Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1937. október (84. évfolyam, 223-248. szám)

1937-10-01 / 223. szám

PESTER LLOYD # g • Freitag, 1. Oktober 1937 (fojLCAtte AUL' /jzJoUaHm^ . EXTRA 2. csöves Qhanciard Radio AKAMy-£0R02AY Radiokauf — Vertrauenssache Telephon 136—068 koniglion ungariscne unu rtof-musikinsvrumantenrttlmK m-708 VII., Rákóczi-ut 60. Der allergrösste und allerschönste Radiosaal des Landes zwar je nach ihrer Weltanschauung. Die radikalen Fürsprecher der Isolierung meinen, England müsse mit jeder Macht einig bleiben, solange sie nicht englische Interessen unmittelbar angreift, und im übrigen der Welt ihren Lauf lassen. Die radikalen Anhänger des absoluten Rechts meinen, England müsse zum Mittelpunkt einer Machtorgan!satkm des Rechts werden, die jeden Angreifer sofort bestraft. Die Politik der Regierung hält die Mitte zwischen diesen ideologischen klaren Fronten. Sic zeigt sich nicht desinteressiert an auswärtigen Vorgängen und auch picht gewillt, in jedem Falle sofort die letzten Risk en. auf sich zu nehmen. Sie ist eben optimistisch: sie glaubt, daß auf ihrer Seite immer genügend Macht stehen wird, um mögliche Gegner abzu­schrecken. Und schließlich ist für alle drei Richtungen be­zeichnend, daß sie an keine starre Ordnung glauben. Die Anhänger der Isolierung finden sich mit Ände­rungen auswärtiger Zustände am leichtesten ab; ihr Mißerfolg kommt aber daher, daß sie die Rolle Englands selbst als starr auffassen. Wenn eine Ent­wicklung erfolgt, in die England nicht eingreift, dann kann sie in einer veränderten Welt plötzlich wehrlos dastehen. Das weiß die englische Öffentlich­keit heute nur zu gut, und sie sucht nach dem rich­tigen Grad und der richtigen Methode des Ein­greifens in die europäische Politik. Nun ist noch zu bedenken: selbst die radikalsten Anhänger der absoluten Rechtsordnung fassen das Recht nicht als unwandelbar auf, sondern' erblicken in seiner Ent­wicklungsfähigkeit ein unerläßliches Merkmal jeder lebensfähigen Rechtsordnung. Der Gedanke der friedlichen Veränderung, des „peaceful change“, steht im Mittelpunkt aller englischen Erörterungen über prinzipielle Fragen der Politik. Politik der Verständigung mit Italien vorwärts­­getriebon halben, so geschah cs nicht, um Deutsch­land etwa zu isolieren (ebenso wie es ihnen auch nie ein fallen wird, an einer Isolierung Sowjetruß­lands mitzuwirken); sie wollten es einfach vermei­den. eiinem zerfallenden Kontinent gegenüber den Schiedsrichter spielen zu müssen. Jetzt wollen sie zunächst das spanische Problem aus der Welt schaf­fen, und zwar unter Wahrung des Rechts. Wenn das gelingt, dann glauben sic, daß dem Zerfall des Kon­tinents in feindliche Gruppen Einhalt geboten wer­den kann. Was geschieht aber, wenn es nicht gelingt? Der tief wurzelnde Optimismus, von dem wir eingangs gesprochen haben, verbietet es eigentlich den Eng­ländern, sich diese (Frage in ihrer ganzen Schroffheit vorzulegen. Nur die radikalen politischen Denker befassen sich mit dem Katastrophenproblem, und hatte sein Herz nicht verlassen. Mußte es nicht eben­falls als ein göttliches Zeichen angesehen werden, daß er auf der ersten Seite der Abendzeitung, kaum daß er sie aus den Händen des Kellners nahm, den fettgedruckten Titel erblickte: „Arbeitslosigkeit im Auf hören.