Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1942. március (89. évfolyam, 49-73. szám)
1942-03-01 / 49. szám
- /. 'V ■ 1 (V , / w \ f i ■ F v - 80. Jahrgang Budapest, Sonntag, 1. März 1042 Nr. 40 Ein Freiheilsaafruf der fl Tfc T T hHntWM - -• 1 JjOlJbll jy Ml 1JJ Rrrr ^ MORGENBLATT • /jUi- 22 JAHRE Budapest, 28. Februar Am 28. Februar 1920 wurde das Gesetz über die „provisorische Ausübung der obersten Staatsgewalt“ von der Nationalversammlung des allmählich aus seiner Betäubung wiedererstandenen Königreichs Ungarn verabschiedet. Damit ist die legislatorische Voraussetzung für die Wahl eines Reichsverwesers geschaffen worden. Zwei Tage später, Montag, den 1. März — das Jahr 1920 war ein Schaltjahr —, ist der Oberkommandant der Nationalen Armee Nikolaus v. Horthy zum Reichsverweser des Königreichs mit 131 von 111 abgegebenen Stimmen in geheimer Wahl gewählt worden.. Nikolaus Horthy von Nagybánya, k. u. k. Vizeadmiral, ehemaliger Oberkommandant der österreichisch-ungarischen Flotte, war der Kandidat aller Parteien. Bereits viele Wochen vor dem Wahlgang fluteten Kundgebungen, Zuschriften und Telegramme von Komitatsversammlungen, Gemeindevertretungen und öffentlichen Körperschaften aus allen Teilen des Landes, sei es ,an die Regierung, sei es persönlich ah den Oberkommandanten der Nationalen Armee. Sie alle, gaben den Wunsch aller Schichten der Bevölkerung Ungarns kund, das Schicksal des Landes der starken Hand des Mannes arizuvertrauen, der als der Stärkste aus den Kämpfen gegen den ungarländischen Kommunismus hervorgegangen ist und dem sich das Vertrauen des Volkes zugewandt hat, weil sie fühlten und wußten, daß er als über den Parteien stehende selbstlose und opfer'berrite Persönlichkeit, das durch soviel Leid erschütterte Land auf den Weg der Verfassungsmäßigkeit zurückfüh~------- i i ___________ ren würde. Man wußte von ihm, daß er, der Sohn des ungarischen Tieflandes, unter heldenmütigem Einsatz seiner eigenen Person Seesiege erfochten hat, wie deren selbst die Geschichte der k. u. k. Flotte nicht viele kannte. Man wußte von ihm, daß er jahrelang an der Seite eines großen Monarchen stand, dessen Lebensdevise der Dienst an seinen Völkern war. Als Seeoffizier war er gewohnt, weite Horizonte zu überblicken und sein Schiff auf stürmischer See in sicheren Hafen zu lenken. Er suchte nicht die Macht: nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie, die als eine der europäischen Großmächte seinem geliebten Vaterlande Schutz und Sicherheit bot, nach der Auflösung der Flotte, die für ihn ewig bitter in Erinnerung bleiben wird, kam er heim, um als Landedelmann in Zurückgezogenheit zu leben. Nur die Größe der Katastrophe, die die kommunistische Herrschaft für Ungarn bedeutet hat, konnte ihn dazu bewegen, seine Dienste und seine Persönlichkeit rückhaltslos dem Vaterlande anzubieten. Dann, trat er an die Spitze der kleinen Kerntruppe, die sich in Szeged ange.sammelt hatte und aus der er nach dem Sturz dér Räteherrschaft die ungarische nationale Armee schuf. Was er am Tage seiner Wahl für sein Vaterland und dem VMk Ungarns bedeutet hat, erhellt schon aus den in der nationalem Presse Ungarns — und die Mehrzahl der Zeitungen war damals bereits national gesinnt — seiner Persönlichkeit gewidmeten Worten: „Ihm hat sich schon vorweg das ungeteilte Vertrauen der ganzen öffentlichen Meinung zugewendet. Von seiner Tatkraft, seinem unbeugsamem Patriotismus erwartet das ganze Land, das den revolutionären Erschütterungen nunmehr ein Ende bereitet werde, und die innere Ordnung unter dem Zügelgriff einer starken Hand sich in einer Weise konsolidiere, die unserem schwergeprüften Volke die friedliche Entwicklung und die Rückkehr zur fruchtbaren Arbeit gewährleistet.