Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1937. április (84. évfolyam, 72-97. szám)

1937-04-01 / 72. szám

PREIS 16 FILLÉR „ . Anzeigenannahme. Bezugspreise. ",_1.. In Budapest in der Administration de« . ' . " J Pester Lloyd und in den AnzeiRevermitt­- “aa«-*8* II ¥ | Ilm# ii SSSä in Osterrei.*jÄ Kre^nd, P* M ggü MM g I SK 1 91 ÄSÄiS g§ if - _. ^| §§ If - I I I ifl I | fl H n«T nich‘ JS ULI 1 flJlflfli BJ H Mmm JL MM auch durch Morawa*Co. I. Woilzeilc 11. ■■ ■HBBHI ÉHl ARBI SHI flí AWlHI IAH Administration jede Verantwortung ab. Einzelnummer: Redaktion und Administration &S&S2BMORGENBLATT B In Österreich: Morgenblatt an Wochen- / _ Redaktion: 1-348-20, nach Mitternacht tagen 30 ^ 40 0r' V ' ____________________________1-848-26. Administration: 1-349-00-84. Jahrgang- Budapest, Donnerstag, 1. April 1937- Nr. 72 Kronungsfíeber. Budapest, 31. März. (sz—ai.) Nur wer keine Ahnung vom Geiste hat, der England beseelt, kann den Bewohnern des Insel­­ireichs vor werten, sie machten aus jeder nationalen Sache ein Geschäft. Genau das Gegenteil ist nämlich wahr: in Großbritannien bedeutet selbst das Geschäft eine nationale Angelegenheit. Geschäftssinn und Nationalgefühl haben dort eine gemeinsame Funk­tion: beide tragen zur Größe und Macht des British Empire bei. Nirgend zeigt sich dieser Nationalismus des Ge­schäfts klarer als in den Vorbereitungen zur Krönungsfeier, in jenem Krönungslieber, das gegen­wärtig England ergriffen hat. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um das größte Geschäft des Jahr­hunderts. Hunderttausende von britischen Unter­tanen, die in den Kolonien und Dominien leben, haben bereits ihre SchifTskarten gebucht, um jene einzigartige Gelegenheit nicht zu verpassen, die ein Englandbesuch im Jahre der Krönung bietet; die Schiffahrtgesellschaften, die sich noch immer nicht ganz von den Folgen der Krise erholt haben, ver­zeichnen ein Rekordgeschäft. Da ganz England An­züge, Hemden und Krawatten in Krönungsfarben haben will, läuft die Textilindustrie auf vollen Touren, um jene Stoffe in „coronation blue“ mit eingewebten roten und goldenen Fäden herzustellen, die am 12. Mai nicht nur „fashionable“, sondern „duty“ sein werden; die Fahnentücher bilden ein Kapitel für sich. Illustrated London News kündigt bereits an, daß es drei Krönungsausgaben für das Weltreich vorbereitet, und zwar in einer Gesamt­auflage von 20 Millionen Exemplaren. Der Kurs von Hermelin ist auf dem Londoner Pelzmarkt um 200 Prozent gestiegen, da einige tausend Lords, Ladies, Peers und Peeresses ihre Roben bestellt haben, die nach den Vorschriften des Hofmeister­amtes verbrämt werden müssen. Die schottischen Holzschnitzer und die Waleser Bronzegießer können keine Aufträge mehr entgegennehmen, da sie samt ihrer ganzen Familie seit Monaten nichts wie Krönungsandenken hersteilen. Und die großen Warenhäuser, deren Besitzer sich nach der Ver­fassungskrise im Herbst die Haare ausgerauft haben, weil sie nicht wußten, wie sie die Millionen von Tee­tassen, Kirawattenmadeln, Taschentüchern und Tabakbeuteln loswerden sollten, die alle mit dem Bilde Eduards VTII. versehen waren, reiben sich nun zufrieden die Hände, weil das Publikum ihre Läden um dieser Andenken willen geplündert hat und sie (dasselbe Geschäft nun zum zweitenmal machen kön­nen, indem sie erneut Millionen von Tintenfässern, Lampenschirmen, Strümpfen