“ — So ist es, nickte er zustimmend, und wenn Gott will, wird sie um fünf Uhr völlig aufgehört haben. . Dennoch durchbebte von Zeit zu Zeit ein ängst­licher Zweifel seine Seele, Gott konnte es ihm nicht übel nehmen, dachte er dabei erschrocken, nur von ihm hängt alles ab, unterdrückte er sofort seinen sündhaften Zweifel. Dann begann er sich die Rolle Gottes in Verbindung mit den Stellungsuchenden auszumalen. Er dachte an seinen zukünftigen Chef. Wenn Ihm das Mittagessen gemundet hat, wenn seine Zi­garre guten Zug hatte, wenn seine Aufmerksamkeit nicht vor mir durch einen anderen in Anspruch ge­nommen wurde, wenn ihm einfallen würde, daß ich auch voriges Jahr dem Unternehmen Geschäfte ge­bracht habe, aus dem einen ist zwar nichts gewor­den, an den zwei anderen aber hat die Firma verdient. Er malte sich, erst zaghaft, dann aber mit im­mer größerer Zuversicht, die ganze Szene aus. Warum sollte ein anderer den Posten bekom­men, warum nicht ich? Ich werde aufrichtig mit dem alten Schreiber sprechen. Herr Schreiber, werde ich ihm sagen, Sie sind jetzt Gottes Bundesgenosse, Ihnen ist die Möglichkeit gegeben, mich aus der Hölle des Elends, der Finsternis, des völligen ma­teriellen und moralischen Bankrotts zu er­retten. Dieser Müßiggang richtet mich zu­grunde, Herr Schreiber. Meine besten Kräfte verküm­mern, weil sie sich nicht betätigen können. Ich... ich werde Wunder tun, wenn Sie mir den Platz an jenem Bureautisch geben. (Der Tisch war leer, nur die dort vergessenen Röllchen des Verewigten leuch­teten darauf gespenstisch.) Ich*werde mit voller An­spannung meiner Kräfte am Aufblühen der Firma arbeiten. Sie__Sie kennen mich nicht, ich werfe mich mit einer Gier, mit einem Heißhunger auf die Arbeit, wie ein ausgehungerter Mensch auf die Speise. Ich flehe Sie an, Vielleicht werde ich vor ihm auf die Knie sinken und seine Hand küssen. Nein, nein, das ist lächerlich. Der Mensch kann sich nidht so erniedrigen. Was würde er von mir denken? Im Gegenteil: Na, Onikel Otto, werde ich zu ihm sagen, warum sollte ich ihn nicht Onkel Otto nennen, wenn ich die Stelle bekomme, werden wir ohnehin gute Freundschaft halten. Na, Onkel Otto, ich hoffe, ich hin im richtigen Moment gekom­men. Der Schreibtisch, werde ich iihm sagen, ent­behrt mich schon schmerzlich. Armer alter Winkler, heihe, hehe, obzwar es unpassend ist. darüber zu sprechen, muß man aber doch sagen, daß er in der letzten Zeit nicht so gearbeitet hat, wie er hätte sol­len, — da ist nichts zu machen, man braucht frische, unverbrauchte, leistungsfähige Kräfte. Und wenn all das nicht so sein wird? Irgendwie, in un­vorhergesehener Weise anders? Was dann? . . . fragte sich plötzlich sein Herz. -— Wir haben an Sie gedacht, lieber Freund, sagte der Alte und schob dem blassen Rosner die Zigarrenkiste hin. ln erster Reihe haben wir an Sie gedacht, natürlich. Ich habe Ihnen ja schon voriges Jahr versprochen, daß wir bei der ersten Gelegen­heit, nicht wahr? ... Ich sagte sogar zu Ladányi, wandte er sich gegen diesen, der stehend dem Ge­spräch beiwohnte. Die Sache hat gar kein prinzipiel­les Hindernis, Herr Rosner. Jedoch... er nahm die In den Straßen, die