“ Wenn man in den Budapester Blättern der damaligen Zeit Umschau hält, so packt einen heute noch die überwältigende Trauer, die aus diesem Blätterwald der düstersten Periode der ungarischen Geschichte dem Leser entgegenströmt. Wie ein Lichtblick erscheinen in dieser hoffnungslosen und düs lern Stimmung die Wenigen kernigen, Pflichtbewußtsein und unverwüstliche Zuversicht atmenden Sätze, mit denen der Oberkommandant der nationalen Armee einer Abordnung der kernungarischen Stadt Kecskemét, die ihn bat, die Reichsverweserwürde anzunehmen, antwortete: „Mir lacht das Herz im Leibe, wenn ich Kecskemét in meiner Nähe sehe. Hätte man in diesen Zeiten Lust, zu scherzen, möchte ich sagen, ich hätte kaum geglaubt, daß Kecskemét mir so Böses will — denn die Aufgabe ist so schwer, daß ich, wäre ich kein Optimist, längst desertiert hätte. Aber meine Pflicht heischt Bleiben. So verspreche ich denn, alles zu tun, was in meinen Kräften liegt.“ Der dankbare Ungar kami bereits heute feststellen und der Geschichtsschreiber wird es dereinst auch auf den Marmor tafeln der ungarischen Historie verzeichnen, daß Nikolaus Horthy sein dem Vaterland gegebenes Versprechen gehalten hat. Er führte das. Land zur Ruhe und Ordnung zurück. Er errettete es vor drohenden, neuen Erschütterungen. Er erhielt, sein Volk im unwandelbaren Glauben an Ungarns Wiederauferstehung. Mit eherner Folgerichtigkeit steuerte er den gleichen Kurs, den uns Geschichte, ^ Geographie und Überlieferung gebieterisch vorschreiben. Ihm, seiner suggestiven Persönlichkeit, der Treue und Kraft entströmt, ist es zu verdanken, daß diese Nation mm seil Jahren die Segen der seltensten Erscheinung in der Geschichte aller Völker, aber auch in unserer eigenen genießen darf: eine beinahe vollständige innere seelische Einheit des ganzen Ungartums. Jedenfalls eine vollkommene Einheit in der Verehrung und Liebe zum Staatsoberhaupt, dem Mehrer des Landes und Vater des Volkes. Diese grenzenlose Verehrung und Liebe, die dem ersten Ungarn gilt, umgibt auch seine edle und erlauchte Gemahlin, immer bereit, Not und Elend mit milder Hand zu lindern. Die Harmonie des Lebens des hohen Paares ist ein hehres Beispiel für alle Ungarn, die Herz und Vertrauen nun im gleichen Maße dem an die Seite seines großen Vaters tretenden Sohne darbieten. Die Regentschaft Nikolaus Horthys, die nun nahezu über ein Menschenalter dauert und für deren Fortdauer die Gebete des Volkes gen Himmel steigen, hat mehr als alle Erwartungen erfüllt, die in Zeiten des düstersten Tiefganges wir an sie geknüpft hatten. Sie hat uns nicht allein zur Verfassungsmäßigkeit, zur Ruhe und Ordnung, zur fruchtbringenden, schaffenden Arbeit zurückgeführt, sondern hat auch den einstigen Ruhm Ungarns wieder in vollem Glanz erscheinen lassen. Dieses Land, Nikolaus Horthys Ungarn, blickt an diesem Tage stolzer Erinnerung mit fester Zuversicht der Zukunft entgegen, die ihm als Frucht verantwortungsbewußter, opferbereiter Kämpfe den würdigen Platz eines im europäischen Sinne aufbauenden Volkes verheißt. Erinnerung Von Emil Kolozsvari-Graudpierre Es war ein sonniger Spätsommervormit lag: auf den bunten Betonfliesen der Veranda standen die Koffer