die Verknöche­rung des durch die Friedensverträge -geschaffenen Zustandes und seine gewaltsame Sicherung durch militärische Allianzen. Indessen kann man gerade in dieser Umsicht in der rmüänischen Politik keinen RichtuugswéchséL erwarten, und die Personenfrage, die Besetzung der einzelnen Regierungsposten mit diesem oder jenem Politiker ist eine innere Ange­legenheit Rumäniens, zu der vom Gesichtspunkte eines; fremden Staates nichts bemerkt werden kann. Ungarn ist an der zukünftigen Politik der neuen rumänischen Regierung nur in einem vitalen Punkte interessiert: in der Frage der Behandlung der unga­rischen Minderheit. In dieser Hinsicht müssen wir natürlich unser Urteil Vorbehalten. Wir wissen nicht, welchen Standpunkt die neue Regierung Tatareseu zu den Lebensfragen der úngarikíhün Minderheit ein­zunehmen, gedenkt. Wenn, die vom Ministerpräsi­denten verkündete „Kontinuität“; der rumänischen Politik auch für dieses Gebiet Geltung hätte,“ so würde dies die Fortsetzung eines vom rechtlichen, morali­schen und menschlichen Gesichtspunkt aus gleich untragbaren Zustandes bedeuten. Aus Anlaß, des par­tiellen Kurswechsels der rumänischen Politik muß auf diesen Punkt ipit besonders großem Nachdruck ihingewiesen werden. Während der bisherigen Amtsperiode J der Tatarescu-Regierung und ■ besonders in den letzten Monaten ist. die Lage der ungarischen Minderheit in Rumänien fast untragbar geworden. Die Behörden und die Regierungsgewalt - wendeten alle Methoden des legalen, und illegalen Drucks an, upv die unga­rische Minderheit in ihrer Existenz; ?u schwächen. Ungarische Beamte werden durch wiederholte Sprachprüfungen um . ihre Existenz gebracht, in manchen Fällen in den Selbstmord getrieben.. Unga­rische Schulen werden trotz der Bestimmungen der Minderheitenverträge ihres nationalen Charakters entkleidet. In neuester Zeit widmet sich die Staats­gewalt mit besonderem Eifer der Aufgabe,J- durch Namens- und sogar durch Blutanalyse ungarische Familien gewalfsam dem * Rumänen tum zu “annek­tieren. In dieser Hinsicht, in der Verfolgung und Z urück dräng ung der Minderheiten, insbesondere der ungarischen Minderheit, hat die Regierung schon bis jetzt den terroristischen Forderungen der extre­men Nationalisten in besonders hÖhetiV Mäße nach­gegeben. Dié pseudowissenschaftliche Parole von den Blutkörpefn als Trägern des geistig-seelischen Wesens des Menschen erlebt in der Verfolgung der ungarischen Minderheit eine seltsame und empö-rende Anwendung. Es geht schon darum, Menschen, die ungarisch denken und fühlen, auf Grund pseudowissenschaftlicher Blutatteste ihrer" Persön­lichkeit zu, berauben und rassisch einer ihnen frem­den Gruppe zuzuteilen. Die Ungarn Siebenbürgens, besonders der altungarische Stamm * der Székler, auf die es diese neurumänische Rassen- und Blut­lehre abgesehen' hat, fühlen sich durch dieses ge­waltsame Umspringen mit ihren heiligsten Gütern, mit-ihrem menschlichen Gefühl und ihrem geistigen Charakter, aufs tiefste erbittert. Diese ganze Kam­pagne der „Rücknatiönalisierung“ mit allen Metho­den der Schidenentelgnurig und der individuellen Verfolgung spricht den durch die europäischen Mächte vertragsmäßig verbürgten. Rechten der un­garischen Minderheit Hohn und verschlimmert ihre Lage bis zur Unerträglichkeit. Die Beziehungen der neuen Regierung Tata­­réscu zu Ungarn werden sich, wie es anders nicht vorstellbar ist, je nachdem gestabten, wie diese Regierung die menschlichen und