der Duce durchfuhr, hatte sich mittlerweile fast die ganze, über eine Million zählende Einwohnerschaft der Hauptstadt versam­melt und begrüßte den aufrecht im Wagen stehen­den Regierungschef mit stürmischem Jubel und brausenden Hochrufen, in die sich Heilrufe auf Hitler und Deutschland mischten. Der Duce dankte unermüdlich mit strahlendem Lächeln. Nachdem Mussolini im Palazzo Venezia ange­kommen war, wurde der Vorplatz, der bis dahin zum größten Teil abgesperrt war, für die Bevölke­rung. deren Begeisterungstaumel den Höhepunkt orre'clit hatte, freigegeben. Immer wieder verlangte die Menge mit dem Ruf „Duce! Duce!“ ihren Führer zu sehen. Endlich verkündete ein Trompetensignal das Erscheinen Mussolinis auf dem Balkon des Palastes. Der Duce hielt eine kurze Ansprache an die Menge, ;in der er erklärte, er habe aus Deutschland und von seinen Besprechungen mit Hitler einen tiefen Eindruck und unvergeßliche Erinnerungen mitgebracht. Die italienisch-deutsche Freundschaft, die in der Politik der Achse Berlin—Rom ihre Ver­körperung gefunden habe, *ei in diesen Tagen in die Herzen der beiden Völker cingedrungen und werde dort fortbestehen. Die Ziele dieser Freund­schaft seien die engste Solidarität der beiden Regie­rungen, die Wiedergeburt Europas und die Wah­rung des Völkerfriedens. Das Ende des Satzes ging in einer minutenlang anhaltenden Begeisterungskundgebung und Huldi­gung der römischen Bevölkerung für den Duce und die deutsche Nation mit ihrem Führer unter. Zigarre aus dem Mund und untersuchte die Spitze, in der sie stak. — Sie hat ikeinen Zug, durchaus keinen Zug. Im Zimmer summte eine Fliege, die Gegenstände, der Tisch, das Tintenzeug, hőiben sich aus dem Wesen­losen immer schärfer in die drohende Wirklichkeit. — In diesen schlechten Zeiten ist es ganz un­möglich, fuhr Schreiber fort, aber diese Worte hall­ten irgendwo dumpf in großer Feme und interessier­ten Rosner ganz und gar nicht. Er stand seelisch schon auf der Straße. Es ist schwer, das Unterneh­men aufrechtzuerhalten, so, wie ich es möchte, wir müssen uns einschränken. Ladányi wird auch die Buchhaltung übernehmen, glauben Sie mir, es geht nicht anders, es ist beinahe gut, daß der Arme ge­storben ist; — und er zeigte auf Winklers Tisch, —■ die Firma erspart durch die Umgruppierung der Kräfte einen Mann, was aber durchaus nicht bedeu­tet, daß wir nicht später, sobald sich die Lage bes­sert, bei der ersten Gelegenheit... — Gewiß, ich sehe das ein, murmelte Rosner mit klappernden Zähnen. Sie klapperten so stark, daß er seine Zigarre niederlegen mußte, denn er zerbiß sie fast. Dann breitete er die Arme aus und lächelte. Ja, er lächelte. Sein Mund verzog sich, seine emporgezerrte Lippe entblößte sein Zahnfleisch. Übrigens hätte ich noch einen Antrag. Na, lassen wir’s. Leben Sie wohl, lieber Onkel Otto! Besuchen Sie noch immer das Café Zentral? Ich komme ein­mal hin. Dann stand er auf der Straße. Er preßte seinen Mund zusammen, hob den Kopf gegen den Himmel. Die Straße brauste, die Elektrischen ratterten. Gott lächelte aus dem heiteren Himmel und reckte den Passanten die Zunge. Das sah aber nur Rosner, die übrigen bliclkten gar nicht hinauf. Sie hatten keine Zeit. Triumphaler Einzug Mussolinis