Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. szeptember (83. évfolyam, 199-223. szám)

1936-09-01 / 199. szám

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Blocknor, J.BIau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri A Nagy, Harsányi, Haasenstein & Vogler, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető, iroda, Mosse Rudolf A.-G., Julius Tenzer. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 18 Heller, an Sonntagen 33 Helles; Abendblatt 10 Heller. Für Österreich: Morgenblatt an Wochen, tagen 80 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Redaktion u. Administration: TnBlABlA VALÉRIA-UCCA IS. Telephone : Redaktion: 1-848-30. Naoh BlttemacM 1-848-36. Administration : 1-849-00 83. Jahrgang. Budapest, Dienstag, 1. September 1936. Nr. 199 NinistcrpräsHteiri Gömbös (ritt einen sechswöchigen iMonb an. AcKerbaumiiiister Dr. Darányi nil Stellvertretung betraut. Budapest, 1. September, Heute, vormittags um halb elf Uhr, hat der Reichsverweser den Ministerpräsidenten Gömbös in Gödöllő in einer Audienz empfangen, de nahezu anderthalb Stunden in Anspruch nahm. Die Auto­fahrt nach Gödöllő unternahm der Ministerpräsident in Begleitung seines Hausarztes Prof. Boros. In der gleichen Begleitung kehrte er nach Budapest zurück. Im Palais des Ministerpräsidiums traf er um halb ein Uhr ein, und eine halbe Stunde später trat der von ihm einberufene Ministerrat zu einer außer­ordentlichen Sitzung zusammen, deren Zweck darin bestand, seinen Bericht über die Besprechung mit dem Staatsoberhaupt entgegenzunehmen. Die halbe Stunde, die nach seiner Heimkehr aus Gödöllő bis zur Sitzung des Ministerrates zur Verfügung stand, verbrachte er in Gesellschaft des Leiters seines Prassedepartements, des Sektionschefs Mikecz. Dieser erklärte, nachdem er das Appartement des Ministerpräsidenten verlassen hatte, den ihn um Auskunft bestürmenden Pressevertretern, daß der Regierungschef augenblicklich nichts für die Öffent­lichkeit mitzuteilen habe, da er selbstverständlich vorerst die Mitglieder seiner Regierung über Verlauf und Ergebnis seiner Audienz beim Staatsoberhaupte unterrichten müsse. Überflüssig zu sagen, daß die einstweilige Un­sicherheit der Lage Anlaß zu vielfachem Rätselraten gab. Im Kireise der Journalisten würden alle erdenk­lichen Möglichkeiten erörtert, angefangen von einem unbefristeten Krankenurlaub Ibis zum eventuellen Rücktritt des Ministerpräsidenten und damit selbst­verständlich auch des Gesamtkabinetts. Das nervöse Rätselraten stützte sich auf Einzelheiten in den Äußerlichkeiten der Vorgänge des gestrigen Nach­mittags und des heutigen Vormittags, wie auch auf den Umstand, daß Ministerpräsident Gömbös für heute mittag den Präsidenten und die beiden Vize­präsidenten des Abgeordnetenhauses, ferner den Präsidenten der Regierungspartei Béla Ivády und auch den Abgeordneten Alexander Ermsizt von der Christlichen Wirtschaftspartei zu einer Besprechung mach der Ministerratssitzung eingeladen hatte. Die später bekannt gewordene Entscheidung des Reichsverwesers warf die meisten Kombinatio­nen über den Haufen. Die Ereignisse des Vormittags können im fol­genden zusammengefaßt werden: Ministerpräsident Gömbös fuhr heute, vormit­tags halb 10 Uhr in Begleitung des ihn behandeln­den Arztes, des Professors Boross, nach Gödöllő, wo er sofort nach seiner Ankunft vom Reichsver­weser in Audienz empfangen wurde. Die Audienz dauerte anderthalb Stunden. Nach halb 1 Uhr traf der Ministerpräsident wieder im Gebäude des Ministerpräsidiums ein. Er war sichtlich guter Laune und begab sich unver­züglich in sein Arbeitszimmer. Für 1 Uhr nachmittags sind die Mitglieder des Kabinetts zu einem Ministerrat einberufen. Über­dies wird Ministerpräsident Gömbös nach dem Mini­sterrat den Ahgeordnetenhauspräsidenten Dr. Alex­ander Sztranyavszky, die früheren Vizepräsidenten des Hauses, Bobory und Komis, den Chef einer Hauptgruppe des Honvédministeriums, General Ste­fan Bartha, den Präsidenten der Partei der Natio­nalen Einheit Dr. Ivády und dem Vernehmen nach auch den Abgeordneten Alexander Ernszt von der Christlichen Wirtscbaftspartei empfangen. Ministerpräsident Gömbös teilte dem Chef der iPresseabteilung im Ministerpräsidium, Ministerial- SCktionschef Dr. Edmund Mikecz mit, daß er über das Ergebnis seiner Unterredung vorerst die Mit­glieder des Kabinetts im Ministerrat informieren werde. Vizepräsident des Abgeordnetenhauses Dr. Komis: „Alles bleibt beim alten!