kulturellen Rechte der ungarischen Minderheit handhaben wird. Wir wollen ihrer künftigen Haltung in dieser , Hinsicht nicht vorgreifen und sogar unsere Skepsis unter­drücken, die' sich aus der Tatsache nährt, daß die neue Regierung mit der früheren — bis .auf einen einzigen Namen — identisch ist. Die neue Regierung Tatareseu muß die Macht haben, sowohl dem terro­ristischen Treiben von . Privatverbänden, als auch dem ininderheitenfeindlichen Terror der Behörden ein Ende zu- bereiten. Es handelt sich da nicht um eine rein ungarische Angelegenheit, sondern um eine Frage von europäischer Bedeutung. Es ist für Europa nicht gleichgültig, welche Atmosphäre im Donaugebiet herrscht. Die von ganz Europa ge­wünschte Entspannung, die für den gesamteuro­päischen Frieden erforderliche Milderung der Gegensätze kann nur zur Wirklichkeit Werden, wenn man in Rumänien aufhören wird, die unga­rische Minderheit und die übrigen Minderheiten als Versuchsobjekte eines verblendeten und unmensch­lichen Nationalismus zu behandeln. waren. Ein breiter Rasenplatz mit großen, weißen Buchstaben kommt immer näher: „GORIZIA“ steht darauf zu lesen und das Blaue dort unten ist das (Adriatische Meer! Es wäre gelogen, wenn ich erzählte, ich hätte mich gefreut. Es entspräche nicht der Wahrheit, daß es mir, wie sonst so oft, als ich mit der Bahn durch die Alpen gefahren kam, in überströmender Seligkeit aufging: Dies ist Italien, mein Italien! So etwas bleibt vielleicht den glücklicheren Passa­gieren einer stilleren Alpenfahrt Vorbehalten. Ich jedoch saß, angelangt auf dem grünflfeueihtenden Flugplatz von Venedig, ziemlich gebrochen in der Kajüte und als der erste italienische Zollbeamte, gesegnet sei sein mir unbekannter Name, mich nach meinem „Passaporto“ und meinen Familiendaten befragte, konnte ich ihm nur in schwankendem Italienisch erklären, ich wüßte nicht ganz sicher, ob ich ein Bub oder ein Mädel wäre und er sollte gefälligst mal selber in meinem Paß nacbseihen. • Zehn Minuten später werden die geräderten ^(Passagiere in ein silberries deutsches Flugzeug ge­laden. Wir hatten keine Zeit, unseren schönen wei­ßen Vogel zu bedauern, einen schwarzen Espresso im Magen und wenig Mut im Herzen, flogen wir sfchon über Venezia, und Chiogga, das Bunte und Liebliche sah zu uns herauf. „Seid mir, lateinische Segel, gegrüßt, ihr Eüfi­­fehen des Meeres,“ — mein Ehrenwort, es fiel mir doch ein, das schöne Gregorovius-Gedicht! Und damit merkte ich, daß ich wieder ein Mensch geworden ,w>ar. (Sollte es das spezifische Erkennungszeichen der Gattung Mensch sein, daß ihm bei größter kör­perlicher Erschöpfung noch Verse einfallen?) Und schon sah ich, was ich mir immer gewünscht hatte: zur Linken das Adriatische Meer, die Rüste, Rimini und unter uns, dahinziehend in blauen Wellen, die (Apenninenkette, die nach Rom führt. Italien ist auch von unten gesehen das form­vollendetste Land der Erde; von oben sieht man seine schöne maßvolle Gliederung, seine langsam toiedergleitenden Bergabhänge, seine geschwunge­nen Buchten noch besser. Die Kahlheit der Berge weicht bald nach San Marino, das hart am Felsen klebt, waldigeh Hügeln und darunter breiten fruchtbaren Tälern. Es ist' gartenhaft, aber trotz­dem gewaltig und augenblicksweise wechselnd im Bild. Der höfliche deutsche Pilot reicht kleine Bulletins in dis Kajüte T herein: „San Marino, Perugia, - Orvieto. — Monte Soratte“ steht darauf, die Fluggeschwindigkeit und Meterzahl unserer