Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. december (83. évfolyam, 275-298. szám)

1936-12-01 / 275. szám

• a* Dienstag, 1. Dezember 193f PESTER LLOYD Streitfrage werden zu lassen, denn es will um keinen Preis in einen „Sympathie- oder Präventivkrieg“, um den Ausdruck Deübos’ zu gebrauchen, ver­wickelt werden; also selbst wenn der Völkerbund der Erörterung der Frage nicht ausweichen kann,, wird Frankreich in Genf trachten, eine mög­lichst neutrale Stellungnahme herbeizuführen. ■Ähnlich ist auch die Haltung Englands, das gleichfalls die Gefahr der Herausbildung ideologi­scher Fronten vermeiden möchte. Nur widmet man in England dem speziellen Mittelmeeraspekt dar i Frage, natürlich größere Aufmerksamkeit, im englischen Parlament wurden Eden und andere Regierungsvertreter in letzter Zeit immer heftiger mit Fragen über die Lage vor Barcelona auf offenem Meer bestürmt. Die einzige englische Maßnahme war bisher die Verhängung des Waffenausfuhrverbotes. Aber in der Öffentlichkeit zeigt sich eine ziemlich überflüssige Unruhe wegen der Balearen. Im Ober­hause über diese Angelegenheit befragt, teilte Lord Plymouth, der Präsident des Nichteinmischungs­ausschusses ist, mit, daß wohl viele Italiener auf Majorca seien, daß sie aber nach Abschluß des iBür­­'gerkrieges nicht dort zu bleiben gedächten; von der 'Errichtung einer italienischen Flottenbasis ist natür­lich keine Rede. Aber eines ist gewiß: die Italiener ließen) kehién Zweifel übrig, daß sie die Errichtung eines Sowjetstaates an der katalanischen Küste nicht dulden werden. Und wenn .Sowjetrußland einem ■ „Synipathidkrieg“ in. diesem Falle nicht ausweichen -würde (gewisse Zeichen deuten, darauf hin, daß es keineswegs kriegslustig ist), so würden Frankreich und England in einem solchen Kriege die größte •europäische Gefahr erblicken. Die Einberufung des Völkerbundrates mutet in Anbetracht dieser Umstände als ein verzweifelter Versuch der spanischen Linksregierung an, die demokratischen Mächte in eine für sie günstige Hal­tung hineinzumanövrieren. Diese Mächte aber halten an dem Prinzip der Nichteinmischung fest, obwohl dieses Prinzip praktisch schon durchbrochen ist; sie wollen wenigstens vermeiden, daß der Grundsatz ganz über Bord geworfen Und Europa ohne Halt in 'einen Krieg dér feindlichen Weltanschauungen hin­­'eingezerrt werde. ' Was wird in Frankreich? Aufmerksame Beobachter der französischen Ent­wicklung müssen allmählich zum Schlüsse gelangen, daß die französische Innenpolitik wieder bei einem Scheideweg der divergierenden Tendenzen der Volks­­frontpar feien angelangt ist. Leon Blum konnte bis­her mit einer seltenen'Virtuosität und einem unbe­stritten guten Willen, diese gegensätzlichen Srötaun­­gen im Regierungslager ausbalancieren. Je länger indessen der spanische Bürgerkrieg dauert' und je störrischer bald da, bald dort neue Streikbewegungen auifflainmen, tun so schwieriger wird es für Blum% «eine politische EquliHHerkunst auszuüben. Schließ­lich besteht eine positive Politik nicht nur im Aus­gleichen von Gegenisätzeh’.’-iÖndefn in der Befolgung der eigenen, aiifbäu'enden Zielsetzungen, und da muß sich Blum über kurz oder lang entscheiden, ob er éinem mehr nach rechts oder mehr nach linlks oe­­richteten Rurs einschlugen will. In der Außenpolitik ward es immer gefährlicher, daß in der spanischen Angelegenheit, die ohnehin voller Tücken und Gefahren für die französische Diplomatie ist, die Kommunisten ein Wort mitzu­sprechen haben. Die ständige lärmende Forderung nach Intervention von seiten einer Partei, die, wenn auch in der Regierung nicht vertreten, so doch an der Regienfngskoalition beteiligt ist, verwickelt nur die ohnehin schwierige Linienführung der französi­schen Außenpolitik. Die kommunistische Forderung •hach Intervention wäre indessen noch aus der Ab­hängigkeit der Kommunistischen' Partei von Mos­kau begreiflich. Völlig unverständlich ist aber die Taktik, die den Ast, von