Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1939. április (86. évfolyam, 75-98. szám)

1939-04-01 / 75. szám

2 «lie erwähnten fremden Strömungen überhaupt be­stehen. Wie ich bereits ausgeführt habe, bestehen Jiir uns besondere Schwierigkeiten, weil wir das Judentum östlichen Ursprungs nach westlichen, libe­ralen Methoden behandelt haben. Diese Schwierig­keit erfordert solche Maßnahmen, wie sie die Vor­lage enthält, ja sie würde hie und da noch schärfere erfordert haben, doch wollen wir von solchen jetzt nicht reden, da uns eben dieses Gesetz vorliegt. — Von einem Mysterium des Fleisches und des Blutes ist hiebei keine Rede. Die Wissenschaft kennt ein Mysterium des Lebens und eines im Paralle­lismus der körperlichen und seelischen Erscheinun­gen. Für mich liegt das Hauptgewicht auf den letzteren. — Es handelt sich liier-um eine Menschen­­'gruppe, die rasSemnäßig zusammengehört und seit Jahrtausenden in ihren Traditionen lebt. Diese Tra­dition bedingt die Vererbung des spezifischen jüdi­schen Gedankens. Das Schwergewicht liegt nicht auf der Rasse, sondern auf der viertausendjährigen Tra­dition, Ufte nicht rein religiös gefärbt ist. sondern ein Gewebe von religiösen und nationalen Kriterien bildet. Die Religion kann sich ändern, aus der Ge­dankenwelt bleibt vieles bestehen. Mit dieser quali­tativen Frage hängt auch die Frage der Assimilierung zusammen, zu der der Wille bei vielen zweifellos be­steht, aber oft vom traditionellen Element unter­drückt wird. Die Frage der Assimilierung — All dies erschwert die Assimilierung, selbst bei denjenigen, bei denen der Wille vorhanden ist, wobei die Assimilierung in Ländern mit einer gerin­geren jüdischen Bevölkerung leichter vonstatten geht als bei uns, wo das Judentum durch die Ein­wanderung vom Osten immer wieder durch neue Elemente vermehrt wird. Bei uns wurde die christ­liche Gesellschaft durch Gedankenelemente des Judentums durchdrungen, wodurch die Assimilierung noch schwieriger gestaltet wurde. Aus diesem Grunde wäre es für einen Ausschuß oder einen Regierungs­kommissär kaum möglich, über die Tatsache der 'Assimilierung zu entscheiden-, weil sie ja in Un­kenntnis der persönlichen Umstände an Hand von papiennen Kriterien ihre Entscheidungen zu fällen hätten. Solche Organe würden nicht mehr ausrichtcn können als der Verwaltungsapparat, sie würden die Durchführung des Gesetzes nicht erleichtern. .Jf'r'Tqt- nr--■ir>y >V. -i*A '■ Die letzte Stunde •»WcCTj.MaiP sprach oft davon, daß das Judentum 'die Rolle des Sauerteigs spielen möge. Wenn aber 'zu viel Sauerteig ins Brot geknetet wird, so ist das Brot ungenießbar. Wenn die Menge des Sauerteigs geringer ist, dann gerät das Brot gut. Ich erblicke 'die höchste Gefahr in Ungarn in der Quantität, weil die Verhältniszahl in den gebildeten Klassen bedeutend höher ist und diese Klassen sich in den Jetzten 25 Jahren teilweise schon umgeformt hat­ten. Aus diesem Grunde ist meiner Ansicht nach der Zeitpunkt, in dem der Gesetzentwurf unter­breitet wurde, die letzte Stunde. Man hätte das Ge­setz früher schaffen können, aber, wie schon oft gesagt, bringe ich dem liberalen Zeitalter, seinen Gesetzen, seiner Auffassung volles Verständnis ent­gegen und erhebe keinen Vorwurf gegen diejeni­gen, die die liberalen Gesetze schufen. Dieses Zeit­alter aber war von kurzer Dauer und aus diesem Grunde kann es nicht als eine Entrechtung bezeich­net werden, wenn die Gesetze des Liberalismus der 'Auffassung der Gegenwart entsprechend abgeän­dert werden. Der Verzicht des Grafen Julius Károlyi — Ich habe die Gesichtspunkte bereits vor beiden Häusern der Gesetzgebung dargelegt, ich müßte aber feststcllcn, daß viele meiner Freunde, obwohl sie jüich genau kennen, meine Worte nicht so ernst nahmen, wie sie gemeint waren. Es ist für mich verwunderlich, daß man voraússcizen konnte, ich hätte, diósé Gesetzentwürfe nur aus