Pester Lloyd - esti kiadás, 1939. április (86. évfolyam, 75-97. szám)

1939-04-01 / 75. szám

2 Sowjctru inlands die schwersten Bedenken hätten, anderenseils glaubt man nach den gestrigen zusätz­lichen Antworten Chamberlains nicht, daß die Sow­jets aus dem „Sicherheitssystem“ völlig ausgesohaltet würden; am ehesten dürfte also irgendeine ketten­artige Verbindung geplant sein, wobei Frankreich, das ia mit Sowjetrußland einen entsprechenden Ver­trag hat, als Bindeglied gelten könnte. Die verantwortlichen Organe der englischen Presse legen großen Wert darauf, Deutschland da­von zu überzeugen, daß sich die Außenpolitik Cham­berlains wie in Vergangenheit, so auch jetzt nicht gegen das Reich richte. Die Times unterstreichen dies in ihrem Leitartikel mit besonderem Nachdruck. Die historische Bedeutung der gestrigen Deklaration liege, so meint das Blatt, darin, daß England seine Macht für die Sicherung einer freien und fairen Ver­handlung aufbiete: „Die neue Verpflichtung bindet Großbritannien nicht, jeden Zolii der augenblick­lichen polnischen Grenze zu verteidigen. Das Schluß­wort ist nicht „Integrität“, sondern „Unabhängig­keit“. Chamberlains Erklärung schließt keine blinde Annahme des Statusquo ein. Im Gegenteil. Seine Be­zugnahme auf freie Verhandlungen deutet auf seine Ansicht hin, daß es noch Fragen gibt, die beraten werden müssen. Die englische und die französische Regierung stehen lediglich für eine Rückkehr zu an­ständigen; normáléul, diplomatischen Methoden ein. Die Unabhängigkeit in der Verhandlung muß für die schwächere Partei wieder hergestellt werden. England hat sich niemals für eine Einkreisung Deutschlands eingesetzt und widersetzt sich auch jetzt nicht der Ausdehnung der deutschen Wirt­schaftsaktivität und der konstruktiven Arbeit, die das Reich noch tun mag.“ Weiter meint das Blatt, die Haltung der französischen und der englischen Regierung bedeute lediglich die Einladung zu enge­ren Verbindungen, falls Deutschland sich „zu nor­maleren Umgangsformen im Verkehr mit fremden Nationen“ bekennen würde. Der diplomatische Kor­respondent der Times deutet an anderer Stelle an, daß „das nächste Wort voraussichtlich während des Wochenendes von Bukarest kommen wird“; die an Polen gegebene Versicherung gehe anderen und ähn­lichen Versicherungen voraus, über die die Beratun­gen zurzeit im Gange seien. Der Daily Telegraph spricht der traditionellen englischen Außenpolitik jede weitere Daseinsberech­­itgumg ab und schreibt: „Wir haben endgültig jede Verbindung mit der Ära der Splendid Isolation des XIX. Jahrhunderts abgebrochen und nehmen nun­mehr zum ersten Mal politische und militärische Engagements auf uns. Falls Polen etwa die Unan­tastbarkeit Danzigs als sein wesentliches Interesse erachtet, so liegt es nicht an uns, Polen zu wider­sprechen.“ (In der Danziger Frage klafft ein Ab­grund zwischen den beiden großen konservativen Organen, der Times und dem Daily Telegraph, wie überhaupt das Blatt Lord Camroses sich neuerdings der Churchill—Duff Cooper-Gruppe genähert hat.) Was die interne englische Seite der neuen Außenpolitik betrifft, so erwartet das ganze Land mit größter Spannung die für Montag angesetzte Unterhaus-Debatte, in der eine Klärung der Grund­­s-ätze erfolgen soll. Auf der Rednerliste sieht man Namen wie Winston Churchill, Eden, Lloyd George, Dalton, Sir Archibald Sinclair und Greenwood. Die Stimmung hat sich wieder stark zugunsten Cham­berlains gewendet; Eden solidarisierte sich mit ihm gestern abend in einer Rede, die er in Newcastle hielt, wobei er auseinandersetzte, daß unter den gegenwärtigen Umständen die in der Unterhaus- Deklaration angekündigte Politik die einzig mög­liche, die von ihm (Eden) längst empfohlene und auch von Frankreich vorbehaltlos unterstützte sei. Was die Dominien anbetrifft, so