Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. szeptember (83. évfolyam, 199-223. szám)
1936-09-01 / 199. szám
FESTER LLOYD • 2 «• Dienstag, 1. September 1936 nehmen müßte. Die Spezialität »Titulescus war aber eben der Ausbau der Verbindung nach Moskau. Jetzt, wo man nicht nach Moskau, sondern nach Warschau blickt, ist auch Titulescu nicht mehr unentbehrlich, im Gegenteil, seine Person würde die Verhandlungen nur erschweren. Daher: fort mit ihm! Ähnlich liegen die Verhältnisse in bezug auf Italien. Vor knapp einem Jahre hat Titulescu in Genf für die Anwendung des Sanktionsparagraphen gekämpft, ohne sich über dessen Folgen für die rumänische Wirtschaft genaue Rechenschaft zu geben. Jetzt, wo Italien den Krieg und die Sanktionen siegreich überstanden hat, ist man in Rumänien bitter enttäuscht und sieht, daß Titulescu das Land in Genf in ein kostspieliges Abenteuer hineingerissen hat. Jetzt beneidet man die ungarischen Landwirte, die auf dem italienischen Markt gute Preise erhalten, wogegen die rumänischen Produkte schwer um Exportmärkte kämpfen müssen. Auch politisch will man sich Italien wieder nähern, sieht man doch jetzt, daß seine Großmachtstellung nach dem abessinischen Kriege nicht geschmälert wurde, sondern im Gegenteil verstärkt zur Geltung gelangt. Italien ist heute die führende Macht im östlichen Milteimeer, wo Rumänien große Exportinteressen hat! Man muß daher den Anschluß an die italienische Balkanpolitik wieder finden. Nun heißt es allerdings, daß alle Wege nach Rom führen, bei Titulescu bewahrheitet sich aber auch dieses Wort nicht: für ihn führt kein Weg nach Rom, denn Mussolini wird ihm weder sein Verhallen während der Sanktionsdebatte, noch seinen spontanen Ausruf gegen italienische Journalisten jemals verzeihen. Auch in diesem Belange wurde somit Titulescu aus einer Haupttriebkraft zum Hemmschuh der rumänischen Außenpolitik. Seine Beseitigung ist also das Ergebnis sielsicherer politischer Erwägungen. Englische Pressestimmen zum Fall Titulescu. London, 1. September. (U. T.-K.-B.) Die enigdische Presse mißt dam Ausbleiben Titulescus aus dem rumänischen Kabinett große Bedeutung bei. Die Blätter lieben einstimmig hervor, daß Titulescu viele Jahre lang (ständiger Außenminister Rumäniens, eine Hauptstütze der Kleinen Entente, sowie ein Vorkämpfer der Mitarbeit mit Frankreich mrad der Annäherung an Sowjetrußland war. Zwei Jahrzehnte lang habe er mit seinen Abldänkungsdrohungen die rumänische Regierung terrorisiert und sei nun so unerwartet auisgebootet worden, daß es ihn am meisten überrrascht habe. Daily Express betont, daß der Hauptzweck der Politik Titulescus das Festhalten an der Unantastbarkeit der Friedensverträge war. Morning Post folgert aus seinem Sturz darauf, daß Rumänien — Idem Beispiel Polens folgend — sich vom französischen Bündnis lossagen werde, das nach Ansicht des Ministerpräsidenten Tatarescu Rumänien der Sowjetunion in die Arme führen wünd'e. Deshalb sei Titulescu, der willige Diener Id'er französischen Außenpolitik, fallen gelassen worden. Der Leitartikel der Times meint, daß in Rumänien haupittsächlich die Leiden- Schaf Midiikéit Verdacht erregte, mit der Titulescu die Annäherung an Sowjetrußlamd verfocht. Die Rumänen ■wissen, daß die Russen, wenn sie einmal das Gebiet Beßarabiens betreten 'hätten, es niemals wieder verlassen würden; das Blatt schildert im übrigen die Üiberraschiutnig, die die Ereignisse in Rumänien ausgelöst haben, kommt aber zu dem Ergebnis, daß Titulescus Laufbahn nicht beendtet sei, und daß er wahrscheinlich bald wieder auf der politischen Bühne erscheinen werde. Daily Herald meldet aus Bukarest, daß das Diuelil Tituleseu-Talarescu