und Pfeifen mit dem Bildnis Georgs VT. feilbieten. Es ist also ein Bombengeschäft! Ein Bombengeschäft? Nicht anehr als das? Um diese Frage zu beantworten, möge mein folgendes bedenken. Großbritannien hat etwas weniger als fünfzig Millionen Einwohner, das Britische Reich dagegen etwas weniger als eine halbe Milliarde. Auf jeden Engländer des Inselreichs entfallen daher neun englische Untertanen, die in irgendeinem ent­fernten Weltteil, in Australien, Asien, Afrika oder Amerika, wohnen. Was verbindet aber die entlege­nen überseeländer mit dem Mutterlande? Nun, so weit es sich um Dominien handelt, eben nur der je­weilige König von England! Nicht etwa die Krone selber, nicht irgendeine staatsrechtliche Idee — nein, das Westminster-Statut vom Jahre 1931 bestimmt es ganz eindeutig: die Person des Flerrschers, also ge­genwärtig König Georg VI. einigt das Britische Reich. Jeder Strumpf, jede Pfeife, jedes Tintenfaß und jedes Taschentuch also, das sich dler Kanadier, Australier oder Südafrikaner in London kauft, mit nach Hause trägt und dort als Erinnerung für sich selber, für seine Kinder und für seine Enkel aufbe­­wahrt, trägt jenes Zeichen — das Bild des Königs —, das das Britische Reich Zusammenhalt. Und wie an­ders wird der indische Maharadscha, der afrikani­sche Häuptling oder auch bloß der Schuhhändler von Sydney und der Farmer von Manitoba über die Macht und Einheit des Britischen Reiches denken, wenn er einmal, inmitten einer jubelnden Menge, dem König von England ein Hurrah zurufen durfte, als der Herrscher, begleitet von den Staatsoberhäup­tern und Vertretern fast aller Länder der Erde, in festlichem Gewände an ihm vorbeischritt. Der Pro­vinzialismus, der nirgend stärker ausgeprägt ist, als in dein Ländern des Britischen Reiches — wo selbst der Londoner kein Engländer, sondern ein Cockney ist und der Schotte mit dem Miann von Surrey nichts gemein haben will, wo jedes Dominion, ja selbst jede kleinste Kolonie ihr Eigenleben hat —, löst sich in der begeisterten Stimmung der Krönungsfeier auf. Britannia rules the wawes? Nein, Britannia rules the souls! — Britannia beherrscht die Seelen. Und das Krönungsíieber, diese seltsame Ansteckung, ge­gen die kein britischer Untertan immun ist, wird nicht so bald von den Befallenen weichen — jene Flüsterpropaganda, die die Teilnehmer, vom Feste iheimkebrend, in allen Weltteilen, im Familien- und Freundeskreise mit ihren abenteuerlichen Erzählun­gen, kleinen Aufschneidereien, bunten Reiseerlebnis­sen treiben werden, besorgt es schon, daß der Glanz, den der 12. Mai ausstrahlt, noch viele Jahre nicht ver­blaßt. Und das ist natürlich ein politisches Faktum. einfach nicht. Haben Sie drüben auf Guadeloupe denn gar nichts von den Veränderungen auf Efate gehört?“ „Gott, man erhält alle Zeitungen so verspätet. Was hat es denn hier gegeben?“ „Erdbeben.“ „Na, die gab es immer. Da sagen Sie mir nichs Neues. So oft der Vulkan Tanna oder der Ambryn ein bißchen spuckte, wackelten bei uns in Port Vila die Bungalows.“ „Na, es ist ja auch nicht allzufern von einander. Aber das ist jetzt viel ärger. Seit zwei Jahren geht das sozusagen ununterbrochen, Tag und Nacht. Die Insel kommt überhaupt nicht mehr zur Ruhe. Und das ist auch der Grund, warum wir alles aus- und einbooten müssen. Im Hafen, den Ihr Euch noch so schön aüsgebaggert habt, hat sich der Boden um über 30 Meter gehoben. Wie soll ich da herein­kommen?