Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1937. január (84. évfolyam, 1-25. szám)

1937-01-01 / 1. szám

jffschen I>étente bereiten wird? Und wer hätte es vorauszusagen gewagt, daß die englische Position im Mittelmeer noch vor Ablauf des Jahres von neuem und noch gefährlicher bedroht wird, wer hätte die europäische Komplikation eines spanischen Bürger­krieges vorausgesehen? All das war unberechenbar und improvisiert, aber über all diese Improvisationen erschien in der zweiten Hälfte des Jahres der Schatten der bewußten Blockbildung: die Kreuz­zugsparole für und wider extreme „Weltanschau­ungen“. Die großen Demokratien der Welt, vor allem England, stellten dieser Propaganda sofort und mit entsprechender Wucht die Antithese gegenüber: „Keine Spaltung der Welt in feindliche Blöcke!“ Und sie halten fest an ihrer alten Methode: an der Diplomatie der Geduld und der Vernunft inmitten einer gewaltsamen, leidenschaftlichen, unvernünf­tigen Welt, Werden sie Oberhand behalten? In diesem Jahre haben die demokratischen Mächte eine Niederlage nach der anderen erlitten. Aber in der Weltgeschichte «my^ht ein Jahr einem Augenblick Smd poch i t ' ; ;ht, d e Übermacht der Demo­kratien der Weli intakt. enn es geiYirgr,~thtf1 gegen neue Überraschungen zu wappnen, die akute Kriegsgefahr’ zu Bannen, dann sind wir alle, Men­schen friedlicher Gesittung, gerettet. Aber der Weg bis dahin scheint noch lang, sehr lang zu sein. Vom Amba-Aradam nach dem Rbeif)lanjr. 4 Die Geschichte desiJahres erheischt mehr die Feder des Strategen^ afs die des diplomatischen »ChioÄisten: Det* Jahresanfang steht im Zeichen der verworrenen Operationen der abessinischen Gegen­offensive und der ruhigen Taktik Badoglios, der seihen Nachschub aufgebaut, und die große Offen­sive vorbereitet hatte. Dies wurde von der Welt zu­nächst als Schwäche der italienischen strategischen Position gedeutet und in Genf, wie in London beriet man über die' Ölsperre. Doch die Ölexperten Genfs kamen zu zweideutigen Beschlüssen, sie hielten die Aussichten einer Ölsperre auf kurze Sicht für äußerst zweifelhaft. Mitte Februar setzt die große italienische Offensive gegen die Bergmassive von 3400 Meter Höhe, gegen den für uneinnehmbar ge­haltenen Amba-Aradam ein. Nach fünftägigen furcht­bar blutigen Kämpfen bricht schließlich der abessi­­nische Widerstand zusammen. Der Weg nach Amba- Aladschi wird frei und nach der fast kampflosen Besetzung dieses Bergmassivs rückt die italienische Armee in Gewaltmärschen nach dem Hauptquartier des Negus, nach Dessie vor. Die fliehenden Truppen der abessinischen Rase werden aufgerieben und in überraschend kurzer Zeit erreicht das italienische Heer den neuralgischen Punkt der engtiisch-abessi­­nischen Beziehungen, den Tanasee. In zwei Wochen hat sich die abessinische Kriegslage von Grund auf geändert. Vom Süden, wie vom Norden dringen die Truppen Grazianis und Badoglios siegreich vor, Italien ist von Freudentaumel erfaßt, der endgül­tige Sieg der italienischen Waffen scheint nunmehr sicher. In diesem Augenblick holt Deutschland zu einem Schlage aus, der der kühnste und groß­zügigste Coup der deutschen Diplomatie seit Jahren gewesen ist: zur Besetzung des Rheinlandes. Noch im Februar zwangen die mißmutigen Radikalen den französischen Ministerpräsidenten Laval zum Rück­tritt, und sein Nachfolger am Quai d’Orsay, Flan­­düi, beeille sich, dem Drängen der Linken nachzu­geben und den französisch-russischen Beistandspakt ratifizieren zu lassen. Dies wurde zum Anlaß der deutschen Aktion,. Schon während der Kammer­­und Senatsdiskussion des Beistandspaktes eröffnete die deutsche Presse ein wahres Sperrfeuer gegen die Ratifizierung des Russeaipaktes, und beliauptete, der Pakt stelle einen Bruch des Buchstaben und des Geistes des Locarnovertrages dar. Am 7. März, nach kaum einwöchigon fieberhaften Beratungen der höchsten deutschen Stellen rückte die deutsche Reichswehr mit klingendem Spiel in die Rheinland­­zone ein, die im Sinne der Artikel 42 und 43 des Vertrags von Versailles und in Sinne des Locarno­­-vwnVsis»- fi&A •t- »gmäqhen Deutsch­land und Frank feien einerseits, zwischen DétrónV