imi (Wirklichkeit um die Schreckensherrschaft der Eisernen Garde ging. Tataretseu versprach Titulescu, daß ér die Terrorakte, Idle von Mitgliedern der Eisernen Garde begangen worden sind', rächen werde, doch hielt er sein Versprechen nicht. Auch unlängst verübte diese bewaffnete rechtsradikale Organisation noch zahlreiche Morde an politischen Gegnern. Auch König Carol begegnete mit einem geduldigen 'Wohlwollen dem Treiben der extremen Rechten, und1 (deshalb konnte Titulescu unter dem Vorwand einer Kabinettsrekanstiuktion „exekutiert“ werden. In der Person Titulescus vertiere Frankreich eine seiner letzten ernsten und verläßlichen. Stützen auf dem Balkan. Der Leitartikel der Financial News führt aus, daß Rumänien eines der wichtigsten GIMeßer in der Keile zwischen Frankreich, der Kleinen Entente unkt Sowjetrußland! sei lund Titulescu einer der Pfeiler war, an denen diese Kette hing. Sein Sturz bedeute einen großen Schlag für die französische Biiiindnispoditik. Manchester Guardian stellt in seinem Leitartikel fest, daß die inneren Verhältnisse Rumäniens vollkommen unhaltbar seien. Die mit eioanldier in Fehde liegenden, politischen Oligarchien • vertreten in keiner Weise das Volk. Das Heer strebe in R'umänien, wie in jedem anderen Balkanlande, eiine politische Diktatur an und König Carol nütze dlie Parteigeigensätze geschickt zur Unterstützung seiner eigenen Tyrannei sei. Unter solchen Umständen sei Titulescus Fall als ein schicksalsschweres Sturmzeichen zu betrachten. Daily Mirror behauptet, daß Titulescu und Frau Luipescu gleichzeitig gestürzt seien und! der Fall der heiklen in innigem Zusammenhang stehe. Die Regierung habe dem König empfohlen, sich beider zu entledigen. Frau Lupescu soll eine Million Pfund und ein Palais an der Riviera erhalten. Der Bukarester Korrespondent des Reuter-Bureaus glaubt, der Sturz Titulescus hänge Idamit zusammen, daß- seine Außenpolitik die deutsche und die italienische Regierung zu einer Einengung der Handelsbeziehungen mit Rumänien gezwungen hätte. In Bukarest erwarte man von der Änderung dies Kurses eine Erleichterung der Lage Idles 'Außenhandels. Eine jugoslawische Stimme zum Regierungswechsel. Belgrad, 1. September. (Inf.) Die heutige Vreme kommentiert -die Geschehnisse in Bukarest ziemlich optimistisch und hat gute Worte für Herrn Tatarescu, der „bekanntlich ein Mann der starken Initiative und der schnellen Tatkraft sei“. Die Ausschiffung Titulescus wird mit der innerpolitischen Taktik begründet, da Herr Titulescu, der sich niemals mit der Innenpolitik befaßt hat und kein Mitglied der Liberalen oder einer anderen Partei war, einmal das Opfer der Geschehnisse werden mußte. Dies geschah eben jetzt in einer Zeit, wo eine gewisse Psychose herrschte wegen der Militarisierung der Rechtsorganisationen und wegen gewisser Attentatsversuche, die in den letzten Tagen auf der Tagesordnung verschiedener Parteien standen. Französische Stimmen. Paris, 1. September. (Havas) Nach einer Meldung des Petit Párisién wird das Ausscheiden Titulescus aus der Regierung auch im rumänischen diplomatischen Dienst verschiedene Änderungen zur Folge haben. Das Blatt weiß zu berichten, daß der größte Teil der von Titulescu ernannten rumänischen Diplomaten mit dem zurückgetretenen Außenminister sich solidarisch erklärt hat und infolgedessen entweder schon demissioniert hat, oder aber in Kürze zurücktreten wird. In dem Bericht des Petit Párisién werden die Leiter der rumänischen diplomatischen Missionen in Warschau, Moskau, im Haag, in Stockholm, Riga, Tallinn, Washington und Ankara genannt. Das Blatt schreibt weiter: All diese Rücktritte machen natürlich die Lage des neuernannten rumänischen