Pester Lloyd - esti kiadás, 1939. június (86. évfolyam, 123-146. szám)

1939-06-01 / 123. szám

Bezugspreise Inland: ÄTorgen- und Abendblatt: Vierteljährlich 3L8 P, monatlich 6.40 P. Nur Morgen­­^latt: Vierteljährlich 11 P, monatlich 4 P. i'Iur Abendblatt: Vierteljährlich 8 P, monatlich 8 P. — Für die separate Zu­wendung des Abendblattes nach der Pro­vinz ist vierteljährlich 1 P zu entrichten. Ausland. In Deutschland bei direkter Kreuzband- Äusendung vierteljährlich 18 RM, in allen übrigen Staaten 30 P. Das Blatt kann durch sämtliche ausländischen Postämter bezogen werden; in Wien auch durch Morawa & Co. I. Wollzeile 11. Einseinummer t fn Budapest und in der Provinz: Morgen­blatt an Wochentagen 16 fillér, an Sonn­tagen 32 fillér; Abendblatt 10 fillér. PREIS 10 FILLÉR VERSCÍILEIS5 PESTER LLOYD 86. Jahrgang Budapest, Donnerstag, 1. Juni 1939 Nr. 123 ABENDBLATT Anzeigenannahme ín Kudapest ln der Administration des »'estei Lloyd und in den Anzeigevermittlungen Alo A.-Q. Alexander Balogh, j. Blooxner, J. Blau, Boros, Braun. Josef trdos, Harsányt, Haasenstem 9t Vogler, Cornel Leopold, Julius Leopold, ■ tgyar Hinetölroda, Rudolf Kösse A.-Q.. Julius Tenzer Unverlangte Manuskripte werden weder aufbewahrt, noch zurückgestellt Briefe ohne Rückporto nicht beantwortet Otterten sind Dokumente nt» in Ab­schrift beizulegen. Für Beilagen lehm die Administration jede Verantwortung ab. Redaktion, Administration und Druckerei Budapest, VI., Eötvös-ucca 12. Telephon: 112-350. auslandschau ______------ l. JUNI ■■ Piinzregent Paul in Beilln Heute nachmittag triiTt Prinzregent Paul von Jugoslawien in der deutschen Reichshauptstadt ein. Dieser Besuch, dem ein Freundschaftsbesuch des Prinzregenten in Rom vorangegangen war, lenkt die Aufmerksamkeit wieder auf gewisse Aspekte der Balkanpolitik, für die die Haltung Jugoslawiens eine ausschlaggebende Bedeutung gewonnen hat. Diese Haltung hat sich in den letzten Jahren kon­sequent entwickelt und erfuhr auch unter der Ein­wirkung der neuesten Ereignisse keine Änderung. Für die Stellungnahme Jugoslawiens ist in erster Reihe das Prinzip der Selbständigkeit maßgebend. Belgrad will nicht in eine Politik der Abenteuer ein­bezogen werden, unter der die Interessen des Lan­des schwer leiden würden. Als in Europa das Schlagwort der kollektiven Sicherheit zu einem im­mer größeren Einfluß gelangte, haben die Lenker der jugoslawischen Politik erkannt, daß die Sicher­heit ihres Landes nicht auf kollektivem Gebiet, son­dern in der Bereinigung der Gegensätze mit den Nachbarstaaten liege. Dieser Erkenntnis haben sie in der Folgezeit konsequent Geltung verschafft, so daß Jugoslawien in einigen Jahren verschiedene Ge­gensätze, die früher sein Verhältnis mit mehreren Nachbarstaaten schwer beschatteten, friedlich be­reinigen konnte. . Die neuesten Schritte der jugoslawischen Politik, zu denen auch die hetont freundschaftlichen Besuche des Prinzregenten nach Rom und Berlin gerechnet werden müssen, beweisen, daß auch die neuerdings wiederauflebenden Versuche zur Einbeziehung des Balkans in ein Netz der kollektiven Sicherheits­­abmachungen die jugoslawische Politik nicht von dem Wege abbringen konnten, den die Lenker der Staatsgeschäfte als mit den Lebensinteressen des Landes einzig vereinbar erkannt haben. Jugoslawien verfolgt auch heute seinen eigenen Weg und hält an der Methode der friedlichen und direkten Beilegung der Gegensätze fest, die dem Lande eine wesentliche Festigung seiner außenpolitischen Lage eingetragen hat. Ein Blick auf die Landkarte genügt, um die hohe Bedeutung zp erkennen, die den Beziehungen mit Deutschland ühd Italien vom Gesichtspunkte Jugoslawiens in wirtschaftlicher wie in politischer Hinsicht zukommt. Die jugoslawische Politik will die Interessen, die sich an diese Beziehungen knüpfen, keiner theoretischen und bedenklichen Politik der Garantiepakte opfern. Die festlichen Äußerlichkeiten, mit denen die Hauptstadt des Großdeutschen Reiches den Prinzregenten empfängt, sind ein klarer Beweis dafür, daß die Intentionen der jugoslawischen Politik auch bei den Staaten der Achse Berlin—Rom entsprechendes Verständnis ge­funden haben. Das Entweder-Oder der Sowjet-Verhandlungen Die Rede des sowjetrussischen Außenkommis­­särs Molotoff, der man in London und Paris mit so