Pester Lloyd - esti kiadás, 1937. április (84. évfolyam, 72-97. szám)
1937-04-01 / 72. szám
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Die öffentliche Meinung der westlichen Großmächte, namentlich Frankreichs, blickt der Belgrader Konferenz mit ziemlich geringen Erwartungen entgegen und diese Stimmung kommt im gestrigen Leitartikel des Temps in einer überraschend offemnutigen Weise »um Ausdruck. Der Temps sieht klar, daß in der Politik der einzelnen Mitgliedstaaten der Kleinen Entente eine Neuorientierung eingetreten ist. die einen Parallelism's der außenpolitischen Linienführung der drei Staaten — der übrigens auch bisher nur in der ungarischen Frage vorhanden war — nicht weiter zuläßt. Das Organ des Quai d’Orsay weist darauf hin, daß „Jugoslawien sich wirtschaftlich Deutschland näherte, auf politischem Gebiete seine Koketterie mit Italien begann, die dann zum Belgrader Abkommen geführt hat. In Rumänien ist der Einfluß der deutschfreundlichen Elemente gewachsen und selbst die Tschecho-Slowakei verzichtete darauf, sich einer Verständigung mit Deutschland prinzipiell zu verschließen“. Der Ton dieser Skizzierung der außenpolitischem Tendenzen im Südosten kann die französische Öffentlichkeit nachdenklich stimmen. Freilich tröstet sich das führende französische Organ damit, daß alle diese Entwicklungen nur kurzfristiger Natur seien, und im Falle einer Stärkung der Völkerbundpolitik auch die Beziehungen der Kleinen Entente zu den Westmächten wieder gefestigt werden könnten. Aber auch das französische Blatt bringt nicht so viel Optimismus auf, um solche Entwicklung in naher Zukunft zu erwarten, und so begrüßt es wohl oder übel das italienisch-jugoslawische Abkommen unter Betonung dessen, daß die französischen Beziehungen zu Prag, Bukarest und Belgrad nicht gelockert werden.' Ob die Hoffnungen des großen französischen Organs sich erfüllen werden, bleibt abzuwarten. Die Atmosphäre, in der die Belgrader Konferenz beginnt, ist jedenfalls wie das Frühlingswetter: kühl und veränderlich. Unsere heutigen Meldungen über den Beginn der Konferenz lauten wie folgt: Belgrad, 1. April. (Inf.) Der offizielle Empfang der Außenminister iirofta und Antonescu fand heute vormittags um halb 10 Uhr genau nach dem festgesetzten Programm statt. Der Bahnhof und die öffentlichen Gebäude waren mit tschechoslowakischen xi. rumänischen Fahnen geschmückt. Das Programm des Empfangs war dasselbe wie in der Vorwoche bei der Ankunft des italienischen Außenministers Grafen Ciano. Zur Begrüßung der Gäste waren erschienen: Ministerpräsident Stojadinovics, Kriegsminister General Maries, mehrere Mitglieder der Generalität, der Bürgermeister von Belgrad und die Spitzen der Behörden. Von den Mitgliedern des diplomatischen Korps waren der griechische und der türkische Gesandte anwesend als Vertreter der Balkanstanten, während der tschecho-slowakische und der rumänische Gesandte schon in Zimong mit ihren Außenministern zusammengetroffen waren. Nachdem die beiden Außenminister in Begleitung Stojadinovics’ und General Maries’ die Front der Ehrenkoinpagnie abgeschritten hatten, begaben sie sich in den Hofwartesalon, wo Krofta eine zusammen mit Antonescu verfaßte kurze Erklärung in serbischer Sprache an die dort versammelten Journalisten verlas. Die Erklärung spricht zunächst von wichtigen Ereignissen, die sieti in der letzten Zeit abgespielt haben und bei denen Jugoslawien eine bedeutsame Rolle zugekommen sei. Die gegenwärtige Konferenz der Kleinen Entente werde sich mit allen diesen Ereignissen beschäftigen. Sensationelle Beschlüsse seien jedoch nicht zu erwarten, da der Pakt der Kleinen Entente solche Sensationen aussoliließe. Die [Außenminister der drei Länder der Kleinen Entente Stehen in ständiger Verbindung miteinander und vertiefen diese Beziehungen auf den Konferenzen der Kleinen Entente noch mehr. Die jetzige Konferenz der Kleinen Entente werde deshalb wieder in Belgrad abgehalten, weil Stojadinovics infolge seiner innerpolitischen Verpflichtungen Belgrad gegenwärtig nicht verlassen könne. Die Erklärung stellt schließlich für morgen abend nach Abschluß der Konferenz Mitteilungen an die Presse über die Ergebnisse der K ernte reu za rbei ten in Aussicht. Nach Verlesung dieser Erklärung begaben sich die drei Außenminister in das Außenministerium, wo sofort