Gründen der par­lamentarischen Taktik mir zu eigen gemacht, und ich hätte sic nicht nochmals vor die Gesetzgebung gebracht, wenn sie prinzipiell nicht meine Überzeu­gung decken müden. Ich habe ja offen erklärt, daß einzelne Teile des MotivcnbCrichts aus meiner Feder stammen, womit ich dokumenlieren wollte, daß diese Entwürfe nicht vom Nachfolger automatisch' übernommen, sondern von mir persönlich vertreten ■werden. — Es gereicht mir aufrichtig zum Leidwesen, daß Graf Julius Károlyi, der die Stellungnahme des Oberhauses gegen die Vorlage organisierte nnd führte, es für notwendig befunden hat, nach unserer letzten Unterredung auf die Mitgliedschaft dieses Hauses zu verzichten. Sein Entschluß bereitete mir als seinem Freund und als Ungar großen Schmerz. Ich habe nicht versucht, ihn oder sonst jemand in der Weise zn beeinflussen, daß meine Worte den Anschein eines Zwanges oder eines Druckes be­säßen, die über meine Pflichten und Such über meine Beehtskompefenz Mnauegegangenwäre. Es warmein gutes Recht, wie es ja jedermanns Recht ist, meinen PESTER IJiOYD Samstag, 1. April 1939 Standpunkt zu vertreten und einzelne zu überreden, diesen meinen Standpunkt anzuerkennen. Anderer­seits war es meine Pflicht, von diesem Posten, an don ich durch mein Schicksal und durcli den Zwang der Umstände gestellt wurde, offen zu sagen, wie ich die politische Lage und die Lage des Landes beur­teile und welche Rückschläge unsere politische Tätig­keit nach meiner Auffassung auf die öffentliche Mei­nung ausüben dürfte. Dig Schwierigkeiten liegen teils offenkundig vor, teils aber wird man durch sic über­rascht. „Ich stelle keine Vertrauens­frage44 — Ich will bloß noch erklären, daß ich die Her­ren bitte, nach ihrem Gutdünken zn entscheiden. Die Vertrauensfrage will ich nicht stellen, wie dies mir von mancher Seite empfohlen wurde. Für das mir entgegengebrachte Vertrauen danke ich, aber ich fordere es von niemandem. Ich trachte, meinen Mann zu stellen, ich erachte es aber als meine Pflicht, meine Befürchtungen offen auszusprechen. Ich glaube, daß nach meinen Worten niemand den­ken werde, ich wollte das Oberhaus an der Aus­übung seiner verfassungsmäßigen Rechte hindern. Ich kenne die Meinung des größeren Teiles der Mit­glieder dieses Hauses seit Wochen, und denjenigen, die besondere Einwendungen erhoben hatten, habe ich bereits gesagt, daß ich alles, was von mir ab­hängt, durchführen werde. Einiges ist mir gelungen. Eines wollte ich nicht, und zwar die Änderung des Paragraphen 1, besonders in dem Sinne, wie sie von mehreren Mitgliedern des Hauses vorgeschlagen wurde. Im Gegenteil, ich habe erklärt, daß ich gegen diese Art der Neufassung in die Opposition gehen würde. Die wirtschaftlichen Schwierig­keiten . . . i Der wirtschaftlichen Schwierigkeiten bin ich mir wohl bewußt und weiß, daß die Vorlage eine schwierige Wirtschaftslage schaffen wird. Leider hat das historische Geschick die Lösung der wirtschaft­lichen, sozialen und nationalen Probleme in einen Zeitpunkt zusammengedrärigt, was bloß die Folge der großen Umwandlung bildet, die wir erleben und in der die Welt nach dem Materialismus des 19. Jahr­hunderts ein neues Gleichgewicht, neue Lebensfor­men sucht. Den Schwierigkeiten müssen wir ins Auge blicken, denn es handelt sich hier eher um historische Kräfte, die der Einzelne nicht zu ändern vermag. Schlußfolgerungen — Infolgedessen bitte ich den Ausschuß, mir zu glauben, daß ich nach gründlicher Erwägung, nach gründlicher Untersuchung meines eigenen Gewissens, in der besten Überzeugung um die Annahme des Gesetzentwurfes bitte. Dieser Entwurf mag in Ein­zelheiten fehlerhaft sein, aber durch die Korrektur dieser Einzelheiten werden wir nicht viel erreichen. Wichtiger ist, die Vorlage zu verabschieden und da­mit, glaube ich, werden wir einen Teil der atmo­sphärischen Spannung ableiten. Dies aber war das höchste