“ Fünf Minuten vor zwei Uhr meldet unser Be­richterstatter aus dem Palais des Ministerpräsidiums: Der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses Dr. Julius Komis verließ soeben den Empfangsaal des Ministerpräsidenten und machte den Vertretern der Presse die folgende Mitteilung: — Keinerlei Änderung ist zu erwarten. Alles bleibt beim alten. Kurz vor 2 Uhr war der Ministerrat zu Ende- Hierüber erfahren wir von zuständiger Stelle-Ministerpräsident Gömbös teilte dem Ministerrat mit, daß die letzte ärztliche Untersuchung, an der auch Prof. Wenckebach aus Wien teilnahm, fest­­gestellt hat, daß eine weitere Nachkur notwendig ist und deshalb hat der Ministerpräsident beim Staats­oberhaupt um einen neuerlichen sechswöchigen Ur­laub angesucht. Der Reichsverweser hat den Urlaub bewilligt und auf Vorschlag des Ministerpräsidenten für die Dauer seiner Abwesenheit abermals den Ackerbauminister Dr. Koloman Darányi mit seiner Stellvertretung betraut. Der Ministerrat besprach sodann das Herbst­­programra der Regierung und der Parlamentsession, worauf dann in Anwesenheit der Mitglieder der Regierung Ministerpräsident Gömbös den Prä­sidenten des Abgeordnetenhauses Dir. Alexander Sztranyavszky und die früheren Vizepräsidentei Bobory und Komis, sowie den Präsidenten der Par­tei der Nationalen Einheit Dr. Béla Ivády über den Stand der Dinge informierte. Über die Reise des Ministerpräsidenten sind noch keine endgültigen Dispositionen getroffen worden-Der Ministerpräsident dürfte Donnerstag abend oder Freitag seine Reise nach dem Ausland äntreten. Wie verlautet, wird der Ministerpräsident im Flugzeug nach einem deutschen Kurort abreisen. Warum musste Titulescu Hinter deu Kulissen der rumänischen Politik. (Von unserem Korrespondenten.) Bukarest, 31. Auigiust. (Dr. 7. F. K.) Die rumänische Politik hat in der Nachkriegszeit manche merkwürdige Blüte ge­trieben, aber alles, was man bis jetzt sehen konnte, wird durch die Depesche Titulescus an die rumä­nische Regierung in deal Schatten gestellt- Titulescu, der „größte Diplomat“ Rumäniens, der „Retter in jeder Not“, der Mann, dem die rumänische Presse machrü'hmte, einer der Lenker des Völkerbundes zu sein, und von dem sie schrieb, daß er neben seiner sichtbaren Rolle als Führer der Außenpolitik des Landes noch eine weit ehrenvollere unsichtbare Rolle als Schöpfer des jetzt entstehenden internatio­nalen Rechtes und Schiedsrichter in internationalen Streitigkeiten bekleidet, dieser Mann scheut nicht öffentliche Haßkundgebungen, dieser Mann gibt der Agentur Havas ein Interview, in dem er der Regie­rung seines eigenen Landes droht, eine internationale Aktion zu deren Sturze einzuleiten, weil man in Bukarest ein Kabinett gebildet hat, in dem er das Portefeuille des Ministers für auswärtige Angelegen­heiten nicht mehr innehat! Wahrlich, da istéht man und staunt und fragt sich, welche Blüten noch die barocke Denkart dieses begabten, aber unberechen­baren Mannes treiben kann? Auf welche Über­raschungen soll man sich da noch gefaßt machen? Was ist eigentlich voirgegangen, daß der oberste Lenker der rumänischen Außenpolitik plötzlich, wahrhaftig über Nacht von der Macht entfernt wurde? Für deu Außenstehenden ist es rätselhaft, wie dies kommen konnte und es ist nur zu begreif­lich, daß Titulescu, der seit einigen Wochen in Cap Martin seinen Urlaub genießt, dem ersten seiner Anhänger, der ihn in den Mittagsstunden des kri­tischen Samstags über die drohende Gefahr telepho­nisch benachrichtigte, kurzerhand antwortete, man möge mit solchen kindischen Geschichten seine Ruhe nicht stören. Wenige Stunden später, als sich das Schauermärchen als ernste Wahrheit entpuppte, sandte er dann nach Bukarest eine