land und Belgien andererseits in der Breite von 50 Kilometern zu gelten hatte. Gleichzeitig hielt Hitler eine große Rede vor dem deutschen Reichstag, in der er das Memorandum Deutschlands an die Locarnomächte bekauntgab, in dem der I-ocamo­­pakt gekündigt wurde. Der deutsche Reichskanzler unterbreitete dabei einen Plan zur Regelung der europäischen Probleme, laut dem sich Deutschland bereit erklärte, mit Frankreich und Belgien über die Bildimg einer beiderseitigen entmilitarisierten Zone sofort in Verhandlungen einzutreten, mit ihnen einen Nichtangriffspakt auf 25 Jahre über den Statusquo im Westen abzuschließen, hiezu England und Italien als Garantiemächte einzuladen, eventuell auch die Niederlande diesem Vertragssystem beizu­ziehen. Ferner machte Deutschland das Angebot, einen Luftpakt mit den Weistmächten und Nicht­angriffspakte mit den östlichen Nachbarn Deutsch­lands abzuschließen und in den Völkerbund zurück­zukehren, in der Erwartung, daß der Völkerbund­pakt vom Vertrag von Versailles getrennt und daß die Frage der kolonialen Gleichberechtigung Deutsch­lands in friedlichen Verhandlungen geklärt werde. 12 Tage, die die Welt nicht erschütterten. • 3 • Freitag, 1. Januar 1087 PESTER LLOYD v v W1WKW1WT 3A lange Modepelze, schönstes mii KtrllFi I ifim NEUJAHRSGESCHENK 3ILULKIUUO —^scniiiDEG,«^ Pärlsl-ucca 3 I Feuilleton. Das Glück und seine Abwege. Novelle. Von ARON TAMÁSI. I. Mittagszeit. Die Luft vibriert. Der Sonne ent­strömt die Hitze, verbreitet sich über die Dächer und man hört ordentlich, wie sie von da vor die Kaufläden herabrieselt. Unten auf dem Fahrdamm Bauern. Sie trotten wie müde Tiere dahin, mit Lumpen bepackt und in einem Rudel. Das Herrenvolk dagegen bewegt sich einzeln und mit Leichtigkeit auf dem Bürgersteig. . — --Die-Mittagsglocken läuten. An der Ecke des Hauptplatzes stößt jemand einen jauchzenden Schrei aus. Er enthält ein kurzes Urteil über Leute, die Geld haben. Die Passanten verlangsamen den Schritt neben ihm und beobach­ten ihn lächelnd. Es finden sich auch ein paar Mu­tige, die stehen bleiben. Ihn anzusprechen aber wagt denn doch keiner, obwohl er freundliche Worte an sie richtet. Man fürchtet ihn, wie einen Aussätzigen. — Betrunken, — sagt jemand. — Nicht zu sehr, — verteidigt ihn ein anderer. In der Tat, er Sieht nicht aus, wie einer, den man füglich einen Betrunkenen nennen könnte. Ge­trunken hat er, so viel steht fest, auch ist sein Haar zerzaust und seine Kleider sind zerknüllt; doch blicken seine blauen Augen klar und sein Gang ist nicht schwankend. Er ist gut gewachsen, mager, so um die vierzig herum. Die Weiber trauen ihm so manches zu. Bedächtig, aber entschieden geht er das Trot­toir des Hauptplatzes entlang, bald lacht er, bald verdüstert sich sein Gesicht; den Übergang vollzieht er blitzschnell. Seit der Ecke hat er noch keinen Jauchzer ausgestoßen; spricht auch keinen Men­schen an. . • -Da bemerkt er am Rande des Bürgersteiges ein Tischchen, an dem ein kleines, welkes weibliches Wesen Lose verkauft. Er tritt an sie heran, reicht ihr die Hand. — Mein Name ist Dudik, — sagt er. Das welke Wesen scheut zurück. — Was wird gefällig sein? — fragt sie schüch­tern. Dudik zieht die Augenbrauen zusammen und betrachtet das Frauchen stechend. Dann beginnt er laut zu lachen und gibt sich viel betrunkener, als er in Wahrheit ist. Mit einem leisen Schluchzer sagt er; — Ich möchte ein Glas Kognak haben. Die Welke nimmt sich zusammen und zeigt sich aus geschäftlichem Interesse, oder vielleicht aus Ge­fallsucht, höflich. — Mit Kognak kann ich zu meinem Bedauern nicht dienen. — spricht sie. Dudik lacht; — Aber, Fräulein! Tun Sie doch nicht so, als ob • * s — Nicht im mindesten, — erwidert das kleine Weib. — Dann geben Sie mir also ein Glas Kognak. —- Hinsichtlich Kognaks wollen Sie sich gefäl­ligst ins Wirtshaus bemühen. — Wenn ich mich nun aber just auf Sie ver­steife! Geben Sie mir etwas. Sie nimmt das Bündel Lose in die Hand und läßt die Zettel springen wie Kartenblätter. — Kaufen Sie eins, bitte, — spricht sie. — Sie können eine Million gewinnen. Auch morgen ist Ziehung. Grinsend betrachtet Dudik sie, etwa wie einen