bereit, der Eisenbahnzug von Kolozsvár nach Budapest fuhr um die Mittagszeit. Ich empfand wohltuende Erleichterung, daß all dies, was mich heute noch umgab, bald hinter mir sein würde. Nie mehr sehe ich die Zimmer, in denen ich heranwuchs, den Schauplatz so vieler Spiele und Zukunftsträume, den weiten Hof, den langgestreckten Garten mit seinen Bäumen und Sträuchern, die ich zum Teil selber gepflanzt hatte. Es betrübte mich nicht einmal, daß ich zusammen mit Stadt und Haus auch von Maria scheiden mußte. Nie mehr würde ich mit ihr unter den Trauerweiden am Parkteich lustwandeln, ihre warmen Lippen auf den meinen spüren. Auf dem Wege nach dem Alten Botanischen Garten schämte ich mich meiner unbändigen Freude, die ich mit meiner — so dachte ich — verhängnisvollen und ewigen Liebe zu Maria ganz und gar nicht in Einklang zu bringen vermochte; ich versuchte, an den Tod, an tragische Dinge zu denken, an väterliche und schulmeisterliche Ohrfeigen, aber alle meine Manöver blieben fruchtlos, ich verspürte nicht den leisesten Hauch der Trauer, die ich einige Minuten vor dem Abschied schicklicher — ja sogar pflichtschuldigerweise — hätte empfinden sotten. Maria erwartete mich im Alten Botanischen Garten, am gewöhnlichen Orte unseres Stelldicheins, auf einer versteckten Bank, tief im Gebüsch eines entlegenen Pfades. Sie trug eine weiße Bluse. Noch sah ich nichts, als einige hell aufleuchtende Flecken zwischen dem Laub der Büsche und Bäume, und bereits überfiel mich jene Traurigkeit, um die ich vorhin so fruchtlos gerungen hatte. Ich stand still, dann schlich ich mich auf den Fußspitzen näher an sie heran. Ich wollte ihr nicht die Augen hinterrücks zuhalten und sie fragen: wer ists? — ich wollte nur belauschen, was ich bisher noch nie gesehen, wrie sie sich benahm, w'ährend sie auf mich wartete? Sie saß etwas gebeugt auf der Bank, die Hände im Schoß, ohne Spannung, ohne Aufregung... Meine Kehle war wie zugeschnürt, die Tränen stiegen mir langsam, unerbittlich in die Augen . .. Ich empfand eine unsagbare Sehnsucht, daß sie etwas tun sollte, was anderes besagte, als ihre traurige Haltung, etwas, was mich ernüchtern und von meiner erstickenden Rührung befreien würde. Ich rang mit den Tränen; hilfesuchend umklammerte ich einen grünen Zweig, der sich mir entgegenréckte. Die Scham erstickte meine Tränen, ich wollte fliehen, aber die Sehnsucht nach Rührung hielt mich zurück. Ich sehnte mich nach Befreiung von meinem gestauten Kummer, zugleich empfand ich die schmerzlich-süße Spannung dieser Gefühlstrunkenheit, dieses inneren Reichtums als außerordentlich wohltuend; es drängte mich danach, sie weinend zu umarmen, ihre Wärme zu spüren, ihrem Mund zu suchen, ihre glatte Haut zu streicheln, in Angst und Wonne zu erschauern. Ich tat einen Schritt auf sie zu, einen einzigen kurzen Schritt, und schon hatte der Krampf in meiner Kehle nachgelassen, die hervorquellenden Tränen brannten meine Augen nicht mehr, ich dachte nicht mehr daran, mich auf sie zu stürzen und sie zu umarmen, eine kalte, finstere Leere gähnte in mir, vch war seelisch und körperlich gelähmt. Dieser kurze Schritt hatte mich erinnert, daß ich nun bald vor ihr stehen würde, linkisch und beklommen; ich sollte reden, aber ich hatte nichts, gar nichts auf dieser Welt zu sagen. Diese Angst war treue Begleiterin meiner Kindheit. Ich war ein einsames Kind; mit der Zeitentfernung wächst mir auch die Erinnerung an das Ausmaß dieser Einsamkeit. Jahrelang suchte