Höhe. Perugia ist grau und mächtig,, auch von oben gesehen, Assisi-,freundlich. und hellgelb und unten inj Tal funkeln die Kuppeln der großen Votivkirche Porciunkula. Orvieto? mit der Kathedrale goldfarben und edeL, gewachsen, nicht gebaut sieht sie aus, bleibt hinter uns und-der ;Berg Soracte, von dem Horatius das Winterlied sang, dehnt seinen blauen Felsrücken unter uns. Um ihn herum ist schon röt­lich schimmernde ; Weite,-e und dort,. am Horizont, eine zarte, unendlich leichte Kuppel am 'Himmel: San Pietro! ■ >r ■ Es war Sonnenuntergang, als wir uns, leicht geneigt, gegen Rom zu niederließen. Vergessen war Sturm und Alpen und Norden und das ganze. Elend des Nordens, mii allem, wäs ich daran hasse: unter uns schlangen die bräunen Aquädukte ihre sehnigen Arme um die Stadt, wie immer, und dié Via Appia lief in ewigem Schwung und gar nicht erstaunt über unser Erscheinen auf. die Urbs zu. Es ist schön, in Rom anzukommen, wie man auch kommt. Aiber am schönsten ist es so zu kom­men, im Sonnenuntergang und aus den Wolken. DaS Flugzeug glitt lautlos herab und stand zitternd auf dem Gras dér Campägna still: und siehe da, alles war wieder gut!* Wenn du willst, geneigter Flieger, kannst du noch am seihen Tag, anderthalb Stunden später in Neapel sein: Du mußt nur nach Ostia fahren und dich auf éinem Hydropian in die-: Luft einschiifen; aber ich rate dir, dies, wie wir, erst am nächsten Morgen zu tun. Die römische Küste von der Urbs bis zur Campagna muß man im Morgenlicht sehen. Jede Stadt hat ihre Beleuchtung, die ihr am besten zu Gesicht steht. Zu Rom paßt der rotgoldiene Abend. Rom ist ernst und kostbar. Aber Neapel, das Leichte und Silberne, muß man in silbernem Morgen sehen! Du fliegst morgens um neun von Ostia ab (der Flughafen ist blitzbank und ultramodern), einige Minuten später liegt rechts unter dir das olfene Meer, diesmal das Tyrrhenische, und links die Küste. Die Campagna wird langsam hügelig, das Meer immer tiefer blau, durchsichtig und flimmernd, im Licht hebt sich plötzlich das Cap Circeo; der Kirkefelsen Dir entgegen. Terracina, die kleine Badestadt Gaeta, die Halbinselstadt lachen in hellen Farben. Schiffe ziehen unter uns dahin und manch­mal, wenn das Flugzeug niedrig geht, springt — er­schrocken vor unserem Schatten, der wie ein Riesenfisch auf der Wasserfläche mitschwimmt, ' ein Delphin hoch aus dem Wasser. Alles liegt im blauen Dunst wie am ersten Tag still und feierlich­­unberührt da: der große Vogel braust ruhig über den Inseln: Ponza unci Ischia, das grüne Eiland, wird sichtbar, Procida mit seinen bunten Häusern, Vivara, der kleine Fels im Meér, und jetzt eine weite blaue Geste: der Golf von Neapel! Hier biegt der Aeroplan plötzlich ab vom Meer, wir fliegen über die unheimliche Landschaft des Lago d’Averno (Inferno), Gumae und die Sol­­fatara hin. Erst jetzt sieht man klar, was für runde, vulkanische Krater hier überall mit Wald be­wachsen sind, wie bewegt diese scheinbar ruhige Landschaft mit ihrem tropischen Grün ist. Das perlenfarbene Amphitheatrum Neapel ist da, Sirenen­gebrüll, Motorboote und Barken im Hafen und die großen Molen unter uns: das Flugzeug gleitet lang­sam nieder in den Hafen der Idroscali, der Hydro­plane. Unser Ziel ist erreicht. Vor uns türmt sich die Stadt in gigantischem Lärm: das wimmelnde Leben selbst. Ich habe das Gefühl, aus der Ewigkeit auf diese lärmende Erde gefallen zu sein und schaue ein bißchen traurig dem leichten Vogel