Depesche, in der er seine Bestürzung über die Art und Wehe äußerte, wie er aus der Regierung entfernt wurde und sich volle Aktionsfreiheit gegenüber der Regierung vor­behielt. Was Titulescu unter Aklionsfreiheit versteht, ist leicht zu erraten. Weiß man doch, daß er schon bei den früheren Krisen stets durchblicken ließ, die ‘Bukarester Regierung würde gut tun, sich seine Mitarbeit zu sichern, da er sonst seine hohen Be­ziehungen in Paris und Genf gegen die Regierung ausnützen würde. Bis jetzt wirkte diese Mahnung stets, denn tatsächlich hat Titulescu in jenen beiden wichtigen Zentren des internationalen politischen Lebens viele Freunde, und Rumänien, das in inter­nationalen Fragen infolge seiner überspannten Ziel­setzungen oft einen schweren Stand hat, konnte sich den Luxus nicht erlauben, auf das Aktívum der Be­ziehungen Titulescus zu verzichten. Warum aber hat man es jetzt getan? An dieser Stelle beginnt das Rätselraten. Geriiß ist nur, daß Titulescu weder bei König Carol, noch bei Tata­rescu wahre Sympathien genoß. König Carol, der getreu der Verfassung seinen Ministem volle Hand­lungsfreiheit gewährt, ist ein sehr zielsicheres Staatsoberhaupt mit einer klar umrissenen politi­schen Konzeption. Titulescu aber wollte die Außen­politik als seine ausschließliche Domäne behandeln. Das konnte und durfte der König nicht zulassen. Aus dem gleichen Grunde hatte Titulescu mit dem Ministerpräsidenten Tatarescu wiederholt heftige Auftritte. Auch hier wollte sich Titulescu über ver­fassungsmäßige Bedenken mit einem Machtwort hinwegsetzen, Tatarescu aber, der als Ministerpräsi­dent in indirektem Sinne auch für die Maßnahmen der einzelnen Minister die parlamentarische Verant­wortung trägt, fügte sich nur unwillig in eine Tei­lung der Machtsphären, bei der er von der Über­wachung der Außenpolitik faktisch eusgeschaltet wurde. Solange die bisherige politische Konstellation bestand, lag es im Interesse Rumäniens, an dieser Lage nicht zu rütteln, denn Titulescu hat daraus stets eine Kabinettsfrage gemacht und man brauchte ihn. Eben dies hat sich jetzt in unerwarteter Weise geändert. Eine neue Lage ist entstanden, in der auch ein anderer die Außenpolitik Rumäniens er­folgreich leiten kann, in der sogar die Anwesenheit Titulescus im Sturdza-Palais geradezu als Hemm­schuh wirken müßte. Sachliche Erwägungen und Gefühlsmomente vereinigten sich gegen Titulescu und damit war sein Schicksal besiegelt. Diese Verschiebung in der internationalen Poli­tik bereitet sich nach Bukarester Auffassung in Polen vor. In Bukarest hat man die Zielsetzungen von Warschau nie genau verstanden, man neigte aber der Ansicht zu, Polen als einen unsicheren Kan­tonisten zu betrachten und aus den ‘Berechnungen der eigenen Bündnispolitik auszulassen. Titulescu sorgte dafür, daß man in Rumänien nicht erfahre, wie sehr die Abkühlung d!er Gefühle Polens Rumä­nien gegenüber eben auf seine eigene Person zurüek­­zuführen war. In Polen bat man nämlich nicht über­sehen, daß Rumänien die kollektive Konsolidierung des Friedens in Osteuropa mit seinen überspannten Forderungen in dier im rumänischen Sinne unlös­baren bessarabischen Frage immer wieder gefährdet und verzögert hat und daß hiebei Titulescu entweder, die Hauptursache war oder aber seine Hand mit im Spiele hatte. Nun scheint sich der Schwerpunkt der polnischen Außenpolitik etwas in die Richtung von Paris zu verschieben und diese Entwicklung wird in Bukarest eskomptiert. Wenn Polen wieder den An­schluß an Frankreich findet, so könnte das formell noch immer bestehende rumänisch-polnische Bünd­nis gegen Rußland wieder einen Inhalt erhalten, fn diesem Falle würde man es nämlich in Rumänien vorziehen, wie einst, sich auf Polen gegen Rußland zu stützen, als mit dem übermächtigen und in außenpolitischen Angelegenheiten nach seinen eigenen Regeln spielenden russischen Nachbarn Verträge ab­­zusch ließen, bei denen Rußland alle Vorteile haben würde, Rumänien aber unübersehbare Risiken in militärischer und sozialpolitischer Hinsicht auf sich

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