Ziel, das ich mir gesteckt hatte, als ich mich entschlossen hatte, diesen Pasten cinzunelnnen. Die Rede des Ministerpräsidenten Wurde mit lebhaftem Applaus und Eljenrufen auf genommen. Die Debatte Unseren Sitzungsbericht im Abendblatt ergänzen wir 1 wie folgt: Kandmal-Piirstprirnas Dr. Scrcdi erklärte am Schlüsse seiner Ausführungen, es genüge nicht, die Juden, diie es verdienen, durch gesetzliche Bestimmungen zurück zu­drängen, es müßten auch die Erscheinungen behoben werden, die gerade der jüdische Geist in dis Wirtschaft«-, soziale und öffentliche Leben hin-eingetragen habe, was zur Folge batte, daß die Regierung diese Vorlage schaf­fen mußte. Der Kardinal-Fürstpri-mas betonte sodan-n, daß er auch im Famen des ungarischen Episkopats ge­sprochen habe, dem es fcrnlicge, der Regierung und der ungarischen Kation irget.Welche Schwierigkeiten zu ver­ursachen. Für die Gegenwart und die Zukunft habe er es aber für seine Pflicht gehalten, diese prinzipiellen Er­klärungen abzugeben, damit sie von denjenigen, die die Vorlage jetzt oder später kritisieren, gelesen werden und damit aus ihnen die Schlußfolgerung abgeleitet werden könne, daß der ungarische Episkopat auch in dieser Frage sich auf die Grundlage der Gerechtigkeit und der Liebe stellen wolle. Bisohof Dr. Glattfeldcr erklärte, daß es zweifellos eine Juden frage gebe, die in-Ungarn in ihrer tragischesten Form in Erscheinung trete, viel tragischer als in irgend­einem andern Lande. Die unglückliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Schichtung des Judentums in Ungarn habe in dieser Beziehung eine viel schwierige Lage ge­schaffen, als z. B. in Polen, wo die Verhältmiszahl noch ungünstiger sei. Was man im allgemeinen den jüdischen Geist nenne, besiehe darin, daß alles als Handelsartikel behandelt werde, und durch diese geistige Einstellung werden auch wir destruiert und dieser Geist habe schon seit langem die nationalgesdnnte öffentliche Meinung gegen sich aufgebracht. Das Judentum hätte dies sohon längst wahmehmen müssen, fuhr der Redner fort, und die in Ungarn bereits seit Jahrhunderten mit uns leben­den Juden, die Seelisch mit uns verschmolzen sind, dür­fen über diese Feststellung nicht erbost sein, sie müssen vielmehr selber konstatieren, daß sie es verabsäumt haben, •dem geradezu maßlosen, Radikalismus ihrer übermüti­gen Söhne bisher entgegenzutreten. Aus diesem Radika­lismus hat sich dann eine Lage ergeben, durch die die Grundpfeiler der Gesellschaft«- und Wirtschaftsordnung erschüttert worden sind. Gleichzeitig muß man aber auch darauf achten, daß diese Maßnahmen nicht im Zeichen der Leidenschaft oder der Ungerechtigkeit durcihgefiihrt worden. So kann ich es nicht wortlos hinnehmen, daß diejenigen wieder als Juden qualifiziert werden sollen, die das Judentum gar nicht gekannt halsen und mit Leib und Seele Christen sind. Eine gesetzliche Resiimmung, durch die die Rechtswirkung des Christentums über* schritten wird, ist mit der christlichen und ungarischen Seele unvereinbar. Dies stellt einen Bruch der 2000 Jahre alten christlichen und der tausend Jahre alten unga­risch-christlichen Traditionen dar und ist die Einnistung einer fremden, unserem Wesen völlig unverständlichen Denkart. Es fällt keinem Menschen ein, die entschei­dende Rolle des Blutes im Leben eines Volke« in Zweifel zu ziehen, aber der Vorrang gebührt der Seele und <be geistigen Auswirkungen tragen zur Änderung des Volks­­charakteus bei. Ich kann meine Einwilligung nicht dazu geben, daß die getauften Juden, die aus Familien stam­men, die seit Jahrhunderten hier leben und sich bereits völlig assimiliert haben, in eine viel schwierigere Lage geraten als die eingesickerten Galizianer, die sich überall in der Welt zurecht finden können, während die getauf­ten Juden nirgend aufgenommen werden.., Tm weiteren Verlaufe seiner Ausführungen äußert» Bisohof Dr. Glattfelder