Außenministers außerordentlich schwer und verwickelt. Angeblich soll Außenminister Antoncscu sich bereits mit dem Gedanken des Rücktrittes befassen. Die neuesten Meldungen besagen sogar, daß die Lage der neuen Regierung Tatarescu schon labil geworden ist. Der Vizepräsident der rumänischen Tzarunistenpartei Lupu reist morgen nach Frankreich, um mit T it illésen zusammenzutreffen und sich mit ihm zu besprechen. Bulgarische Befürchtungen. Sophia, 1. September. (Inf;) Ganz im Gegensatz zur Belgrader Presse wenden sich die Sophioter Blätter scharf gegen die Umbildung der Regierung Tatarescu. Die Tribuna schreibt, daß durch diese Umbildung der Regierung in Bukarest leicht eine Diktatur herbeigeführt werden könne. Die Rechtsorganisationen werden bestimmt alles tun, um die demokratischen Institutionen Rumäniens zu untergraben, ln der Außenpolitik werde es möglich sein, daß die neue Situation eine Abschwächung der Sympathien zu Frankreich, zu der Sowjetregierung und den Bundesgenossen der Kleinen Entente herbeiführe, andererseits aber eine Verstärkung des Einflusses der Staaten, die sich um Deutschland und seine Politik gruppieren. ■ Die Stellungnahme der skandinavische Staaten zur Velkerbundrefosm Oslo, 31. August. Der norwegische Außenminister richtete eine Note an das Generalsekretariat des Völkerbundes, in der er ausführt, daß die vier nordischen Staaten eine konforme Stellung in folgenden Fragen einnehmen : Es ist Aufgabe des Völkerbundes, jede Streitfrage zu eliminieren, die mit dem Ausbruch eines Krieges droht. Aus diesem Grunde schlagen die Nordstaaten folgendes vor: 1. Die Abrüstung soll durchgeführt werden. 2. Es soll dafür gesorgt werden, claß die kn 11., 15., 17. und 19. Absatz des Völkerbundpakts enthaltenen Maßnahmen zur Prävention von Streitfällen automatischer als bisher in Kraft treten. Des weiteren schlagen die Nordstaaten vor, daß eine ständige Abrüstungskonferenz einberufen wird und die Vertreter aller Staaten daran teilnehmen. Die Rüstungen sollen einer internationalen Kontrolle unterworfen werden. Zum Schluß empfehlen die Nordstaaten, claß auch zur Lösung wirtschaftlicher Fragen eine Konferenz einberufen werde. Diese Konferenz sollte sich in erster Linie mit der richtigen Verteilung der Kolonien und der Rohstoffe befassen. Kopenhagen, 31. August. Der dänische Außenminister Dr. Munch gab die Antwort der dänischen Regierung auf die Vorschläge zur Völkcrbundrefomi an den Generäisekreiär Avenol weiter. Nach der Auffassung der dänischen Regierung — schreibt das Memorandum -— besieht in der gegenwärtigen Lage keine Möglichkeit zur Änderung des Völkerbundpaktes. Stockholm, 31. 'August. Die an Avenol gerichtete Antwort der schwedischen Regierung bezüglich der Reform des Völkerbundpaktes drückt den Wunsch aus, die aus dem . Völkerbund ausgetretenen Staaten mögen zur Rück kehr in den Völkerbund aufgefordert werden. Des . weiteren sollte im Falle von Konflikten im Sinne des 12, Absatzes des Völkerbundpaktes auch die Zusammenarbeit mit Staaten aufgenommen werden, die nicht Mitglieder des Völkerbundes sind. Einige Be* Stimmungen des Völkerbundpaktes seien unhaltbar, so die Bestimmungen über die Abrüstung, die nicht befolgt, sowie zahlreiche andere Bestimmungen, die ungenügend angewandt wurden, Bei trägem Darm und schlechtem Magen benütze man öfters das seit einem Menschenaltcr bekannte natürliche „Franz-Josci“-Bitter\vasser, das — früh nüchtern ein Glas voll — mild und angenehm, prompt und sicher wirkt! Der Besuch Rydz-Smiglys in Frankreich. Paris, 1. September. (Havas.) General Rydz-Smigly hat Marschall Pétain besucht. Nancy, 1. September. (Havas.) General Rydz-Smigly ist gestern in Nancy