die erste Sitzung der Konferenz begann. Paris, 1. Aipril. (ilnf.) In hiesigen politischen Kreisen nimmt man nicht an, daß die Entscheidung, vor die die diesmalige Konferenz der'-Kleinen Entente in Belgrad gestellt ist, die Beantwortung des französischen Angebotes zum Abschluß eines militärischen Beistandpaktes, schon in der heutigen Besprechung der Außenminister fallen werde. Die endgültige Entscheidung dürfte der persönlichen Unterredung Vorbehalten bleiben, die der tschecho-slowakische Staatspräsident Dr. Benes unmittelbar nach seiner Ankunft in Belgrad mit Stojadinovics haben wird. Dr. Benes soll angeblich die Absicht haben, Jugoslawien eindeutig vor die Wahl zwischen der Politik der kollektiven Sicherheit und der bilateralen Verträge zu stellen. Belgrad, 1. April. (Inf.) Die heutigen Morgenblätter widmen dem Ereignis Leitartikel, in denen sic darauf hinweisen, daß die Einigkeit unter den Ländern der Kleinen Entente auch weiterhin ungeschwächt sei. Vreme bezeichnet als Hauptgegenständc der Beratungen die Abkommen Jugoslawiens mit Bulgarien und Italien, das Spanienproblem, die Beziehungen der drei Länder zu den anderen Großmächten• und schließlich das Grundproblem der Kleinen Entente, die Beziehungen zu Österreich und Ungarn. In allen diesen Fragen herrschte dieselbe Auffassung vor, nämlich die der Aufrechterhaltung des Friedens• Das Blatt meint, daß keinerlei Gründe für eine Schwächung der Kleinen Entente beständen. Die Angelegenheiten des Friedens in Europa stehen noch nicht auf so festen Füßen, daß es erlaubt wäre, die Kräfte der Kleinen Entente zu schwächen. Das Blatt ist überzeugt, daß die heutige Konferenz eine neue Bestätigung der Solidarität der Kleinen Entente bringen werde. Probleme der neuen indischen Verfassung, Die India Act, die 1935 vom englischen Parlament votiert wurde, ist heute in Kraft getreten. Ihre Wirksamkeit ist jedoch zurzeit noch eine rein juristische, da sich ihrer praktischen Durchführung im politischen Leiben Indiens vorerst beträchtliche Scliwierigkeiten entgegenstellen. Die neue Verfassung bedeutet nämlich wohl einen Fortschritt auf dem Wege zur Selbstverwaltung Indiens, doch haben sich bei der Parfamentsdebatte der Gesetzvorlage starke konservative Kräfte geltend gemacht, die es verhinderten, daß die Reform so durchgreifend gestaltet werde, wie es die liberal gesinnten Politiker oder gar die Führer der indischen Freiheitsbewegung wünschten. Das letzte Ziel der britischen Politik ist natürlich auch in Indien die Herstellung eines bundesgenossenschaftliehen Verhältnisses mit dem Mutterland, wie es in den Beziehungen zu den Dominien im Westminster- Statut durchgesetzt wurde; doch gehen die Meinungen darüber stark auseinander, oh das Bewußtsein der natürlichen Verbundenheit Indiens mit England bei den indischen Politikern bereits dermaßen ausgeprägt ist, daß die Zügel völlig gelockert werden können, ohne daß mit der Zeit ein Abfall Indiens vom Imperium befürchtet werden müßte. Aus solchen Bedenken heraus wurden in die India Act Bestimmungen aufgenommen, die den Gouverneuren der Provinzen gewisse Sonderrechte gegenüber den indischen Provinzlandtagen sicherten, was in den Augen der extremistischen Führer alle Vorteile zunichte machte, die in der Ausdehnung des Wahlrechts und in der Konstitution von freien Provinzlandtagen im Sinne der neuen Verfassung gegeben waren. Und so erklärte der Führer der Indischen Kongreßpartei, der Nachfolger Gandhis, Pandit Jawaharlal Nehru, anläßlich der Eröffnung des Kongresses am 21. April vergangenen Jahres, er verweigere jede Zusammenarbeit mit der imperialistischen Macht Großbritannien, denn eine Lösung der indischen Probleme könne nur der Sozialismus und nicht eine neue, von England aufgezwungene Verfassung bringen. Immerhin lehnte der Kongreß den radikalen Antrag, jegliche Mitarbeit an der Durchführung der neuen Verfassung von vornherein abzusagen, mit 487 gegen 255 Stimmen ab. Die Wahlen zu den Provinzlandtagen, die in der zweiten Hälfte Februars stattfanden, endeten, wie erwartet, mit einem Sieg der Kongreßpartei in den Provinzen Madras, Vereinigtes Agra und Ough, Pundschab. Bihar, Orissa und auch in den Zentralprovinzen errang die Partei Nehrus <fie Mehrheit. In den übrigen Provinzen, nämlich Bombay, Bengalen, Assam, Sindh und in der Nordwestgrenzprovinz, blieb