verweist man auf die Angabe des Premiers, daß sie von allen Schritten laufend unterrichtet würden- In Kanada sollen allerdings gewisse Besorgnisse über die Ver­wicklung in einen europäischen Krieg herrschen, über welche Frage angeblich eine amtliche Stel­lungnahme der kanadischen Regierung zu erwarten sei; andererseits erklärte der kanadische Justiz­­minister Lapoint im Abgeordnetenhause zu Ottawa, daß falls England in einen Krieg eintrete, Kanada nicht neutral bleiben könnte, weil dies den Bürger­krieg bedeuten würde; die kanadischen Häfen stün­den England unbedingt zur Verfügung. Weise das Endergebnis der gegenwärtig im Gange befindlichen Verhandlungen zwischen den westlichen Demokratien einerseits und Polen, Rumänien und der Sowjetunion anderseits vorweg. Nach der jetzt abgegebenen Chamberlain-Erklärung habe sieh Polen seinerseits nicht durch irgendwelche Verpflichtung festgelegt. Es wird hier erklärt, man habe diese Form gewählt, um Deutschland zuvorzukommen, noch bevor der polnische Außenminister Beck in London eingetroffen sei. Damit aber ein endgültiges Abkommen zwischen Frankreich, England, Polen, Rumänien und der Sowjetunion zustande komme, habe man eine „mehr klassische“ Form gewählt. Man werde dahin arbeiten, daß die Oststaaten auch ihrerseits eine auf Gegenseitigkeit beruhende Ver­pflichtung gegenüber den Westmächten annehmen. Natürlich werde die Anpassung der diplomatischen Methoden der Sowjetunion gegenüber Polen und Ru­mänien einen der heikelsten Punkte in den kommen­den Verhandlungen bilden. Jedenfalls sei Moskau bis jetzt über jede Phase der Verhandlungen auf dem Laufenden gehalten worden. Chamberlain habe dies selbst unterstrichen. Die Rolle Sowjetrußlands in der neuen Kombi­nation steht überhaupt im Mittelpunkt der Kom­mentare. Wie Le Jour-Echo de Paris erfährt, soll die Sowjetunion ganz aus dem Spiele gelassen werden, richtiger es soll Polen überlassen bleiben, nach eige­nem Gutdünken und in der vorteilhaftesten Form eine Vereinbarung mit Moskau zu treffen. Auf diese Weise will man den Schwierigkeiten entgehen, die sich aus dem abgrundtiefen Abstand zwischen den sozialen und wirtschaftlichen Systemen Rußlands und seiner westlichen Nachbarn ergeben; ob es auf diese Weise gelingen kann, die Polen und Rumänen über die wirklichen Gefahren hinwegzutäusch \ die ein militärisches Zusammengehen mit den Sow­jets in erster Reihe für sie selbst bedeuten würde, ist freilich eine andere Frage. In Paris glaubt man, für die nächste Zukunft mit dem Abschluß eines englisch-polnischen Bünd-nisvertrages rechnen zu können, der dem franzö­sisch-polnischen Vertrag analoge Verpflichtungen enthalten soll. Was die weiteren Etappen der ge­planten diplomatischen Aktion anbelangt, so stehen den Blättern noch keine genauen Informationen zur Verfügung; Le Matin weiß seinen Lesern allerdings eine ziemlich in die Einzelheiten gehende Informa­tion über einen angeblichen Komferenzplan aufzu­tischen, über den die englische Regierung in Rom Sondierungen unternommen haben soll. Auf dieser Konferenz sollen, nach dieser Nach­richt, die allerdings mit Vorbehalt aufgenommen werden muß, Frankreich, Großbritannien, Italien, Deutschland, Polen, Ungarn und Rumänien vertre­ten sein. England habe in zwei Unterredungen, die der britische Geschäftsträger in Rom Sir Noel Charles am Freitag mit dem italienischen Außenminister Ciano hatte, in dieser Angelegenheit bei Italien son­diert. England denke daran, Italien eine Vermittlung anzutragen, so heißt es in der Meldung des Matin, habe sich Chamberlain durch die Schlußworte der Rede Daladiers inspirieren lassen, in der von der Möglichkeit solcher Verhandlungen die Rede war. Ciano habe sich nach der ersten Unterredung mit dem Geschäftsträger telephonisch mit Mussolini in Verbindung gesetzt, der zurzeit in Kalabrien weilt. Darauf habe der polnische Botschafter eine halb­stündige Unterredung mit Ciano gehabt. In den Abendstunden sei dann der englische Geschäftsträger erneut bei Ciano zu einer Unterredung erschienen, die zwei Stunden gedauert habe. Die Meldung schließt mit der Mitteilung, Mussolini werde am Samstagabend nach Rom zurückehren. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die französische Presse die gestrige Ankündigung Chamberlains mit großer Erleichterung begrüßt und als eine Wendung von historischer Tragweite emp­findet. Die Blätter verkennen aber nicht, daß diese Wendung im Grund die Rückkehr zum alten System der Geheimdiplomatie, der Sonderbündnisse und der Balance of powi rs-Pplitik bedeutet. PESTER LLOYD Samstag. 1. April 1939 - m—TV———— ■ ■»■■ V) \l PäTiS „Die kollektive Sicherheit ist tot, es lebe das europäische Gleichgewicht“ —in diese Formel lassen sich die Keminentare der französischen Presse über die gestrige Erklärung Chamberlains zusammen­­fassen. Die Pariser Blätter sprechen im allgemeinen von einem „Ereignis von historischer Tragweite“ und von der Errichtung einer . Festungsmauer gegen die Angreifer“, die durch den englischen Minister­präsidenten errichtet worden sei. Während die Presseorgane der ideologischen Überreste der Volks­front von dem Wiederaufleben der kollektiven Sicherheitslehre schreiben, stellt die gemäßigte Presse fest, daß es sich nicht um eine Wiederbelebung der Genfer Lehren, sondern um eine Organisierung des Friedens auf praktischer Grundlage und um die Zu- i ainmenfassung der Abwehrkräfte handle. In der Umgebung des Quai d’Orsay erklärte man am Freilag abend zur Erklärung Chamberlains lm Unter haus u. a., diese Erklärung nehme in keiner Die nationalen Minderheiten im Qroßdeutsthen Reith Von unserem Berichterstatter Berlin, 30. März (E. L.) Über die Läge der nationalen Minder­heitsgruppen in Deutschland sprach vor den aus­ländischen Diplomaten und Journalisten in Berlin der Reichsinnenminister Dr. Frick. Diesem Vortrag im Rahmen der von Rcfchsleiter Rosenberg ver­anstalteten Vortagsabende für die in Berlin akkre­ditierten fremden Diplomaten und Auslandjouma­­listen sah man schon deshalb mit besonderem Inte­­esse entgegen, weil durch die Eingliederung und Schaffung des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren der nichtdeutsche Bevölkerungsteil des Großdeutschen Reiches einen bedeutenden Zuwachs erfahren hat. Wie eine Sensation wirkte daher die Feststellung des Reicbsinnenminiisters, daß er das Millionenvolk der Tschechen im böhmischen und mährischen Raum nicht als nationale Minderheits­gruppe im engeren Sinne des Wortes betrach­ten wolle, da dieses Volk ein eigenes Reichs­protektorat im Rahmen des Großdeutschen Reiches bilde. Der Reichsinnenminister be­tonte, daß das tschechische Volk unter der Oberhoheit des Reiches Autonomie erhalten habe und demgemäß einen eigenen 'Staatspräsi­denten, eine eigene Regierung und eine eigene Ver­waltung mit eigenen Behörden und Beamten besitze. Für die oberste Reichsbehörde scheidet demnach das tschechische Volk in Böhmen und Mähren als natio­nale Mindereitsgruppe aus und wird politisch und rechtlich nach völlig anderen Grundsätzen behandelt. Durch die Schaffung des Protektorats glaubt die Reichsregierung eine mit keinem Vorbild zu ver­gleichende Lösung gefunden zu haben, die, wie man in Berlin meint, in gleichem Maße den staatspoliti­schen Notwendigkeiten wie den Volkstumsinteressen des böhmisch-mährischen Gebietes Rechnung trägt. über die eigentlichen nationalen Minderheits­gruppen äußerte sich der Reichsinnenminister grund­sätzlich in dem Sinne, daß zwar ein kodifiziertes Volksgruppenrecht im Großdeutschen Reich noch nicht existiere, daß aber auf keinen Fall die Germa­­nisierung der