großem Interesse entgegensah, weil sie nach dor­tigen Erwartungen die Verkündung der Einigung über den englisch-französisch-sowjetrussischen Pakt hätte enthalten sollen — diese Rede also, in der sich Moskau zum ersten Male an die neue Methode der „oratorischen Diplomatie“ anschloß, brachte für die Engländer und die Franzosen eine bittere Enttäu­schung. Der Außenkommissär erklärte zwar, sein Land sei bereit, ein Defensivbündnis mit den beiden westeuropäischen Demokratien einzugehen, doch nur unter der Voraussetzung, daß die Beistandsver­pflichtung umfassend und vorbehaltlos sei, das an­geschlossene Garantiesystem sich also auf sämtliche westlichen Nachbarstaaten Rußlands, also nicht bloß auf Polen, Rumänien und die Türkei, sondern auch auf das Baltikum erstrecke. Es soll dabei keinerlei Verbindung mit problematischen Kautelen, wie den im Völkerbund angegebenen, eingegangen werden —­­es müsse die Regel gelten: alles oder nichts! Die Verwirrung in London und Paris ist groß. So weit wollte man ja nun doch nicht gehen. Die Baltikum-Garantie könnte ja die Gefahr herauf­beschwören, daß durch irgendeinen Zwischenfall hoch im Norden England und Frankreich in einen Krieg verwickelt würden, der sie nun wirklich nichts Telegramm des Pester Lloyd London, 1. Juni Der englische Rundfunknachrichtendienst be­mühte sich, in seiner fremdsprachigen Sendung Mittwoch abend die auch in London mit größter Spannung erwartete Erklärung Moiotoffs als zweit­rangiges Ereignis zu bewerten. In der Reihenfolge des Nachrichtenmaterials standen die Ausführungen des Außenkommissärs erst an vierter Stelle, und angeht und in dem sie nicht die geringsten eigenen Interessen, sondern ausschließlich die Sicherheit Sowjetrußlands zu verfechten hätten. Die Totalisie­­rung des Paktes und die Ausschaltung aller Völker­bundshintertüren schlöße andererseits die so gern festgehaltene Möglichkeit eines allfälligen Rückgriffs auf die „appeasement policy“ und die freie Wahl im Ernstfall aus. Andererseits ist der Standpunkt der Sowjet­russen von ihrem eigenen Gesichtspunkte aus völlig verständlich. Warum sollen sie dem Westen eine umfassende Sicherheit gewähren, wenn gleiches nicht mit gleichem vergolten wird? Wenn die beiden westlichen Demokratien sich nur auf der Linie Warschau—Bukarest—Ankara bedroht fühlen, so ist für die Sicherheit der Sowjetunion die baltische Linie von keiner geringeren Bedeutung. Und schließ­lich: wer würde eine so phantastisch günstige Ver­handlungsposition unausgenützt lassen, wie jene ist, in die Moskau durch die vereinten Bemühungen Londons und Paris' hineinversetzt wurde? Man bedenke: 1. England und Frankreich hoben Garantien übernommen, die sie ohne die Hilfe Sowjetrußlands nicht erfüllen können — wie dies von fachkundigen Parlamentariern, etwa von Lloyd George, offen zugegeben wurde; 2. England hat ein Sicherheitsabkommen mit der Türkei abgeschlossen — und Frankreich ist im Begriffe dies zu tun —, wobei die Geltung des Abkommens von dem Ab­schluß des Paktes mit Rußland ausdrücklich ab­hängig gemacht wurde; 3. die Regierungen von Eng­land und Frankreich haben in der Öffentlichkeit ihres Landes einen maximalen Optimismus hinsicht­lich des baldigen Paktabschluses und seiner Vorteile hochgezüchtet, so' daß sie schleunigst zu greifbaren Resultaten kommen müssen, wenn sie nicht das Scheitern der „neuen Linie“ ihrer Politik nach drei Monaten ebenso klar zugeben wollen, wie das Schei­tern der „alten Linie“ einige Monate nach dem Ab­schluß des Münchner Abkommens; 4. die öffentliche Meinung der beiden großen Demokratien ist nun völlig auf den Russenpakt eingespielt und die Kon- Große Schwierigkeiten um den Russenpakt England und Frankreich über die Rede Moiotoffs und das darin geäußerte Mißtrauen tief enttäuscht Wird dem Wunsch der Sowjetunion nach einem totalen und kollektiven Sicherheitssystem nachgegeben? Telephonbericht unseres Korrespondenten London, 1. Juni Die Rede Moiotoffs, so wird hier festgestellt, wirkt sich wie eine kalte Douche aus. Man sucht nach Gründen, die den abweisenden Ton des Spre­chers der Sowjetunion bestimmten, wiewohl der englisch-französische Paktvorschlag auf der Basis der von Rußland geforderten Reziprozität gehalten wurde. Der Vorschlag sieht wesentlich eine auto­matische gemeinsame