dem aus sie ihre Manöver durchführen möchte, unter Sich absägen will. Eine Regierung, von der mán Intervention in Spanien for­dert, müßte jedenfalls ihnerlich stark und wirt­schaftlich gefestigt sein. Die immer wieder aufflam­­menideh Streiks bntengraben aber die Autorität der BhimvRCgierung langsam mit Sicherheit, wie Wasser­tröpfen einen Stein auszuhöhlan vermögen. Blum sieht diese Gefahren und möchte daher in erster Linie die Frage des Streikrechts regeln. Die Einführung der obligatorischen Schiedsgerichtbar­­keit wäre hiezu ein Mittel. Ein anderes Mittel er­blickt Blum in der sogenannten „Demokratisierung des Sfreikfechts“, durch die nur jene Streiks als ,,’legal“' erklärt werden sollen, die mit einem Mehr­­heitsvotüm' der interessierten Arbeiter beschlossen worden wären. In diesem Punkte ergehen sich in­­desseh neue Verwicklungen durch die Bedenken der Radikalen.' Diese weisen darauf hin, daß die „Lega­lisierung“ des Streiks durch Mehrheitsbeschluß der Arbeitsfreiheit eine gesetzliche Einschränkung geben würde. Dip Minderheit der Arbeiter, die sich für die Fortsetzung der Arbeit entschließen würde, wäre nämlich -durch die Legalisierung des Streik­beschlusses-gesetzlich verpflichtet, die Arbeit nieder­­zulegén, wodurch dem Prinzip der Arbeitsfreiheit ein tödlicher Schlag versetzt würde. , Die radikale Verstimmung zeigt sich indessen nicht nur in dieser Frage, sondern auch in vielen anderen Problemen der großen Politik. Allmählich machen die radikalen Minister eine Prestigefrage daraus, vom kommunistischen Versammlungsteil-, nehmer nicht niedergeschrien und angepöbelt zü werden, eine Taktik, die die Kommunisten auch in der Wcipiprer Republik mit so viel Erfolg ange­wendet haben, daß sie zum Schlüsse dem National­sozialismus in den Sattel verhelfen konnten. Diese gegensätzlichen Tendenzen werden Blum über kurz oder lang vor eine Wahl stellen. Entweder tendiert er nach den Radikalen hin, damn werden ihm die Kommunisten ollen den Kampf ansagen. Oder er gibt den Zweifrontenkrieg auf, dann muß er zurücktreten. Die Periode des künstlichen Gleich­gewichts der französischen Volksfront scheint sich dem Ende zu nahem. über diese Vorgänge erhalten wir heute folgen­des Telegramm rmseres Pariser Korrespondenten: Paris, 1, iDczeiOber. (Inf.) ln den Abendstunden dfes Montag fand uner­wartet. in d?r Ministerpräsidentschaft eine Besprechung der neun hauptsächlichen Mitarbeiter statt. An der Be­ratung niaihmtn teil u. a. der Kriegsminister Daladier, Staatsminister Chautemps und Fame, Finanzminister Auriol uind Luftfahrtimnisler Cot. Die Unterredung der Minister dauerte zwei Stunden. Die Minister zeigten sieh nachher sehr verschwiegen, so daß naturgemäß die Ministerzusammenkunft lebhaft kommentiert wird. Während in einem Teil dlér politischen Kreise um die Regierung behauptet wird, es seien allein Fragen der nationalen Verteidigung und die Lage du Spanien bespro­chen worden, wollen andere Kreise wissen, dlaß die Mini­ster hauptsächlich die' ernste inner politische Lage ge­prüft hätten. Letztere Vermutung dürfte der Wahrheit ziemlich nahe kommen, denn die Schwierigkeiten der Regierung Blum werden von Tag, zu Tag größer. Man erwartet bereits für heute lebhafte Auseiniandter­­setzungen in der Kammer über das Pressegesetz und die Vorlage der obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit in Arbeitsstreitigkeiten, und es ist nicht ausgeschlossen, daß Vertagungsamträge für beide Gesetzes Vorlagen gestellt wer­­■dien. In den Wamdelgängen der Kammer ist das Gerücht verbreitet, daß die Kommunisten bei der Abstimmung, die im Anschluß an die außenpolitische Aussprache am kommenden Freitag stattfinden soll, sich der Stimme ent­halten, oder imlér Umstämdlen sogar gegen die Regierung stimmen werden. Da Ministerpräsident Blum aber erklärt hat, daß er ohne Unterstützung der Kommunisten keinen Augenblick länger am Ruder bleiben würde, rechnet man in politi­schen Kreisen