ich nach Ausdrücken, nach Themen, mit einem Wort: nach Gesprächsstoff, so wie der Chemiker die Eigenheiten der Elemente, der Philologe den Ursprung der Wörter erforscht. Was ich erfühlt, erdacht hatte, gehörte nur mir. Weder die Schule, noch das Leben außerhalb der Schule erweckten in mir den Drang nach Mitteilung so konnte ich nicht einmal eine formale Übung in der schönen Kunst des Ausdrucks erlangen. Ich war stumm in einem eigenartigen Sinne des Wortes. Ich las, grübelte, notierte, und als Ergebnis dieser unaufhörlichen Arbeit enstand in mir allmählich eine Welt, die mit meinem wirklichen Leben und mit der unmittelbar empfundenen Wirklichkeit nichts gemein hatte. Kein Mensch kann an größerem Themenmangel darben, als ich zu jener Zeit. Eine jede meiner Begegnungen mit Maria war von banger Aufregung und krampfhafter Denkarbeit eingeleitet; ich bereitete mich auf mein Stelldichein vor wie auf eine Prüfung, und schon lange Zeit vorher ersann ich einen genauen Plan, wie ich das Gespräch anfangen, womit ich es fortsetzen würde. Es lief mir heiß und kalt über den Rücken vor Angst während dieser Vorbereitungen. Sorgfältig, wie ein gewissenhafter Heerführer, arbeitete ich jede Einzelheit des Stelldicheins aus, kein noch so unbedeutendes Detail außer acht lassend: Stunden vor der verabredeten Zeit wußte ich, wie ich sie begrüßen würde, wenn sie aus der Türe ihres Amtes trat und wie der letzte Satz lauten würde, den ich ihr beim Händedruck zum Abschied sagen würde. Der Weg von Marias Amt bis zu ihrer Wohnung dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Wenn die Zeit der, Begegnung nahte, und ich noch nicht genügend Stoff für die Konversation gesammelt hatte, wurde mir fast übel vor Nervosität, vor der Angst mich zu blamieren; ich suchte Ausreden, die mein etwaiges Fernbleiben erklären könnten. Unsere Gespräche waren ziemlich abgehackt; nach einer oder der anderen, ohne jeglichen Anlaß gemachten Äußerung folgten klaffende Pausen. Maria hatte einen schnellen Gang, wie ein Wirbelwind sausten wir die Straßen entlang; wenn ich gar zu arm an Gesprächsstoff war, wich ich jedem uns entgegenkommenden Fußgänger mit bereitwilliger Höflichkeit aus, auch wenn es gar nicht nötig war. So gewann ich Zeit. Inmitten c|ualvollen Stillschweigens und beschämenden Stotterns entdeckte ich einige brauchbare Kunstgriffe; mit der Gewissenhaftigkeit eines Untersuchungsrichters befragte ich sie, was sie getan hatte, seitdem ich sie zum letztenmal gesehen, auch ich gab ihr Rechenschaft von meinem Tun und Treiben. Dies brachte jedoch erbärmlich wenig Erleichterung, denn bedauerlicherweise schien keinem von uns je etwas Erwähnenswertes zuzustoßen. Der Gesprächsstoff, den ich vor unseren Begegnungen mit Bienenfleiß gesammelt, langte kärglich für eine halbe Stunde — die Dauer unseres Heimweges. Es geschah aber oft, daß wir abends in den Park gingen, und ebenso oft lud sie mich zum Vesperbrot ein. Ich konnte mein Glück nie rein und ungestört genießen, ich befürchtete das Risiko, die Blamage; selbst für eine halbstündige Plauderei konnte ich nur unter den größten Schwierigkeiten Stoff' finden; zwei oder drei Stunden lang ein Gespräch aufrechtzuerhalten, überstieg bei weitem meine Fähigkeiten. Wenn ich nicht davon überzeugt gewesen wäre, daß man im traulichen Beisammensein unter vier Augen reden müsse, sei es beim Spaziergang unter den Trauerweiden am Trich, oder in Marias Zimmer, denn hätte ich wohl stun- Preis 24 Pillér