militärische Aktion vor, im Falle eines Angriffs gegen eine Signatarmacht, bzw. gegen ein Land, dessen Grenzen von einer der Signatannächte garantiert werden. Bei Angriffen gegen andere Länder wird sofort Konsultation vor­­geschlagert. Der Forderung Rußlands, auch die Grenzen Estlands, Lettlands und Finnlands zu ga­rantieren, wird hier entgegengehalten, daß diese Länder eine solche Garantie gar nicht wünschen. Daily Telegraph weist auch darauf hin, daß, würden diese Länder in Kriegshandlungen ver­wickelt, Polen unvermeidlich hineingezogen werden würde, was dann automatisch die Aktivierung des Paktes auslösen müßte. Vermutungen werden auch laut, daß die Rede Moiotoffs auf den inneren Ge­brauch abgestellt war. Andererseits werden die Ausführungen über die Bereitschaft Rußlands zur wirtschaftlichen Verständigung mit Deutschland und über das bevorstehende Funktionieren des russisch-italienischen Handelsabkommens stark beachtet. Verhältnismäßig optimistisch sind die Times eingestellt. Die Einwendungen Rußlands betreffen nach dem Blatt nur Einzelheiten und Fragen der Prozedur. Die weiteren Verhandlungen würden das bestehende Mißverhältnis beseitigen. Auch weist das konservative Organ auf die unbedingte Ent­schlossenheit Englands hin, an der Rußland nicht zweifeln sollte. Die Verhandlungen werden offen­bar fortgesetzt, Lord Halifax, der heute in London eingetroffen ist, wird mit Maiski über die Molotoff- Rede konferieren. Man verhehlt sich hier aber nicht, daß die Ausführungen Moiotoffs von einem tief­­wurzclnden Mißtrauen diktiert wurden, das für den weiteren Gang der Verhandlungen Schwierigkeiten bereiten dürfte. Dr. Georg Kemény wurden darüber hinaus in äußerst knapper Fern wiedergegeben. Die von Molotoff gesprochenen Worte des Mißtrauens gegenüber London und Paris wurden nicht mit einem Satz erwähnt, ebnso nicht c!er Hinweis, daß Moskau nicht gewillt sei, für andere die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Man be­schränkte sich lediglich auf den Hinweis, Moskau wolle weiter verhandeln, und ließ damit erkennen, daß die englische Regierung als einziges Positivum in der Rede Moiotoffs diese weitere Verhandlungs­bereitschaft Sowjetrußlcnds bewerte. Auch von anderer Stelle begnügte man sich am Mittwochabend nach dem weiteren Studium der Rede mit dem Hinweis, daß die Verhandlungen fort­gesetzt würden. Die Spärlichkeit, mit der Sowjetrußland im übrigen auf die Londoner und Pariser Vorschläge eingegangen ist, will man sich damit erklären kön­nen, daß Stalin die „außenpolitische Schwenkung“ erst langsam vorbereiten müsse, so daß Moiotoffs Rede in erster Linie „für den Hausgebrauch“ ge­dacht gewesen sei. Außenminister Lord Halifax wird am Donners­tagnachmittag nach London zurückerwartet. Es ist noch nicht bestimmt, ob Ministerpräsident Cham­berlain, der sich in der Grafschaft Yorkshire aufhält, seinen kurzen Urlaub wegen der von Moskau be­reiteten Enttäuschung abbrechen und sofort nach London zurückkehren werde. Nach den bisherigen Plänen wollte er gegen Ende der Woche in London sein. Im Laufe des Mittwochabends sind aus Paris Meldungen eingetroffen, die davon sprechen, der Quai d’Orsay rechne fest mit dem Abschluß des Dreierpaktes bis Ende der Woche. In den politischen Kreisen Londons wird diese Ansicht nicht geteilt. Man weiß, daß die Rede Moiotoffs einen neuen und von vorne anfangenden Gedankenaustausch zwischen London und Moskau notwendig machen wird und rechnet damit, daß Moskau nicht von der am Mitt­woch gezeigten Haltung ablassen werde. Dies be­deutet eine ziemlich sCt^vere Belastung, zumal es auf der einen Seite dem Foreign Office nicht leicht sein wird, sich vor den hochgeschraubten sowjetrussi­­schen Forderungen zu beugen, es aber auf der an­deren Seite Chamberlain unmöglich sein dürfte, einen Zusammenbruch der Verhandlungen zu wagen. Überraschung und Verwirrung p in London Die englische Presse ist enttäuscht, gibt aber die Hoffnung nicht auf London, 1. Juni Die Einwände Moiotoffs gegen die bisherigen Dreier­­pakt-Vorschtäge werden im übrigen von den Times zum Gegenstand einer ausführlichen Entgegnung gemacht. Diese richtet sich namentlich darauf, den Sowjets klar­­zumachen, daß in den französisch-englischen Vorschlägen bei Auftauchen des Konfliktes eine Anrufung des Arti-

Next