damit, daß die Gefahr einer Regierungs­krise nahe gerückt ist. Ein tschechischer Minister gegen die Kominternpolitik. Den führenden Politikern der Tsch e c ho - Slow ak ei bereitet es immer mehr Sorge, daß man in ihrem Lande einen vorgeschobenen Posten Sowjetrußlands erblickt und, wie erst vor kurzem der Chefredakteur des Observer Garvin, mit wachsendem Mißtrauen das innige Verhältnis zwischen Moskau und Prag be­trachtet. Wenn man von den tschechisch-französi­schen Beziehungen, <jie übrigens in letzter Zeit durch die Engherzigkeit Frankreichs bei den Wirtschafts- Verhandlungen ernstlich getrübt sind, absieht, muß mau feststellen, daß die russische Orientierung den politischen Freundschaftswert der Tschecho-Slowakei für alle Länder herabetzt, und so ist es verständlich, daß nicht nur die Konservativen und Liberalen, son­der audh die ausgesprochenen Linkskreise der Re­publik eine gewisse Distanzierung von der Sowjet­union wünschen. Diese Tendenz kam auch in der Rede des Justizministers Derer in der Versammlung der sozialdemokratischen Partei in Komárom zum Aus­druck, die — neben der üblichen Polemik gegen den Revisionismus, auf die wir hier nicht einzugehen brauchen — einige sehr bezeichnende Erklärungen über den Kampf des Faszismus und Kommunismus enthielt. Die Tschecho-Slowakei müsse, sagte der Mini­ster, eine abwartende Haltung einnehmen, d. h. für keine der beiden Gegner ihre staatliche Existenz aufs Spiel setzen. In Anbetracht des deutsch-japanischen Bündnisses wäre es aber für die offizielle Politik der Sowjetunion das Gegebene, wenn sie scharf von dem Weg der kommunistischen Internationale abbiegen würde. Nur w enn diese Wendung in der Politik Ruß­lands offenkundig erfolgt sei, werde die Weltöffent­lichkeit daran glauben können, daß die Sowjetunion die kommunistische Betätigung in den einzelnen Ländern nicht in den Dienst ihrer außenpolitischen Ziele stelle. Es ist freilich nicht sehr wahrscheinlich, daß das Moskauer Kommissariat für Auswärtiges seine bis­herige Linienführung den frommen Wünschen tschechischer Politikei- zuliebe aufgeben wird und ob jemals die kommunistische Internationale etwas anderes sein kann, als ein Mittel der sowjetrussischen Außenpolitik. Es wäre jedoch sicher erfreulich, wenn sich der Wille der Tschecho-Slowakei zur Distanzierung von der gemeinsamen Generallinie des Außenkommissariats und der Komintern als ernst erweisen würde, doch wäre es wrohl verfehlt, in die­ser Hinsicht allzu weitgehende Erwartungen zu hegen. t * WOLLEN #IE KAUFEN ODER VERKAUFEN• und dies einem grossen Kreis von Interessenten mlttellen, dann schslten Sie eine Anzeige Ins „Pester Lloyd" ein. Friedliche Beilegung der Affäre Sztranyavszky. Die nach der bekannten in der evangelischen Synode gehaltenen Rede des Abgeordnetenhaußpräsi­­denten Dr. Sztranyavszky entstandene Affäre wurda im Laufe des heutigen Tages friedlich beigelegt. Während der Abwesenheit des Ministerpräsidenten Dr. Darányi hat sich im Aufträge des Stellvertreters des Ministerpräsidenten Honvédministers Dr. Röder Kultusminister Dr. Human mit dem in Rom weilen­den Ministerpräsidenten telephonisch in Verbindung gesetzt und im Laufe dieses Gesprächs dürften die Grundlinien der friedlichen Beilegung dieser unlieb­samen AlTäre festgelegt worden sein. Ministerpräsi­dent Dr. Darányi begab sich nach seiner Ankunft heute vormittag in seine Wohnung und empfing eine Viertelstunde später den Kultusminister und den Staatssekretär im Ministerium des Innern Dr. Mikecz. Nach einer längeren Unterredung wurden drei von zuständiger Seite stammende Erklärungen ver­öffentlicht, die die friedliche Beilegung der Angele­genheit enthalten. Diese Erklärungen lassen wir nachstehend folgen: Die Erklärung Dr. Sztranyavszkys. Von zuständiger Stelle wird mitgeteilt, daß de* Präsident des Abgeordnetenhauses, Inspektor der evangelischen Kirchendistrikls diesseits der Donav kön. ung. Geheimer Rat Dr. Sztranyavszky