in Rom. Mussolini verkündet die Festigkeit und die Friedenspolitik der Achse Rom—Berlin. Rom, 30. September. (Inf.) Mussolini wurde bei seiner Rückkehr aus Deutschland von der Grenze bis nach Rom im Triumph empfangen. Überall, so in Trient, Verona und Florenz, hatten sich die Faszisten mit der übri­gen Bevölkerung an den Bahnhöfen eingefunden und jubelten dem Duce zu. In Florenz hatte der Sonder­zug einen längeren Aufenthalt. Mussolini verließ den Zug und schritt die Front der Ehrenkompagnie von 3000 Jungfaszisten ab. Die Begeisterung der Bevöl­kerung war unbeschreiblich. Der Bahnhof vcfh Ron? ,war mit 1500 italieni­schen und deutschen Flagge^ geschmückt. Die rö­mische Garnison hatte vor dem Hauptbahnhof Auf­stellung genommen, während die Offiziere auf der Freitreppe in Reih und Glied' standen. Vom Bahnhof bis zur Piazza Venezia hatte sich bereits viele Stun­den vor der Ankunft des Zuges ein mehrgliedriges Spalier vor den Absperrungen gebildet. Die Bevöl­kerung der Hauptstadt lebte seit Tagesanbruch in der Erwartung dieses Ereignisses. Im Laufe des Vor­mittags wurden auf allen öffentlichen Gebäuden und an den Fronten aller Privathäuser griin-weiß­­rote Fahnen sichtbar. In den Schaufenstern der Ge­schäfte, die wie am Feiertagen geschlossen blieben, wurden große, mit dreifarbigen Schleifen ge­schmückte Bilder des Duce, hie und da auch Dop- Delbiidnisse Hitlers und Mussolinis, ausgestellt. Die Menge, besonders die Frauen und Mädchen, trugen Festkleidung. Die Gassen der Stadt erhielten dadurch ein festliches Gepräge. Begeisterte Massenkundgebungen. Obwohl bekannt geworden war, daß die An­kunft des Zuges erst gegen Abend erfolgen werde, war bereits in den frühen Nachmittagsstunden die ganze Bevölkerung auf den Beinen. Abteilungen des Heeres, der Marine, der Miliz, der Schwarzhemden und der sonstigen faszistischen Organisationen mar­schierten unter den Klängen der Musik und unter dem Gesang faszistiseher Kampflieder hinter ihren Fahnen und Bannern, um in den Straßen an den ihnen zugewiesenen Abschnitten Aufstellung zu nehmen. Die Umgebung des Bahnhofes war festlich ge­schmückt. Gegenüber dem Bahnhofsausgang erhob sich ein 25 Meter hoher, mit Lorbeergrün verkleide­ter und von silbernem Scheinwerferlicht umstrahlter Triumphbogen in Form eines M. Die mit roten Tep­pichen ausgelegte Empfangshalle bildete ein Farben­­und Blumenmeer. Um 18 Uhr 20 verkündeten Kanonenschüsse und Sirenengeheul der geduldig harrenden Volksmenge das Einlaufen des Zuges in die Bahnhofshalle. Kurz darauf erschien Mussolini, der auf dem Bahnsteig von den Spitzen der Behörden und der Partei, von den Gesandten Österreichs und Ungarns, von dem Botschafter des nationalistischen Spanien und dem Personal der deutschen Botschaft begrüßt worden war, am Ausgang und bestieg, während ihm die Menge begeisterte Ovationen bereitete, seinen Wa­gen, um sich nach dem Palazzo Venezia zu begeben. Der Kraftwagen war von 36 berittenen Carabinieri der römischen Legion in ihren farbenprächtigen Uniformen umgeben. Ihm folgte ein Zug von 40 Kraftwagen, darunter auch eiin Wagen, in dem der deutsche Geschäftsträger Platz genommen hatte. Eine Rede Mussolinis.

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