“ Der alte Pflanzer hat darauf keine Widerrede mehr. Ja, die Vulkane! Er erinnert sich an so man­cherlei. Einmal versuchte er, sich an der Schwefel­gewinnung in Spalten des Tanna zu beteiligen. Da schütterte der Berg unter ihren Füßen, sie ließen die halbvollen Säcke liegen — (dazumal waren Säcke noch so teuer!) und rannten um ihr Leben, er und seine Kanaken, wie furchtbesessene Teufel! Und eines anderen Tages lag seine junge Kokospflanzung voll von angeschwemmten Bimssteinen, die über die Lagunen von Ambryn herübergetrieben wurden. Und immer die Erdbebenangst. Und die Inseln, die aufstiegen und untersanken, über Nacht, und nichts sah man mehr, als ein paar hellgrüne Wasserflecke, in denen Asche wie graues Schleiergewölk schwebte. Und war es jetzt viel anders? Da lebte er in Guadeloupe nahe bei Point ä Pitre, dieser hübschen, stillen Stadt. Was stille Stadt, dreimal, viermal Die weltpolitische Bedeutung der Krönungs-t feierlichkeiten für das Reich wird ins richtige Licht gerückt durch dtie Tatsache, daß die Empire-Konfe­­renz in unmittelbarem Anschluß an sie, am 14. Mai, .stattfindet. Die Stimmung des Festes wird natürlich auch auf die Teilnehmer dieser politischen Tagung ihre Wirkung nioht verfehlen und so ist man in England der berechtigten Hoffnung, daß die Zu­geständnisse, die der Vorsitzende Baldwin zu erwir­ken hat, den Verhandlungspartnern nicht allzu schwer fallen werden. D em Fünfjahresplan der Rüstungen muß nämlich — und Wiezu ist eben die Zusammen­arbeit mit den durchaus autonomen Dominiums­­regiernngen notwendig — durch eine entsprechende Wirtisehafts- und Wcihrpolitiik der Überseeländer ein festes Fundament gegeben werden, was freilich eine gewisse Beanspruchung der materiellen Kräfte des ganzen Imperiums erforderlich macht. Die Rede, mit der Baldwin die Empire-Konfe­renz beschließt, wird sein Schwanengesang sein. Als letzte Ehrung während seiner ruhmreichen politi­schen Laufbahn empfängt er einige Tage später den Besuch des Herrscherpaares an der Stätte seines Wirkens, in 10 Downing street, und dann verwirk­licht der siebzigjährige Staatsmann, wie nunmehr endgültig feststeht, seine Rücktrittsabsichten. Der Mann, der zu seinem Nachfolger erkoren ist. Neville Chamberlain, wird noch die Burgfriedensstimmung des Kfönungsmonats ausnützen können, um am Ka­binett in aller Ruhe die Rekonstruktionsarbeiten vor­zunehmen, die — wie der Fünfjaihresplan der Rü­stungen — notwendig sind, um auch mit dean Rest jener Politik aufzuräuinen, die an die Schwäche der Demokratien glauben ließ. In London spricht man vom bevorstehenden Austritt Ramsay Macdonalds aus dem Kabinett, sowie vom Eintritt Winston Chur­chills, womit die Linie klar vorgezeichnet wäre, die das zukünftige Nationalkabinett befolgen will. Um­­besetzungien verschiedener Posten, über die man munkelt, weisen in dieselbe Richtung — England besinnt sich auf seine europäische Aufgabe in Krieg und Frieden! Die Gloriole, die die Krönungsfeier umgibt, er­scheint demnach als ©íme Ausstrahlung des gesunden britischen Macht- und Pfl'ichlbewußtseins. Da aber ein gesundes England wahrlich die Voraussetzung eines genesender Europa ist, so darf der naive Fi*»h­­sinn und der Optimismus, mit dem das englische Volk seinem großen Festspiel entgegenblickt, auch in Europa Freude und Hoffnung erwecken — ein Strahl des Lichtes, in dem die Insignien des briti­schen Reiches aufleuohten, fällt auch auf diesen düsteren. Kontinent. Feuilleton. Vulkane umgürten die Erde. Von ANNIÉ FRANCÉ-HARRAR. „Können wir an den Kai heranfahren?