einig et r offen. Die Bevölkerung hat ihm einen begeisterten Empfang bereitet. Auf Aufforderung seitens des Bürgermeisters wurde die Stadt beflaggt. Überall wurde die zwei Jahrhunderte alte Freund* Schaft zwischen Lothringen und Polen hervorgehoben. Die Hauptgebäude der Stadt werden heute beleuchtet sein. General Rydz-Smigly wird Gast des Kommandanten des 20. Armeekorps, Generals Requin, sein. Heute findet eine Revue statt, an der drei Di* Visionen der Infanterie, eine Kavalleriebrigade, fer* ner Dragoner, Tanks und Fliegei- teilnehmen werden. Reims, 1. September. (Havas.) Luftfahrtminister Cot ist hier im Flug* zeug eingetroffen. Später kamen General Gamelin und Armeeofoerinspektor Rydz-Smigly im Auto an. Die zum 12. und 42. Luftgeschwader gehörenden Truppen sind unter den französischen und den pol* nischen Fahnen vor ihnen defiliert. Die in den Flug* zeugen untergebrachten Musikkapellen spielten in der Höhe die französische und die polnische Hymne. Sodann veranstaltete die Reimser Garnison der Luft* streitkräfte unter Leitung des Luftfabrtministers Cot und des Generalinspektors der Luftstreitkräfte Gene* ral Pu jo ein Luftmanöver. Später wurde der polni* sehe General vom Bürgermeister und dem Präfekten der Stadt begrüßt. Das Fest wurde durch eine Revue beendet. Paris, 1. September. (U. T.-K.-B.) Die heutige Morgenpresse feiert in längeren Artikeln die neuerstandene französischpolnische Freundschaft und ist bestrebt, die Bedeutung des Pariser Besuchs des polnischen Generalissi* raus zu unterstreichen. Es wird auch die Hoffnung ausgesprochen, daß die französisch-polnischen Ver* handlimgen für beide Länder ausgezeichnete Ergebnisse bringen mögen. In Wirklichkeit scheine es, daß der wahre Zweck des Besuchs des Generals Rydz- Smigly die Erlangung einer großen französischen Rüstungsanleihe sei. Der gewöhnlich wohlinformierte außenpolitische Berichterstatter des Oeuvre will wissen, daß diese Anleihe, die der eigentliche Gegenstand der Pariser Besprechungen ist, einerseits den Ankauf von Kriegsmaterialien seitens Polens in Frankreich ermöglichen, andererseits aber auch Polen instand gesetzt werden soll, innerhalb der eigenen Grenzen eine Kriegsindustrie aufzubauen. Es wird als wahrscheinlich ausgesprochen, daß die Anlcihcverhandlungen bis Wochenende mit Erfolg abgeschlossen werden. Einzelne Politiker wünschen Garantien, daß Polen die mit französischem Geld gekauften Kriegsmaterialien nicht etwa gegen die Verbündeten Frankreichs verwenden werde. Die beste Garantie, stellt Oeuvre fest, wäre natürlich, wenn zwischen Warschau und Prag sich gute Beziehungen hersteilen ließen. Was die po’.nisch-sowjetrussischen Beziehungen betrifft, so wurde dem General Gamelin in Warschau versichert, daß Polen bereit sei, mit den Sowjets die freundschaftlichsten Verbindungen zu pflegen, allerdings unter der Bedingung, daß man von Polen nicht etwa die Unterschrift eines Ostpakts oder aber, eines gegenseitigen Hilfeleistungspaktes verlangen möge. Ein Teil der Presse spricht sich mit einigem Mißtrauen über den Plan einer Anleihe an Polen aus. Quotidien schreibt: Das Beispiel Rumäniens gemahnt daran, daß die Franzosenfreundschaft einzelner Staatsmänner noch durchaus keine genügende Sicherheit bietet. Rumänien hat z. B. durch Titulescu Anleihen von uns bekommen, sagt das Blatt. Wer garantiert uns aber, daß man Rydz-Smigly nicht einfach kaltstellt, nachdem wir die verlangte Anleihe bewilligt haben, und daß Außenminister Beck die aus unserem Gelde erstandenen Rüstungsmaterialien nicht gegen uns verwendet? I ELEPMONMUMMEISH PESTER LLOYD Redaktion ... 1-348-20 Chefredakteur 1-824-31♦ Administration 1-849-09 Druckerei ... 1-825-04