der Kongreß zwar in der Minderheit, doch angesichts der sonstigen Fraktionszersplitterung als einzige regierungsfähige Partei. Nun nahmen Nehru und Genossen die große Gelegenheit wahr, die in der Besetzung der Provinzialregierungen durch ihre eigenen Leute bestand, und knappe zwei Wochen vor dem Inkrafttreten der Verfassung, am 16. März 1. J., beschloß die Versammlung der Kongreßparteiabgeordneten mit 127 gegen 70 Stimmen, den Parteimitgliedern den Eintritt in die Provinzialregierungen zu geslatten. Dieser Beschluß wurde in England aufs lebhafteste begrüßt. Die drei klugen Taktiker, die die Schicksale der indischen Freiheitsbewegung leiten, der schon erwähnte Pandit Nehru, dann Sublias Bose und Vallabhai Patel, sahen nun die Gelegenheit gekommen, um auf einer neuen Grundlage einen Vorstoß gegen die Beschränkungen der Verfassung zu versuchen. Sie erklärten, die Tatsache, daß sie dem Eintritt ihrer Vertreter in die Provinzialregierungen zustimmten, sei ein prinzipielles Zugeständnis, das sie an England machten, doch würden sie die Bereitschaft zur Teilnahme an der Regierungsbildung nur dann in Taten umsetzen, wenn auch England seinerseits ein Zugeständnis macht, indem es die Gouverneure der Provinzen auf ihre verfassungsrechtlich eingeräumten Sonderrechte verzichten läßt. Dieser Vorschlag wurde an Ixmdon weitergeleitet, wo er ziemlich peinlichen Eindruck machte, da der Regierung séhr viel daran liegt, die Einführung der neuen Verfassung möglichst reibungslos zu gestalten. Darüber hinaus, war man irt maßgebenden konservativen Kreisen der Ansicht, daß dieses in letzter Minute geäußerte Ansinnen einer Erpressung gleichkomme. Daher war die Antwort, die die Regierung an die Leitung der Kongreßpartei erteilen ließ, abschlägig. Hierauf antwortete nun Nehru mit der Verkündung des demonstrativen Generalstreiks am Tage des Inkrafttretens der Verfassung und dlie Streikparole wurde auch, wie aus unserem weiter unten veröffentlichten Bericht hervorgeht, durchweg befolgt, Um auf die Verwirklichung der Verfassungsidee der Provinzregierungtn nicht ganz verzichten zu müssen, werden jetzt, mit tatkräftiger Unterstützung der Gouverneure, Minderheitsregierungen gebildet, an denen die Kongreßpartei selbstverständlich keinen Anteil hat. So sind heute bereits in neun von den elf Provinzen solche Kabinette ins Leben gerufen worden. Nun müssen sich aber diese Interimsregierungen im Sinne der Verfassung innerhalb von sechs Monaten den Provinzlandlagen stellen, um das Budget vorzulegen. Dann wird es freilich — falls inzwischen die Verhandlungen mit der Kongreßpartei zu keinem Resultat führen — zu einem Mißtrauensvotum und zu einem Rücktritt der Kabinette kommen, worauf die zuständigen Gouverneure entweder die Möglichkeit haben, den Landtag aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben oder eben vom ihrem heißumkämpften, doch in der Verfassung gesichertem Sonderrecht Gebrauch zu machen haben, im Interesse der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung auf dem Verord- * nungswege zu regieren. In England hofft man, daß die Drohungen mit der festem Hand der Gouverneure genügen werden, um die Führer der Kongreßpartei zu einer konzilianteren Haltung zu zwingen, oder zumindest ihre Anhänger, die vielleicht nicht alle so radikal gesinnt sind, für die Sache der Verfassung zu gewinnen. Die gleiche Siegesgewißheit herrscht selbstverständlich auch im Läger der indischen Nationalisten. Wie der Kampf ausgehen wird, ob er sich in die Länge zieht oder bald in einen Kompromiß mündet, kann heute noch niemand wissen. Jedenfalls hat die Einfühlung der neuen Verfassung wieder einmal die tiefen Probleme der englischen Herrschaft in Indien aufgeroüt. London, 1. April. (Inf.) In der Botschaft an das indische Volk zur Einführung dcr neuen Verfassung erklärte König Georg VI., er könne diesen historischen Tag nicht vorübergehen lassen, ohne seinen indischen Untertanen zu versichern, daß seine Gedanken und guten Wünsche heute in Indien seien. ..Mit dieser Verfassu.ngtsreform,'‘ schließt die Botschaft, „fangt für Indien ein neues Kapitel an, und es ist meine aufrichtige Hoffnung und mein erstes Gébet, daß das indische Volk die mit der neuen Verfassung gegebenen neuen Möglichkeiten weise und großmütig zu seinem eigenen dauernden Segen ausinlüfeen werde,“