nichtdeutschen Volksgruppen beab­sichtigt sei. Der Reichsimnenminister rechnet aber damit, daß die nationalen Rechte der Minderheits­gruppen in Zukunft einmal in Paragraphen festge­legt werden, um ein einheitliches .Minderheitenrecht herzustellen. Im alten Reichsgebiet vor dem An­schluß Österreichs und der Sudeten gebiete gab es nur eine polnische und dänische Minderheit, infolge der Erweiterung des Reichsgebiets sind jetzt Minder­heitsgruppen der Tschechen, Slowenen, Magyaren, Slowaken, Kroaten und Litauer hinzugetreten. Über die zahlenmäßige Bedeutung der einzelnen Minder­heitsgruppen vermag der Reichsinnenminister vor­läufig keine genauen Ziffern anzugeben. Er behaup­tet, daß bisher niemals eine sachgemäße statistische Erfassung der Volkszugehörigkeit im Großdeutschen Reich erfolgt sei. Erst von der auf den 17. Mai für ganz Deutschland festgesetzten Volkszählung erwar­tet der Reichsinnenminister die Feststellung genaue­rer Zahlen. Er betont, daß diese Volkszählung, eine Art von „Selbstzählung“ sei, und daß jeder Haus­­haltungsvorstand seine „Volkszugehörigkeit“ in den Zählbogen, die von rund 750.000 ehrenamtlichen Zählern in jedem Haus in Stadt und Land vorgelegt werden sollen, selbst zu vermerken haben werde. Die bevorstehende erste großdeutsche Volkszählung erhält dadurch offensichtlich ihre besondere Bedeu­tung, daß durch sie zuverlässige statistische Unter­lagen für die Größenordnung der verschiedenen na­tionalen Mimderheitsgruppen beschafft werden sollen. Da vorläufig genaue Unterlagen noch fehlen, beschränkte sich der Reichsinnenminister in seinem Vortrag darauf, über den zahlenmäßigen Umfang der fremden Volkstumsgruppen nur Schätzungen anzugeben. Auch Ohne Böhmen und Mähren stehen nach der Schätzung des Reichsinnenministers die Tschechen der Größe nach an erster Stelle. Ihre Ge­samtzahl schätzt er auf rund 540.000, wovon etwa 500.000 auf die Sudetengebiete, 40.000 auf zugewan­derte Tschechen in Wien entfallen. An zweiter Stelle folgen die Angehörigen der polnischen Min­derheit. Gerade über ihre zahlenmäßige Größe gehen die Schätzungen weit auseinander. Während von polnischer Seite Schätzungen bis zu 1.5 Millionen gehen, werden von den deutschen Stellen wesentlich niedrigere Zahlen genannt. Der Reichsinnenminister enthielt sich einer eigenen Schätzung und be­schränkte sich auf die Mitteilung, daß es nach der Volkszählung von 1933 in den östlichen Provinzen Deutschlands rund 115.000 Personen mit polnischer und rund 285.000 mit deutscher und polnischer Muttersprache gebe. Seine Aufzählung der Rechte, die der polnischen Minderheit nach deutscher Be­hauptung im einzelnen gewährt worden seien, ver­folgte offensichtlich den Zweck, die gerade in letz­ter Zeit in der polnischen Presse wieder laut ge­wordenen Beschwerden über eine angebliche Be­nachteiligung der polnischen Minderheit in Deutsch­land zu widerlegen. Die Zahl der östlich von Wien, im sogenannten Burgenland, lebenden Magyaren schätzt der Reichsinnenniinister auf mehr als 10.000, eine etwa gleich große Ziffer gibt er für die im selben Gebiet lebende kroatische Bevölkerung an. Die slowenische Bevölkerung, die in der Hauptsache in den Gebirgstälern Kärntens lebt, schätzt er auf etwa 30.000, die nach Wien zugewanderten Slowa­ken auf nur wenige Tausend und die in der nord­deutschen Provinz Schleswig-Holstein lebenden Dä­nen auf rund 10000. Eine gleich große Ziffer gibt der Reichsinnenminister schließlich noch für die durch die Rückgliederung des Memelgebiets nach Deutschland gekommene litauische Bevölkerung an. Aber, wie gesagt, diese Schätzungen macht der Reichsinnenminister ausdrücklich mit Vorbehalt, da er genaue Ziffern erst von dem Ergebnis der bevor* ' ’ ' ’ u "’’gemeienn Volkszählung er e.artet.

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