“ „Aber keine Spur! Was denken Sie denn?“ „Aber ich weiß doch, wie man den Molo ge­baut hat. Das ist noch keine zehn Jahre her. Also sehe ich nicht ein, warum man nicht am Molo an­­legen soll.“ Der alte Pflanzer, der auf die Antillen ausge­­wandert ist, weil ihm der Reichtum in der Südsce nicht so schnell zufloß, als er sich einbildete, daß es geschehen müßte, strich den weißen Bart, den das dunkelgebräunte Gesicht noch silbriger machte. Ganz richtig, als er die Insel Efate, die zu den Neuen Hebriden gehört, verließ, schien die kleine, fran­zösisch-englische Stadt Port Vila im schönsten Auf­blühen zu sein. Er selber hatte noch beigesteuert zur Errichtung des langen, fest aufgeschütteten Kais, der es ermöglichen sollte, daß Baumwolle, Kaffee und Kakao und vor allem die Kopra gleich vom Land aus in die großen Frachtschiffe eingela­­den werden konnten, die alle Vierteljahre die ein­samen und wilden melanesischen Inseln der Reihe nach anliefen, um dort die aufgestapelten Rohstoffe und Produkte der Koralleneilande abzuholen. Also ■weshalb wollte der Kapitän jetzt nicht davon Ge­brauch machen? In der Zwischenzeit konnten Dämme, Geleise und Holzstege unmöglich so zer­fallen sein! „Ich sehe nicht ein ..begann er abermals hartnäckig. Der Kapitän behielt seine Geduld. „Aber, Mr. Brown, was ist da viel einzusehen? Ich kann ganz hatten schreckliche Erdbeben sie flach auf den Boden gelegt, wie eip Kartenspiel! Und drohte nicht der böse, alte Vulkan, die Grande Soufriére, drüben von der anderen Seite der Bucht, rotgrau, düster, immer in Wolken begraben, wirklich die „große Raucherin“? Und erst in Martinique, vor e nem Vierteljahrhundert, dieses grauenvolle Unglück mit dem Mont Pelée. Und in der ganzen schöneu, glühenden, von Fruchtbarkeit überquellenden Antillenwelt, was anderes fürchtet man denn, so wie die Sonne einmal flammender als sonst unter­ging — Erdbeben fürchtet man, stürzende Lava­ströme, Bergflanken, die in zuckenden Spalten aus­­einanderbarsten, unvorstellbar heiße Dampfwolken, unter denen alles verkohlte und selbst die Steine schmolzen, giftige Gasschwaden, ausbrechend aus unbekanntem Geklüft, — das fürchtet man, weil man es kannte. Und wenn man eine Zeitung zur Hand nahm, da las man dann, daß der Krakatau, fern bei den Sundainseln wieder Feuer spie, oder daß in Japan zum so und sovielten Male wieder Städte in schrecklichen Erderschütterungen eingestürzt sind und Hunderte von Menschen wie Kieselsteine be­graben hätten. Ja, ging denn diese Verwüstung durch Vulkane um die ganze Erde! Der alte Pflanzer, der so wenig von wissen­schaftlichen Meinungen über den Zustand der Erde weiß und praktisch so viel von den plötzlichen Ver­änderungen durch Vulkanismus erlebt hat, denkt das Richtige: Vulkane gehen wirklich um die ganze Erde, oder, wenn man es genauer sagen will, unser Gestirn trägt einen breiten Gürtel um seine Mitte, der erfüllt ist mit Erdbebengebieten und feuer­speienden Bergen — obgleich man glaubt, daß das eine mit dem anderen nicht einmal ursächlich und unbedingt zusammenhängt. Denn es gibt zweierlei Arten von Erderschüt-

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