Freitag 27. November, den Kultusminister Dr. Höman auf­gesucht und ihm folgendes erklärt hat: -— Ich habe Ew. Exzellenz aufgesucht, um mic> bezüglich der Begleiterscheinungen meiner in det Frage der Reverse auf der evangelischen Synode ge­haltenen Rede vor Ew. Exzellenz, als diem in Reli gionsangelegenheiten zuständigen Mitglied der Re­gierung, zu äußern und ermächtige zugleich Ew. Exzellenz auf Ihren Wunsch, diese meine Äußerung den hiezu zuständigen kirchlichen Faktoren mit zu teilen und auch der Öffentlichkeit bekanntzugefoeiu — Ich bedauere aufrichtig, daß einige meinei auf der Synode gebrauchten Worte in der ungari­schen katholischen Gesellschaft als Beleidigung am gesehen wurden, zumal ich durch mein ganzes Leben und meine öffentliche Tätigkeit dem inneren Frieden, der Beseitigung der Reibungen, Unstimmigkeiten und Entzweigungen zwischen den Konfessionen, der seelischen Harmonie der nationalen Gesellschaft dienen wollte und dienen will. — Ich -würde also mit meiner eigenen grund­legenden Auffassung in Widerspruch geraten, wenn ich mit irgendeiner meiner Erklärungen diejenigen kränken wollte, denen gegenüber ich das vollste Ein­vernehmen fördern will. Gerade darum wünsche ich die infolge meiner Rede entstandenen Gegensätze zu beseitigen und erkläre, wiewohl der Ton eines Teilen­der gegen mich gerichteten Kritiken geeignet wäre, die friedlichen Absichten zu vereiteln, unter voller Auiflrechtenhiältlungl meines in derFrage der Reverse mit dem meiner Kirche identischen Standpunktes vor dein Herrn Kultusminister, daß ich, sollte ich mit meinen Worten gegen meinen Willen auch die katholische Kirche oder meine katholischen ungarischen Brüder verletzt haben, diese meine vielleicht zur Erzeugung ■von Mißverständnissen geeigneten und tatsächlich dazu benützten Worte als nicht gesagt zu betrachten bitte. Besprechungen des Fürstprimas mH Dr. Darányi und Dr. Höman. Von zuständiger Stelle wird hiezu mitgeteilt, daß Kardinal-Fürstprimas Dr. Serédi am 23. v. M. in sei­nem Budaer Palais eine längere Unterredung mit Ministerpräsident Dr. Darányi hatte, in deren Ver­laufe auch die für die katholische Kirche schwer verletzenden Erklärungen Dr. Sztranyavskys in der Synode zur Sprache kamen, zu denen sich die unga­rische Regierung bisher nicht geäußert hat. Der Fürstprimas verlangte unter Betonung des Umstan­des, daß es sich nicht um eine Polemik zwischen der katholischen und der protestantischen Kirche, son­dern um eine vom katholischen Gesichtspunkte aus beleidigende persönliche Äußerung einer eine hohe staatsrechtliche Würde bekleidenden Persönlichkeit handle, vom Ministerpräsidenten eine beruhigende Erklärung in der Hinsicht, daß die erregte katho­lische Bevölkerung für diese Beleidigung eine ent­sprechende Genugtuung erhalten werde. Ministerpräsident Dr. Darányi erklärte im Ein­klang mit seinen in der Antrittsrede enthaltenen Äußerungen im Namen der Regierung, daß er jedes zur Störung des konfessionellen Friedens und der gesellschaftlichen Ruhe geeignete Symptom mißbil­lige und verurteile; er drückte ferner über die Ge­schehnisse sein aufrichtiges Bedauern aus und be­auftragte den Kultus- und Unterrichtsminister Dr. Höman, während seiner Abwesenheit im Namen der Regierung zwecks Anbahnung der befriedigenden Erledigung der Angelegenheit mit dem Kardinal- Fürst primas in Fühlung zu treten. Kultus- und Unterrichtsminister Dr. Hóntan suchte, dieser Betrauung entsprechend, gestern den in Budapest weilenden Fürstprimas Dr. Serédi auf und teilte ihm den Wortlaut der oben veröffentlich­ten Erklärung Dr. Sztranyavszkys mit. Der Kardinal-Fürstprimas nahm als Oberhaupt der un­garischen katholischen Kirche diese Erklärung zur Kenntnis, mit der Begründung, daß er auf die Aus­schaltung aller Symptome großes Gewicht lege, die den seelischem Frieden der nationalen Gesellschaft stören, und gab zugleich vor dem Kultus- und

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