auch schwere Bedenken hinsicht­lich der moralischen Auswirkungen der Vorlage unt# meinte, daß namentlich die Agitation beängstigend sei, die seit der Aufwerfung der Judenfrage im Lande getrie­ben werde. Die Vorlage, die der christlichen Gesellschaft günstigere Existen«nögiichikeiten schaffen wolle, nehme er an, § J jedoch, durch den die christliche und die tausendjährige ungarisch-christliche Mentalität in krage gestellt werde, könne er trotz des Vertrauens, das er dem Ministerpräsidenten entgegenbringe, nicht annehmen. Der reformierte Bischof Dr. Ravasz erklärte, daß d« Vorlage eine ganz besondere politische Wichtigkeit be­sitze. Es sei fast unmöglich, über diese Frage ruhig zu verhandeln, da auf diesem Gebiete der Kampf der .extre­men Elemente ein außerordentlich -heftiger sei. Er habe seinen Standpunkt schon anläßlich der Verhandlung des ersten Judengesetzes dargelegt und könne nur wieder­holen, daß es eine Judenfrage gebe, die gelöst werden müsse und zwar in einer Weise, die dem Ungartum mög­lichst -große Vorteile biete. Wäre die Vorlage in ihrer ursprünglichen Fassung den vereinigten Ausschüssen des Oberhauses unterbreitet worden, so hätte er sie nicht an­nehmen können. § 1 der Vorlage stützte sich auli die Rassentheorie, die jedoch durch die Staluierung von Aus­nahmen in gewissen Punkten durchbrochen werde. Und werde dieses Prinzip nur an einem einzigen Punkt durch­brochen, dann werde auch die absolute Gültigkeit um­gestoßen. Die Vorlage stütze sich auf den einzig annehm­baren gerechten Standpunkt, daß es sich um den Kan-f» gegen eine Geistigkeit handle. Es müsse also ein Gesetz geschaffen werden, durch das die Assimilierung beschleu­nigt und alle Faktoren in den Hintergrund gedrängt wer­den, die die Assimilierung vereiteln und unmöglich ma­chen wollen. Gebe es in einem Falle eine Assimilierung, dann müsse es eine solche auch in anderen Fällen gelben. Er nehme die Vorlage im allgemeinen an, denn durch ihre eventuelle Ablehnung würde für die Nation, für die Judensohaft und für die Regierung eine viel ungünstigere Lage geschaffen werden als die heutige. Der evangelische Bischof Dr. Raffay betonte, daß er die Vorlage im allgemeinen annehme, denn er sei über­zeugt, daß vom nationalen Gesichtspunkte sonst große Unannehmlichkeiten entsteilen könnten. Gleichzeitig lenke er aber die Aufmerksamkeit der Regierung auf einige Bestimmungen der Vorlage, die ihn mit schweren Bedenken erfüllen, da die Vorlage die Gleichberechtigung tinschrünke. Die Tätigkeit der christlichen Kirchen werde durch diese Bestimmungen illusorisch, werden doch die getauften Juden aus der Christenheit ausge­schlossen. Es sei auch merkwürdig, daß durch einzelne Bestimmungen des Entwurfes die Assimilierung geför­dert werden soll, daß sie aber durch andere Bestimmun­gen wieder erschwert werde. Nicht gegen die Juden, son­dern im Interesse der Christen müsse ein Gesetz geschaf­fen werden. Di« wichtigste Frage beziehe sich also nicht darauf, wer Jude sei, sondern darauf, was im Intersse der christlichen Nation getan werden müsse, um ihre Existenz und ihren Frieden zu sichern. Der Redner übte sodann an mehreren Bestimmungen der Vortage scharfe Kritik und erklärte u. a., er kenne jüdische Front­kämpfer, die sich große Verdienste erworben haben. Eine Ausnahme müßten auch diejenigen bilden, die sich auf dem Gebiete des geistigen Lebens hervorgetan haben. Die Vorlage nahm er an, in der Hoffnung, daß die Regierung nach gründlicher Erwägung sich vernünftigen Amende, ments nicht verschließen werde. Oberhausmitglied Géza v. Szül tő betrachtet jede Politik als gefährlich für die ungarische Rasse, die Werte ausschließen will. Die Kraftquelle, des St.-Stefansreiches sei die Assimilation gewesen und er würde es für gefähr­lich halten, wenn sich Ungarn auf die Grundlage del

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