Singvogel. Dann nimmt er ihr das Losbündel aus der Hand, auch er läßt die Blätter springen, hebt das Päckchen in die Luft und schreit, m dem Ton, in dem er das Urteil über Leute, die Geld haben, gesprochen hatte: — Klassenlotterie! Er feixt unvermittelt. Im nächsten Moment zieht er einen Loszettel aus dem Bündel, legt die hundert Lei auf den Tisch und entfernt sich wort­los, wie ein-wegtretender Soldat. Der deutsche Schritt schlug wie eine Bombe in den westeuropäischen Hauptstädten ein. Der Zeit­punkt zum deutschen Schlag war glänzend gewählt. Die englische öffentliche Meinung, noch kaum erholt von der heiß-kalten Wechseldusc'he der Überraschun­gen des Hoare-Laval-PIanes und des Sieges der ita­lienischen Waffen in Abessinien, sah sich vor eine neue, ungeheure Gefahr gestellt, an der Seite Frank­reichs gegen Deutschland zu marschieren, oder mit Frankreich zu Wirtschaftssanktionen zu greifen. Jetzt rächte «ich die Balance-Politik Lavals, das Zögern Frankreichs, Sanktionen gegen Italien durchzufüh­ren: Jetzt war an England die Reihe, den Zögernden zu spielen. Die öffentliche Meinung Englands sprach sich fast vollkonrmen einmütig gegen die bewaffnete Intervention ebenso wie gegen antideutsche Sank­tionen aus. Und die englische Regierung unterschied scharf zwischen einem Angriff auf fremdes Gebiet und zwischen der Besetzung von eigenem Gebiet» selbst wenn sie mit einem offenkundigen Vertrags­bruch verbunden war. Dabei lag auch auf französi­scher Seite kein einmütiger Wille zu sofortiger be­waffneter Aktion vor, die französischen Vorschläge an England suggerierten nur schrittweise zu ver­schärfende finanzielle und wirtschaftliche Sank­tionen. Es folgten nun 12 Tage aufregendster diplomati­scher Verhandlungen, 12 Tage, in denen Frankreich und England hart miteinander und mit Deutschland um den Ausweg aus der Krise rangen, nach deren Ablauf aber eigentlich gar nichts außer leeren For­meln vereinbart |tarden konnte. Der Hauptgegensatz zwischen Frank rag* und England bestand in diesen Tagvio dfriv.', dsraaji festhielt, die deutf­sehen Friedensvorschläge zu prüfen . während Frank­reich von keinen Verhandlungen börihe wollte, bevor der Rechtszustand im Rheinlande nicht wiedekfer­­gestellt war. Schritt um Schritt wich England in die­sen Verhandlungen zurück, aber schon die Ausgangs­position war für Frankreich so hoffnungslos, daß das Ergebnis nicht besser ausfalien konnte. Am 19. März vereinbarten die vier Locarnomächte ein Memoran­dum an Deutschland, in dem sie die Feststellung des Vertragsbruchs Deutschlands durch den Völkerbund Er geht in gerader Linie und rasch vorwärts; Alle weichen ihm aus, wie einem Motorzweirad. II. Tags darauf geht Dudik am Vormittag nach dej Promenade hinaus. Sein Gesicht ist fahl, wenn di« Sonne es bescheint; im Schatten ein wenig grünlich Sein Gang ist müde, auch seine Augen sind es. Sein Magen brennt und verlangt nach Nahrung. Um sein letztes Geld kauft er ein Salzbretzel, setzt sich aul eine Bank und beginnt zu essen. Geradezu bröselweise, damit es länger währe. Ein alter Mann nähert sich, gelbe Billette in del Hand. Neben Dudik bleibt er stehen, reißt eines at und reicht es wortlos. — Hab schon eins, — sagt Dudik. — Zeigen Sie, — erwidert der Mann. Dudik erhebt sich, schlägt sich auf den Hintern und setzt sich wieder; sein Gesicht ist jetzt wie da« eines bösen Rangen. Der Alte sagt betroffen; — Sie, ich bin Amtsperson! Und er geht ab. Dudik knabbert sein Bretzel weiter. Nach einer guten Weile kommt ein Mensch heran, der auf dem rechten Fuß stark hinkt. Seip Bein ist so steif, daß es vielleicht gar kein echtes ist Vor Dudik bleibt der Mann stehen, betrachtet ihr kurze Zeit und grüßt dann mit unsicherer Stimme — Servus, Dudik. Es währt Augenblicke lang, ehe auch Dudik ihn erkennt. — Servus, — grüßt er dann recht gleichmütig zurück. Der Hinkefuß setzt sich neben ihn. — Meines Namens entsinnst du dich wohl nicht mehr? — fragte er. — Das nicht. Zonda heiß ich. Erinnerst du dich jetzt? — Jetzt schon ja. . — Hast du ein Stelldichein? Wenn ja, dann stör ich dich nicht weiter.

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