nach, der ohne lins weiterfliegt, Palermo zu und am Nach­mittag um vier Uhr in Tunis sein wird. Biejistag,- -1. September, 1936 Der Bürgerkrieg in Spanien. Iran von dér Zivilbevölkerung geräumt. — Die Vermitilungs« aktion der Diplomaten. — Internationale Neutralitäts­konferenz? — Großer Sieg der Aufständischen vor Toledo. Vor dem Generalangriff auf Irun. Paris, 31. August. (Inf.) Der Auszug, der Bevölkerung aus Irtat bat in der Nacht zum Montag unicl während: des ganzen heutigen Tages ungehalten. In den frühem Morgenstunden hatten sich etwa 2000 Personen im die französische Grenzstadt Hendaye geflüchtet. Weitere 20ÓÖ Personen werden bis zuni Albend erwartet. Das Bahnhofsgebäude., von Hen­daye und' die übrigen öffentlichen Gebäude sind mit Flüchtlingen -aiigefüflt. Die iranzösfschein Behörden haben einen’ Sanitätsdienst eingerichtet. Die Flüchtlinge, unter denen sieh viele 'Kipidfer hefinden, sind , sofort geimpft worden, da bei solchen' Masseinansammluingen Seuchen immer zu befürchten sind. Wie Flüchtlinge werden in einigen, im Innei’n rdes. Lades gelegenen Städten nnter­­gebracht werden. .irr,- - • In den Morgenstunden Montag hat ein Flugzeug der Militärpartei Irud. überflogen und einige Bomben a'bgewarfen, Einige Mimiién später haben die roten Milizen aus Feldfctumnen die feindlichen Stellungen be­schossen. Auch die sohvveiren GesciuiUe des F®rls Gnade* lupe. haben ipit der Beschießung der feindlichen Stellun­gen bßgenyen-. l« Mar ,$j den- roten Milizetf ■ gehitagmp eimjge' Trinks. und •§e#gshiU#e% auf die ßerghöhje M»#’ ^{bringen.. Upr ] Angriff der Militärpartei dürfte nicht mehr lange auf sich warten lassen. General M.plp hat, am. Sonntag ,abend der Stadt­­ -i---------■«......................--------------------------u-------ggggg­S Dbeirfiicl&se,JP^lze während der Dauer des Sommermarktes verkaufe ich zu erstaunlich billigen Preisen ^CBgBM IPEfe KiiyscIftiaeB«, PÁR1SÍ-UCOA 3. yerwaltung von Imn mittetilen lassen, daß er binnen kurzem die, Beschießung der Stadt beginnen werde und daß dies die Vorbereitung eines Generalangriffes auf die Stadt sein werde. Ér werde keine Gnade walten lassen. Die roten Miiüzen haben darauf geantwortet, daß sie bits zum letzten Mann die Stadt verteidigen und unter den Trümmern der Stadt sterben würden. Großer Sieg der Aufständischen bei Toledo. Rabat, 31. August. (Havas.) Die Rundfunkstation Sevilla meldet: In der Provinz Toledo endete einé dreitägige Schlacht mit der Fludht der Regierungstruppen. Die Aufstän­dischen erbeuteten zwanzig Kanonen, 16 Maschinen­gewehre, 800 Gewehre und viel Kriegsmaterial und nahmen eiri Bataillon und zwei Kompagnien ge­fangen. An der Guadarrama-Front haben die Aufständi­schen Regulinos besetzt. Die Meldung fügt hinzu, daß das nationali­stische Spanien die Rede Mussolinis mit starkem Interesse angehört habe und einen Ehrenplatz im Kariipfe gegen die Sowjetbarbarei für sich bean­­sprüche. , • ,: : ; : ■' Die Vermittlungsaktion der Diplomatem ■ hßöt.'D :1 - London, 31. August. (Havas.) Ln London verbreitete sich die Näch­­rioht, daß die diplomatischen Vertreter in Hendaye jetzt; nicht nur im Interesse der Humanisierung des spanischen Bürgerkrieges verhandeln, sondern auch um zwischen den beiden Parteien zu vermitteln. In offiziellen Kreisen wird erklärt, daß der englische Botschafter lediglich die Weisung erhielt, Verhand­lungen zur Beendigung von Grausamkeiten zu

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